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2006  
ZDF Jahrbuch
Aus der Programmarbeit
Nikolaus Brender
Klaus-Peter Siegloch
Claus Kleber
Bettina Warken
Stefan Raue
Volker Angres
Barbara Dickmann
Thomas Bellut
Peter Arens
Günther van Endert/
Heike Hempel
Heike Hempel/
Jörg Schneider
Klaus Bassiner/
Berit Teschner
Volker Wilms
Wolfgang Ebert
Ruth Omphalius
Anca-Monica Pandelea

Thomas Bellut

Der lange Atem

 
Thomas Bellut
Thomas Bellut


Die ZDFarena
Die ZDFarena


»Wege zum Glück«: Gisela Zach und Hubertus Grimm
»Wege zum Glück«: Gisela Zach und Hubertus Grimm


»Knabenlese« bei den Osmanen: Szene aus »ZDF Expedition«
»Knabenlese« bei den Osmanen: Szene aus »ZDF Expedition«


Thomas Gottschalk
Thomas Gottschalk


Andrea Kiewel und Ralph Morgenstern im »ZDF-Fernsehgarten«
Andrea Kiewel und Ralph Morgenstern im »ZDF-Fernsehgarten«
 

Alle Programmverantwortlichen träumen von der kreativen Idee, die auf Anhieb den Nerv des Publikums trifft und zu einem riesigen Zuschauererfolg wird. Träumen darf man sicherlich, aber hinter dem Erfolg einer Sendung steckt vor allem viel Arbeit. Abseits des vom Publikum geliebten Glamours der Branche mit schönen Stars in reizvollen Kulissen sind Menschen in nüchternen Büros und Studios fortwährend mit der Verbesserung ihrer Produkte beschäftigt. Konzepte werden entwickelt und auch wieder verworfen. Protagonisten werden gesucht und gefunden. Technische Möglichkeiten werden geprüft, es wird scharf kalkuliert und viel kommuniziert. Nur wenn die Kompetenzen aller Beteiligten sinnvoll kombiniert werden, kann ein attraktives Angebot an das Publikum entstehen.

Dabei hilft es, wenn Einigkeit über das grundlegende Ziel der täglichen Arbeit herrscht. Sinnvollerweise hat das ZDF den Prozess der Zieldefinition zuletzt formalisiert und verbindlicher gestaltet. Ein Ethos der Programm-Macher und eine Gewissheit über den öffentlich-rechtlichen Auftrag hat es aber immer schon gegeben: die Verbindung von Anspruch und Zuspruch, ein Dienst im Sinne der Gesellschaft. Aus dem Privileg der Gebührenfinanzierung erwächst die Verantwortung, ein besonderes Programm anzubieten: vielfältiger, integrierender, tiefgründiger. Das ZDF muss die Kraft behalten, aus sich heraus innovativ zu sein und damit große und differenzierte Publika anzusprechen. Nicht mit jeder einzelnen Sendung, aber mit dem Gesamtprogramm. Bei der heutigen Medienvielfalt wird dies immer schwieriger. Gerade die Akzeptanz durch jüngere Zuschauer bleibt auch 2006 unbefriedigend. Das Zuschauerverhalten ist noch volatiler geworden; Sendungen haben immer weniger Zeit, sich erfolgreich zu etablieren. Umso erfreulicher sind die Fälle, in denen beharrliche Programmarbeit mit hohem Zuschauerzuspruch belohnt wurde – auch beim jüngeren Publikum. Sie machen Hoffnung für die Zukunft – besonders, weil es sich um Sendungen handelt, die nichts oder nur am Rande mit der Fußball-WM zu tun hatten. Dieses Mega-Ereignis hat 2006 nicht nur das Land geprägt, sondern auch den Gesamterfolg des ZDF maßgeblich beeinflusst. Sicherlich waren unsere Liveübertragungen optimal besetzt und inszeniert.

Aber die hohen Einschaltzahlen waren natürlich auch Ausdruck der landesweiten Euphorie. Von dieser konnte sich das ZDF mittragen lassen. Im Programmalltag ist eine solche Symbiose nicht reproduzierbar; dort muss man sich den Bedürfnissen der Zuschauer immer wieder per »trial and error«-Prinzip annähern. Dafür braucht man mitunter einen langen Atem, Vertrauen in eigene Stärken und eine gute Zusammenarbeit aller Beteiligten. Von daher haben die Erfolgsprogramme 2006 durchaus Vorbildcharakter für kommende Anstrengungen.

