ZDF.de
                Kontakt    
Suche
Erweiterte Suche
 
2004  
ZDF Jahrbuch
Aus der Programmarbeit
Thomas Bellut
Hans Janke
Hans Helmut Hillrichs
Peter Arens
Michaela Pilters/Reinold Hartmann
Hanne Huntemann/Brigitte Klos
Hiltrud Fischer-Taubert
Marita Hübinger
Susanne Becker/Sabine Kemper-Buhl
Sabine Groß
Frank Hof
Pit Rampelt
Norbert Lehmann
Bettina Schausten
Roland Strumpf
Halim Hosny/Luc Walpot
Eberhard Piltz
Michael Opoczynski
Guido Knopp
Eberhard Figgemeier/Dieter Gruschwitz

Hanne Huntemann/Brigitte Klos

Helden wie wir
Zehn Jahre »37°«

 
Hanne Huntemann
Hanne Huntemann


Brigitte Klos
Brigitte Klos


Interesse an der Kameraarbeit: Szene aus der »37°«-Folge »Leb wohl, Orang-Utan«
Interesse an der Kameraarbeit: Szene aus der »37°«-Folge »Leb wohl, Orang-Utan«


Wer aufräumt, ist zu faul zum Suchen: Szene aus »Wo Saubermänner machtlos sind«
Wer aufräumt, ist zu faul zum Suchen: Szene aus »Wo Saubermänner machtlos sind«
              
 

Es war an einem Spätsommertag 1989, da rissen rund 700 DDR-Bürger den Grenzzaun im ungarischen Sopron nieder und strömten unbehelligt auf die österreichische Seite. Danach fielen sie sich weinend in die Arme. Die Bilder zeigen einen Vater, der sein kleines blondgelocktes Töchterchen an sich drückt und sein Glück einfach nicht fassen kann. Endlich frei. 15 Jahre später sitzt der gleiche Vater mit seiner fast erwachsenen Tochter im Arm vor dem Bildschirm und sieht zum ersten Mal die Amateur-Videoaufnahmen von damals. Unfassbar, was sie erlebten. Und wieder rollen Tränen der Rührung in der »37°«-Sendung »Jetzt oder nie – die Grenzgänger von Sopron«. Sehen so die »37°«-Helden aus?

Die Kamera zoomt auf einen großen Haufen Bismarckheringe. Fleißige Hände stopfen im Akkord den Fisch in vorbereitete Gläser. Ines, eine junge Frau mit weißem Häubchen, Schürze und Gummihandschuhen, ist völlig konzentriert auf ihre Arbeit, denn sie will es schaffen, den durchschnittlichen Akkordlohn von rund fünf Euro aufzustocken. Nach Schichtende erzählt die hübsche blonde Rügenerin der verdutzten Autorin in die Kamera: »Ich mache den Job gerne und bin froh, nicht arbeitslos zu sein.« Sind das die Helden von heute?

Sarah ist fast elf und zieht alle Blicke auf sich, wo immer sie auftaucht. Sarah ist ein erstaunliches kleines Mädchen, das durch seine Progerie-Erkrankung einen rasanten Alterungsprozess erfährt und nicht mehr lange zu leben hat. Für ihre Eltern und ihre Umgebung ist sie ein Sonnenschein, der die Herzen schmelzen lässt.

Sarah, Ines und die DDR-Familie von Sopron: Sie alle sind Helden des Alltags – davon sind wir von den drei »37°«-Redaktionen überzeugt.

Der präzise Blick auf diese besonderen Lebensgeschichten, der behutsame und verantwortungsvolle Umgang mit unseren Protagonisten, eine anspruchsvolle Machart, das sind die Ingredienzien, aus denen eine gute »37°«-Sendung besteht. Eine Dokumentationsreihe, die Menschen und ihre vielfältigen Lebens-, Grenz- und Glückserfahrungen in den Mittelpunkt stellt.

