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2009  
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Willi Steul

Willi Steul, Intendant des Deutschlandradios

Deutschlandradio – 15 Jahre Partner des ZDF

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Willi Steul
Willi Steul
 Vor 20 Jahren, am 9. November 1989, fiel die Mauer, und es begann der politische Prozess, der sehr schnell zur Wiedervereinigung Deutschlands führte. Mit der Geltung des Grundgesetzes für die größer gewordene Bundesrepublik Deutschland war es auch notwendig, den Rundfunk neu zu ordnen.

Nach dem verfassungsrechtlich gebotenen Strukturprinzip der länderbezogenen Rundfunkordnung schloss sich Mecklenburg-Vorpommern neben Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein als viertes Bundesland in einem Küstenverbund dem Norddeutschen Rundfunk (NDR) an.

Im neuen Bundesland Brandenburg wurde der Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg (ORB) gegründet, der dann 2003 mit dem (West)-Berliner Sender Freies Berlin (SFB) zum Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB) fusionierte. In Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen wurde der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) gegründet.

Deutschlandradio ist ebenfalls ein Kind dieser Neuordnung, die mit der Auflösung der DDR und dem Hinzukommen von fünf neuen Bundesländern notwendig wurde. Dem 1946 gegründeten »(US)-Rundfunk im amerikanischen Sektor« (RIAS), der für die Menschen in der DDR eine wichtige Funktion als »freie Stimme der freien Welt« erfüllte, war mit der vollen Souveränität der Bundesrepublik und dem Wegfall des besonderen Status von Berlin die rechtliche Grundlage entzogen. In Köln war am 1. Januar 1962, also nur vier Monate nach dem Bau der Mauer, der Deutschlandfunk mit dem ausdrücklichen Auftrag auf Sendung gegangen, über die besonderen Probleme der deutschen Teilung zu informieren, und der Auftrag war sozusagen erfüllt. In der DDR war in der Zeit des Umbruchs 1990 der Deutschlandsender Kultur entstanden.

Zunächst bemühte sich das ZDF als nationaler Fernsehsender, der durch seinen gesetzlichen Programmauftrag ebenfalls ausdrücklich dazu aufgefordert war, die Wiedervereinigung Deutschlands in Frieden und Freiheit zu fördern, mit RIAS und DS-Kultur ein nationales Hörfunkprogramm unter seinem Dach zu formen. Das Vorhaben stieß jedoch bei den Landesrundfunkanstalten des ARD-Verbundes und bei Landesregierungen auf hinhaltenden Widerstand.

Es dauerte schließlich bis 1994, bevor dann aus Deutschlandfunk, RIAS und Deutschlandsender Kultur die Körperschaft Deutschlandradio1 entstand, in der gemeinsamen Trägerschaft von ARD und ZDF. Beide sind sozusagen die Eltern von Deutschlandradio. So stellen im Verwaltungsrat der Körperschaft auch das ZDF mit Intendant Markus Schächter und Verwaltungsdirektor Hans Joachim Suchan sowie die ARD mit Intendantin Monika Piel (WDR) und dem Intendanten Udo Reiter (MDR) die Hälfte der acht Mitglieder. Die Bundesländer entsenden drei, der Bund ein Mitglied. Im Vorsitz im Verwaltungsrat wechseln ARD und ZDF; er ging am 12. November 2009 vom ZDF-Intendanten an die WDR-Intendantin über.

Ernst Elitz führte als Intendant vom 1. April 1994 bis zum 31. März 2009 15 Jahre lang erfolgreich den neuen Sender – mit dem expliziten Auftrag, Deutschlandradio als den nationalen Hörfunk komplementär zu den existierenden und auf die Länder bezogenen Programmen der Landesrundfunkanstalten der ARD zu entwickeln.

So wurde in Berlin unter Leitung der Programmdirektorin Gerda Hollunder mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von RIAS (West) und Deutschlandsender Kultur (Ost) das in seinem Profil vollständig neue Programm Deutschlandradio Berlin aufgebaut. Es trägt seit 2005 den passenden Namen »Deutschlandradio Kultur«. Mit mittlerweile rund 480 000 Hörerinnen und Hörern täglich hat sich dieses Programm zu einem der meistgehörten der in der Fachterminologie »gehoben« genannten Kulturprogramme entwickelt. Mit einer neuartigen, anspruchsvollen und attraktiven Programm-Mischung, die neben der aktuell gebotenen politischen Nachrichten- und Hintergrundberichterstattung vor allem Kultur in allen ihren vielfältigen Facetten in den Mittelpunkt stellt. Trotz – oder besser sogar angesichts – dieses Erfolges bleibt es äußerst unbefriedigend, dass Deutschlandradio Kultur wegen der bedauerlicherweise sehr lückenhaften UKW-Verbreitung nur von etwa der Hälfte der Bundesbürger überhaupt zu empfangen ist.

Deutschlandfunk, geführt von Programmdirektor Dr. Günter Müchler, der seit 2005 für beide Programme zuständig ist, konnte auf seiner Tradition aufbauen und akzentuierte noch einmal sein bereits bekanntes und qualitativ hochwertiges Programm. DLF wird heute von rund 1,5 Millionen Menschen täglich gehört. Der Deutschlandfunk ist als bundesweites Leitmedium anerkannt und als ein in seiner publizistischen Qualität unumstrittenes Programm für Politik, Gesellschaft und Kultur fest etabliert. Doch auch der Deutschlandfunk kann nur von rund 70 Prozent der bundesweiten Hörerschaft tatsächlich auch empfangen werden.

