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2006  
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Barbara Dickmann

750 Sendungen »ML Mona Lisa«

 
Barbara Dickmann
Barbara Dickmann


Die Moderatorinnen-Riege: Marina Ruperti, Maria von Welser, Petra Gerster und Conny Hermann
Die Moderatorinnen-Riege: Marina Ruperti, Maria von Welser, Petra Gerster und Conny Hermann


Die aktuellen Moderatorinnen Karen Webb und Marina Ruperti
Die aktuellen Moderatorinnen Karen Webb und Marina Ruperti
 

750 »Mona Lisa«-Sendungen? Mit einem Schmunzeln denken wir an die Anfänge des Frauenmagazins, als wir uns an Bocuse und seinen Kochtipps, wenn auch vergeblich, versuchten. Zur Nachahmung waren seine Rezepte selten geeignet, wie uns unsere Zuschauerinnen und Zuschauer verärgert schrieben Zuviel »Chi-Chi«, so die Vorwürfe. Und mal ehrlich: Wer brauchte am Sonntagnachmittag den »Hasen auf königliche Art« oder die »Schokoladenblätter gefüllt mit Kastanien-Mousse in Haselnusssauce«? Bittere Klagen mit zartbitterem Nachgeschmack. Aber nur durch Erfahrung wird man klug.

Und so entwickelte sich »Mona Lisa« schnell vom Kochlöffel schwingenden Sonntagnachmittag-Magazin zu einer engagierten Sendung, der kein Eisen zu heiß war. »ML Mona Lisa« wurde zu einem seriösen, gesellschaftspolitisch relevanten journalistischen Magazin. Ein Magazin, das immer weltweit die Rechte der Frauen im Auge hatte. Hinschauen, zuhören, aufgreifen, aufdecken, verändern wollen – das waren und sind unsere Grundsätze.

Alles in allem haben wir viel erreicht. Wir konnten in der Politik Aufmerksamkeit erlangen, Anstöße für Gesetzesänderungen geben und Tabuthemen in die öffentliche Diskussion bringen. 1990 haben wir die bundesweite Initiative zusammen mit dem stern gegen Gewalt an Kindern ins Leben gerufen. Ein damals noch mit großen Vorbehalten behaftetes Thema.

1992 berichteten wir über die Massenvergewaltigungen im Bosnienkrieg. Unsere Filme haben damals heftige Reaktionen bei den Politikern und in der Öffentlichkeit ausgelöst: Frauen in Deutschland gingen auf die Straße, es kam zu riesigen Demonstrationen in vielen deutschen Städten, Spendengelder wurden gesammelt in Höhe von mehreren Millionen Mark, die an Organisationen für traumatisierte Frauen vor Ort weitergeleitet wurden. Übrigens können bis zum heutigen Tag Frauen in den betroffenen Gebieten von diesen Spendengeldern ausgebildet werden.

1997 rüttelte ein »ML«-Beitrag über die Beschneidungen in Afrika die Menschen hierzulande auf und machte das Thema öffentlich.

Ein weiterer Film einer »ML Mona Lisa«-Redakteurin machte europaweit Schlagzeilen. Sie berichtete über das Verschwinden von Neugeborenen aus verschiedenen Kreißsälen in der Ukraine. Daraufhin wurden der Europarat und das Europäische Parlament im Jahr 2003 aktiv. Beide Vertretungen begannen mit den Ermittlungen vor Ort und forderten schonungslose Aufklärung von der ukrainischen Regierung.

2006 berichteten wir über die Kinderleukämie in der Elbmarsch. Wir konnten nachweisen, dass Kernbrennstoffe dort im Boden lagern, die da nicht hingehören und die möglicherweise für die weltweit höchste Leukämierate bei Kindern verantwortlich sind. Diese für Aufsehen sorgende Erkenntnis führte dazu, dass die »Akte Elbmarsch« – von den verantwortlichen Politikern längst geschlossen – wieder geöffnet wird, das heißt, dass die Gründe für die rätselhaft hohe Krankheitsrate bei Kindern möglicherweise neu untersucht werden.

Die Reihe der brisanten Themen ließe sich beliebig fortsetzen. Das zeigt, dass »Mona Lisa« immer wachsam war und deshalb ein wichtiger Bestandteil der Fernsehlandschaft war und ist.

