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2002  
ZDF Jahrbuch
Programmbouqet und Beteiligungen
Gottfried Langenstein
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Engelbert Sauter

3sat ist volljährig geworden
Anmerkungen zum neuen Programmschema

 
Engelbert Sauter
Engelbert Sauter


»Pop around the clock«: Elvis Presley
»Pop around the clock«:
Elvis Presley


Joe Cocker
Joe Cocker


Tina Turner
Tina Turner
              
 

Ohne großes Brimborium und fast unbemerkt hat es im Jahre 2002 ein wichtiges Ereignis für 3sat gegeben: Das Programm wurde volljährig. Vor 18 Jahren, am 1. Dezember 1984, ist 3sat als erstes deutschsprachiges Satellitenprogramm auf Sendung gegangen. Und schon damals war dies nicht ein x-beliebiger Start eines neuen Fernsehprogramms – nein, 3sat war von Anfang an ausgestattet mit einem hohen Anspruch, den der damalige ZDF-Intendant, Dieter Stolte, beim Abschluss des Vertrags am 13. Juli 1984 wie folgt formuliert hatte: »... Unter veränderten Bedingungen des Gesamtprogrammangebots bedarf es neuer Wege, um diese kulturelle und humane Leistung (des öffentlich-rechtlichen Fernsehens) auch künftig zur Geltung zu bringen. An diesem Ziel orientiert sich das Konzept von 3sat.«

Jeder Beobachter der Fernsehszene in Deutschland weiß, wie aktuell diese Aussage und dieser Anspruch auch heute noch ist. Und mit Freude und nicht ohne Stolz darf ich festhalten: Die 3sat-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter wissen und praktizieren dies. In diesem Geiste haben sich die 3sat-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter das adäquate Geburtstagsgeschenk zur Volljährigkeit selbst gemacht: Unter dem Titel »Pop around the clock« gab es zu Silvester ein 24-Stunden-Programm mit Originalkonzerten von Santana, U2, AC/DC, Deep Purple, Elvis Presley, Kylie Minogue, Bryan Adams, Eric Clapton, Phil Collins und vielen anderen. Und das Schönste dabei war, dass sich die 3sat-Zuschauer auf ihre Weise revanchierten und 3sat mit 1,9 Prozent Marktanteil den höchsten Tagesmarktanteil in seiner Geschichte bescherten. Bei der Altersgruppe zwischen 14 und 49 Jahren gelang es sogar, auf einen Marktanteil von 2,9 Prozent zu kommen.

Der Programmalltag von 3sat ist allerdings wesentlich prosaischer als die genannte Silvesterprogrammierung oder die Volljährigkeitsfeier: Engagierte Arbeit mit dem Bemühen, dem formulierten Anspruch in der Programmpraxis so nahe wie möglich zu kommen. Dem dient auch und vor allem die kontinuierliche Beobachtung und Anpassung des Programmschemas. Und dies ist bei 3sat keine einfache Angelegenheit, denn neben den »normalen« Schema-Problemen gilt es, beim 3sat-Programmschema auch die Interessen der Partner ORF, SRG und ARD zu beachten. Das heißt konkret, dass das Schema und das zugehörige Mengengerüst eine entsprechende Beteiligung aller Partner in allen Zeitzonen ermöglichen muss und dass andererseits alle Partner auch entsprechend »lieferfähig« für alle Sendeplätze sein müssen.

Wenn diese materiellen und formellen Fragen geklärt sind, geht es in der gemeinsamen Arbeitsgruppe »Schema« an die inhaltliche Arbeit, die der kontinuierlichen Verbesserung des Programmangebots dient. In unserem Fall bedeutet dies vor allem Homogenisierung und damit schärfere Profilierung aller Sendeplätze. Diese Vorgaben führten dann zu folgenden Änderungen im Schema von 3sat:

