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2002  
ZDF Jahrbuch
Aus der Programmarbeit
Nikolaus Brender
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Bettina Schausten
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Werner von Bergen
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Werner von Bergen

Auferstandene Ruinen - Baudenkmäler als Fernsehstars
Zehn Jahre "Bürger, rettet Eure Städte"

 
Werner von Bergen
Werner von Bergen


Der Dresdner Zwinger im Hochwasser
Der Dresdner Zwinger im Hochwasser


Hochwasserfolgen in Dresden
Hochwasserfolgen in Dresden
              
 

»Auferstanden aus Ruinen«: Die alte Hymne der DDR bekam nach dem Fall der Mauer einen völlig neuen Sinn. Eine historische Baulandschaft war dem Zerfall preisgegeben, auch wenn die ostdeutschen Denkmalpfleger verzweifelt zu retten versuchten, was noch zu retten war. Schon früh stellte sich das ZDF mit dem großen persönlichen Engagement seines Intendanten Professor Dr.h.c. Dieter Stolte der Herausforderung, die Zuschauer aufzurufen, sich für die Erhaltung denkmalgeschützter Bauten einzusetzen. Zur Errichtung seiner Landesstudios in den fünf neuen Bundesländern und seines neuen Hauptstadtstudios hat das ZDF ausschließlich in denkmalgeschützte Häuser investiert.

Und am 6. Juni 1992 hat sich das ZDF mit der Denkmalschutzsendung »Bürger, rettet Eure Städte« eine im schnelllebigen Fernsehgeschäft erstaunlich dauerhafte publizistische Plattform geschaffen, um an der Seite der Deutschen Stiftung Denkmalschutz dafür zu kämpfen, dass unsere alten Häuser nicht aus dem Bewusstsein der Deutschen West und der Deutschen Ost verschwinden. Seit nunmehr zehn Jahren gibt es diese Sendung, die Monat für Monat wertvolle Denkmäler vorstellt. Die individuelle, wechselvolle Geschichte von Wahrzeichen und Wegmarken, von vergangener Schönheit und von Zerstörung haben wir erzählt, ihre langjährige und oftmals mühselige Rettung mit Anteilnahme verfolgt. Inzwischen hat »Bürger, rettet Eure Städte« in mehr als 110 Sendungen fast 230 Gebäude und Stadtensembles vorgestellt. Damit ist das Videoarchiv eines reichen Bauerbes zustande gekommen, das im deutschsprachigen Fernsehen wohl einmalig ist.

Von der Burg bis zur Windmühle, vom Dom bis zum Park, vom Mittelalter bis zur Bauhaus-Zeit: »Bürger, rettet Eure Städte« mischt sich bis heute ein, nimmt Partei für den Wiederaufbau in Ostdeutschland und seit einem Jahr auch für die Sanierung maroder Bauten in Westdeutschland. Die Sendung steht auf der Seite von Bürgerinitiativen, die sich selbstlos und ganz privat für ihre »Pflegefälle« einsetzen.

Nach nunmehr zehn Jahren steht es auch für den neuen Intendanten außer Zweifel, dass sich die Sendung mittlerweile zu einer viel beachteten ZDF-Aktion entwickelt hat. Doch dabei allein soll es nicht bleiben: Markus Schächter möchte, »dass aus der ZDF-Initiative eine breite Bürgerinitiative wird«.

»Bürger, rettet Eure Städte« – nie schien der Titel der Sendung aktueller und dringlicher als ausgerechnet im Jubiläumsjahr 2002, in dem Mitte August die sintflutartige Überschwemmungskatastrophe nicht nur das Lebenswerk von Menschen zerstörte, sondern auch jahrelange Bemühungen zur Rettung und Sanierung historischer Bauten in wenigen Stunden brutal zunichte gemacht hat. Die ZDF-Denkmalschutzaktion reihte sich in die vielen Sondersendungen und Benefizereignisse ein, um nun tatsächlich im Programm eine breite Bürgerinitiative der Hilfsbereitschaft anzustoßen. Mit Erschütterung begleiteten unsere Zuschauerinnen und Zuschauer in einer unserer Sondersendungen eine Pfarrerin, die ihre untergegangene Kirche, St. Bartholomäus am Rande des Dessau-Wörlitzer Gartenreichs, nur noch mit dem Boot besichtigen konnte. Auch Monate nach der Katastrophe zeigten unsere Kolleginnen und Kollegen aus dem Landesstudio Sachsen die dramatischen Folgen der Flut in Dresden und in den besonders betroffenen Städten Döbeln und Grimma.

Die Bilder, die das ZDF gesendet hat, verfehlten ihre Wirkung nicht. Die Zuschauer fühlten mit und spendeten großzügig – so wie in all den Jahren zuvor. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz schätzt, dass »Bürger, rettet Eure Städte« im Lauf der Zeit über 61 Millionen Euro zusammenbrachte. So konnte auch schon vor der großen Flut vielen Denkmälern geholfen werden, die vermutlich ohne ihren Fernsehauftritt im ZDF und ohne die Unterstützung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz noch lange nicht gerettet wären.

