ZDF.de
                Kontakt    
Suche
Erweiterte Suche
 
2007  
ZDF Jahrbuch
Programmbouquet und Beteiligungen
Daniel Fiedler
Hans Robert Eisenhauer
Barbara Biermann
Wolfgang Bergmann
Alexander Coridaß
Reinhold Elschot
Christoph Minhoff
Marco Bertolaso

Wolfgang Bergmann, Leiter des ZDFtheaterkanals

Sonne, Mond und Sterne

 
Wolfgang Bergmann
Wolfgang Bergmann


Der Cirque du Soleil mit atemberaubenden Vorführungen
Der Cirque du Soleil mit atemberaubenden Vorführungen


Der Cirque du Soleil mit atemberaubenden Vorführungen
Der Cirque du Soleil mit atemberaubenden Vorführungen


Szene aus »Ulrike Maria Stuart« im Thalia Theater Hamburg
Szene aus »Ulrike Maria Stuart« im Thalia Theater Hamburg


»Mondsüchtig«: Adam Green
»Mondsüchtig«: Adam Green


Barbara Sukowa und Band in einer Mondlandschaft
Barbara Sukowa und Band in einer Mondlandschaft
 

Fernsehen, In-die-Ferne-Sehen, das ist in seiner archaischen Form der Blick zum Himmel. Das Aufblicken zu den Stars, den Sternen, der Mond mit seinem großen Klavier der Gefühle und die fürchterlich kalte, schwarze, haltlose Tiefe des Nachthimmels, gegen den die Sonne furios und wärmend auftrumpft und Leben spendet. Wir Menschlein schauen diesem Schauspiel staunend zu, seit wir den Kopf zum Himmel strecken, also für unsere Verhältnisse schon ziemlich lange.

Irgendwo zwischen Furcht und Sehnsucht, zwischen Neugier und Herzeleid oszillieren dabei die Gefühle. Der Himmel wölbt sich über die kleine Welt und ist seit jeher Projektionsfläche unserer Suche nach dem Sinn des Lebens. Er ist die Bühne der Götter, die ewige Zuflucht der Seelen und selbst für die nüchternsten Wissenschaftsgläubigen ein Ort wunderlicher und kaum zu durchdringender Phänomene; es ist dort, wo sich Zeit und Raum in die Unendlichkeit krümmen.

Aber weil der Blick zum Himmel häufig verstellt ist und vor allem nicht immer so aufschlussreich, wie sich das der Mensch in seinem Tatendrang so wünscht, hat sich unsere Spezies eine Reihe von Hilfshimmeln ausgedacht, mit denen das Leben immer wieder neu nachgespielt wird. Eigentlich eine lustige Idee. Das fing mit rituellem Abrakadabra in der Höhle an und hört im Internet wahrscheinlich noch lange nicht auf und hat mit dem Theater und dem Fernsehen zwei veritable Longseller im Repertoire, die immer wieder nach den Sternen greifen. Und wenn wir hier die Gestirne zum heimlichen Paten des Programmjahres 2007 im ZDFtheaterkanal und seinen Produktionen erheben, dann markiert das nicht etwa eine auftragswidrige Wandlung zum Astro-Channel, sondern es liegt beinahe in der Natur der Sache.

Eine totale Mondfinsternis markiert Anfang März den Auftakt dieses besonderen Theaterjahres. Ihr widmete der ZDFtheaterkanal im Zusammenwirken mit 3sat einen Thementag mit zahlreichen Beiträgen rund um den ältesten Begleiter unseres Planeten. Zum Höhepunkt des Himmelsschauspiels versammelten sich dann am Abend Schauspieler und Musiker unterschiedlichster Genres im Radialsystem V Berlin zu einer »Messe für den Roten Mond«, die zu den unvergesslichen Höhepunkten des Programmjahres wurde. Die Weltklasse-Sopranistin Christine Schäfer sang Schubert-Lieder rund um den Mond, Pop-Balladen-Jungstar Adam Green bekannte sich poetisch, aber nicht immer »p.c.«, zu nächtlichen Entgrenzungen und die inzwischen in New York lebende Schauspielerin Barbara Sukowa mit ihrer Band X-Patsys besang den Mond mit solcher Leidenschaft, dass die Sterne neidisch wurden. Mit dabei auch die Schauspieler Hans-Michael Rehberg und Sophie Rois mit Rezitationen und ebenfalls mit Chansons, die dem Publikum der dunkel-romantischen Mondmesse Gefühle abforderten. Und draußen verbarg sich der Rote Mond hinter Wolken. Ein Himmelsschauspiel also, das sich mit Hilfe der Kunst nur – und dadurch erst recht – im Kopf abspielen konnte.

