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2002  
ZDF Jahrbuch
Aus der Programmarbeit
Nikolaus Brender
Peter Frey
Thomas Bellut
Wolf von Lojewski/Claus Kleber
Bettina Schausten
Elmar Theveßen
Eberhard Piltz
Udo van Kampen
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Dirk Sager
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Maria von Welser
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Heike Hempel/Claudia Tronnier
Hans Helmut Hillrichs
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Carola Wedel
Susanne Krummacher
Claus Beling
Birte Dronsek/Axel Laustroer
Anca-Monica Pandelea

Birte Dronsek/Axel Laustroer

Zwei Ladys - eine Leidenschaft: Mord

 
Birte Dronsek
Birte Dronsek


Axel Laustroer
Axel Laustroer


Nathaniel Parker als Inspector Lynley und Sharon Small als Sergeant Havers in »Gott schütze dieses Haus« von Elizabeth George
Nathaniel Parker als Inspector Lynley und Sharon Small als Sergeant Havers in »Gott schütze dieses Haus« von Elizabeth George


Lesley-Anne Down als Susan Chandler in »Nimm dich in Acht« von Mary Higgins Clark
Lesley-Anne Down als Susan Chandler in »Nimm dich in Acht« von Mary Higgins Clark


Elizabeth George: Nathaniel Parker als Thomas Lynley und Sharon Small als Sergeant Havers in »Keiner werfe den ersten Stein«
Elizabeth George: Nathaniel Parker als Thomas Lynley und Sharon Small als Sergeant Havers in »Keiner werfe den ersten Stein«


Elizabeth George: Sharon Small mit June Watson in »Gott schütze dieses Haus«
Elizabeth George: Sharon Small mit June Watson in »Gott schütze dieses Haus«


Mary Higgins Clark: Tobias Moretti und Nastassja Kinski in »Dass du ewig denkst an mich«
Mary Higgins Clark: Tobias Moretti und Nastassja Kinski in »Dass du ewig denkst an mich«


Mary Higgins Clark: Tobias Moretti und Nastassja Kinski in »Dass du ewig denkst an mich«
Mary Higgins Clark: Tobias Moretti und Nastassja Kinski in »Dass du ewig denkst an mich«
              
 

Die Lady, die am Küchentisch mordet: Mary Higgins Clark

Krimis haben Hochkonjunktur! Sie gehören zu den beliebtesten Büchern überhaupt. Man muss nur einmal in Muße eine Buchhandlung betreten. Die Regale der Kriminalromane sind prall gefüllt und locken mit unzähligen Angeboten. Phantasievolle Cover und plakative Titel lassen das Herz jeder Krimiliebhaberin höher schlagen. Und ehe ich mich versehe, marschiere ich mit zwei, drei Büchern nach Hause, in der Vorfreude, gleich im kuscheligsten aller Sessel zu sitzen und mich von schaurig-schönen Gefühlen überwältigen zu lassen.

Über 1 000 Kriminalromane erscheinen jährlich allein in den deutschen Verlagen, Tendenz steigend. Neun von zehn Büchern sind Übersetzungen aus dem Englischen. Und: Immer mehr Detektivgeschichten werden von Frauen geschrieben, Joy Fielding, Ruth Rendell, Martha Grimes, Patricia Cornwell etc., um nur einige zu nennen. Frauenkrimis sind inzwischen eine wahre Goldgrube für die internationalen Verlage. Beherrschten im so genannten Goldenen Zeitalter der Krimis, der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen, noch englische Autorinnen wie Agatha Christie oder Dorothy L. Sayers den Markt, sind es jetzt im so genannten Neuen Goldenen Zeitalter die amerikanischen Autorinnen, zu denen unumstritten auch Mary Higgins Clark gehört.

