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Wolfgang Bergmann

Theaterkultur für die ZDF-Programmfamilie

 
Wolfgang Bergmann
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Als Motor eines in Europa einzigartigen Fernsehnetzwerks für die Kulturvermittlung macht der Theaterkanal ZDF-Senderfamiliengeschichte. Im Zusammenwirken mit ARTE, 3sat und ZDF lassen sich ästhetische, wirtschaftliche und vermittlungstechnische Probleme bei der Wahrnehmung der komplizierten Aufgabe, die Künste angemessen im Fernsehen darzubieten, besser lösen. Wie dieses Netzwerk funktioniert und mit welchem Erfolg die Anstrengungen insbesondere im Bereich des Sujets Theater beim Publikum ankommen, lässt sich gut an zwei Beispielen erläutern: Goethes »Faust« in der Inszenierung von Peter Stein und Moritz Rinkes Neufassung der »Nibelungen«, für das Theater eingerichtet von Dieter Wedel.

»Faust«

Peter Steins »Faust«-Inszenierung war das Theaterereignis des Jahres 2000. Über 60 Jahre schrieb Goethe an den 12 120 Versen, nach mehr als zehnjähriger Vorarbeit verwirklichte Peter Stein sein Traumprojekt: die erste vollständige Aufführung von Goethes »Faust I und II« in einer Marathoninszenierung mit einer Aufführungsdauer von 21 Stunden an zwei Tagen. Das ZDF als Medienpartner war der Schlüssel zum Erfolg des Projekts. Es hat maßgeblich zur Finanzierung beigetragen. Ohne die breite Medienpräsenz im ZDF und seinen Partnerkanälen wären auch die übrigen Sponsoren nicht zu gewinnen gewesen.

Aus 21 Stunden Bühnentheater (mit Pause) wurden 13 Stunden Fernsehtheater (ohne Pause), die gesamte Inszenierung wurde so festgehalten und damit Teil des kulturellen Erbes – auch dies eine Geschichte der Superlative, denn es handelt sich dabei um die aufwändigste TV-Adaption einer Theaterinszenierung in der Geschichte des Fernsehens. Der technische Aufwand für die Aufzeichnung hatte olympische Dimensionen. Am Ende lagen etwa 800 Stunden Material vor, aus denen rund viereinhalb Stunden »Faust I« und knapp neun Stunden »Faust II« als Sendeergebnis kondensiert wurden.

Im ZDF war am 16. Februar 2001, 22.20 Uhr mit dem »Faust I« erstmals seit sechs Jahren wieder eine Schauspielinszenierung in voller Länge zu sehen. 3sat räumte für das »Faust«-Projekt das Programm eines Wochenendes und folgte am 17. und 18. Februar 2001 mit »Faust I und II« praktisch im Zusammenhang und in der Original-Spielzeit. ARTE zeigte am 20. März 2001 »Faust I« in einer deutsch-französischen Fassung. Im ZDF Theaterkanal war ab 2. Februar 2001 Markus Steins Dokumentation »Faust – Probenzeit« über Peter Steins Inszenierung und im darauf folgenden September die gesamte »Faust«-Inszenierung in einer fünfteiligen Stückelung zu sehen. Am 5. und 6. Januar 2002 wiederholte 3sat den »Faust«-Marathon in voller Länge. Bis zum heutigen Tag vergeht keine Woche, in der nicht Wiederholungswünsche in der Redaktion eingehen – das Interesse am »ganzen« »Faust« ist ungebrochen. Selbst aus Australien, wo Teile des »Faust« inzwischen in einem Spartenkanal ausgestrahlt wurden, kommen Anfragen. Das »Faust«-Projekt war auch der Glücksfall einer zukunftsweisenden Kooperation des ZDF mit seinen Partnerkanälen, die in Zeiten von PISA Schule machen sollte.

