|
Schon kurz nach dem Weltjugendtag in Köln 2005 wurde bekannt, dass Papst Benedikt XVI. im Jahr 2006 Bayern besuchen würde. Das neu gewählte Oberhaupt der katholischen Kirche zum zweiten Mal in Deutschland! München, Altötting, Regensburg und Freising die Stationen seiner Reise vom 9. bis 14. September 2006 entsprachen zum Teil den Stationen des Lebens von Joseph Ratzinger. Ein bayerischer Papst also in seiner bayerischen Heimat. Aber dennoch ein Besuch, der bundesweit, ja international, großes Interesse erregt und weltweit übertragen wird auch von ZDF-Kameras.
Die ersten Vorbereitungen begannen im März. Erste Vorbesichtigungen der Reisestationen, erste Verhandlungen mit dem Bayerischen Rundfunk. Von Anfang an war klar, dass das Bayerische Fernsehen als sogenannter Host-Broadcaster die produktionelle Federführung innehatte, aber auch das ZDF war als nationaler Sender (Vertrags-)Partner der Kirche. Für einen Sender allein ist ein solches mediales Großereignis an so vielen verschiedenen Orten ohnehin nicht zu bewältigen. Und so garantierte die technische und produktionelle Zusammenarbeit mit dem ZDF, dass dieser Papstbesuch für die weltweiten Übertragungen fernsehtechnisch bestens umgesetzt und großflächig abgebildet werden konnte. Ende Mai standen die endgültigen Stationen und Termine der päpstlichen Reise fest. Neben den gemeinsamen Übertragungen von der Ankunft des Papstes in München am 9. September und dem Gottesdienst auf dem Münchener Messegelände am 10. September wurden die Livestrecken zwischen ARD und ZDF für das jeweilige Programm sinnvoll aufgeteilt. Das ZDF übertrug live den Gottesdienst mit dem Papst aus dem Wallfahrtsort Altötting am 11. September, während die ARD die große Messe auf dem Islinger Feld bei Regensburg am nächsten Tag und den Besuch in Freising am 14. September zeigte.
Besonders Altötting war für das ZDF eine technische und organisatorische Herausforderung. Im ZDF-Hauptprogramm wurde zwar »nur« die Ankunft des Papstes in dem Wallfahrtsort und der anschließende Gottesdienst gezeigt, das ZDF-Team war aber als »Weltbildlieferant« verantwortlich für den ganzen Tag, das heißt, von der Übertragung des Vorprogramms ab sieben Uhr morgens auf dem Altöttinger Kapellplatz, über die Gottesdienste am Vor- und Nachmittag bis zum Abflug des Papstes aus seinem in der Nähe gelegenen Geburtsort Marktl am Abend. Und der ZDFinfokanal konnte die Synergien nutzen und übertrug zusätzlich an drei Nachmittagen jeweils die Vesper mit Benedikt XVI. live.
Schon die Unterbringung des Teams war für die Produktion um Olaf Nossen, Rudi Rauh (EPL Aktuelles) und Friedhelm Schierle (EPL Kultur und Wissenschaft) ein schwieriges Unterfangen. 23 Zimmer konnte man für die Crew in Altötting buchen, doch das ZDF-Team zählte über 200 Personen. Etliche Kolleginnen und Kollegen mussten sogar in München oder Salzburg übernachten. Allein die Logistik des reibungslosen und pünktlichen Transfers des Teams zum Produktionsort war eine Meisterleistung der Produktion. Aber auch sonst wurde den Produktionsleitern besonderes Verhandlungsgeschick abverlangt. Mit den Vorbesichtigungen in Altötting begann ein wahrer Abstimmungsmarathon zwischen ZDF, der katholischen Kirche, den Städten München und Altötting, den Sicherheitskräften des Vatikans, der Bundes- und Landespolizei, der Feuerwehr, dem Denkmalschutz etc. etc. In unzähligen Sitzungen mit häufig mehr als 60 Teilnehmern mussten Kompromisse gefunden werden, die alle Interessen gleichermaßen berücksichtigten. Da wurde jeder Kabelweg, jeder Standort der 19 Kameras in München und der über 40 Kameras in Altötting zur hochsensiblen Sicherheitsfrage. Um fast jede Kameraposition musste Volker Schmidt, der erste lichtsetzende Kameramann, feilschen, letztlich jedoch erfolgreich. »Keine andere Produktion war bisher derart fremdbestimmt«, so der Technische Leiter Rolf Decker, der mit Frank Werner die übergeordnete Planung übernommen hatte. »Das begann mit dem Reisemarschall des Papstes und endete mit der örtlichen Feuerwehr« (siehe Rolf Decker/Frank Werner: »Ein Weltbild«). »Geht nicht gibt’s nicht«: Die große Erfahrung des technischen Teams um Rolf Decker und Veranstaltungsmeister Alfred Böhm gewährleistete eine technisch perfekte Umsetzung der Übertragungen aus München und besonders Altötting. Für Regie und Redaktion ist diese Erfahrung von besonderem Wert, kann man sich doch ganz auf das Programm konzentrieren.
