ZDF.de
                Kontakt    
Suche
Erweiterte Suche
 
2009  
ZDF Jahrbuch
Programmfamilie und Partnerschaften
Gottfried Langenstein
Daniel Fiedler
Meinolf Zurhorst
Wolfgang Bergmann
Alexander Coridaß
Christoph Minhoff
Wolfgang Cimera
Willi Steul

Wolfgang Bergmann, Leiter des ZDFtheaterkanals

»Gerichtet? Gerettet!« – Zehn Jahre ZDFtheaterkanal

PDF 
 
Wolfgang Bergmann
Wolfgang Bergmann



André Jung als Mendel Singer in »Hiob«
André Jung als Mendel Singer in »Hiob«


»Der Weibsteufel«
»Der Weibsteufel«


»Wanderer zwischen den Welten«
»Wanderer zwischen den Welten«


»Meisterwerke der Menschheit«: Herstellung der aufwändigen Maske eines indischen Tempeltänzers
»Meisterwerke der Menschheit«: Herstellung der aufwändigen Maske eines indischen Tempeltänzers


»Lenz«, gespielt von Barnaby Metschurat
»Lenz«, gespielt von Barnaby Metschurat
 Es ist eine ganze Dekade deutscher Kulturgeschichte, auf die es aus Anlass dieses Jubiläums zurückzublicken gilt, nicht weniger, und mehr geht ja eigentlich gar nicht!

Als es vor zehn Jahren im großen Studio des Mainzer ZDF Sendezentrums »Alles auf Anfang« hieß und ein bärbeißiger Großmeister des europäischen Theaters, Peter Stein, seinen Faust aus der Tasche zog, um daraus vorzulesen, hielten sich Verwunderung und Freude die Waage ob der Vorstellung, dass das ZDF von nun an einen ganzen Kanal für die Schönen Künste freiräumen würde. Ein Fernsehprogramm, das antrat, diese großartige, wundersame, wahre Shakespeare’sche Behauptung in Bilder zu gießen, die dem digital zu empfangenden Sender zum Motto werden sollte: »Die ganze Welt ist Bühne«. Ausgerechnet Theater, das mithin älteste Medium des kulturellen Selbstentwurfs der Gattung Mensch, sollte die anstehende digitale Fernsehrevolution von Anfang an mitgestalten. Die Fachwelt wunderte – und eine ganze vom Fernsehen zunehmend gelangweilte Kultur-Fangemeinde freute sich auf das, was da kommen sollte. Freilich war es zunächst ein Vergnügen für eine Handvoll Auserwählter, denn die Empfangbarkeit des neuen Kanals war und blieb für einige Jahre sehr begrenzt, denn Digitalfernsehen breitete sich langsamer in den Wohnzimmern aus, als es die meisten Auguren des Marktes vorausgesagt hatten. Nicht nur deshalb entschloss sich das kleine Team der kulturellen Kanalarbeiterinnen und -arbeiter von Anfang an, im Senderverbund zu denken und zu handeln. Repertoirestücke exklusiv im ZDFtheaterkanal, Neu- und Eigenproduktion vorzugsweise auch für die analog empfangbaren Programme, damit alle etwas davon haben. Und so entstanden Programme, Schwerpunkte, Events und Qualitätsproduktionen, die zumeist auf unterschiedlichen Wegen ihrem aufmerksamen Publikum begegneten. Kulturelle Gedächtnisarbeit paarte sich mit aufmerksamer Begleitung der reichhaltigen deutschen und europäischen Performing-Arts-Szene.

Peter Steins legendäre Gesamt-Faust-Inszenierung von der Expo 2000 machte den Anfang einer Reihe von Großproduktionen, die in Qualität und Umfang nur im Programmverbund mit 3sat, ARTE und zuweilen auch mit dem ZDF-Hauptprogramm gestemmt werden konnten. Tanztheater à la Sasha Waltz, Alain Platel oder Pina Bausch gesellte sich zu mehr als 100 Aufzeichnungen herausragender Schauspiel-Inszenierungen, viele davon beim Berliner Theatertreffen. Aber auch Rock- und Pop-Großevents, die Initiative zu den 24-Stunden-»Pop-around-the-clock«-Tagen bei 3sat, Festival Events von Worms bis Montréal gehören dazu, und vor allem die zahlreichen aus der Fernsehwerkstatt ZDFtheaterkanal heraus entwickelten kanalübergreifenden Programmschwerpunkte von Shakespeare bis Schiller, dessen 200. Todestag in einem unvergesslichen 24-Stunden-Lese-Event zelebriert wurde, mit dem zugleich die Akademie der Künste am Pariser Patz in Berlin spektakulär eröffnet wurde.

