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2006  
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Gunnar Krone/Gerlinde Schumacher/Ute Schlinker

Zauberformel Medienkompetenz
Jugendmedienschutztagung 2006 im ZDF

 
Gunnar Krone
Gunnar Krone


Gerlinde Schumacher
Gerlinde Schumacher


Ute Schlinker
Ute Schlinker


Auf dem »Marktplatz«
Auf dem »Marktplatz«


und auf dem Podium
und auf dem Podium


Hubertus Meyer-Burckhardt und Ruprecht Polenz
Hubertus Meyer-Burckhardt und Ruprecht Polenz


Der Tagungs»marktplatz« in der Meistermannhalle
Der Tagungs»marktplatz« in der Meistermannhalle
  Medienkompetenz als Fähigkeit des sinnvollen, kompetenten und sozialverantwortlichen Umgangs mit den Medien wurde zu einem zentralen Begriff der öffentlichen Diskussion, als sich zum Jahresbeginn 2006 deutschlandweit Berichte über äußerst brutale, teils sogar bestialische Bild- und Videosequenzen auf Schülerhandys häuften. Selbst hartgesottene Polizisten waren entsetzt und schockiert über das, was sie seinerzeit auf den Displays von Handys jugendlicher Schüler zu sehen bekamen.

Rasch führten die Videos auf den Schülerhandys zu einer intensiven Debatte, wie der Verbreitung gewaltverherrlichender und auch pornografischer Inhalte über die Handys von Kindern und Jugendlichen begegnet werden könne.

Vor dem Hintergrund dieser Diskussion begann am 27. April 2006 im Sendezentrum des ZDF eine zweitägige Jugendmedienschutztagung zum Thema »Medienkompetenz – Zauberwort oder Leerformel des Jugendmedienschutzes?«. Getragen wurde die Konferenz von den ARD/ZDF-Jugendschutzbeauftragten, der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland. Sie stand dabei in der Fortsetzung zweier vorausgegangener Jugendmedienschutztagungen der Jahre 2003 und 2004 sowie im Anschluss an eine medienpädagogische ZDF-Fachtagung des Jahres 2000, »Reiche Kindheit aus zweiter Hand?«.

Begleitet wurde die Jugendmedienschutztagung 2006 von Präsentationen zahlreicher medienpädagogischer Initiativen und Projekte. So waren unter anderem der Freistaat Thüringen (als »Kindermedienland« mit verschiedenen dort ansässigen Institutionen), die Jugendmedienschutzkampagne SCHAU HIN!, der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest (MPFS), die rheinland-pfälzische Landeszentrale für Medien und Kommunikation (LMK), das ecmc Europäische Zentrum für Medienkompetenz GmbH, Blickwechsel e.V. sowie die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) im Konferenzbereich des ZDF Sendezentrums mit Informations- beziehungsweise Ausstellungsständen vertreten.

Die Jugendmedienschutztagung 2006 fand in der Öffentlichkeit eine erhebliche Resonanz. Sie war von rund 300 Teilnehmern – gemischt aus Wissenschaft und Praxis – besucht. In Vorträgen, Workshops und Podiumsdiskussionen nahmen Politiker, Medienpädagogen, Kirchenvertreter, Programm-Macher, Lehrer und Sozialarbeiter eine aktuelle medienpädagogische Bestandsaufnahme vor, diskutierten – unter anderem auch mit Schülern – über Chancen und Herausforderungen der Medienerziehung und fragten nach tragfähigen Perspektiven für die Zukunft. Dabei ging es um Jugendradios ebenso wie um Daily Soaps und Onlinespiele, aber auch um die Frage »Wie erreichen wir die Eltern?« sowie um die Darstellung und Diskussion neuester Erkenntnisse aus der Neurobiologie.

Im Eingangsreferat setzte sich die wissenschaftliche Direktorin des Instituts für Medienpädagogik in Forschung und Praxis (JFF), Frau Professor Helga Theunert, mit dem Verhältnis von Jugendmedienschutz und Medienpädagogik auseinander und legte dar, welche Beiträge das Fernsehen zur Medienkompetenzförderung leisten kann.

Dazu gehörten unter anderem Programme, die geeignet sind, den Horizont Heranwachsender zu erweitern sowie den Erwerb von Medienwissen und Medienkompetenz zu unterstützen.

In seinem Grundsatzreferat »Medienkompetenz und Verantwortung – Schlüsselbegriffe einer menschendienlichen Medienkommunikation« forderte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, von Erziehern und Mediennutzern mehr Verantwortung im Umgang mit den Medien. Zugleich appellierte er an die Verantwortung der Sender, den Belangen des Jugendmedienschutzes größtmögliche, schon in der programmlichen Planungsphase einsetzende Bedeutung einzuräumen. »Eine von Verantwortung geprägte Grundhaltung müsste nicht nur am tatsächlichen Programm abzulesen sein, sondern auch an dem, was gerade nicht Programm geworden ist«, führte Kardinal Lehmann aus.

Unter dem Titel »Quo vadis Medienkompetenz?« richtete der Medienpädagoge Professor Stefan Aufenanger den Blick auf Herausforderungen, Chancen und Grenzen der Vermittlung von Medienkompetenz in der Zukunft. Aufenanger bezeichnete die Vermittlung von Bildungskompetenz als Bildungsaufgabe. Das Bildungssystem habe zu gewährleisten, dass alle den gleichen Zugang zu Medien hätten. Kinder aus bildungsschwachen Familien müssten in Schulen und Tagesstätten daher beispielsweise die Möglichkeit erhalten, die neuen Kommunikationstechniken kennenzulernen. Die Medienpädagogik müsste außerdem auch die Erfahrungen der in Deutschland lebenden Migranten einbeziehen und der kulturellen Differenzierung Rechnung tragen.

