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Kurt Beck

Das hohe Niveau sichern
Zur Gebührendebatte und zum Funktionsauftrag

 
Kurt Beck
Kurt Beck
              
 

Von den gesamtwirtschaftlich schwierigen Zeiten ist auch die Medienbranche nicht ausgenommen. Gerade in diesen Zeiten, in denen finanzielle Spielräume im staatlichen Bereich dramatisch enger werden und auch Rundfunkanstalten wie das ZDF schmerzhafte Einschnitte hinnehmen müssen, sind alle Verantwortungsträger des ZDF besonders gefordert. In erster Linie selbstverständlich der Intendant in seiner Gesamtverantwortung, aber gerade auch der Verwaltungsrat im Hinblick auf die wirtschaftlichen Vorgaben und Rahmenbedingungen und der Fernsehrat in seiner Verantwortung für das Angebot des ZDF.

Gemeinsam mit dem Intendanten muss sich deshalb der Verwaltungsrat fragen, wie sich das ZDF als größte europäische öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt unter diesen Parametern künftig positionieren kann. Denn wir haben einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf hohem Niveau etabliert, der jedem Vergleich in europäischer Hinsicht, ja weltweit standhalten kann. Dies möchten wir sichern. Angesichts dessen ist die Frage zu stellen, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um den in Anbetracht knapper werdender Mittel notwendigen Umbau zu erreichen.

In dieser Situation trifft uns die aktuelle Gebührendebatte in einem schwierigen Umfeld. Rundfunkgebühren sind öffentliche Mittel. Sie werden von der Bevölkerung oft als Belastung empfunden, gerade in einer Zeit, die von vielfältigen anderen Einschränkungen gekennzeichnet ist. Hinzu kommt eine jahrelange Kampagne in manchen Printmedien gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Der Berichtsentwurf der KEF, der den Anstalten und den Ländern zwischenzeitlich zugeleitet wurde, empfiehlt in einer ersten Einschätzung eine Anhebung der Rundfunkgebühr um 1,07 Euro. Anfang 2004 wird der endgültige Bericht mit einer abschließenden Gebührenempfehlung vorliegen.

Bereits derzeit wird eine mögliche Gebührenanpassung kontrovers diskutiert, wobei die Meinungen weit auseinander gehen. Während sich verschiedene Länder gar für eine Verschiebung der Gebührenerhöhung bis 2008 ausgesprochen haben, habe ich mich auch aus meiner Sicht der Dinge als Verwaltungsratsvorsitzender des ZDF für eine faire und nicht emotional belastete Gebührendiskussion ausgesprochen. Ich habe dabei auch deutlich gemacht, dass ich durchaus für eine den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen entsprechende maßvolle Anpassung eintrete.

In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht hat, dass die Rundfunkgebühr letztlich nicht Gegenstand bloßer politischer Überlegungen sein darf. Politik hat sich an den Vorschlägen der KEF im Wesentlichen zu orientieren. Lediglich hinsichtlich der Frage, ob eine Erhöhung sozial angemessen ist, besteht ein Prüfungsermessen. Insofern ist zu sehen, dass angesichts der täglich im Umfeld der Bürgerinnen und Bürger festzustellenden Preissteigerungen (Erhöhung der monatlichen Grundgebühr für den analogen Telefonanschluss durch die Telekom um knapp zwei Euro sowie Preisanstieg bei zahlreichen Zeitungen) der zur Debatte stehende Betrag zumindest nicht überzogen erscheint.

An dieser Stelle kann ich natürlich nicht die Ergebnisse der im kommenden Jahr zur Gebühr auf politischer Ebene noch zu führenden Diskussion vorwegnehmen. Nur so viel sei angemerkt: Auch die Frage der Rundfunkgebühr bedarf der staatsvertraglichen Regelung. Damit ist auch in dieser Frage aufgrund des Zustimmungserfordernisses aller Parlamente die Konsens- und Kompromissfähigkeit der Länder auszuloten. Ich bin jedoch guter Dinge, dass sich auch hier der Föderalismus in Deutschland bewährt. Die Länder werden auch diesmal, wie in den vergangenen Jahren, bei dieser schwierigen Materie eine gemeinsame Lösung finden.

Ungeachtet des Ergebnisses werde ich mich in meiner Eigenschaft als Vorsitzender der Rundfunkkommission, aber auch als Vorsitzender des Verwaltungsrats des ZDF weiterhin für einen angemessen finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk einsetzen.

