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2002  
ZDF Jahrbuch
Aus der Programmarbeit
Nikolaus Brender
Peter Frey
Thomas Bellut
Wolf von Lojewski/Claus Kleber
Bettina Schausten
Elmar Theveßen
Eberhard Piltz
Udo van Kampen
Uwe Kröger
Dirk Sager
Alexander von Sobeck
Maria von Welser
Joachim Holtz
Eberhard Figgemeier/Dieter Gruschwitz/Rainer Deike
Hans Janke
Heike Hempel/Claudia Tronnier
Hans Helmut Hillrichs
Werner von Bergen
Carola Wedel
Susanne Krummacher
Claus Beling
Birte Dronsek/Axel Laustroer
Anca-Monica Pandelea

Claus Beling

Sonntagsfilme und Bestseller

 
Claus Beling
Claus Beling


»Das Haus der Schwestern«: Peter Stein (Hardy Krüger jr., hier mit Gudrun Landgrebe als Frances) verlässt Westhill House
»Das Haus der Schwestern«: Peter Stein (Hardy Krüger jr., hier mit Gudrun Landgrebe als Frances) verlässt Westhill House


»Das Haus der Schwestern«: Die junge Frances, gespielt von Anne Brendler, mit dem aus dem Krieg zurückgekehrten John (Max Tidof)
»Das Haus der Schwestern«: Die junge Frances, gespielt von Anne Brendler, mit dem aus dem Krieg zurückgekehrten John (Max Tidof)


John steht noch unter dem Eindruck der Kriegsereignisse
John steht noch unter dem Eindruck der Kriegsereignisse


»Der Verehrer«: Leona (Ursula Buschhorn) genießt die Zeit mit Robert (Bernhard Schir)
»Der Verehrer«: Leona (Ursula Buschhorn) genießt die Zeit mit Robert (Bernhard Schir)


Nach einem Autounfall stirbt Robert in Leonas Armen
Nach einem Autounfall stirbt Robert in Leonas Armen
              
 

Dass der Sonntagsfilm des ZDF mit aufwändigen Bestsellerverfilmungen zu einem der reichweitenstärksten Sendetermine der deutschen Fernsehlandschaft geworden ist, spiegelt eine interessante Entwicklung wider. Im Jahr 2002 zeichnete sich für fiktionale Programme bei allen Sendern eine grundlegende Veränderung ab, die, unter dem Eindruck teilweise gravierender Wirtschaftsdaten, von einem neuen Effizienzdenken geprägt wurde. Der unterhaltende Fernsehfilm musste sich vielfach ungewohnten Legitimationsfragen stellen. Die Frage nach quotenbeständigen Sendeplätzen wurde nun auch bei der kommerziellen Konkurrenz zunehmend mit einer Diskussion von Themen, Erzählzielen und Einsparpotentialen verknüpft. Angesichts schrumpfender Erträge und ständig steigender Gagen eigentlich eine Selbstverständlichkeit, sollte man meinen, aber ein überhitzter Markt glaubte, diesen Problemen bisher großzügig ausweichen zu können. Die neuen Antworten der meisten Sender hießen nun plötzlich »Konzentration auf weniger fiktionale Sendeplätze« und »stärkere Erkennbarkeit«. Als Beispiel eines besonders erfolgreichen Versuchs, durch einheitliche und zuverlässige Signale dem Zuschauer Vertrauen zu einem festen Sendeplatz zu geben, wurde allenthalben der ZDF-Sonntagsfilm genannt.

Bereits ab Januar 2002 hatte der Sonntag um 20.15 Uhr durch Pressekampagnen und neue Trailermodelle eine stark verbesserte Kenntlichkeit erhalten. Und eines sollte besonders in diesem Jahr für den Zuschauer deutlich werden: Der Sonntagsfilm ist der prädestinierte Platz der Bestsellerverfilmungen. Zwei internationale Bestsellerautorinnen sind schon seit vielen Jahren mit der Marke Sonntagsfilm verbunden und bleiben es auch in Zukunft: die Engländerin Rosamunde Pilcher und die Amerikanerin Barbara Wood.

Als neue dritte Säule sind nun die exklusiven Verfilmungen der deutschen Bestsellerautorin Charlotte Link hinzugekommen. Ihre millionenfach verkauften Bücher haben eine immer weiter wachsende Fangemeinde und ihre Themen, angefangen bei den großen historischen Stoffen bis zu den psychologischen Thrillern wie Die Täuschung, sind packende Menschenzeichnungen und spannende dramaturgische Entwürfe. Vielleicht sind Charlotte Links Romane schon deshalb ideales Drehbuchmaterial – sie tragen das Skript bereits in sich, Surrogate für große Mehrteiler, Charakterbeschreibungen unvergesslicher Hauptrollen.

Der Roman Das Haus der Schwestern, dem sich das ZDF am 10. März nach der Trilogie Sturmzeit (1999) als neuem Sonntagabendstoff zuwandte, war eine solche Vorgabe. Die Geschichte einer Frau, die in England mit den Spuren ihres deutschen Vaters auf das Leben zweier englischer Schwestern stößt, deren Vorkriegs- und Kriegsschicksal Dimensionen menschlicher Tragik in sich birgt, hat 5,99 Millionen Zuschauer gefesselt. Starbesetzungen wie Gudrun Landgrebe, Christine Reinhart, Harald Krassnitzer, Max Tidof und Hardy Krüger jr. haben in dem großen Zweiteiler unter der Regie von Altmeister Rolf von Sydow jene Brücke geschlagen, die das Publikum am Sonntagabend sucht: die Gewissheit, dass mit Sorgfalt und Ehrlichkeit hypothetische Schicksale erzählt werden und dennoch Raum bleiben darf für Träume und Emotionen. Insofern ist der Sonntagsfilm, das zeigen auch die Ergebnisse der Medienforschung, einem ganz besonderen Sendeplatzprofil verpflichtet. Die Zuschauer wünschen sich den Sonntagabend des ZDF, sozusagen zwischen »Tatort« und zahlreichen amerikanischen Movies bei den Privatsendern, als Moment der Entspannung und des Übergangs vom Wochenende zum neuen Arbeitsbeginn am Montag. Ein idealer Platz also für die Kraft der Literaturverfilmung, für die packende Fantasie einer Charlotte Link.

Am 17. März folgte die Verfilmung des Link-Romans Der Verehrer mit Ursula Buschhorn, Florian Fitz und Bernhard Schir in den Hauptrollen, Regie Dagmar Damek. 5,09 Millionen Zuschauer verfolgten die sensibel und aufregend erzählte Liebesgeschichte um bedingungslose Zuneigung und tödliche Enttäuschung. Mit der Entscheidung, diesen Roman unmittelbar nach dem Haus der Schwestern filmisch umzusetzen, ist auch zugleich die Spannweite der Erzählstärke und Stilistik Charlotte Links markiert – dort, im großen englischen Gemälde, die Fähigkeit des historischen Beschreibens, hier, im Verehrer, der Hauch des Psychokrimis. Denn auch das gehört zur Gestaltung des Sonntagsfilms: die Abwechslung im Zuverlässigen.

Auch in Zukunft werden Bestseller die überragende Bedeutung dieses erfolgreichen Sendetermins kennzeichnen. Bestseller sind die Wahlentscheidungen der Leser, unmissverständlich, marktprägend und der schlagendste Beweis für die immer noch vitale Lust an großen Erzählformen. Wir müssen nur genau hinhören, um großes Fernsehen daraus zu machen.




 

 
 
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