Da wollte die Königin der Nacht nicht abseits stehen. Mozarts »Zauberflöte« in einer spektakulären Liveübertragung geriet zum weiteren Programmhighlight des Monats März. Initiiert vom Schweizer Fernsehen und ebenfalls gemeinsam mit 3sat realisierte der ZDFtheaterkanal dieses ungewöhnliche Programmereignis für Opernfreunde. Erstmals konnten Fernsehzuschauer eine Opernaufführung gleichzeitig auf und hinter der Bühne erleben und mittels der eigenen Fernbedienung entscheiden, welche Perspektive sie gerade mehr interessiert. Während bei 3sat die Oper aus der Sicht des Zuschauers im Saal zu verfolgen war, zeigte der ZDFtheaterkanal derweil das ebenso spannende Geschehen hinter der Bühne eines der erfolgreichsten europäischen Opernhäuser, der Oper in Zürich. Was macht der Inspizient, wer schiebt die Kulissen, wie schminkt man Sarastro und wo übt die Königin der Nacht ihre Koloraturen? Spannende Einblicke in den Opernbetrieb, die zahlreiche Zuschauer zum Zappen animierten, das ausnahmsweise diesmal sogar erwünscht war.

Multichanneling, das ist das neudeutsche Zauberwort für Programmprojekte, die sich nur in der Programmfamilie, also durch den gleichzeitigen Einsatz mehrerer Kanäle, realisieren lassen. Davon gab es gleich einige Projekte im Programmjahr 2007. Dazu gehörte auch ein weiteres, den Elementen gewidmetes Filmprojekt aus der Werkstatt des Medienkünstlers Frank Otto: »TRIP«, das sind vier unterschiedliche Filme, die assoziative Bilderwelten kreieren, aber jeweils zur gleichen Musik. Vier visuelle Himmelsrichtungen entstehen und werden von der sie verbindenden, einheitlichen Musikkomposition zusammengehalten. Das vielfach auf Festivals und bei Happenings aufgeführte Filmkunstwerk erlebte seine Fernsehpremiere auf Initiative des ZDFtheaterkanals gleichzeitig auf vier Kanälen: mit dabei ZDFdokukanal und ZDFinfokanal, der ZDFtheaterkanal und 3sat. Zeitgleich vier unterschiedliche Filme zu ein und derselben Komposition – und wieder hieß es: Umschalten ausdrücklich erwünscht!

Sterne können aber auch verdammt trügerisch sein, das wussten schon die alten Seefahrer. Das gilt besonders für einen Stern – den Roten. Als er aufging über den Trümmern der feudalistischen Systeme, da bedeutete er Hoffnung und Zuversicht für die Armen, die Verfolgten und Entrechteten in Russland, in China und anderswo. Aber diese Hoffnungen ertranken im Blut der Revolutionen und der sich daraus neu erhebenden Diktaturen, die sich den Roten Stern gerne auf die Mützen und die Fahnen hefteten. Ein Symbol mit Rotem Stern feierte in den Medien 2007 fröhlich Urstände. Bei diesem Zeichen freilich bleibt der Rote Stern im Hintergrund. Im Vordergrund zeigt ein Maschinengewehr ziemlich unmissverständlich, wes Geistes Kinder hier am Werke waren: 30 Jahre ist es her, da verwandelte der Terror der Roten Armee Fraktion RAF den Staat für einen Herbst lang in ein Gebäude der Angst, des Schreckens und der Repression. Eine Zeit, die für viele der heute Verantwortung Tragenden mit prägenden Zäsuren im Leben verbunden ist. Sie bezeichnet so etwas wie den Abschied von der moralischen Unschuld des Protestes der 68er Generation, die sich gegen die Verlogenheit Nachkriegsdeutschlands wendete und mit Erfolg für eine geistige Öffnung, für Erneuerung, Aufbruch und einen ehrlicheren Umgang mit der eigenen Vergangenheit sorgte. Doch das Pathos der gerechten Sache, für die es einzutreten und zu kämpfen gilt, ging für viele im Kugelhagel der RAF und ihrer Mordtaten unter. Ein Trauma, von dem sich politischer Widerstand gegen herrschende Strukturen nur schwer wieder erholen konnte. Den Feinheiten dieser Erinnerungsarbeit widmet sich das Stück »Ulrike Maria Stuart« der österreichischen Literatur-Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek. Die vom ZDFtheaterkanal im Zusammenwirken mit 3sat produzierte und übertragene Uraufführungsinszenierung vom Thalia Theater in Hamburg gehört zu den viel beachteten frühen Diskussionsbeiträgen dieses Gedenkjahres an eine »bleierne Zeit«. Mit ihr eröffnete das Theatertreffen in Berlin und sorgte mit diesem künstlerischen Auftakt für eine notwendige, im Jahresverlauf folgende und vielstimmig getragene Diskussion. Die Erinnerung und Aufarbeitung der furchterregenden Dramaturgie des Terrors auf der einen Seite und die in der Inszenierung aufgeworfene Frage zu den verbliebenen Optionen widerständigen Handelns auf der anderen: Was muss noch passieren, damit etwas passiert?