Stellt sich die Frage: Warum sind Frauenkrimis zu einem regelrechten Kultphänomen geworden? Liegt es an den weiblichen Detektiven? Sind diese greifbarer, menschlicher, sympathischer, also nicht so arrogant und exzentrisch wie beispielsweise ein Hercule Poirot oder ein Sherlock Holmes? Oder denken Frauendetektive etwa anders und lösen sie entsprechend anders ihre Fälle? Nun, darüber ließe sich sicherlich hochwissenschaftlich philosophieren. Ich meine ganz brachial: Frauen lösen Mordfälle mit dem Bauch, also mit Intuition, mit Eingebung, mit Raten, schöpferischem Denken; wir stehen, da wird uns jedes männliche Wesen spontan zustimmen, für merkwürdige Gedankenverbindungen, die wir immer wieder neu ordnen. Tja, und am Ende verdichtet sich schließlich doch alles zu einer Gestalt, und wir haben ihn, den Mörder, die Mörderin! Wie auch immer!

Betrachtet man die Lebensgeschichte von Mary Higgins Clark, dann gesellen sich zu allen weiblichen Phänomenen in ihrem Fall noch andere: Der Wille, sich trotz zahlreicher Zurückweisungen nicht unterkriegen zu lassen, der Mut, mit Mitte 40 als Witwe und Mutter von fünf Kindern dem Leben eine neue Richtung zu geben. Für sie, die in der Bronx aufwuchs und sehr jung ihren Vater verlor, war Schreiben immer ein innerer Zwang. Sie war sich seit ihrer frühen Jugend sicher, dass es irgendwann einmal klappen muss. »Es ist der Grad der Sehnsucht, der einen wirklichen Autor von einem Möchtegernautor trennt.« Mary Higgins Clark mordet am liebsten am Küchentisch, und das schon morgens um sechs, wenn andere joggen gehen oder sich noch lasziv im Bett wälzen. Bevor sie anfängt, muss sie die Geschichte immer in einem Satz erzählen können, erst dann denkt sie sich Figuren aus, die in den Fall verwickelt werden könnten, und jagt sie mit Freude die Straßen hinunter, statt sie mit gespitzter Feder zu führen. Bevorzugt schreibt sie über »nette Menschen, denen Böses widerfährt«. Also Leute, mit denen wir uns identifizieren können, die ein normales Leben führen und ihren Angelegenheiten nachgehen. Ihre Heldinnen, meist Frauen in interessanten Berufen, sind durchweg starke Frauen, die ihr Leben selber meistern, ihre Probleme größtenteils allein lösen, keine Angst vor bedrohlichen Situationen haben. Ihre Inspiration holt sie sich aus echten Fällen. Kein Zufall, zwei ihrer Kinder sind heute Strafprozess-Richter.

Heute ist die »Lady of Suspense« eine der gefragtesten Krimiautorinnen der Welt. Über 50 Millionen Exemplare ihrer Bücher haben sich allein in den USA verkauft. Was ihre Romane, über den jeweiligen Fall hinaus, besonders lesenswert macht, ist ihre liebevolle Darstellung amerikanischer Lebensart, des American Way of Life.

Die Lady, die dunkle Abgründe beleuchtet: Elizabeth George

»Welcher Mann besitzt die Gewandtheit und die Kraft, den machtvollen Willen einer Frau zu bändigen? Denn wenn sie will, dann will sie, darauf ist Verlaß; Und wenn nicht, dann will sie eben nicht, und fertig.«*

Dass Frauen über viel Fantasie und Vorstellungskraft verfügen, dass sie psychologisches Gespür und Geschick besitzen, ist seit Jahrhunderten bekannt. Dass sie diese Eigenarten, gepaart mit logischem Denkvermögen und stilistischer Raffinesse, als Autorinnen nutzen können, um erfolgreiche Kriminalromane zu schreiben, dafür steht auch die Erfolgsautorin Elizabeth George.

