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2007  
ZDF Jahrbuch
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Hans Robert Eisenhauer, ARTE, Redakteur Themenabende

ARTE – eine globale Marke

 
Hans Robert Eisenhauer
Hans Robert Eisenhauer


Was bleibt von Mahatma Gandhi im modernen Indien?
Was bleibt von Mahatma Gandhi im modernen Indien?


Die Filmemacherin Sabiha Sumar (links) mit Pervez Musharraf und seiner Frau
Die Filmemacherin Sabiha Sumar (links) mit Pervez Musharraf und seiner Frau


Regisseur Karsten Kjaer (zweiter von rechts) zeigt Scheich Yusuf al-Quaradawi die umstrittenen dänischen Karikaturen
Regisseur Karsten Kjaer (zweiter von rechts) zeigt Scheich Yusuf al-Quaradawi die umstrittenen dänischen Karikaturen


Verhaftete Afghanen vor dem Abtransport zur Basis Al Qaim
Verhaftete Afghanen vor dem Abtransport zur Basis Al Qaim
 

Seit dem Sendestart von ARTE sind 15 Jahre vergangen, und der Sender gilt weit über Frankreich und Deutschland hinaus als ebenso kreativer wie verlässlicher Partner für Koproduktionen, vor allem auf dem Gebiet des Dokumentarfilms. Er hat einen hervorragenden Markennamen und steht für Qualität, Originalität und Engagement für Europa und die europäische Kultur. Der Wettbewerb aber ist noch härter geworden, auch unter den sogenannten Spartenkanälen. Die Einführung der digitalen Plattformen hat den Druck auf ARTE deutlich erhöht, vor allem in Frankreich. Den französischen Zuschauern standen mit einem Mal mehr als 20 Programme zur Verfügung, wo sie bisher nur unter fünf oder sechs wählen konnten, und der Wettbewerb auf dem Fernsehmarkt wird begleitet von der Konkurrenz im Internet, das vielen jungen Zuschauern schon längst den Fernseher im Wohnzimmer ersetzt.

ARTE muss sich also weiter als europäischer Kultursender profilieren und gezielt außergewöhnliche Fernsehereignisse schaffen. Dies ist ARTE im Oktober, der ganz im Zeichen des Themas »Demokratie« stand, auf beeindruckende Weise gelungen. Dies ist sicher kein Thema mit besonderem Sexappeal, zumindest für diejenigen, die dem »Quotengott« huldigen. Dennoch nahmen wir die Herausforderung an.

Für die meisten Menschen in Europa, vor allem im Westen des Kontinents, ist es eine Selbstverständlichkeit, in einer Demokratie zu leben. Vielen ist das Bewusstsein abhanden gekommen, dass diese Staatsform, die uns ein Höchstmaß an individueller Freiheit und Rechtssicherheit garantiert, immer wieder neu belebt und verteidigt werden muss. Denn ein demokratischer Staat ist keineswegs selbstverständlich. Im Westen Deutschlands wurde er, unterstützt von engagierter Starthilfe der Amerikaner und ihrer alliierten Verbündeten, nach der Befreiung von der Nazidiktatur möglich.

Die Menschen in Ostdeutschland, in Polen, Tschechien, Ungarn und den baltischen Staaten konnten sich erst nach 1989 ihrer autokratischen Systeme entledigen und selbst bestimmen, wie und von wem sie regiert werden wollen. Die aktuelle Bedrohung unserer demokratischen Gesellschaft durch religiös motivierten Terrorismus, die aus­ufernde wirtschaftliche Globalisierung, der Anstieg von Armut und Verelendung oder der internationale Kampf um lebenswichtige Ressourcen sind einige der Herausforderungen, denen sich die modernen Demokratien zu stellen haben.

In einer Zeit von Verunsicherung und Angst ist es leicht, das Gebäude des Rechtsstaates zu unterminieren und vielleicht sogar zum Einsturz zu bringen. Deshalb ist das Thema »Demokratie – für alle?« zu jeder Zeit brandaktuell. Auch als Reaktion auf die missionarische Idee einer Demokratisierung entlang der von US-Präsident Bush sogenannten »Achse des Bösen« und der Vorstellung, man könne Demokratie mit militärischen Mitteln exportieren, entstand die Idee einer Serie von Dokumentarfilmen, die den Begriff Demokratie über ganz konkrete Geschichten definieren sollten.