Objekte, denen wir über die Jahre die Daumen drückten, deren Schicksal uns besonders beeindruckte und immer wieder beschäftigte: Die grandiose Ruine von St. Georgen in Wismar und ihr kühnes Wiederaufbauprojekt und die Baufortschritte an der Marienkirche in Beeskow hielten uns ebenso in Atem wie die Sanierung der franckeschen Stiftungen in Halle, der mittelalterlichen Priesterhäuser in Zwickau oder des Bauhaus-Meisterwerks Haus am Horn in Weimar. Sie alle sind würdige Zeugen einer anderen Zeit: von der Brikettfabrik Louise im brandenburgischen Wahrenbrück bis zur Krämerbrücke in Erfurt, von dem herrlichen Gartenreich in Dessau-Wörlitz, den Renaissance-Häusern in Görlitz bis hin zum Kloster Volkenroda mit seinem aufregenden Ensemble aus mittelalterlicher und ganz aktueller Architektur.

Eine Riesenaufgabe stellte sich den Menschen, die mit Denkmalschutz zu tun hatten, vor zehn Jahren. Bürgerinnen und Bürger, Architekten, Pfarrer, Handwerker, Hauseigentümer und Denkmalpfleger, die Städte und Gemeinden: Sie alle mussten sich mit politischen und wirtschaftlichen Widrigkeiten auseinandersetzen. Und die Probleme bestehen bis heute: die bedrohliche Abwanderung aus den ostdeutschen Altstädten, die Flaute auf dem Baumarkt, die schwindenden öffentlichen Finanzspritzen. Wie ein Wunder scheint es da, wie viele Dächer gedeckt, wie viele Bauten zumindest gegen Feuchtigkeit und Verfall gesichert werden konnten. Immer seltener müssen wir in den östlichen Bundesländern zur Rettung eines ruinösen Bauwerks in letzter Minute aufrufen, immer häufiger dagegen für eine sinnvolle und nachhaltige Nutzung werben.

Und dennoch bröckelt es in Deutschland überall weiter vor sich hin, ob in Ost oder West: Bei den Kirchen etwa gibt es einen Jahrhundert-Rückstau bei der Restaurierung. So befinden sich allein 350 Gotteshäuser in den neuen Ländern in einem katastrophalen Zustand. In Thüringen müssten fünf Prozent der 1800 Kirchen unverzüglich saniert werden, weil sonst ihr Zusammenbruch droht. Der bauliche Nachholbedarf in Sachsens Kirchenlandschaft wird bis 2012 noch auf mindestens 55 Millionen Euro pro Jahr geschätzt. Umso schmerzhafter treffen in dieser Situation nicht nur die ruinösen Flutschäden, sondern die radikalen Kürzungen der staatlichen Aufwendungen für die Denkmalpflege. Noch bedrohlicher für den Denkmalschutz: Steuerpläne der Bundesregierung, die die Abschreibungsmöglichkeiten von Investitionen an Denkmälern streichen wollen.

Wie viele Denkmäler werden in den nächsten Jahren wegen fehlender Mittel für immer verloren gehen? Darauf hinzuweisen, mit Beiträgen aufzurütteln, zu werben für den Denkmalschutz, der Arbeitsplätze schafft und zugleich Ressourcen schont, das wird auch künftig die Aufgabe der ZDF-Denkmalschutzsendung sein. Unser Titel bleibt Programm: »Bürger, rettet Eure Städte«. Warum? Weil in Zeiten des zunehmenden Innovationsdrucks auf die Altstädte, auf ihre Gesellschaft und ihre Gestalt, die bürgerschaftliche Mitwirkung der Einwohner immer notwendiger wird. Keine der beteiligten Parteien an einer die alten Bauten respektierenden Stadtreparatur – vom Investor bis zum Denkmalpfleger – kann es sich heute leisten, über die Wünsche und Bedürfnisse der Bürger hinwegzugehen. Das Umdenken weg von hoheitlichem Gebaren ist endlich im vollen Gange. Auch dabei wollen wir in den nächsten Jahren mit unserer Sendereihe helfen, Beispiele zeigen und Anstöße geben: Die Redaktion, die Kolleginnen und Kollegen aus den ZDF-Landesstudios, die als Reporter, an der Kamera oder im Schnitt mit Spaß und Engagement den Baudenkmälern zu ihrem Fernsehauftritt verhelfen.

Nach zehn Jahren ist noch lange nicht Schluss: Mit »Bürger, rettet Eure Städte« und der jährlichen Gala »Echo Klassik« sammelt das ZDF auch in den nächsten Jahren Spenden für die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Der Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche wird ebenso Schwerpunkt des ZDF-Engagements bleiben wie die Erhaltung der Dome zu Speyer und Worms und die Sanierung der Berliner Museumsinsel. Als öffentlich-rechtlicher Fernsehsender mischt sich das ZDF auch weiterhin ein, wenn es darum geht, unsere gebaute Geschichte in die Zukunft zu retten.

 
 
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