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2006  
ZDF Jahrbuch
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Eberhard Figgemeier

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Eberhard Figgemeier
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ZDFarena
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Aufnahmetechnik beim Biathlon-Weltcup
Aufnahmetechnik beim Biathlon-Weltcup


Tontechniker Oded Czarny beim Spiel Portugal – Iran
Tontechniker Oded Czarny beim Spiel Portugal – Iran


Johannes B. Kerner, Jürgen Klopp und Urs Meier
Johannes B. Kerner, Jürgen Klopp und Urs Meier
 

Eines ist klar, ein solches Sportjahr werden wir im ZDF wohl so schnell nicht wieder erleben. Eigentlich sind Olympische Spiele, ein Fußball-Championat und die Tour de France, alles in einem Jahr, professionell zwar eine große Herausforderung, aber doch nichts so Ungewöhnliches für uns. Viel Arbeit, klar, aber eigentlich wohl eher von der angenehmen Art.

Eine Tour de France, um einmal hinten anzufangen, ohne Jan Ullrich, das wäre Mitte der 80er Jahre gewesen wie Wimbledon ohne Boris Becker. Eigentlich nur schwer vorstellbar. Und doch war Ullrich 2006 nicht dabei, prominentester »Zwangsaussteiger« in einem von Doping pulverisierten Teilnehmerfeld, den spanischen Dopingfahndern sei Dank. Die Tour de France und der Radsport generell scheinen in ihren Grundfesten erschüttert, zumal auch noch der Sieger von 2006, Floyd Landis, der Einnahme von Testosteron überführt wurde. Jan Ullrich aber bleibt der Scherbenhaufen einer außergewöhnlichen Karriere, in der sich sein Talent leider sehr deutlich von seiner Professionalität unterschied. Mit ihm steht der Radsport unter Generalverdacht, da spielte in diesem ungewöhnlichen Sportjahr der Podestplatz von Andreas Klöden in der Berichterstattung nur eine beiläufige Rolle.

Während Ullrich sich in der Woche zum 9. Juli 2006 in seiner Wahlheimat Schweiz verschanzte, taumelte sein Vaterland in zartem schwarz-rot-goldenem Exhibitionismus. Deutschland hatte über den Fußball den Patriotismus wiederentdeckt, angenehm und angemessen dezent, jedoch ohne falsche Scham und mit überraschender Selbstverständlichkeit. Eine einzige Sportart, der Fußball, hielt das Land und die Welt in Atem, die sich in Deutschland wirklich zu Gast bei Freunden fühlte. Eine WM der Rekorde, mit gigantischen Einschaltquoten – kurzfristig wurde im ZDF sogar einmal die 32-Millionen-Rekordmarke geknackt. Das ZDF-Center in Berlin geriet zum Spiegelbild einer ganzen Nation. Viele ausländische Kollegen bestaunten diese Form des Live-Infotainments. Public Viewing hieß das neue Zauberwort, und der ehemalige ZDF-Experte Jürgen Klinsmann blieb seiner Linie treu. Der Trainer des WM-Dritten Deutschland verabschiedete sich in Richtung Kalifornien, als es am schönsten war.

Also, ein einzelner Athlet, Jan Ullrich, bestimmte die Schlagzeilen der Tour de France. Eine einzige Sportart, der Fußball, verzauberte eine ganze Nation für mehr als vier Wochen. Begonnen hatte das Jahr 2006 aber mit der kompletten Palette des Sports, genauer gesagt, des Wintersports bei den Olympischen Spielen von Turin. Und die ehemalige Sommersport-Nation Deutschland durfte sich nach den Turiner Spielen erneut erfolgreichste Wintersport-Nation der Welt nennen.

Trotz aller beruflichen Routine bleibt 2006 daher ein ganz außergewöhnliches Sportjahr für uns alle, mit einer riesigen Bandbreite unterschiedlichster professioneller Herausforderungen für den Sport im ZDF, aber eben auch mit einer ungewöhnlich großen emotionalen Livekomponente, und die macht den Sport so einzigartig.

Dieses Liveerleben war es auch, das neben den journalistischen Inhalten die Gesamtkonzeption der Berichterstattung der Hauptredaktion Sport im Jahr 2006 konsequent als Programm-Maxime geprägt hat, auch in Turin. Noch nie gab es bei Olympischen Winterspielen eine so umfangreiche Aufgabenstellung für unsere Kolleginnen und Kollegen. Täglich zirka 19 Stunden Sport im Hauptprogramm, um 9.05 Uhr am Morgen ging es los, am nächsten Morgen um 5.30 Uhr mit dem Beginn des »Morgenmagazins« war dann Schluss. Nur die Nachrichtensendungen und der Karneval unterbrachen die Sportberichterstattung.

