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2002  
ZDF Jahrbuch
Aus der Programmarbeit
Nikolaus Brender
Peter Frey
Thomas Bellut
Wolf von Lojewski/Claus Kleber
Bettina Schausten
Elmar Theveßen
Eberhard Piltz
Udo van Kampen
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Maria von Welser

Bei den Royals gucken alle
Das Studio London immer ganz nah am Buckingham Palace

 
Maria von Welser
Maria von Welser


Trauerzug für Queen Mum
Trauerzug für Queen Mum
              
 

Schon die Lage unseres ZDF-Studios in London weist auf die Hauptsäulen unserer Berichterstattung hin: Das typisch schmalbrüstige Londoner Haus am St. James Park liegt zwischen Downing Street und Buckingham Palace. Hier die Politik – dort die Royals. Das ist unser täglich Brot. Das Jahr 2002 aber, längst geplant als das Golden-Jubilee-Jahr der Königin, geriet zum absoluten Highlight an königlicher Berichterstattung. Nicht nur, weil sich die Krönung von Elisabeth II. zum 50. Mal jährte. Nein, es gab auch traurigen Anlass. Aber der Reihe nach.

Schon länger beobachtete ich den fragilen Gesundheitszustand von Prinzessin Margaret. Der 15-minütige Nachruf lag schon längst in Mainz vor. Aber, ehrlich gesagt, vermuteten wir alle im Studio eher ein Dahinscheiden der 101-jährigen Queen Mum als der 71-jährigen Tochter. Als ich aber an einem Februarmorgen während einer Drehpause zum Fuchsjagd-Beitrag für die »ZDF.reporter« schnell mal die Neun-Uhr-Nachrichten höre, wäre mir beinahe mein heißer Teebecher aus der Hand gekippt: Buckingham Palace meldet den Tod Ihrer Königlichen Hoheit, der Prinzessin Margaret. Mir ist klar: Jetzt geht es rund. Alle »heute«-Sendungen wollen beliefert werden, an den folgenden Tagen werden wir viele Berichte erstellen können. Denn in Deutschland stehen die Royals ganz hoch. Ich breche also den Dreh auf der Fuchsjagd ab, lasse Producer, Kameramann und Ton-Assistentin allein auf dem Land und sause mit dem Studioauto nach London. Samstag ist es und der Verkehr in der Stadt nicht ganz so dicht wie sonst. Der Cutter lädt schon das Material von BBC und ITN in den Avid, und los geht es mit dem Schnitt, dem Texten, dem Sichten von Neuem auf den anderen Sendern. Als sich dann zehn Tage später die Königin bei der Beerdigung ihrer Schwester die Tränen aus den Augen wischt, haben wir 96 Berichte für die Aktualität, den Nachruf und 17 Livegespräche abgesetzt. Das aber sollte erst der Anfang unseres Super-Royal-Jahres sein.

Sechs Wochen später, es ist wieder ein Samstag, der Ostersamstag, erreicht mich die Nachricht beim gemütlichen Tee zu Hause: Die Königinmutter, Queen Mum, hat wohl den Tod ihrer jüngsten Tochter nicht verwunden und ist friedlich an der Seite ihrer ältesten Tochter, der Königin, eingeschlafen. Das Osterwochenende war gelaufen. Die über uns hereinbrechende Flut der Berichterstattung erinnerte an Dianas schrecklichen Tod. Wenngleich sich zur Trauer der Briten auch das Gefühl einstellte: »Sie hat ja ein erfülltes Leben gehabt.« 650 000 Menschen zogen am aufgebahrten Sarg der beliebtesten Großmutter Großbritanniens vorbei, um ihr die letzte Ehre zu erweisen. Wir vom ZDF-Studio fertigten aktuelle Berichte – vom »ZDF-Morgenmagazin«, über das »ZDF-Mittagsmagazin«, bis zu »heute – in Europa«, »hallo Deutschland«, »Leute heute« und allen »heute«-Sendungen, einschließlich »heute-journal« und »heute nacht«. Wir, die drei Korrespondenten und die zwölf anderen Studiokolleginnen und -kollegen sind rund um die Uhr im Einsatz. Das »ZDF spezial« zum Tod von Queen Mum mit 45 Minuten erreicht 11,5 Prozent Marktanteil und 2,1 Millionen Zuschauer. Die drei Stunden und 30 Minuten lange Liveübertragung der Überführung des Sargs nach Westminster Abbey, die Steffen Seibert und ich kommentieren, hat bereits in aller Frühe ab 8.30 Uhr 14 Prozent Marktanteil. Die Beerdigung sehen dann gar vier Tage später fünf Stunden und 23 Minuten lang 20,1 Prozent der Fernsehzuschauer in Deutschland. Unglaublich, diese Anteilnahme, dieses Interesse.