Die Amerikanerin lebt in Kalifornien und ist Professorin für Literatur und englische Sprache. Aus diesem Grund ist es auch nicht verwunderlich, dass die Handlung ihrer Krimis in England spielt. Aber es geht ihr auch, nach eigener Aussage, um die Atmosphäre, die sie für ihre Krimis braucht und die sie im britischen Raum zu finden meint. Ihr 1989 erschienener Roman Gott schütze dieses Haus wurde als Krimi des Jahres gefeiert und mit dem Agatha-Christie-Award sowie dem Anthony-Award für den besten Erstlingsroman ausgezeichnet. Aber selbst noch so schmeichelhafte Vergleiche mit einer P. D. James, mit Ruth Rendell oder Patricia Highsmith bringen Elizabeth George nicht aus der Ruhe. Sie weiß, dass ihre Arbeit letztlich nur »Futter für die eigene Karriere der Herren und Damen Kritiker ist«. Und so schreibt sie weiter. Denn es ist ihr Wille, zu schreiben. Und diesem Willen folgt sie mehr als erfolgreich. Nicht nur in Deutschland ist jeder neue Roman von ihr beinahe automatisch auf Platz eins der Bestsellerlisten.

Einer der Gründe hierfür mag die interessante Konstellation ihrer Protagonisten sein. Denn Elizabeth George schreibt keine klassischen Frauenkrimis in dem Sinne, dass ihre Heldinnen Frauen sind. Mit Inspector Thomas Lynley und Sergeant Barbara Havers ist es ihr gelungen, ein unvergleichliches Ermittlerpaar zu kreieren. Der achte Earl of Asherton und seine proletarische und von Klassenhass zerfressene Kollegin, die, beide beladen mit massiven persönlichen Problemen, auf grausame Mordfälle stoßen, die von einer Kaltblütigkeit zeugen, die unvorstellbar scheint – mit diesem Paar hat die Amerikanerin die wahrscheinlich britischsten Krimis überhaupt und damit Krimigeschichte geschrieben.

Jede einzelne ihrer Figuren ist psychologisch ausgefeilt. Elizabeth George geht es um seelische Abgründe, die Umstände, die Menschen zum Verbrechen treiben, und um die vielen verschiedenen Facetten von Sprachlosigkeit, mit denen Menschen umgehen müssen, um miteinander leben zu können – oder eben nicht. Und so ist jede ihrer Figuren nicht nur Handlungsträger, sondern ein ausgefeiltes Psychogramm, und auch Inspector Lynley und Sergeant Havers sind davon nicht ausgenommen. Am Ende jeder Geschichte ist bei Elizabeth George für niemanden – ganz gleich, ob Täter oder Opfer, ob Ermittler oder Verdächtiger – die Welt so, wie sie vorher war. Genau wie im richtigen Leben.

Zwei Ladys, sieben Titel: ein Programmerfolg

Zu Recht hat das ZDF sich 2002 die Lizenzen für sechs Filme nach Romanen von Mary Higgins Clark und die zweiteilige BBC-Verfilmung von »Gott schütze dieses Haus« nach dem Roman von Elizabeth George gesichert, die alle am Sonntagabend um 22 Uhr ausgestrahlt wurden und in der Spitze mit 2,87 Millionen Zuschauern einen Marktanteil von 16,7 Prozent erzielten. Und auch 2003 gibt es dort sechs weitere Mary-Higgins-Clark-Verfilmungen und acht neue Elizabeth-George-Verfilmungen zu sehen, die hoffentlich an den vergangenen Erfolg anknüpfen, und somit auch den späten Sonntagabend mit einem programmierten Fingerdruck auf der Fernbedienung verbinden. Denn inzwischen müsste klar sein: Mit dem Zweiten sieht man besser, mit welcher Leidenschaft Ladys morden!


* Übersetzung einer Inschrift auf einer Säule auf dem Dane John Field in Canterbury, zitiert aus: George, Elizabeth: Denn sie betrügt man nicht; München, Blanvalet, 1997.

 
 
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