Und wer dies noch immer nicht als ausreichend empfand, der konnte sich erstmals Winter-Olympia digital auf je einem ARD- und einem ZDF-Kanal jeweils sieben Stunden täglich zu Gemüte führen, allerdings konzipiert als ein Komplementärangebot zur Auswahl im Hauptprogramm. Und, soweit ich die Zahlen kenne, hat – genau wie bei den Spielen von Athen 2004 – niemand weltweit die vorhandenen Rechte so extensiv ausgeschöpft wie ARD und ZDF.

Bei Olympia, der Fußball-WM und der Tour de France teilen sich ARD und ZDF seit vielen Jahren die Rechte. Ein Gemeinschaftsprojekt also, von der gemeinsamen Planung bis hin zur gemeinsamen Durchführung. Doch bei aller Kollegialität bleibt natürlich eine programmliche Rivalität. In den imageprägenden Bereichen wie bei den Reportern und Moderatoren wurden zur Stärkung des eigenen Profils natürlich ausschließlich ZDF-Mitarbeiter eingesetzt, ansonsten aber dominierte auch beim Personal der Gedanke eines gemeinsamen Auftrags und der eines gemeinsamen Teams. Nicht zuletzt deshalb gab es mit Dieter Gruschwitz auch einen gemeinsamen Teamchef, der in diesem Fall vom federführenden Sender ZDF kam.

Die meisten Mitarbeiter von Produktion und Technik arbeiten bei Großveranstaltungen wie Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften für beide Systeme, eine Regelung, die seit zirka zwei Jahrzehnten praktiziert wird. Dies dient nicht nur der Reduzierung des Gesamtpersonals, sondern damit verbunden natürlich auch dem verantwortungsbewussten Umgang mit den uns anvertrauten Gebührengeldern.

Trotz vieler Gemeinsamkeiten unterschieden sich ARD und ZDF auch deutlich in ihrer Einschätzung, was die Wertigkeit des olympischen Sportangebots anbelangt, insbesondere des Primetimeangebots Eiskunstlaufen, Eishockey und Short Track. Insgesamt hatte das ZDF in der Koordination mit der ARD sicher die attraktiveren Olympiatage gewählt. Auch in der Einschätzung der zu erwartenden Primetimeschwäche des Olympiaangebots lag die Lenkungsgruppe des ZDF eindeutig richtig mit ihrer Entscheidung, sich für die drei Olympiatage mit den sehr erfolgreichen Karnevalssendungen am 23. und 24. Februar 2006 und dem Schalker UEFA-Cup-Spiel zu entscheiden.

Für diese drei ZDF-Abende gab es übrigens die offizielle Anfrage des ARD-Teamchefs und der ARD-Sportkoordination an den ZDF-Chefredakteur, das Olympiaprogramm dann jeweils für die ARD übernehmen zu dürfen. Dies zeigt die völlig konträre Einschätzung der Primetimeschwäche zwischen den Sportredaktionen von ARD und ZDF. Die Wünsche des ARD-Sports wurden dann später von ihrem Programmdirektor Dr. Günter Struve »storniert«. Und die Primetime schwächelte tatsächlich, wie von uns erwartet. Den absoluten Tiefpunkt bildete eine wegen Eiskunstlauf verschobene »Tagesschau« in der ARD mit nur knapp 1,4 Millionen Zuschauern.

Dennoch waren die Übertragungen von den Winterspielen, auf die gesamte Tagesstrecke von 19 Stunden gesehen, ein großer Quotenerfolg.

Die Übertragungen des ZDF zeichneten sich durch ein hohes technisches Niveau und große journalistische Kompetenz aus. Honoriert wurde von außen auch insbesondere die Tatsache, dass wir den Sport und die Sportler selbst klar in den programmlichen Mittelpunkt gerückt hatten. Die herausragenden Leistungen der deutschen Sportlerinnen und Sportler trugen sicher zum großen Gesamterfolg des Unternehmens Turin bei, aber auch die Leistungen der ZDF-Reporter und Moderatoren, die nur durch ein perfektes Zusammenspiel mit Technik und Produktion möglich wurden. Das inhaltliche Konzept des Hauptprogramms folgte flexibel, aber konsequent den Vorgaben durch die Sportereignisse selbst, Fernsehen als:
Erlebnis: »Olympia live«, Livesport mit den Weltbesten;
Erinnerung: »Yesterday«, die Rubrik für olympische Reminiszenzen;
Ergänzung: »Profile«, die Spezialporträts der Favoriten;
Erläuterung: »Know-how«, die Rubrik für Erklärungen von Fachtermini;
Exquisites: »Olympia-Highlights«, die Höhepunkte des Tages ab 23.15 Uhr.