Diese absolut unbefriedigende Empfangssituation der beiden Programme von Deutschlandradio ist seit Gründung ein Kernproblem des nationalen Rundfunks. Deutschlandradio ist ein spätgeborenes Kind in der deutschen Radiolandschaft. Das UKW-Potenzial ist aufgrund der physikalischen Gegebenheiten begrenzt. Als der neue Sender entstand, war schon zuvor ein Teil der UKW-Frequenzen beim Aufbau des dualen Systems privaten Rundfunkbetreibern übertragen worden. Und die ARD-Sender zeigten sich nur begrenzt offen für Frequenzabgaben zugunsten des Neuankömmlings, dessen Programme zudem nicht als attraktive komplementäre Ergänzung des öffentlich-rechtlichen Angebots verstanden wurden, sondern in denen man Konkurrenten sah. Zwar ist es gelungen, die Zahl der UKW-Sender von anfangs lediglich 37 bis auf derzeit 320 Sender zu steigern. Die meisten jedoch sind von geringer Leistung, decken also keine wirklich großen Empfangsgebiete ab, und die Vielzahl verursacht hohe Kosten.

Daher war und ist Deutschlandradio auch drängend in der Diskussion um den Aufbau der modernen digitalen terrestrischen Verbreitung über die DAB-Technik (Digital Audio Broadcasting). Es ist eine Technik, die sehr langfristig UKW sogar ersetzen könnte und die bei erheblich geringeren Kosten über wenige Frequenzen die Programme von Deutschlandradio tatsächlich jedem, der es wünscht, auch mobil im Auto überall hörbar machen würde. Aus vielen Gründen kommt der Aufbau – anders als in vielen europäischen Nachbarländern - nicht voran. Die dafür bisher vorgesehenen Gelder sind derzeit so minimal, dass Deutschlandradio sogar gezwungen ist, die bisher aufgebaute DAB-Verbreitung schweren Herzens einzustellen. Ob es Übergangslösungen geben kann, ist noch offen.

Besonders bedauerlich ist dies auch, weil Deutschlandradio ab Januar 2010 auf Grundlage des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags als nationaler Hörfunk mit »DRadio Wissen« ein drittes Programm sendet. Ausdrücklich in ausschließlich digitaler Verbreitung, wozu derzeit – neben dem Internet-Streaming – die digitalen Satelliten und das digitale Kabel zur Verfügung stehen. Das Programm umfasst das breite Spektrum all dessen, was wissenswert ist. Deutschlandradio kooperiert dabei auch intensiv mit den Schwesterprogrammen der ARD sowie mit Bildungseinrichtungen und Universitäten. Ideal passend zum Bouquet der existierenden Kernprogramme, wird DRadio Wissen ein dezidiert experimentelles Angebot sein, das sich in seiner Anmutung in enger Verzahnung mit dem Internet auch um jüngere Hörer mit ihren veränderten Nutzungsgewohnheiten bemühen muss. DRadio Wissen ist daher eine ungemein spannende Herausforderung. Es wird als erstes Hörfunkprogramm in Deutschland mit einem anspruchsvollen Themenspektrum nicht nur im Blick auf die bisher übliche lineare Ausstrahlung hin entwickelt, sondern komplementär vom Start an zusammen mit der Internetergänzung.

15 Jahre nach seiner Gründung ist Deutschlandradio neben ARD und ZDF als feste publizistische Größe fest etabliert. Seine Programme zeichnen sich durch kontinuierlich hohe Qualität bei anerkannter und steigender Akzeptanz aus.

Die sich verändernden Hörgewohnheiten nicht nur bei den Jungen und die zunehmende Konkurrenz auch neuer Medien begreift Deutschlandradio als herausfordernde Chance. Daher wird in den kommenden beiden Jahren ein Schwerpunkt der Entwicklung auf dem konsequenten Ausbau des Internetangebots liegen, das die drei Programme begleitet und ergänzt. Schon heute ist beispielsweise die Zahl der Audio on Demand abgerufenen Sendungen mit derzeit rund 50 Millionen pro Jahr außerordentlich hoch. Deutschlandradio selbst kann jedoch aus seiner eigenen Produktion neben Audio nur Text/Manuskript zur Verfügung stellen.

Es wird daher zur Ergänzung und zur Steigerung der Attraktivität konsequent die Verlinkung ausbauen und die Vernetzung mit ebenfalls qualitativ hochwertigen Produktionen von Fernsehpartnern wie ZDF, ARD, aber auch ARTE, der BBC und France 24 verfolgen. Die Zusammensetzung der Hörerschaft und die angesprochenen Zielgruppen von Deutschlandradio erlauben es, hier auch mit ausländischen, also fremdsprachigen, öffentlich-rechtlichen Partnern zu kooperieren. Die demnächst abgeschlossenen, per Gesetz vorgegebenen, Drei-Stufen-Tests zur Prüfung der Telemedienkonzepte der öffentlich-rechtlichen Anstalten, die ihre Internetaktivitäten definieren und begrenzen, bilden für Deutschlandradio den Rahmen für diese Weiterentwicklung. Besonders auch das ZDF wird dabei ein wichtiger Partner für die Zukunft sein.
1 Die Schreibweise von »DeutschlandRadio« änderte sich im März 2005 in »Deutschlandradio« (Anm. der Red.)
 
 
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