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2007  
ZDF Jahrbuch
Aus der Programmarbeit
Thomas Bellut
Caroline von Senden
Elke Müller/
Klaus Bassiner
Heike Hempel
Annette Reisse
Volker Panzer
Nikolaus Brender
Martin Ordolff
Stefan Raue
Susanne Biedenkopf-Kürten
Udo van Kampen
Britta Hilpert
Guido Knopp
Heiner Gatzemeier
Maybrit Illner

Caroline von Senden, Redaktionsleiterin Fernsehfilm I

Ein besonders gutes Jahr

 
Caroline von Senden
Caroline von Senden


Nina Hoss als »Yella«
Nina Hoss als »Yella«


Zilinski (Andreas Schmidt) und Sorowitsch (Karl Markovics) in »Die Fälscher«
Zilinski (Andreas Schmidt) und Sorowitsch (Karl Markovics) in »Die Fälscher«


Klaus Buch (Ulrich Tukur) erliegt der erotischen Anziehungskraft Helenes (Petra Schmidt-Schaller). Szene aus »Ein fliehendes Pferd«
Klaus Buch (Ulrich Tukur) erliegt der erotischen Anziehungskraft Helenes (Petra Schmidt-Schaller). Szene aus »Ein fliehendes Pferd«
 

2007 – das war ein gutes, ein besonderes, ein besonders gutes Jahr für die Kinokoproduktionen des ZDF: Zwei Filme, die mit unserer Beteiligung entstanden, werden für den Wettbewerb der Berlinale ausgesucht – und stellen sich damit als einzige deutsche Beiträge der internationalen Konkurrenz.

Das österreichisch-deutsche Drama »Die Fälscher« von Stefan Ruzowitzky (Magnolia Film, Aichholzer Filmproduktion, ORF, Österreichisches Filminstitut, Filmfonds Wien, Land Oberösterreich, Land Niederösterreich, FFHH, FFA, MBB) erzählt die wahre Geschichte des Geldfälschers Salomon Sorowitsch (Karl Markovics), der gemeinsam mit anderen Häftlingen im KZ Sachsenhausen im großen Stil Blüten herstellen musste, um zum Endsieg der Nazis beizutragen.

Christian Petzolds zeitgenössisches Thrillerdrama »Yella« (Schramm-Film, ARTE, BKM, MBB, nordmedia) zeigt eine junge Frau, die ihre Heimat in Ostdeutschland verlassen will, um im Westen ihr Glück zu suchen.

Und es bleibt nicht bei der Wettbewerbsteilnahme: Hauptdarstellerin Nina Hoss erhält für ihre Darstellung der Yella den Silbernen Bären, und Ruzowitzkys »Fälscher« werden tatsächlich im Januar 2008 als bester ausländischer Film für den Oscar nominiert!

Zum wiederholten Male also (2006 erhielt »Esmas Geheimnis (Grbavica)« den Goldenen Bären für den Besten Film, Redaktion Jörg Schneider, Das kleine Fernsehspiel) konnte das ZDF als Medienpartner der Berlinale nicht nur über das größte deutsche Filmfest berichten, sondern, neben der Teilnahme von einigen Nachwuchsfilmen der Redaktion Das kleine Fernsehspiel in den anderen Sektionen der Festspiele, auch im Wettbewerb Profil zeigen.

Ein schöner Erfolg also, der das in der Selbstverpflichtungserklärung beschriebene Engagement für den deutschen Film, das sich durch die »Beteiligung an vielversprechenden, inhaltlich und formal ambitionierten Kinoprojekten manifestieren soll«, deutlich dokumentiert.

Aber wem soll nun ein Kinoprojekt im Angebotsstadium viel versprechen? Dem ZDF? Den Festivalleitern? Dem Zuschauer gar? Und welche Ambitionen soll es haben, um im Kino (an vorderster Stelle!) zu reüssieren? Der mehr als bescheidene Kinokoproduktionsetat zwingt die Verantwortlichen (Hauptredaktionsleiter Hans Janke, Caroline von Senden, Gabriele Heuser, Heike Hempel, Daniel Blum) nach intensiver Diskussion der vorgelegten Drehbücher oft zu harten Entscheidungen. Leicht fiel es, um bei den Berlinale-Beispielen zu bleiben, für den im ZDF groß gewordenen und für seine Fernsehfilme »Toter Mann« (2001) und »Wolfsburg« (2003) vielfach preisgekrönten, im Kino zu Ruhm gelangten Christian Petzold zu votieren. Anders die Situation bei Ruzowitzkys »Die Fälscher«: Ein überdurchschnittliches Drehbuch wurde gemeinsam mit einem handwerklich herausragenden, im Kino erfolgreichen Regisseur (»Anatomie«), einem der besten Kameramänner (Benedict Neuenfels) und einer unerhörten Geschichte angeboten. Viel Versprechen also, viel Ambition, aber würden die Leute diese Story sehen wollen? Aber die Qualität überzeugte schließlich – am Ende nicht nur uns.

Inzwischen sind Hochwertigkeit und Extraklasse der beiden Wettbewerbsbeiträge bestätigt und von berufener Seite (Kritiker, diverse Jurys etc.) sozusagen belegt – Preise und Filmpreisnominierungen inklusive, vielfache Auslandsverkäufe (»Die Fälscher« in die USA, nach England und Frankreich und in andere wichtige Märkte) sowieso.

