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Carl-Eugen Eberle

Problemfall Rundfunkgebührenpflicht für PC

 
Carl-Eugen Eberle
Carl-Eugen Eberle
 
 

Die Entscheidung der Länderparlamente, internetfähige Personalcomputer (PC) ab dem Jahr 2007 rundfunkgebührenpflichtig zu machen, hat einen Sturm der Entrüstung ausgelöst, der in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Auswirkungen dieser staatsvertraglichen Regelung steht. Deshalb tut Aufklärung über die Historie dieser Entwicklung (1) ebenso Not wie die Auseinandersetzung mit der Kritik an dieser staatsvertraglichen Gebührenregelung (2). Inzwischen wird der Ruf nach einer Gebührenneuordnung laut, die allerdings mit schwierig zu lösenden Problemen verbunden ist (3).

1. Rundfunkgebührenpflicht für PC – die Historie
Seit jeher muss nach den Regelungen des Rundfunkgebührenstaatsvertrags Rundfunkgebühren bezahlen, »wer ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithält« und damit als Rundfunkteilnehmer gilt. Mit dem Aufkommen des Internets war absehbar, dass künftig auch über dieses Medium Rundfunk empfangbar sein würde mit der Folge, dass dann auch internetfähige PCs als Rundfunkgeräte gebührenpflichtig würden.

Da diese Konsequenz aus vielfachen Gründen unerwünscht war, wurde in den Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag im Jahre 1999 eine Regelung aufgenommen, wonach für Rechner, die Rundfunkprogramme ausschließlich über Angebote aus dem Internet wiedergeben können, Rundfunkgebühren nicht zu entrichten sind. Die Geltung dieser Vorschrift wurde befristet bis zum 31. Dezember 2003, die Frist anschließend nochmals verlängert bis zum 31. Dezember 2004. Der Achte Rundfunkänderungsstaatsvertrag verlängerte das Moratorium nochmals bis zum 31. Dezember 2006 und sah dann den Wegfall dieser Ausnahmevorschrift vor. Dabei hat auch eine Rolle gespielt, dass es aus dem politischen Raum Willensäußerungen gab, die Rundfunkgebühr nicht in dem von der KEF vorgeschlagenen Ausmaß zu erhöhen. Als Kompensation für die dadurch eintretenden Einnahmeausfälle der Rundfunkanstalten wurden unter anderem auch Mehreinnahmen eingerechnet, die man sich durch die mit dem Wegfall des Moratoriums verbundenen Gebühren auf PC versprach.

Gleichzeitig wurde aber auch eine Regelung aufgenommen, die verhindern soll, dass Gebührenpflichtige aus dem nicht-privaten Bereich, die über eine Mehrzahl internetfähiger PCs verfügen, für alle diese Geräte eine Rundfunkgebühr bezahlen müssen. Für den nicht-privaten Bereich bestand nämlich (anders als für private Rundfunkteilnehmer) bislang keine Zweitgerätefreiheit. So sieht der Rundfunkgebührenstaatsvertrag nunmehr vor, dass für neuartige Rundfunkempfangsgeräte im nicht-privaten Bereich (insbesondere internetfähige PCs) auf einem Grundstück nur eine Rundfunkgebühr zu entrichten ist und dies auch nur dann, wenn nicht bereits ein gebührenpflichtiges Rundfunkgerät dort zum Empfang bereitgehalten wird (Zweitgerätefreiheit in Bezug auf internetfähige PCs).

2. Kritik an der Gebührenpflicht für PC
Die Kritik an der Gebührenpflicht für internetfähige PCs richtete sich vor allem dagegen, dass der technische Fortschritt in der Form der zeitgemäßen PC-Nutzung des Internets durch die Einführung einer Gebühr behindert werde. Vor allem von Kammern und Wirtschaftsverbänden wurde eine übermäßige finanzielle Belastung der Unternehmen gerügt, wobei mit völlig überzogenen Zahlen operiert und die Privilegierung der Wirtschaftsunternehmen durch die neu eingeführte Zweitgerätefreiheit durchweg unterschlagen wurde.

Tatsächlich wird die Geschäftswelt aufgrund der neu eingeführten Zweitgerätefreiheit in Bezug auf internetfähige PCs nur unmaßgeblich belastet: Wenn ein Unternehmen nur ein Radio (und sei es ein Autoradio) angemeldet hat, greift die Zweitgerätefreiheit. Lediglich Unternehmen, deren PCs auf mehrere nicht zusammenhängende Geschäftsgrundstücke verteilt sind, werden mit einer Gebühr je Grundstück herangezogen, falls dort nicht gleichzeitig zumindest jeweils ein angemeldetes Radiogerät vorgehalten wird.

Erst recht führt im privaten Bereich die Gebührenpflicht für Internet-PCs aufgrund der dort bereits bestehenden Zweitgerätefreiheit zu keiner Mehrbelastung, es sei denn, in einem Haushalt wäre bislang weder ein Fernseh- noch ein Radiogerät gemeldet. Dieser Fall ist aber mit der Lupe zu suchen, da nahezu 100 Prozent der Haushalte mindestens über ein Radio verfügt.

