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2007  
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Gunnar Krone, Jugendschutzbeauftragter des ZDF

Jugendschutz auf dem Prüfstand

 
Gunnar Krone
Gunnar Krone
 

Im Jahr 2003 wurden im Zusammenwirken von Bund und Ländern weitreichende Reformen im Bereich des deutschen Jugendschutzrechts auf den Weg gebracht.

Im Sommer 2002 verabschiedete der Deutsche Bundestag ein neues Jugendschutzgesetz. Kurz darauf einigten sich die Länder bezüglich des medialen Jugendschutzes auf einen Jugendmedienschutzstaatsvertrag. Am 1. April 2003 sind beide Gesetzeswerke in Kraft getreten.

Das zum 1. April 2003 geschaffene deutsche Jugendschutzrecht beinhaltete zahlreiche Neuerungen. So wurden beispielsweise – neben deutlichen Verschärfungen der inhaltlichen Jugendschutzanforderungen – die Gesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern neu strukturiert und abgegrenzt.

Der Bund konzentriert sich seither mit dem neuen Jugendschutzgesetz auf den gesamten Jugendschutz im Offlinebereich. Er ist damit für den Jugendschutz bei Filmen, Videokassetten, CD-ROMs sowie bei allen sonstigen Trägermedien zuständig.

Im gleichen Zuge wurde den Ländern eine umfassende legislative Jugendschutzkompetenz im Bereich des Rundfunks sowie auf dem Gebiet der Telemedien zugewiesen. Die Länder schufen demzufolge mit dem Jugendmedienschutzstaatsvertrag ein Jugendschutzrecht, das – wenngleich in einem abgestuften System – erstmals Regeln sowohl für den Rundfunk als auch für Onlineinhalte umfasst. Mit einem solchen einheitlichen Rechtsrahmen für alle elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien wollten die Länder aus damaliger Sicht vor allem jenen Herausforderungen effizient begegnen, die sich schon seinerzeit aufgrund der Konvergenz im Bereich der Information und der Kommunikation abzeichneten. Insbesondere die zunehmende Austauschbarkeit der Inhalte bezüglich der technischen Plattformen sowie der Darbietungsformen ließen es nach seinerzeitigem Willen der Länder geboten erscheinen, Rundfunk und Internet unter dem Dach eines fortan einheitlichen Jugendschutzstaatsvertrags zu regeln.

Darüber hinaus führten die Länder mit dem Jugendmedienschutzstaatsvertrag des Jahres 2003 aber auch eine sogenannte »Regulierte Selbstregulierung« beim Jugendschutz der Privatsender ein. Während die »Regulierte Selbstregulierung« beim gesamtgesellschaftlich verankerten öffentlich-rechtlichen Rundfunk seit jeher in der bewährten und durch den Jugendmedienschutzstaatsvertrag sogar nochmals gestärkten Zuständigkeit der binnenpluralen Fernseh- beziehungsweise Rundfunkräte liegt, musste mangels solcher sozialen Einbindung des Privatfunks dort allerdings ein anderes Modell der »Regulierten Selbstregulierung« implementiert werden. Für die jugendschutzrechtliche Aufsicht über private Angebote wurde daher mittels des Jugendmedienschutzstaatsvertrags auf eine neu geschaffene »Kommission für Jugendmedienschutz« sowie auf freiwillige Selbstkontrolleinrichtungen gesetzt.

Angesichts solcher weitreichender Reformen des Jugendschutzrechts hatten Bund und Länder bei der Verabschiedung des Jugendschutzgesetzes und des Jugendmedienschutzstaatsvertrags übereinstimmend festgehalten, dass die beiden Regelungswerke nach Ablauf eines Zeitraums von fünf Jahren seit Inkrafttreten insgesamt überprüft, also umfassend evaluiert werden sollen.

Mit der Vereinbarung einer solchen Evaluation nach einem angemessenen Erfahrungszeitraum mit den neuen Regelungen trugen Bund und Länder dem ihnen obliegenden Verfassungsauftrag zur Schaffung eines effektiven Jugendschutzsystems Rechnung. Bund und Länder sind nämlich infolge ihres Schutzauftrags, von Kindern und Jugendlichen solche Einflüsse fernzuhalten, die bei diesen zu erheblichen, schwer oder gar nicht mehr korrigierbaren Fehlentwicklungen führen können, verpflichtet, im Rahmen eines dynamischen Prozesses die von ihnen jeweils erlassenen Jugendschutzregelungen inhaltlich zu überprüfen und sie in angemessenen Abständen hinsichtlich ihrer Effektivität den sozialen, insbesondere den technologischen, programmlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen.

Die von Bund und Ländern ehedem verabredete Evaluation wäre im Jahre 2008 vorzunehmen gewesen. Aus Anlass der bestürzenden bundesweiten Vorfälle mit illegalen Gewalt- und Pornovideos auf Schülerhandys, aber auch vor dem Hintergrund zunehmender Rasanz der medientechnischen und programminhaltlichen Innovationen sowie nicht zuletzt aufgrund der aus der Verschmelzung von Netz und Schirm immer durchgreifenderen medialen Evolutionen kamen Bund und Länder im Frühjahr 2006 überein, die Evaluierung zeitlich vorzuziehen. Erste Umsetzungsschritte einer solchen vorgezogenen Evaluation wurden im Frühsommer 2006 aufgenommen. Zugleich wurde festgelegt, dass die Evaluation bis Ende 2007 abgeschlossen sein soll.

