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2007  
ZDF Jahrbuch
Grundlagen der Programmarbeit
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Heinz Gerhard
Hans-Joachim Strauch
Joachim Krischer

Susanne Kayser, Leiterin ZDF-Medienforschung
Natalie Beisch, Medienforschung
Denise Haddad, Medienforschung

»PAP« – das Instrument zur kontinuierlichen Erfassung der Zuschauerzufriedenheit

 
Susanne Kayser
Susanne Kayser


Natalie Beisch
Natalie Beisch


Denise Haddad
Denise Haddad
 

Die »Quoten« kennt jeder, aber wer kennt auch die Noten? Seit vielen Jahren gehört die Analyse des Zuschauerverhaltens mit Hilfe der gemessenen Reichweiten zum Standard der Medienforschung, offen bleibt häufig die Frage: Hat eine Sendung den Zuschauern auch gefallen? Was sind die spezifischen Charakteristika einer Sendung? Aus welchen Motiven nutzen Zuschauer eine Sendung? Antworten auf diese Fragen gibt ein neues Instrument, das die Medienforschung Ende 2006 aufgebaut hat und dessen Ergebnisse im ZDF den Redaktionen zur Verfügung stehen werden.

Es handelt sich bei dem Instrument um ein sogenanntes Programmbewertungspanel, abgekürzt »PAP«, für »program appreciation panel«. Der Ang­lizismus ist nicht zufällig, sondern weist auf das Vorbild der BBC hin, die bereits seit Längerem ein solches Instrument betreibt. Ein Ziel der neuen, die Quote ergänzenden Information ist es, die Diskussion über die Qualität einer Fernsehsendung zu bereichern, indem den Redaktionen ein Instrument zur Verfügung steht, das kontinuierlich Hinweise zum Sendungsgefallen und zu inhaltlichen Zuschauerbewertungen von Programmen liefert.

Die Medienforschung greift bei PAP auf vielfältige Erfahrungen aus dem Ausland zurück. So erhebt das niederländische öffentlich-rechtliche Fernsehen NPO seit Anfang 2002 täglich Sendungsbewertungen. Die BBC führte dieses Instrument Anfang 2005 als zentrales Element im »Public Value- Test« beziehungsweise während der Erneuerung der Royal Charter ein. In beiden Ländern wird die Zuschauerzufriedenheit analog zur Methode des ZDF-Projekts PAP erhoben.

Mehr als 1 500 repräsentativ von der GfK-Fernsehforschung in Nürnberg ausgewählte Zuschauer werden hierzu täglich einen Internet-Fragebogen ausfüllen. Dazu wählen sie in einer virtuellen Fernsehzeitung die Sendungen aus, die sie am Vortag gesehen haben, und bewerten diese zunächst anhand von Noten. Je höher eine Note, desto besser hat eine Sendung gefallen. Insgesamt stehen 18 Sender zur Auswahl. Der zeitliche Ablauf ermöglicht es, kontinuierlich bereits 36 Stunden nach Ausstrahlung einer Sendung die Ergebnisse zu analysieren und greift bei den Teilnehmern auf eine sehr frische Erinnerung an die Sendung zurück.

Die Note stellt das zusammenfassende Urteil der Zuschauer über eine Sendung dar. Ein Programmbewertungspanel ermöglicht darüber hi­naus, anhand der Einschätzung bestimmter Sendungseigenschaften das Gesamturteil näher zu differenzieren und gibt Hinweise darauf, warum eine bestimmte Note vergeben wurde. Hierzu werden den Panel-Teilnehmern Eigenschaften, die eine Sendung beschreiben können, vorgegeben. Die Teilnehmer geben an, wie sehr die vorgegebenen Eigenschaften auf eine Sendung zutreffen. Dies gibt Aufschluss darüber, ob eine Sendung die für sie charakteristischen Kriterien gut erfüllt beziehungsweise die entsprechenden Zuschauerbedürfnisse bedient hat. Hierbei gibt es einige Eigenschaften, die auf alle Sendungen zutreffen, andere treffen nur auf bestimmte Sendungen zu. Für einen Krimi wird beispielsweise unter anderem die Eigenschaft »spannend« abgefragt. Wird ein Krimi von den Zuschauern als wenig spannend empfunden, erklärt dies vermutlich eine schlechte Gesamtnote. Darüber hinaus weist es darauf hin, dass die an ihn gestellten Erwartungen nicht ausreichend erfüllt werden. Bei einer Unterhaltungs-Show, die als überdurchschnittlich »unterhaltsam«, »abwechslungsreich« oder »gut moderiert« eingestuft wird, ergeben sich wiederum erste Erklärungsansätze für ihren Erfolg.