  • Am Sonntag um 21.15 Uhr ist jetzt jede Woche »Dokumentarfilmzeit« bis 23 Uhr. Auf diesem Sendeplatz gibt es 3sat-Neuproduktionen – aber auch Wiederholungen aus den Beständen aller 3sat-Partner und von bisherigen 3sat-Eigenproduktionen, ausgewählt nach dem Best-of-Prinzip oder besonderen planerischen Kriterien (beispielsweise Werkschauen von Dokumentarfilmern, Grimme-Preis-Produktionen, Filme zur Duisburger Filmwoche etc.).
  • Inhaltliche Bereinigung des Angebots am Samstag um 19.20 Uhr mit klarer kultureller Profilierung; hier findet der Zuchauer neben der monatlichen Ausgabe des Theatermagazins »FOYER« Kulturfeatures und »Kulturzeit extra«-Sendungen.
  • Gesellschaftliche und gesellschaftspolitische Themen sind jetzt gebündelt am Mittwoch um 20.15 Uhr zu sehen; dorthin wurde auch die Reihe »ZEIT-TV« gelegt, die bisher am Samstag um 19.20 Uhr gezeigt wurde.
  • Die Sendeplätze für Fernsehspiele und Spielfilme wurden ebenfalls neu geordnet, mit dem Ziel, an jedem Tag der Woche ein attraktives Fiction-Angebot machen zu können: Der Montag bietet jetzt den populären Spielfilm um 14 Uhr, und um 23 Uhr steht »Der andere Film« auf dem Programm. Fernsehspiele findet der Zuschauer am Dienstag um 20.15 Uhr und am Mittwoch um 22.30 Uhr sowie die Fernsehspiel-Mehrteiler am Sonntagnachmittag um 15 Uhr. Das Spielfilmangebot umfasst darüber hinaus den Donnerstagtermin um 20.15 Uhr sowie das »cinema international« am Freitag um 22.30 Uhr und den populären Film am Samstagnachmittag um 15.45/16 Uhr. Das Ganze wird am Sonntag abgerundet durch die traditionelle Krimireihe »Der Kommissar« um 23 Uhr und das sich anschließende »Sonntagskino«.
  • Durch die Übernahme von Nachrichtensendungen der Partner ORF und SF DRS hat 3sat sein Informationsangebot ausgeweitet; um 13 Uhr gibt es die »Zeit im Bild« aus Österreich und um 17.45 Uhr die Schweizer »Tagesschau«.
  • 120 Minuten Sendezeit stellt 3sat jeden Mittwoch ab 13.15 Uhr für klassische Musik und Jazz bereit, um an große Interpreten zu erinnern und Werkschauen bedeutender Dirigenten, Orchester und Solisten anzubieten.

Dies sind die wichtigsten Bestandteile der Schemajustierungen, die alle dazu dienen sollen, die Nachvollziehbarkeit, die Verlässlichkeit und die Wiedererkennbarkeit des 3sat-Programmangebots sowohl in der horizontalen und vertikalen Struktur als auch bei der inhaltlichen Bespielung zu stärken.

Und dies ist kein Selbstzweck oder ein liebgewordenes Strategiespiel – nein, für ein Programm wie 3sat ist in der gegenwärtigen Situation auf dem Medien- und Fernsehmarkt Profilierung und Akzentuierung mit eigenen Marken die einzig wirksame Überlebensstrategie. Das kulturelle Profil ist dabei das wichtigste Betriebskapital. Die Kompetenzen, die sich 3sat mit seinen Eigenproduktionen auf den Gebieten Kultur, Musik, Wissenschaft, Computer, Dokumentarfilm, Theater, Kleinkunst und Ratgeber erworben hat, verkörpern die operationellen Instrumentarien. Solchermaßen ausgestattet leistet das deutschsprachige Satellitenprogramm 3sat mit seinen Programmaktivitäten einen wichtigen Beitrag zur inhaltlichen Arrondierung der Programmangebote seiner Mutterprogramme und einen wichtigen Beitrag zur Profilierung des gesamten öffentlich-rechtlichen Systems.

Darüber hinaus aber will 3sat mit seinen Programminhalten und seiner komplementären Programmierung einen Beitrag zur Dialogfähigkeit der Gesellschaft leisten. Dialogfähigkeit zwischen den Generationen und zwischen den unterschiedlichen soziologischen und gesellschaftlichen Gruppierungen ist gerade in einer schwierigen finanziellen und sozialen Situation Voraussetzung für eine humane Gestaltung gesellschaftlicher Prozesse. Dies wiederum erfordert Information, Aufklärung und Bildung. Nicht zuletzt haben die Ergebnisse der PISA-Studie aufgezeigt, welche Defizite an Bildung bestehen. Dabei ist Bildung zu unterscheiden von Faktenwissen; Bildung heißt verstehen, analysieren, Lösungswege aufzeigen, Traditionen vermitteln und bewahren und damit auch Identität stiften.

Der Slogan von 3sat lautet seit Jahren »anders fernsehen«. Wenn man diesen Begriff mit Inhalten füllt und als Programmauftrag für die Vermittlung von Kultur und Bildung interpretiert, dann kann 3sat

  • sein Profil weiter schärfen und unverwechselbar machen;
  • seine Komplementarität und Ergänzungsfunktion verdeutlichen;
  • seine Kompetenz auf wichtigen, öffentlich-rechtlichen Programmfeldern unter Beweis stellen.

Auf diesem Weg schreitet 3sat zielbewusst weiter, wenn es jetzt einen Programmschwerpunkt zu Immanuel Kant für das Jahr 2004 vorbereitet. In diesem Schwerpunkt sollen zentrale Fragen aufgerufen und Antworten darauf gesucht werden: Worauf basiert die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts, wohin geht sie, was hält sie im Innersten noch zusammen?

Ein sicher anspruchsvolles Unternehmen – aber dafür stand und steht 3sat. Und mit solchen Programmvorhaben bleibt 3sat eine wichtige kulturelle Plattform des öffentlich-rechtlichen Fernsehens.

 
 
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