ZDF-Intendant Markus Schächter gab in seiner Begrüßung der Erwartung Ausdruck, dass die Tagung eine »richtungsweisende Diskussion« über die Medienkompetenz als »soziale Schlüsselqualifikation« unserer Gesellschaft ermöglichen würde. Dass diese Erwartung des Intendanten erfüllt wurde, belegt eine Äußerung der – an dem Kongress teilnehmenden – Vorsitzenden der Kinderkommission des Deutschen Bundestags, Michaela Noll MdB, die sich bei den Veranstaltern ausdrücklich für den »Erkenntnisgewinn« der Tagung bedankte und betonte, die Veranstaltung habe nicht nur über Medienkompetenz gesprochen, sondern auch von praktischer Medienkompetenz gezeugt.

Dass die Jugendmedienschutztagung 2006 in der medienpädagogischen Diskussion richtungsweisende theoretische und praktische Maßstäbe setzen konnte, belegen in gleicher Weise diverse Medienberichte sowohl in Zeitungen und Zeitschriften als auch im Hörfunk-, Fernseh- und Onlinebereich.

Die Ergebnisse der Jugendmedienschutztagung 2006 im Sendezentrum Mainz werden auf den verschiedenen Fachebenen ausgewertet und weiter verfolgt. Exemplarisch können bereits jetzt folgende Befunde für den Jugendmedienschutz als solchem erwähnt werden:

Das, was im Bereich des Jugendmedienschutzes herkömmlicher Weise als für Kinder und Jugendliche besonders gefährlich angesehen wird, nämlich Sex und Gewalt, sammelt sich zunehmend in den sogenannten Telemedien, insbesondere im Internet, an.
Den Telemedien ist daher im Bereich des Jugendmedienschutzes besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Es war demnach richtig, dass sich das ZDF im Zusammenhang mit der Revision der EG-Fernsehrichtlinie nachdrücklich für die Verankerung rechtsverbindlicher Jugendschutzstandards bei den nichtlinearen audiovisuellen Diensten, also insbesondere für das Internet, eingesetzt hat.
Im Bereich des Fernsehens ist – bei bestimmten Sendungen kommerzieller Anbieter – als eine neue Gefahr die wirtschaftliche Erfassung und Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen entstanden. Diese Gefährdung wird dadurch verstärkt, dass im kommerziellen Medienbereich über die crossmediale Vermarktung ein und desselben Inhalts sowie durch die vielfältigen Verweise auf Marken in verschiedenen Medien ein wachsender Konsumdruck auf Kinder und Jugendliche entsteht.
Angesichts solcher neuen Gefährdungspotenziale gewinnen im Bereich des Jugendmedienschutzes präventive Maßnahmen gegenüber repressiven an Bedeutung. So kann beispielsweise der neuen Gefahr der wirtschaftlichen Erfassung und Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen entscheidend nur durch deren Fähigkeit, die Medien verantwortungsbewusst zu nutzen, Gefährdungen zu erkennen und zu vermeiden, also mittels Medienkompetenz, begegnet werden.

Es ist daher aus allgemeiner Sicht des Jugendmedienschutzes begründet, dass der Aspekt der Vermittlung von Medienkompetenz beim ZDF seit jeher einen besonders exponierten Rang im Themenbereich des medialen Jugendschutzes innehat.

Der Medienerziehung durch Eltern kommt eine bedeutsame Rolle in der Medienkompetenzvermittlung zu und sie muss sich den aus der Digitalisierung der Medien resultierenden Herausforderungen stellen. Verstärkt rücken daher auch Eltern als Adressaten der Medienkompetenzvermittlung in den Blickpunkt. Kinder und Jugendliche gehen – anders als Erwachsene – spielerischer und offener auf die neuen Medien Computer, Internet, Handy etc. zu und nutzen sie auch intensiver, um ihren Interessen nachzugehen und ihren Lebensstil zu gestalten. Oftmals lernen die Erwachsenen durch die Kinder neue Mediengeräte und -angebote kennen und erfahren von den Kindern, wie mit den neuen Medien technisch umzugehen ist. Andererseits können die Heranwachsenden von den Erwachsenen den verantwortungsvollen Umgang mit den Medien lernen.
Medienkompetenzvermittlung muss insoweit inhaltlich überprüft und gegebenenfalls fortgeschrieben werden, als bewährte traditionelle Konzepte nicht mehr in jedem Fall greifen. Angesichts wachsender Verbreitung miniaturisierter Endgeräte mit immer kleineren Bildschirmen, etwa bei den Handys, ist es für Eltern kaum noch möglich zu erkennen, was die Kinder auf dem Display sehen. Darüber hinaus erschwert der Umstand, dass Handys von Heranwachsenden überall und jederzeit genutzt werden können, die Kontrolle und Verantwortung der Eltern. Häufig haben Eltern auch keinen Einblick, welche Medien, wie beispielsweise Online- oder Computerspiele, ihre Kinder nutzen.
Medienkompetenzvermittlung stößt dort auf Grenzen, wo sie auf einen sozial geschwächten Hintergrund trifft. Dies betrifft beispielsweise soziale Problemfamilien, aber auch Familien mit Migrationshintergrund. Hier gilt es, im Interesse erfolgversprechender Konzepte verstärkt nachzudenken, wie Medienkompetenzvermittlung zum verantwortungsbewussten Umgang mit Medien beitragen kann.
 
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