Unsere Autoren erzählen immer wieder davon, wie schnell bei der Recherche die anfängliche Skepsis weicht, wenn klar wird, dass sie für »37°« arbeiten: eine Bestätigung für dieses ZDF-Format, das sich in all den Jahren bewährt, aber auch weiterentwickelt hat. In einer hart umkämpften und unübersichtlich gewordenen Fernsehlandschaft ist diese Intensität der »37°«-Filme zu einem unverwechselbaren Markenzeichen geworden. Kontinuierlich wachsende Quoten von heute durchschnittlich 11,2 Prozent und 2,5 Millionen Zuschauern bestätigen dieses Konzept, das in der Öffentlichkeit als etwas Besonderes wahrgenommen wird. Bei einem qualitativen Sendungstest mit »37°«-Zuschauern stellte sich heraus, dass sie die typische »37°«-Handschrift erkennen. Sie schätzen besonders, dass die Sendung Themen aufgreift, die sonst im Fernsehen nicht so häufig vorkommen. Gemeint sind Themen, die jeden auf existenzielle Weise berühren. Nach einer aktuell durchgeführten Telefonbefragung im Auftrag der ZDF- Medienforschung bezeichneten 69 Prozent der »37°«-Zuschauer die Sendereihe als ein gelungenes Beispiel öffentlich-rechtlichen Qualitätsfernsehens.

Ein Blick auf zehn Jahre »37°« zeigt, dass es am Anfang eher darum ging, in einer filmischen Momentaufnahme einen kurzen Ausschnitt aus dem Leben unserer Protagonisten abzubilden. Im Laufe der Jahre hat »37°« sich kontinuierlich verändert. Unser Focus richtet sich jetzt mehr auf eine Wegstrecke, die unsere Protagonisten zurücklegen, eine Entwicklung, die sie nehmen. Intensive und manchmal überraschende Lebenssituationen, die wir mit der Kamera begleiten, machen heute das Kennzeichen dieser Sendereihe aus. Wir zeigen Menschen, die mit den schwierigen, oft belastenden Umständen ihres Lebens auf eine Weise umgehen, dass für die Zuschauer neue, ungewöhnliche Perspektiven sichtbar werden. Es sind oft Menschen, die in ähnlichen Alltagsproblemen stecken wie wir selbst. Indem wir ihnen zuschauen, mit ihnen fühlen, sie verstehen, lernen wir etwas über uns selbst. Wenn man so will, ist »37°« modernes Bildungsfernsehen besonderer Art – eines in der Sparte Herzensbildung. Indem wir den Menschen in unseren Filmen nahe kommen, ihnen zuhören, wenn sie ehrlich und unverstellt von sich und ihren Problemen erzählen, machen wir eine besondere Erfahrung, die unseren Blick auf die Wirklichkeit verändert.

Das merken wir immer wieder, wenn die Zuschauer davon berichten, wie sehr sie eine »37°«-Geschichte beeindruckt hat. So sehr, dass es ihnen ein Bedürfnis ist, unseren Protagonisten zu danken oder ihnen Mut zuzusprechen. Manche Zuschauer nehmen so intensiven Anteil an den Geschichten, dass sie noch nach Monaten schreiben und sich nach dem Schicksal eines Protagonisten erkundigen. Als in unserer Sendung »Nur von Luft und Liebe« (18. Mai 1999) eine junge Frau von ihrem kargen Leben jenseits der Konsumgesellschaft erzählte, erhielten wir eine Flut von Zuschriften. Die Beobachtung aus dem Alltag der 22-jährigen Brigitte, wie sie ohne Heizung und solide Nahrung den Winter in einem alten Gemäuer durchsteht, nur um Menschen ein Beispiel zu geben, löste eine Welle der Anteilnahme aus. Viele Zuschauer sorgten sich so um die ungewöhnliche Aussteigerin, dass sie uns baten, ihr Päckchen mit Tee, Streichhölzern und Kerzen weiterzuleiten, die nach dem Film in großer Zahl bei uns in den Redaktionen eingingen.

Das alles sind Beispiele, die zeigen, wie »37°«-Protagonisten wirklich etwas ganz Außergewöhnliches leisten; und sie tun es nicht mit Superlativen, die das Fernsehen sonst so gerne bedient. Nicht die Schönen und Reichen werden plakativ ausgestellt, sondern Menschen, die uns im Alltag begegnen und die wir oft selbst sein könnten.

Als am 26. Oktober 2004 die Jubiläumssendung »Alisons Baby – Die ersten Jahre« ausgestrahlt wurde, hatten die drei Redaktionen Kirche und Leben evangelisch, Kirche und Leben katholisch und Geschichte und Gesellschaft zehn Jahre einer gemeinsamen Dokumentationsreihe zu feiern. Einer Reihe, die im deutschen Fernsehen als einmalig gilt. Zehn Jahre – eine kleine Ewigkeit in unserer schnelllebigen Fernsehlandschaft.

 
 
zum Seitenanfang   
 
über das ZDF Impressum Kontakt   Erweiterte Suche © ZDF 2005
zdf.de ZDFinfokanal ZDFdokukanal ZDFtheaterkanal arte 3sat phoenix kika