Wie man auch mit anspruchsvollen, bisweilen sogar existenziellen Inhalten ein immer größeres Publikum finden kann, zeigt die Reportagereihe »37°«. Die Zuschauer spüren die Ernsthaftigkeit, mit der hier Einstellungen und Werte über die Flüchtigkeit der Sehdauer hinaus vermittelt werden sollen. In einem fortwährenden Prozess hat das Format dabei eine moderne Gestalt angenommen, ohne sich thematisch je untreu zu werden. Die gleichen Qualitäten von inhaltlicher Konstanz und gestalterischer Innovationsfähigkeit weisen auch die »ZDF Expeditionen« auf, die seit vielen Jahren zu den anspruchsvollsten Dokumentationsreihen im deutschen Fernsehen gehören.

Natürlich zählt neben Information und Bildung auch die Unterhaltung zu den essenziellen Aufgaben des ZDF. Gerade in diesem Bereich ändern sich jedoch Publikumsvorlieben sehr schnell, jagt ein Trend den nächsten. Von daher ist es höchst bemerkenswert, wenn Showformate auch »im hohen Alter« noch attraktiv sind. 2006 konnten wir den 25. Geburtstag von »Wetten, dass ..?« feiern – immer noch die erfolgreichste Show Europas und ein Magnet für junge und alte Zuschauer. Der »ZDF-Fernsehgarten« feierte sein 20. Jubiläum und war in diesem Jahr deutlich erfolgreicher als in den Jahren zuvor. Die klar erkennbare Formatarbeit der Redaktion hat der Sendung zu neuer Frische verholfen, was gerade auch vom jungen Publikum honoriert wird. Wenn über drei Millionen Zuschauer das »Waldbühnenkonzert« zum erfolgreichsten Klassikprogramm seit vielen Jahren machen, wird damit auch die Konzeption, die ausgefeilte Inszenierung und letztlich das Festhalten an eigenen Qualitätsansprüchen belohnt.

Im Fernsehen geht es natürlich immer auch um Stars und populäre Figuren. Was aber tun, wenn diese nicht mehr zur Verfügung stehen und ersetzt werden müssen? Exemplarisch für einen sehr gelungenen Übergang ist »Löwenzahn«. Peter Lustig war das Synonym für den neugierigen Erwachsenen, der den Kindern die Welt erklärt. Einen adäquaten Nachfolger zu finden war eine schwierige Aufgabe. Mit Einfühlungsvermögen und analytischem Verstand ist dies augenscheinlich gelungen – der neue Held Fritz Fuchs führt eine lange ZDF-Tradition eigenständig fort. In unserer Telenovela »Julia – Wege zum Glück« wurden gegen Ende der ursprünglich 250 Folgen neue Figuren und Handlungsstränge so geschickt eingeführt, dass das branchenübliche deutliche Nachlassen des Zuschauerinteresses beim Wechsel in die neue Geschichte kaum zu befürchten ist.

Zur redaktionellen Kompetenz zählen auch Vertrauen in die Qualitäten eines Programms und Durchhaltevermögen. »Neger, Neger, Schornsteinfeger« wurde dem ZDF vor über sechs Jahren als Romanverfilmung angeboten. Ohne klare Vorstellung der Redaktion, wie das fertige Werk ausse­hen soll, wären der Publikumserfolg mit über acht Millionen Zuschauern und eine große öffentliche Resonanz kaum möglich gewesen. Auch die Etablierung der internationalen Krimiverfilmungen am Sonntagabend, um die uns viele mittlerweile beneiden, war das Ergebnis eines langjährigen Findungsprozesses im Dialog zwischen Redaktion und Programmplanung.

Alle skizzierten Fähigkeiten wird das ZDF auch zukünftig benötigen, um im Wettbewerb zu bestehen. Schließlich wird das ZDF auch 2007 als das Vollprogramm mit dem höchsten Informationsgehalt antreten. Ein politisches Magazin wie »Frontal 21« gehört beispielsweise auf die 21-Uhr-Leiste, weil zu dieser Stunde die meisten Zuschauer verfügbar und sehbereit sind.

Im kommenden Jahr wird kein Sportgroßereignis unsere Marktanteile in die Höhe treiben, deshalb muss sich das ZDF auf ureigene Stärken besinnen und auch die jungen Zuschauer nicht aus den Augen verlieren. Bis März 2007 werden wir drei neue Freitagskrimi-Formate senden. Am Donnerstag um 19.25 Uhr soll eine neue Hybrid-Form aus Polizei- und Krankenhausserie reüssieren. Mit einem politischen Kabarett-Programm betreten wir im ZDF quasi Neuland. Bei diesen Innovationen sollte uns professioneller Ehrgeiz antreiben, ein qualitativ hochwertiges Programm anzubieten.

Das Jahr 2006 hat bei allen großen Kanälen gezeigt, wie schwer neue Wege zu finden sind. Das Publikum wählt, was es will. Aber ohne Innovationen droht jedem Sender ein Auszehrungsprozess, der verzögert das Herausfallen aus der Spitze der Zuschauergunst bedeuten würde. Der Weg zu neuen Programmen wird ein schwerer sein, aber der lange Atem zahlt sich aus.

 
 
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