Kultur als Fernsehereignis, Fernsehen als Kulturereignis, daraus leitet sich der Dreisatz der Erfolgsgeschichte dieses für die Fernsehlandschaft so einzigartigen wie ungewöhnlichen Programmangebots ab: informieren, dokumentieren, experimentieren. Nicht nur der Umfang, sondern insbesondere die Qualität der Darstellung von Kultur im Fernsehen steht dabei im Mittelpunkt – gerne auch in Pionierarbeiten erkundet. Kultur in HD und Dolby Surround – die Premiere war eine ZDFtheaterkanal-Produktion, »Leonce und Lena« von Robert Wilson. Eine Super-Zirkusshow des Cirque du Soleil aus Las Vegas parallel auf zwei Kanälen vor und hinter der Bühne in High-Definition-Bildern? Das Team des ZDFtheaterkanals hat dieses Neuland betreten und für das Publikum von ZDF und ARTE urbar gemacht. Tanztheater in 3D? Das neueste Projekt in der langen Reihe von Innovationen, die der ZDFtheaterkanal ermöglichen half. Aber eben nie allein, sondern stets im Zusammenwirken innerhalb der Programmfamilie und mit den Künstlerinnen und Künstlern, ohne deren Arbeiten dieses Programm nie ein Sujet gehabt hätte.

Prominente Präsentatoren haben geholfen, diese Idee zu kommunizieren: Die Schauspielerin Esther Schweins als Moderatorin des einzigen deutschen Theatermagazins »FOYER« und später mit ihr Theo Koll, Claus Kleber beim Cirque du Soleil oder Harald Schmidt als Protagonist seiner skurrilen Theater-Revuen und als Talkgast beim Nachdenken über Theater. Die lange überfällige Einrichtung eines nationalen deutschen Theaterpreises gelang erst durch die Mitwirkung des ZDFtheaterkanals, und so wird in diesem Jahr zum vierten Mal »Der Faust« verliehen und live übertragen.

Aber es sind auch die vielen großen und kleinen Formatexperimente, die die zunehmende Vielfalt des Programms ausmachen: Die Comedy »1-Euro.TV« oder Theater-Soaps wie René Polleschs »24 Stunden sind kein Tag« bis hin zu der wundersamen zehnteiligen Erkundungsreise durch Germany´s little Japan, »Düsseldorf mon amour,« von Luc Perceval.

Gewiss zu den erfolgreichsten Hervorbringungen des ZDFtheaterkanals gehören seine Theaterfilme, die mit zeitgenössischen filmischen und fernseh-inszenatorischen Mitteln Theaterstoffen ein ganz neues Publikum eröffnet haben und eine neue Perspektive auf die Werke ermöglichen.

»Die Perser«, Die »Dämonen«, »Lulu«, »Baal«, »Werther«, »Peer Gynt«, »Kabale und Liebe« oder »Frühlings Erwachen« – Klassiker des Theaters als die Zeiten überwindende Fernseh-Spiele in des Wortes wirklicher Bedeutung: to be continued.

Pop und Performing Arts, Hochkultur und Avantgarde, Comedy, Kabarett und Konzerthaus, alles unter einem Fernsehdach, das war, das ist und das bleibt der ZDFtheaterkanal auch auf seinem Weg zu ZDFkultur, der nächsten Etappe einer großartigen Fernsehreise mit und durch die Kulturlandschaft, die immer wieder neue Räume öffnet, die es zu erobern gilt: »Gerichtet? Gerettet!«: So heißt es am Ende von Faust I. Auf geht’s!
 
 
zum Seitenanfang   
 
Das Unternehmen Impressum Kontakt   Erweiterte Suche © ZDF 2010
zdf.de ZDFinfokanal ZDFdokukanal ZDFtheaterkanal arte 3sat phoenix kika