»Die Nibelungen«

Neben dem »Faust« ist das Nibelungenlied eines der bedeutungsträchtigen literarischen Werke deutscher Sprache. Der dramatisierte Stoff, ebenso anspruchsvoll wie umstritten, wurde im August 2002 während der neu gegründeten Nibelungenfestspiele an historischem Ort vor der eindrucksvollen Kulisse des Wormser Doms in Starbesetzung aufgeführt. Ein mit Spannung erwartetes Ereignis für die Region, aber auch für alle, denen die Legende um das Rheingold etwas bedeutet. Die Textbearbeitung durch den jungen Dramatiker Moritz Rinke, in der Theaterinszenierung des erfolgreichen und dem ZDF besonders verbundenen Fernsehregisseurs Dieter Wedel, besetzt mit Mario Adorf, André Eisermann, Maria Schrader und anderen erstklassigen Darstellern, hatte das Zeug zu einem Event. Trotzdem war es ein Wagnis, sich im bewährten Verbund von ZDF, 3sat und ZDF Theaterkanal frühzeitig als Medienpartner an die Seite der neuen Nibelungenfestspiele zu begeben und damit auch ein Fernseh-Theaterereignis zu planen. Es gilt aber wiederum: Ohne das Engagement des ZDF hätten die »Nibelungen« nicht realisiert werden können, nicht vor dem Wormser Dom und natürlich erst recht nicht im Fernsehen. Das Know-how der beteiligten Fach- und Technik-Kollegen leistete einen erheblichen Beitrag zum Gelingen an einem für kulturelle Großereignisse zunächst kaum gerüsteten Ort.

Die programmliche Wahrnehmung erfolgte im zuschauerfreundlichen Sendersplitting, diesmal in umgekehrter Reihenfolge zum »Faust«. Nach einer intensiven Vorberichterstattung in ZDF und 3sat erfolgte am 17. August, zeitgleich mit der Wormser Premiere, eine fast dreistündige 3sat-Übertragung der Generalprobe. Die Ausstrahlung in der Fernsehregie von Volker Weicker wurde begleitet von einer Liveberichterstattung während der Aufführung vor Ort. Die von Dieter Wedel verfeinerte Fernsehfassung dieses Openair-Theaterereignisses war am 29. September im Hauptprogramm zur Hauptsendezeit um 22 Uhr zu sehen. Allein bei 3sat und ZDF schauten mehr als eine Million Menschen im Durchschnitt der Sendezeit zu – über fast drei Stunden hinweg eine hervorragende Einschaltquote. Im September bot dann auch der ZDF Theaterkanal seinen Zuschauern einen ganzen Monat lang ein volles Nibelungenprogramm mit allen verfügbaren historischen und zeitgenössischen Bühnenadaptionen und Filmen rund um die Nibelungen – von Wagners »Ring« bis zu der Satire »Die Nibelungen aus der Sicht des deutschen Strafrechts«.

ZDF, 3sat und der ZDF Theaterkanal begleiteten das Theaterereignis in zahlreichen Formaten – Kulturmagazin »aspekte« über das »nachtstudio« und das Servicemagazin »Volle Kanne« bis hin zum »heute-journal« sowie einer Extra-Ausgabe des 3sat-Theatermagazins »FOYER« mit Esther Schweins. Dieter Wedel wurde für die »Nibelungen« im November 2002 mit einem Bambi ausgezeichnet.

Die Konstellation ZDF als Stirnprogramm, 3sat und/oder ARTE als Überträger der Ereignisse ohne zeitliche Beschränkung und dem ZDF Theaterkanal als für das Gesamtunternehmen produzierende Redaktion und digitales Ergänzungsprogramm, das die aufgezeichneten Werke in sein Repertoire aufnimmt und immer wieder im Zusammenhang für sein Publikum verfügbar macht, hat sich in besonderer Weise bewährt und lädt zu neuen Taten ein. Dieses Bündnis für die Kultur in wirtschaftlich schwieriger Zeit, angesichts von Bildungsnotstand, Wertewandel und Dauerdiskussion um den Verlust der Identität von Individuum und Gesellschaft, ist eine der vornehmsten Aufgaben eines öffentlich-rechtlich verfassten und der Allgemeinheit verpflichteten Fernsehunternehmens.

 
 
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