Seit 1995 prämieren wir die »ML«-Frau des Jahres, seit 2004 zusammen mit »Clarins« Deutschland. Dabei wählen wir immer herausragende Frauen aus, die sich in unterschiedlichen Bereichen sozial engagieren. Wairis Dirie, die sich als UNO-Sonderbotschafterin gegen Mädchenbeschneidung engagiert, Uta Leichsenring, die als Polizeipräsidentin in Eberswalde mutig gegen Neonazis kämpft, Aida Daidzić, eine bosnische Muslimin, die sich um die traumatisierten Frauen im ehemaligen Jugoslawien kümmert und die Preisträgerin aus dem Jahre 2005, Hauptkommissarin des Berliner Landeskriminalamtes, Gina Graichen, die das Kommissariat »Delikte an Schutzbefohlenen« leitet, ausgezeichnet für ihren Kampf gegen Kindesmisshandlung.

Natürlich hat sich das Magazin in den letzten 18 Jahren verändert, so wie sich auch die Zeit und damit die Gesellschaft verändert hat. War die Emanzipation, die Gleichstellung der Frauen, zu Beginn im Mittelpunkt der Themen, steht in Zeiten von Arbeitslosigkeit, Hartz IV und zunehmender Kinderarmut heute die soziale Ungerechtigkeit mehr im Vordergrund der »ML«-Berichterstattung.

»Mona Lisa« schildert Alltagsprobleme aus der Sicht der Frau und stellt dar, was schief läuft, zeigt aber auch die schönen Seiten des Lebens. Wir machen die Frauen auf ihre Rechte aufmerksam und wollen, dass sie sich noch mehr für Politik interessieren und dadurch ihr Leben aktiv mitgestalten. Doch auch männliche Zuschauer finden zunehmend zu uns. Mittlerweile sind rund 45 Prozent der etwa zwei Millionen Zuschauer pro Ausgabe Männer. Für sie sind wir vielleicht nicht zuletzt deshalb auch attraktiv, weil sie Themen aus einer anderen Sicht gezeigt bekommen, nach dem Motto: »So habe ich das noch gar nicht betrachtet ...«.

Allein, was über all die Jahre konstant blieb, war und ist der Sendeplatz am Sonntag um 18 Uhr nach der »ZDF SPORTreportage«. Nicht nur für uns Macherinnen ein kleiner Wermutstropfen, das ist auch eine problematische Uhrzeit für unsere »Klientel«. Immer wieder bekommen wir von außen zu hören: »Warum ausgerechnet um diese Zeit?«

Da sind Familien mit Kindern noch im Wochenende oder bereiten sich schon auf die kommende Woche vor, Singles ohne Kinder sind mit Freunden verabredet. Kurzum: Sonntag 18 Uhr ist einfach schlecht für ein anspruchsvolles Magazin. Zumal wir nach der vorgeschalteten »ZDF SPORTreportage« einen kompletten Zuschaueraustausch hinnehmen müssen, mit bis zu einer Million Zuschauerverlusten. Aber auch nach 18 Jahren Hoffen auf einen attraktiveren Sendeplatz ist dieser nicht in Sicht. Bisher zumindest. Doch die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Und die Redaktion glaubt an Veränderungen. Wir, das sind 18 Frauen, der Großteil davon arbeitet Teilzeit, und ein Mann, unser Produktionsleiter. Woche für Woche bemühen wir uns um ein spannendes 30-Minuten-Programm, investigativ, emotional und abwechslungsreich.

Unser Anliegen: Wir möchten, dass Frauen nicht mehr als Minderheit betrachtet werden. Mit unseren Sendungen wollen wir erreichen, dass Frauen selbst entscheiden können, ob sie Familie wollen, den Job oder beides, und die Gesellschaft muss ihnen die Voraussetzungen dafür schaffen.

Übrigens hat uns Bundeskanzlerin Angela Merkel zur 750. Sendung ein Grußwort geschickt: »›Mona Lisa‹ hat sich nie gescheut, strittige Themen auf den Prüfstand zu stellen, hat unterschiedliche Meinungen immer wieder beleuchtet und ist deshalb für mich ein wirklich gesellschaftspolitisches Magazin, dem ich eine gute Zukunft wünsche.«

Und Alice Schwarzer, die »Mutter der Emanzipation«, setzte dem Ganzen noch eins drauf und wünschte uns: »›Mona Lisa‹, weiter so, die nächsten 750 Jahre.« Dem ist nichts hinzuzufügen, finden wir.

 
 
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