Bereits kurz nach Verabredung der vorgezogenen Evaluierung wandte sich das ZDF im Juli 2006 an die – mit den Vorbereitungen der Überprüfung betraute – rheinland-pfälzische Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur sowie an den Vorsitzenden der Rundfunkkommission, bat um Berücksichtigung seines spezifischen jugendschutzrechtlichen Sachverstandes im Rahmen der Evaluierung und bekundete darüber hinaus sein Interesse an einer auch weitergehenden Mitarbeit bei der Evaluation. Diese Initiative des ZDF ist ausdrücklich begrüßt und wir sind aufgefordert worden, unsere entsprechenden Überlegungen im Wege einer schriftlichen Stellungnahme einzubringen.

Das ZDF ist dieser Bitte um ein schriftliches Votum nachgekommen. Die ausführliche Stellungnahme des ZDF, die sich inhaltlich sowohl auf den Jugendmedienschutzstaatsvertrag der Länder als auch auf das Jugendschutzgesetz des Bundes bezog, ist im Januar 2007 der Ministerin Doris Ahnen sowie dem inzwischen mit der fachlich-wissenschaftlichen Vorbereitung der Evaluation beauftragten Hans-Bredow-Institut übermittelt worden.

In seiner Stellungnahme zur Evaluation berichtet das ZDF über die von ihm in den vorausgegangenen drei Jahren mit dem Jugendmedienschutzstaatsvertrag gewonnenen Erfahrungen. Gewürdigt wird in diesem Zusammenhang insbesondere die Effizienz und Zuverlässigkeit der – auch in Jugendschutzfragen bewährten – binnenpluralen, öffentlich-rechtlichen Aufsichtsstruktur. Auch das mit dem Jugendmedienschutzstaatsvertrag legislativ verfolgte Ziel einer abermaligen Stärkung seiner Aufgaben und Tätigkeiten im Bereich des Jugendmedienschutzes sei vom ZDF-Fernsehrat im vollen Umfang aufgenommen, umgesetzt und erfüllt worden.

Auch die zweite – mit der Schaffung des Jugendmedienschutzstaatsvertrags verfolgte – Gesetzesabsicht, nämlich mittels einer einheitlichen, für alle elektronischen Medien geltenden und lediglich in ihrer materiellen Regelungsdichte abgestuften Regelung jenen jugendschutzrechtlichen Herausforderungen gerecht werden zu wollen, die sich aus der Konvergenz ergeben, hat sich nach der ZDF-Stellungnahme erfüllt.

Dabei zeichne sich allerdings ab, dass infolge der abzusehenden weiteren medialen, insbesondere angesichts der digitalen Entwicklungen die traditionell auf Verboten und Zugangsbeschränkungen beruhende, also im Wesentlichen repressive Konzeption des Jugendmedienschutzes schon bald an ihre Grenzen stoßen werde. In diesem Zusammenhang werden in der Stellungnahme des ZDF zahlreiche Vorschläge entwickelt, wie vor diesem Hintergrund das gegenwärtig repressiv orientierte Jugendmedienschutzkonzept um zusätzliche vorbeugende Elemente erweitert und dadurch effektiv und zukunftssicher fortgeschrieben werden könnte. Dabei sollte der Gesetzgeber nach Auffassung des ZDF die vorhandenen repressiven sowie die in der ZDF-Stellungnahme vorgeschlagenen zusätzlichen präventiven Ansätze nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren miteinander verzahnen und folglich desto stärker auf Prävention setzen, je mehr repressive Maßnahmen vor der Dynamik, der Technik und dem Nutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen zu versagen drohten.

Die Stellungnahme des ZDF hat positive Resonanz gefunden. Wiederholt ist beispielsweise in der Presse hervorgehoben worden, dass gerade die ZDF-Eingabe geeignet sei, dem Jugendschutz in Deutschland grundsätzliche neue Impulse zu geben. Die Erfahrungen und Positionen des ZDF zur Evaluation des deutschen Jugendschutzes wurden schließlich auch in zwei »Akteursworkshops« zur Evaluierung des Jugendmedienschutzstaatsvertrags einerseits und des Jugendschutzgesetzes andererseits eingebracht, die das Hans-Bredow-Institut am 1. und 2. Februar 2007 veranstaltete und an denen der ZDF-Jugendschutzbeauftragte als Vertreter des ZDF teilgenommen hat.

Die Evaluation soll bis zum Jahresende 2007 abgeschlossen sein. Das ZDF wird dann für sich in Anspruch nehmen dürfen, die Überprüfung des deutschen Jugendschutzsystems begleitet und zu ihren Ergebnissen mit beigetragen zu haben.

Dies wird im Übrigen ein Beispiel dafür sein, dass das ZDF auch insoweit seinen erstmals im Jahr 2004 formulierten Programmperspektiven Rechnung getragen hat, die von einem engagierten Wirken auf allen Ebenen des Jugendmedienschutzes ausgehen.
 
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