Und das Kinopublikum? Das macht, was es will – jenseits aller Mühen der Macher und der Bewertungen der Fachleute und Cineasten. Ist schon der Erfolg eines Fernsehfilms, einer Serie nicht berechenbar – der eines Kinofilms ist es schon gar nicht. Zu viele Faktoren scheinen die Unwägbarkeit zum Prinzip zu machen.

Und trotzdem: Nach mehr oder weniger erfolgreicher Kinoauswertung (auf die der Sender keinen Einfluss hat) soll ja dann, oft erst zwei Jahre später, gesendet werden. Die Kinokoproduktion im ZDF nimmt da eine programmliche und planerische Sonderstellung ein. Der Kinofilm ist nicht für einen Sendeplatz und dessen Zuschauerprofil konzipiert, schon gar nicht in Auftrag gegeben, also sozusagen bestellt, sondern entsteht zunächst für einen sehr schwierigen, komplexen und heterogenen Kinomarkt, der von der preiswerten Arthouse-Produktion mit Drei-Kopien-Auswertung bis zum Blockbuster deutscher und internationaler Herkunft alles kennt. Also kann das ZDF für eine schon der Schlagzahl nach und auch sonst schwer berechenbare Programmware keinen festen Sendeplatz einrichten. In unserer aus gutem Grund stark formatierten Fernsehlandschaft ist das heterogene, widersprüchliche, eben auch künstlerische Produkt Spielfilm nicht leicht platzierbar. Um ihm und seiner Vielseitigkeit und Unterschiedlichkeit in Länge, Format, Genre und Anspruch jeweils zu entsprechen, muss also von Fall zu Fall ein spezieller Sendeplatz gesucht werden.

Oft bringt das dem Film dann die Seherschaft, die ihm im Kino aus vielen Gründen, die häufig nichts mit dem Film zu tun haben, verwehrt blieb. Schönstes Beispiel aus den letzten Jahren: Christian Petzolds Fernsehfilm der Woche, »Wolfsburg«, – vom ZDF zur Kinovorauswertung freigegeben – erreichte im Kino 14 800 Zuschauer. Bei der Fernsehausstrahlung am Montag um 20.15 Uhr im ZDF, ein Jahr später, wollten – trotz vorher gehabter Sendung auf dem Partnerkanal ARTE – 4,06 Millionen Zuschauer das Drama um Schuld und Sühne mit Nina Hoss und Benno Fürmann in den Hauptrollen sehen.

Das oft gescholtene Massenmedium Fernsehen kann also – nicht immer in solcher Millionenhöhe, aber doch immer mit deutlich mehr Zuschauern, als das im Kino gelingt – dem deutschen Film zu Popularität und Publikum verhelfen.

Ein Filmemacher wie Christian Petzold im Übrigen, der die Kraft und die herausragende Qualität seiner europaweit gerühmten Filme auch aus der Ruhe und Konzentration nimmt, in der er sich auf jedes einzelne Projekt vorbereitet, könnte ohne die Verlässlichkeit und Kontinuität, die ihm das öffentlich-rechtliche Fernsehen bietet, nicht in der Freiheit arbeiten, die er hat und braucht.

Ohne Zweifel keine leichte Programmware, die beiden hochgerühmten Wettbewerbsbeiträge »Yella« und »Die Fälscher«, aber Filme, die das Profil eines öffentlich-rechtlichen Senders schärfen, die einen Public Value darstellen.

Denn sowohl Petzolds luzide Erzählung von der jungen Ostdeutschen, die aufbricht, um neu anzufangen, als auch Ruzowitzkys erschütternder Film vom Überleben und der Menschlichkeit in einer schier unerträglichen Situation erzählen deutsche Wirklichkeit – vergangene und heutige – auf unnachahmliche Weise. Gut, diese Filme zu haben also und gut, dass auch das erwachsene deutsche Kino damit, über die Debütarbeit des Kleinen Fernsehspiels hinaus, seinen Platz im ZDF hat.

2007 hatte das ZDF im Übrigen noch Weiteres zu bieten: Im April kam Vivian Naefes »Die wilden Hühner und die Liebe« (Produktion: Bavaria, Redaktion Gabriele Heuser) nach dem gleichnamigen Roman der Bestsellerautorin Cornelia Funke in die Kinos und brachte es auf weit über eine Million Zuschauer. Im September folgte dann Rainer Kaufmanns intelligent unterhaltende Literaturverfilmung von Walsers »Ein fliehendes Pferd« (Produktion: Tele München, Redaktion Daniel Blum) in Starbesetzung mit Katja Riemann, Ulrich Tukur, Ulrich Noethen und Petra Schmidt-Schaller. Die Literaturverfilmung fand knapp 400 000 Zuschauer. Und auch die durchaus wirklichkeitsbezogene Komödie »Stellungswechsel« (Produk­tion: Claussen + Wöbke + Putz Filmproduktion, Redaktion Daniel Blum) konnte fast ebenso viele Leute begeistern.

Kino und Fernsehen sind spezifische Medien mit spezifischen Aufgaben und Interessen und haben doch viel gemeinsam: Ihre Kreativitätsquellen, ihr künstlerisches Personal und ihre Referenzen weisen große Schnittmengen auf. Also, wir bleiben dran, mit Sachverstand und Leidenschaft und auch, weil es unser Auftrag ist, denn, wie heißt es doch im Filmförderungsgesetz, auf dessen Basis das Film-Fernsehabkommen entstanden ist:

»Ziel ist es, die Qualität des deutschen Films auf breiter Grundlage zu steigern und die Struktur der Filmwirtschaft zu verbessern (...) und zur Selbstbehauptung unserer Gesellschaft, unserer Identität und unserer Bilder beizutragen.«
 
 
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