Völlig verfehlt war der Vorwurf, die Anstalten wollten sich über die Gebühr auf Internet-PCs in unbotmäßiger Weise zusätzliche Einkünfte verschaffen – das Gegenteil ist der Fall: Weil sich das den Anstalten bei der Gebührenfestsetzung zugeschätzte Aufkommen aus der Gebühr für Internet-PCs als viel zu hoch angesetzt erweist, können die erwarteten Einnahmen bei Weitem nicht erzielt werden und hinterlassen bei den Anstalten ein Finanzierungsdefizit.

Das Unbehagen der breiten Öffentlichkeit knüpfte aber auch daran, dass Internet-PCs – anders als herkömmliche Rundfunkgeräte – nicht in erster Linie für den Rundfunkempfang bestimmt sind, sondern lediglich aufgrund ihrer multifunktionalen Ausgestaltung gewissermaßen nebenbei auch zum Rundfunkempfang genutzt werden können. Tatsächlich wird man auch damit rechnen können, dass solche Geräte speziell bei ihrer Verwendung im Geschäftsleben regelmäßig nicht zu Rundfunkzwecken genutzt werden. Wenn sie gleichwohl zur Rundfunkgebühr herangezogen werden, widerspricht das dem Rechtsempfinden all derer, die von der Vorstellung ausgehen, dass Rundfunkgebühren nur bezahlen sollte, wer Rundfunk auch tatsächlich nutzt. Dass die staatsvertragliche Verpflichtung zur Rundfunkgebühr nicht an die tatsächliche, sondern bereits an die mögliche Rundfunknutzung anknüpft, hat im Rechtsbewusstsein breiter Kreise leider keinen Niederschlag gefunden. Auch die Verständigung darauf, dass für Internet-PCs – mit Rücksicht auf das bislang noch geringe Fernsehangebot im Netz – keine Fernsehgebühr, sondern lediglich eine Grundgebühr (wie für Radiogeräte) erhoben wird, verstärkt den – falschen – Eindruck, dass für die Rundfunkgebühr auf die tatsächliche Nutzung abzustellen ist.

Stattdessen sollte der Gedanke maßgeblich sein, dass öffentlich-rechtlicher Rundfunk eine Leistung für die Gesellschaft erbringt und dass es dann auch Sache der Gesellschaft insgesamt ist, zu seiner Finanzierung beizutragen. Diese Leistung der Rundfunkanstalten in der Form ihres Beitrags zur Demokratie, zur gesellschaftlichen Integration und zur Kultur ist es, die jedermann zugute kommt und für die prinzipiell (und unter Berücksichtigung sozialer Aspekte) jedermann Gebühren zahlen sollte, unabhängig davon, ob er selbst Fernsehen oder Radio nutzt. Dass dies auch für den nicht-privaten Bereich gilt, der ebenfalls von diesen Leistungen des Rundfunks profitiert, liegt auf der Hand.

3. Rundfunkgebührenneuordnung – aber wie?
Angesichts der breit angelegten Protestwelle gegen die Gebührenregelung und eines sich abzeichnenden Akzeptanzverlustes der Rundfunkgebühr insgesamt haben die Ministerpräsidenten auf ihrer Jahreskonferenz im Oktober 2006 die Rundfunkkommission beauftragt, innerhalb eines Jahres alternative Lösungen zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu erarbeiten. Dabei wird auch zu überlegen sein, ob es eine Alternative zu einem gerätebezogenen Gebührentatbestand gibt, die einerseits die mit der Einbeziehung multifunktionaler Geräte verbundene Problematik zu vermeiden hilft und die gleichwohl Gebührensicherheit, unabhängig von technischen Neuentwicklungen, gewährleisten kann. Bei näherem Hinsehen zeigen sich aber bei allen bislang angedachten Alternativmodellen insoweit Schwächen, als sie nicht alle Anforderungen, denen ein Gebührenmodell entsprechen muss, erfüllen können – sei es, dass sie – wie das Modell einer Haushalt- und Betriebsstättenabgabe – sich nur schwer in die abgabenrechtliche Dogmatik einfügen lassen oder – wie das Modell einer Kopfpauschale – zu sozial unverträglichen Belastungen führen oder – wie das Modell einer Steuerlösung – Probleme der Staatsferne und der Vereinbarkeit mit der Steuerrechtsdogmatik aufwerfen. In jedem Fall muss auch darauf geachtet werden, dass das zur Deckung des Finanzbedarfs der Anstalten erforderliche Gebührenaufkommen erbracht wird.

Im Ergebnis bedarf es also noch großer Anstrengungen, um ein Gebührenmodell zu finden, das sich als so funktionstüchtig, rechtsstabil und zukunftssicher erweist, dass es die Ablösung des bis dato bewährten bestehenden Gebührensystems rechtfertigen kann.

 
 
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