Während der dreijährigen Entwicklungszeit wurden Workshops mit Filmemachern in China, Indien, Japan und Südafrika organisiert, um für »Why Democracy?«, so der englische Originaltitel der Reihe, zu werben und geeignete Filmprojekte zu finden. Ausgewählt wurden schließlich zehn lange Dokumentarfilme und zwei Dutzend Kurzfilme aus mehr als 700 eingereichten Vorschlägen.

Die Filmemacher aus Japan und China, aus Bolivien, aus dem westafrikanischen Liberia, aus Ägypten, Pakistan und Indien, aus Russland, den USA und Dänemark erzählen ihre Storys meist aus ganz persönlicher Sicht, kritisch und in der Erwartung, dass ihre Geschichten eine Debatte über die Freiheit der Meinungsäußerung anregen, über das Recht auf freie Wahlen, über Wege aus der Armut und aus dem Chaos einer überwundenen Diktatur. Wir wollten ein Spektrum verschiedener Ansichten vorstellen, jeder Zuschauer sollte sich seine eigene Meinung bilden können und selbst nach Antworten auf die Fragen suchen, die die zehn Filme aufwerfen.

Abenteuerlich waren nicht nur die Produktionsbedingungen der Reihe, die eine weltweit operierende Infrastruktur nötig machten, sondern auch die Dreharbeiten selbst. Es ist nicht ungefährlich, in Ägypten Wahlmanipulationen nachzugehen oder in Pakistan die in den Augen der Fundamentalisten »falschen« Fragen zu stellen. Die georgische Filmemacherin Nino Kirtadse erhielt eine sehr direkte Drohung eines der Protagonisten ihres Films »Für Gott, Zar und Vaterland«. Der Bewunderer und glaubensstarke Unterstützer Wladimir Putins fragte eher beiläufig, ob sie sich an das Ende Trotzkis in Mexiko erinnere. Erst zehn Jahre nach seiner Emigration habe man ihn erwischt, und Paris (dort lebt Kirtadse) sei viel näher.

ZDF/ARTE war nicht nur von Beginn eine treibende Kraft bei diesem globalen Fernsehereignis, es war auch mit vier Koproduktionen daran beteiligt. »Demokratie in Uniform« von Sabina Sumar ist ein Roadmovie durch ein tief gespaltenes Land, Pakistan, ausgehend von einem Gespräch mit dem Präsidenten Musharraf. »Auf der Suche nach Gandhi« von Lalit Vachani stellt die Frage, was von den Idealen Mahatma Gandhis im modernen Indien geblieben ist. »Teuflische Karikaturen« von Karsten Kjaer geht dem Aufruhr in der islamischen Welt nach, den die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in einer dänischen Provinzzeitung im Frühjahr des vergangenen Jahres ausgelöst hat. »Taxi zur Hölle« von Alex Gibney ist ein Film über die Schattenseite des von Präsident Bush ausgerufenen »Krieges gegen den Terror«. Der Film wurde als Bester Dokumentarfilm beim von Robert de Niro gegründeten Tribeca-Filmfestival in New York ausgezeichnet. »Why Democracy?« (»Demokratie – für alle?«) ist aber neben seinem Charakter als globalem Medienevent auch ein Beispiel für die künftig immer bedeutender werdende Vernetzung von Fernsehen und Internet. Alle Filme waren parallel zum Start der Sendung in 35 Ländern in der englischen Originalfassung auf der Internetplattform MySpace, in deutsch und französisch auf der ARTE-Webseite zu sehen. Blogs und Foren, auch auf der Homepage von »Why Democracy?« (»Demokratie – für alle?«), Medienpartnerschaften mit Zeitschriften und politischen Institutionen wie der Bundeszentrale für politische Bildung, ergänzten das Angebot und dienten dem Ziel, eine nachhaltige, über die Fernsehausstrahlung hinaus wirkende Debatte über die Staatsform Demokratie, ihre Vorteile und ihre Defizite anzustoßen. Mit diesem globalen Fernsehereignis und den flankierenden Internetaktivitäten hat ARTE sich als internationaler Partner auf dem Gebiet des Dokumentarfilms weiter profilieren können und ist seinem Ziel, einen markanten Beitrag zur Meinungsbildung auf europäischer Ebene zu leisten, näher gekommen. Mit dem Start des neuen Schemas am 1. Januar 2008 und dem damit verbundenen Beginn des Hauptabendprogramms um 20.15 Uhr, weiteren Schwerpunkten, unter anderem zur Olympiade in Peking und den amerikanischen Präsidentschaftswahlen, will ARTE den Aufwärtstrend des Jahres 2007 fortsetzen und sich als Kleiner im Wettstreit mit den Größeren weiter behaupten.
 
 
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