Die Sendungseigenschaften sind genrespezifisch festgelegt, das heißt, je Genre werden immer die gleichen Eigenschaften abgefragt. Diese Eigenschaftsprofile können dann bei der Analyse beispielsweise zusammengefasst und innerhalb verschiedener Ausgaben oder Episoden oder mit anderen Sendungen des gleichen Genres verglichen werden. Von zentraler Bedeutung ist die Beobachtung der Entwicklung von Sendungsbewertungen und Eigenschaftsprofilen im Zeitverlauf. Aber auch Vergleiche mit Konkurrenzformaten werden zum Beispiel durch die Berechnung von Durchschnittswerten (Benchmarks) möglich.

Die Kontinuität des Instruments PAP kann bei Veränderungen an einer Sendung, wie beispielsweise dem Wechsel von Figuren, Aufschluss über die Beurteilung solcher Maßnahmen beim Zuschauer geben. Zudem können die Ergebnisse des Programmbewertungspanels auch als eine Art Frühwarnsystem genutzt werden. Noch bevor »Quoten« abnehmen, können sich hier bereits Verschlechterungen der Bewertung oder negative Veränderungen in den Eigenschaftsprofilen zeigen. Die Medienforschung kann hier Redaktionen im Vorfeld frühzeitig Hinweise geben.

Weitere für die Programmarbeit wichtige Hinweise bieten flexibel gestaltete Zusatzfragen. Sie können sich beispielsweise auf Sendungsdetails beziehungsweise einzelne Sendungselemente wie Rubriken oder Beiträge beziehen, aber auch zur Bewertung unterschiedlicher Figuren in fiktionalen Formaten oder zur Einschätzung von Moderatoren eingesetzt werden. Regelmäßig können mit solchen Zusatzfragen auch Zuschauermeinungen zu Neustarts von Sendungen oder Programmhöhepunkten – und dies für alle Sender – erfasst werden. Dies ist besonders zur Einordnung des häufig durch hohen Marketingaufwand mitbedingten Quotenerfolgs einer Sendung hilfreich.

Neben sendungsspezifischen Fragen kann auch auf übergeordnete Themen wie etwa das Interesse an der zeitversetzten Nutzung von Fernsehsendungen oder auf den Ausstieg von ZDF und ARD aus der Liveübertragung der Tour de France eingegangen werden. So konnte 2007 beispielsweise bei der Tour de France im Rahmen konzeptioneller Probe-Erhebungen kurzfristig ermittelt werden, wie die Zuschauer die Rückgabe der Rechte an der Liveübertragung vor dem Hintergrund positiver Dopingtests bewerten und wie die Fortsetzung der Liveübertragung durch Sat.1 eingeschätzt wird. Ein Ergebnis war, dass ein Großteil der Befragten den Ausstieg von ZDF und ARD befürwortete und sich nur ein geringer Teil positiv zum Einstieg von Sat.1 äußerte.

Das ZDF hat mit dem Programmbewertungspanel PAP ein Instrument entwickelt, mit dem erstmals eine vollständige und repräsentative sowie kontinuierliche und kurzfristige Zuschauerbewertung von Fernsehprogrammen möglich ist. Die Ergebnisse aus dem Programmbewertungspanel ergänzen damit die Leistungswerte des Programms aus der kontinuierlichen Reichweitenerhebung und weitere, hausinterne professionelle Qualitätsdimensionen. Sie liegen den Programmverantwortlichen in Kombination mit den »Quoten« in Form von kurzfristigen Analysen oder täglich am PC vor. Mit diesen Kennzeichen versehen, kann PAP die Diskussion über und das tägliche Bemühen um die Qualität von Fernsehprogrammen ergänzen, versachlichen und im besten Falle befördern – ganz im Sinne des öffentlich-rechtlichen Auftrags. Für 2008 ist daher die reguläre Etablierung von PAP im Rahmen der Datenerhebungen der Medienforschung vorgesehen.
 
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