Und dieses Programm sieht dann in Realität doch etwas anders aus, als man es sich in vielen Sitzungen ausgedacht und geplant hat. Ein Papstbesuch ist in erster Linie ein Live-Ereignis, das heißt, wenn der Papst sich zeigt, muss man ihn zeigen, egal wann und wo. Da wird dann auch schon mal der ein oder andere vorgesehene Beitrag nicht gesendet, natürlich zum Leidwesen der Autoren. Und so entfällt denn auch die geplante schöne Pilgerreportage, wenn der Papst just zur Sendezeit des »ZDF spezials« am Abend gerade seinen Geburtsort Marktl besucht. Für eine Reporterin, die zum Beispiel für ihren Beitrag fast 24 Stunden mit den Pilgern unterwegs war, ein hartes Los. Dennoch, die Zusammenarbeit zwischen der Redaktion und den Reportern des Landesstudios München war zu jeder Zeit freundschaftlich und überaus professionell. Hintergrundberichte, aktuelle Reportagen, das Münchener Team war bestens eingestellt und vorbereitet auf diesen päpstlichen Einsatz, der von örtlichen Zeitungen schon im Vorfeld als Medienschlacht bezeichnet wurde. Allein das Bayerische Fernsehen sendete 46 Stunden live im Dritten Programm, da sehen die insgesamt 13 Stunden Papst-TV live im ZDF zwar bescheiden aus, sind aber dennoch von besonderer Qualität, weil sie bundesweit ausgestrahlt werden. Und wenn Studioleiter Ulrich Berls live aus Marktl geschaltet wird, um neben den päpstlichen Ereignissen das Spottwort »Media Marktl« zu kommentieren, wird er selbstkritisch, wenn er sagt, dass wir als übertragender Sender Teil dieses großen Medienspektakels sind.
Wie schon in Rom und Köln im Vorjahr wurden die Sendungen wieder vom Moderatorenteam Michaela Pilters und Peter Frey sympathisch und kenntnisreich präsentiert, unterstützt vor Ort von den Livereportern Andreas Klinner, Martin Leutke, Jürgen Erbacher, Ulrich Berls und Peter Sydow. In Szene gesetzt vom Herrn über die Kameras, dem Regisseur Juergen J. Grosse. Es sind vor allem die vielen Kleinigkeiten, die eine Liveübertragung interessant machen. Die bayerischen Trachten, die Reaktionen der Bevölkerung auf den vorbeifahrenden Papst, die Details der Mariensäule, die Postkarteneinstellungen vom Münchener Marienplatz oder vom Kapellplatz in Altötting Juergen J. Grosse und seiner Bildmischerin Irmin Darge entgeht wirklich nichts.
Für die bildliche Umsetzung der Gottesdienste in Altötting war Rolf W. Lauschke verantwortlich, wie Grosse ein höchst erfahrener Regisseur und seit vielen Jahren Fachmann für katholische Liturgie.
Drei Tage Papst-Marathon im September für das ZDF eine technische und programmliche Herausforderung, die das Team bestens umsetzte. Mit einer guten Akzeptanz durch den Zuschauer und dem Wissen, dass gute Teamarbeit auch ein gutes Produkt gewährleistet.
| |