Die Diskussion, die wir bis dahin noch zu führen haben, wird dennoch ungleich schwieriger als in den Gebührenperioden zuvor, da auch die schwierige wirtschaftliche Lage die Bürgerinnen und Bürger zunehmend betrifft. Damit kommt dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, vor allem der effizienten Mittelverwendung, eine noch höhere Bedeutung zu als in Zeiten großen Wirtschaftswachstums.

Neben der Überprüfung der eigenen Organisation, dem Abbau von Doppelstrukturen, der Steigerung von Synergien und dem Erreichen struktureller Einsparungen steht gerade der Funktionsauftrag mit dem Programm des ZDF entscheidend im Blickpunkt der kommenden Jahre.

Das ZDF – wie auch die anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten – ist gefordert, ein von der Mehrzahl der übrigen Angebote klar unterscheidbares öffentlich-rechtliches Programmprofil zu entwickeln. Dies bedeutet, künftig stärker die Kernbereiche des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den Fokus zu nehmen und sich auf die bewährten öffentlich-rechtlichen Qualitätsstandards und Kernkompetenzen zu besinnen. Das heißt aber nicht, dass sich ein entsprechendes programmliches Profil lediglich auf Information, Bildung und Kultur beschränkt. Öffentlich-rechtliches Programm muss auch künftig die Bereiche der Unterhaltung und des Sports umfassen. Ob sie so dominieren sollten, wie es ab und an scheint, wird man allerdings fragen müssen.

Ein umfassender Programmauftrag gilt unabhängig von den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, da letztlich alle Gebührenzahler das Recht auf eine umfassende vollständige Versorgung mit Medienangeboten haben. In diesem Rahmen sind jedoch klare Unterscheidungsmerkmale zur Abgrenzung von den vielen privaten Angeboten notwendig. Dies kann etwa bei Entscheidungen zu Sendezeiten für bestimmte Formate, zur Schwerpunktsetzung sowie zu verschiedenen Darstellungsformen beginnen und endet letztlich im konkreten Einsatz der Präsentation von Werbung und Sponsoring.

Eine Konkretisierung des gesetzlichen Auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks haben die Länder im Rahmen des Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrags, der zum 1. April 2004 in Kraft treten soll, vorgegeben.

Denn gerade der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks steht im Mittelpunkt dieses Staatsvertrags. Dabei sind die Länder als Staatsvertragsgeber einen neuen Weg gegangen: den der Selbstverpflichtungen. Diese betreffen sowohl die Programme, aber auch das Online-Engagement des ZDF und der anderen Rundfunkanstalten. Dabei ist gerade der Bereich des Online-Engagements von besonderer Bedeutung. Hier sollen sich die Anstalten künftig auf programmbegleitende Angebote mit programmbezogenen Inhalten beschränken. Dies war eine notwendige Vorgabe gerade vor dem Hintergrund verschiedener Angebote der Öffentlich-Rechtlichen, die in der Vergangenheit in die Kritik privater Anbieter geraten sind.

Mit der Definition des Auftrags über Selbstverpflichtungen in weiten Teilen sind die Länder einen Weg gegangen, der die Autonomie der Anstalten anerkennt. Hierin ist ein großer Vertrauensvorschuss des Gesetzgebers zu sehen. Für die Programme und Angebote des ZDF sollten alle Verantwortlichen dies als Chance begreifen und die nun in ihre Hände gelegte Verantwortung konstruktiv nutzen. Ein maßvoller Umgang mit diesen Instrumentarien wird auch in Zeiten stetig enger werdender finanzieller Rahmenbedingungen denjenigen den Boden für ihre Argumentation entziehen, die noch weitere, weitaus schmerzlichere Einschnitte fordern.

Ich bin der Überzeugung, dass sich auch unter diesen Rahmenbedingungen ein großartiges Potenzial an Möglichkeiten zur Konkretisierung des öffentlich-rechtlichen Funktionsauftrags eröffnet. Es sind daher Kreativität und Selbstbewusstsein gefordert, um auch künftig den hohen journalistischen Anspruch der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten für die Bürgerinnen und Bürger zu erfüllen.

Verwaltungsrat, Intendant und Fernsehrat werden die Entwicklung, die durch die neuen gesetzlichen Möglichkeiten eröffnet wird, durch innovative Impulse begleiten. Für mich steht am Ende der Diskussion und weiteren Entwicklung kein »gestutztes« ZDF, sondern ein auch weiterhin führender selbstbewusster Sender mit hohem journalistischem Anspruch, der die notwendige Gestaltungskraft besitzt, seine Aufgaben auch in Zukunft zu erfüllen. Die Demokratie braucht öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

 
 
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