Olympia-Highlights (23.15 bis 0.15 Uhr): Fast am angestammten Sendeplatz moderierte Johannes B. Kerner die Late-Night-Zusammenfassung der sportlichen Höhepunkte des Tages. Gesendet wurde aus dem Deutschen Haus in Sestriere vor Publikum. Die ARD nutzte übrigens erstmals dieselbe Location wie wir. Harald Schmidt moderierte zusammen mit Waldemar Hartmann.

Erstmals als eigenständige Rubrik in der Highlight-Sendung »Turins tönende Wochenschau«, eine Glosse der Kollegen Wiemers und Doyé, die so erfolgreich war, dass sie als »Rubrik ohne Namen« bei der Fußball-WM ihre Fortsetzung fand.

Programmbegleitung: ZDFonline, Videotext, Telefon-Hotline. Die Online-Redaktion arbeitete mit zwei Mitarbeitern vor Ort, einem in Turin, einem in Sestriere. Wie auch schon in der Vergangenheit gab es hier eine sehr enge Verzahnung zwischen der Hauptredaktion Sport und den Neuen Medien. Die Anzahl der Zugriffe war überwältigend.

Insgesamt bleibt im Rückblick natürlich das sehr angenehme Gefühl erfolgreicher Übertragungen aus Turin, aber es soll nicht verschwiegen werden, dass einiges eben doch sehr »italienisch« war. Hochhauszimmer im Media-Village ohne funktionierende Aufzüge und Heizung, stundenlange Wartezeiten auf Busse, eine miserable Infrastruktur auf dem Weg zu den Wettkampfstätten und vieles mehr. Die ganze Welt klagte über nicht zu akzeptierende Zustände, nur den Italienern vermittelte sich vieles von dem nicht. Sie registrierten lieber eine wunderbar designte Eröffnungs- und Schlussfeier. In Turin erinnerte doch vieles an die Designerkunst der italienischen Automobil­industrie, wo die Verarbeitungsqualität häufig eben doch sehr deutlich hinter der Schönheit der Hülle zurückbleibt. Aber auch wegen dieser genialen Schlampigkeit lieben wir ja das Land des Fußballweltmeisters.

Die Übertragungen der Spiele von Turin lassen sich aus der Sicht der Hauptredaktion Sport sicher als ein medialer Erfolg einstufen. Dennoch litten diese Spiele unter der fehlenden Stimmung durch die infrastrukturbedingt bewusst beschränkten Zuschauerzahlen an den Wettkampfstätten und dem wenig harmonisierten Zeitplan, besonders in der Primetime. Die EBU wird auf Anregung des ZDF auch für zukünftige Spiele versuchen, eine Harmonisierung der Wünsche zwischen Organisatoren und je einem Fernsehvertreter der NBC, Asiens und der EBU zu erreichen, wie dies schon in Athen erfolgreich praktiziert wurde. Die Organisatoren von Turin erwiesen sich in dieser Hinsicht leider als beratungsresistent.

Die Olympischen Winterspiele bildeten also den Anfang eines ungewöhnlichen Sportjahres, das nicht nur wegen seiner professionellen, sondern auch wegen seiner emotionalen Komponente vielleicht einzigartig war.

Daten aus der Medienforschung

Olympia gesamt
Die Übertragungen der Olympischen Winterspiele in Turin vom 10. bis 26. Februar 2006 sind ein Akzeptanzerfolg beim ZDF und der ARD.

Beim ZDF erreichen die Übertragungen der Olympischen Spiele im Schnitt einen Gesamtmarktanteil von 20,0 Prozent, bei der ARD 20,6 Prozent.

Zuschauerpotenzial
Insgesamt sehen 49,76 Millionen Zuschauer mindestens eine der Übertragungen der Olympischen Winterspiele bei ARD und ZDF, dies sind 67,8 Prozent des gesamten Publikumspotenzials.

Die größte Akzeptanz erreichen auch bei diesen Olympischen Spielen die Sportarten, in denen deutsche Sportler erwartbare Siegeschancen haben. Am erfolgreichsten sind die Bobwettbewerbe, Eisschnelllauf, Biathlon und Rodeln sowie die nordischen Wettbewerbe Skispringen, Langlauf und nordische Kombination.
 
 
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