Wir im Studio haben aber kaum Luft geholt nach diesen beiden royalen Trauerereignissen, als sieben Wochen später im ARTE-Programm die erste von drei Königs-Dokumentationen ausgedruckt wird: »Fünfzig Jahre auf dem Thron – Majestät ohne Macht«. Drei Monate haben wir daran gearbeitet, Interviewpartner gesucht und in den Archiven noch nie gezeigtes Bildmaterial gefunden. 52 Minuten sind im Fernsehgeschäft eine lange Strecke. Als nach dem Sendetermin am 22. Mai die ARTE-Kollegen der Sendung die interne Goldene Palme für die besteingeschaltete ARTE-Sendung im ersten Halbjahr 2002 zukommen lassen, freuen wir uns im Studio sehr.

Dann geht es Schlag auf Schlag: Die Jubilee-Tage sind auf den 1. bis 4. Juni festgelegt. Als Einstimmung läuft bei uns die zweiteilige Dokumentation »Majestät privat« und »Königin ohne Reich«. Ich habe aus vier BBC-Teilen die beiden Sendungen zusammengeschnitten und neu getextet. Der Sendetermin um 19.25 Uhr gleich nach »heute« erweist sich als Erfolg: 18,2 und 19,1 Prozent Marktanteil, das sind 3,2 und 3,75 Millionen Zuschauer.

Darauf folgen die Live-Ereignisse, das Klassik-Konzert in den Buckingham Gardens und vor allem der große Jubilee Day: das ZDF live auf Sendung ab 8.50 Uhr. Zusätzlich zu Steffen Seibert und mir berichten Nina Ruge, Christian Sievers und Andreas Klinner von diesem Mammut-Ereignis. Meine Kollegen Ralf Zimmermann von Siefart und Yacin Hehrlein covern die aktuellen Programme rund um die Uhr. Das 15-köpfige Studioteam wird ergänzt von 67 Kolleginnen und Kollegen aus Mainz und drei Übertragungswagen. Kein anderer Sender weltweit ist mit einem solchen Aufgebot an die Themse gereist. Und auch dieser personelle und finanzielle Großeinsatz lohnt sich wieder: An einem normalen Werktag sehen 13,5 Prozent der deutschen Fernsehzuschauer, genau 2,35 Millionen Menschen, der Königin bei ihrem triumphalen Auftritt zu.

Als das Jubilee-Jahr in Großbritannien allerdings zu Ende geht, rutschen die Beliebtheitswerte von Königin Elisabeth und ihrer Familie auf ein dramatisches Tief. Schuld daran ist ein Butler, genauer: Dianas ehemaliger Butler. Während eines Diebstahlprozesses gegen ihn intervenierte die Königin. Sie habe, erinnert sie sich plötzlich, immer schon gewusst, dass der Butler Bilder, Kleider und Schmuck ihrer verstorbenen Schwiegertochter zu Hause gelagert habe. Als der Butler dann aber seine Geschichte an eine Boulevard-Zeitung verkauft, kommen ganz erstaunliche Einzelheiten aus Charles’ Palast ans Licht: Vergewaltigungen unter seinen Butlern, verschwundene Tonband-Geständnisse, Charles´ Geschenke, die die Butler mit seinem Wissen versilbert hätten. Als schließlich die bisher makellose Prinzessin Anne vor Gericht verurteilt wird, weil ihre frei laufenden Kampfhunde radelnde Kinder angefallen haben, sind die Briten endgültig genervt von ihren Royals. Wir im Studio haben zwar wieder viel zu berichten. Aber hinter den Kulissen stoppen die Spin-Doktors alle feinsinnig geplanten Ereignisse, um Charles’ Dauergeliebte Camilla als künftige Ehefrau des Königs zu etablieren. Daraus wird wohl vorerst nichts, solange das Image der Königsfamilie derartig derangiert ist. Das hindert uns Journalisten aber nicht, die nächsten Dokumentationen zu planen. Denn Tatsache bleibt: Die Royals sind immer eine Geschichte wert.

Die Studio-Bilanz in Sachen Royals im ersten Halbjahr 2002: 25 Stunden und 25 Minuten – Lives, Dokumentationen und Berichte. Gesehen von 16,08 Millionen Menschen in Deutschland. Menschen brauchen Märchen ...

 
 
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