Und noch einer, der von den Sternen träumt, gehört zum ZDFtheaterkanal-Jahr 2007: »Peer Gynt«, der Gefühlsterrorist, Ibsens Alter Ego, der, der so gar nicht ist wie sein protestantisch-besonnener Dichter-Schöpfer. Der »Faust« der Nordens, der stürmend und drängend durchs Leben eilt, hungrig und unzufrieden nach Liebe giert, viele verletzt und am Wege liegen lässt und sich selbst nicht findet, obwohl er doch so sehr auf der Suche ist – oder vielleicht doch? Uwe Janson hat den Stoff für einen neuen Theaterfilm adaptiert und ein kleines filmisches Meisterwerk daraus gemacht.

Die Produktion von ZDFtheaterkanal, ARTE und 3sat hatte im Dezember 2006 Premiere auf ARTE und erlebte ihre Erstausstrahlungen im ZDFtheaterkanal und in 3sat 2007, um schließlich als eines der zwölf besten Fernsehspiele des Jahres bei den Baden-Badener Tagen des Fernsehspiels eingeladen und mit dem »Filmkunstpreis für Fernsehen in Deutschland« ausgezeichnet zu werden.

Und so geht am Ende des Jahres dann (hoffentlich) die Sonne auf: Der Cirque du Soleil ist eine Erfolgsstory von beispiellosem Ausmaß in der Welt der »performing arts«. Das franco-kanadische Unternehmen des einstigen Feuerschluckers Guy Laliberté gehört zu den profitabelsten Unterhaltungsfabriken auf unserem Globus und ist mittlerweile weltweit tätig. Hierzulande bekannt sind die Zeltshows des Cirque. Sechs riesige Viermast-Zelte sind permanent gleichzeitig auf der ganzen Welt unterwegs und zeigen die unterschiedlichsten circensischen Wunderdinge. Aber die »Mutter aller Shows« ist zu groß und zu aufwändig, um sie auf Reisen zu schicken. Sie spielt in Las Vegas, im berühmten MGM-Grand-Hotel, heißt »KÀ« und wurde von dem Theater-, Opern- und Filmregisseur Robert Lepage inszeniert. Ein Fantasiespektakel vom Kampf der Guten gegen die Bösen, eingerichtet auf einer Bühne, die ein dreidimensionales Spiel ermöglicht, mit Effekten, die ihresgleichen suchen. Noch nie war eine dieser spektakulären Las-Vegas-Shows des Cirque du Soleil in einem Fernsehprogramm zu sehen. Nun wird der ZDFtheaterkanal im Zusammenwirken mit ARTE mit einem zweikanaligen Projekt nicht nur erstmals die Bühnenshow in voller Länge im Fernsehen übertragen, sondern ist auch hinter den Kulissen Zeuge einer generalstabsmäßig geplanten Mega-Show, die von insgesamt 180 Menschen minutiös und mit verblüffenden Techniken in Szene gesetzt wird. Es ist dies die wohl aufwändigste Fernsehadaption einer Bühneninszenierung in der Geschichte des Fernsehens. Mehr als 50 Bildquellen sind daran beteiligt, wenn die Schauspieler und Artisten des Zirkus der Sonne den alten Artistentraum von der Überwindung der Schwerkraft feiern. Natürlich auch diesmal wieder nur ein Traum. Aber ein schöner ...
 
 
zum Seitenanfang   
 
Das Unternehmen Impressum Kontakt   Erweiterte Suche © ZDF 2008
zdf.de ZDFinfokanal ZDFdokukanal ZDFtheaterkanal arte 3sat phoenix kika