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2007  
ZDF Jahrbuch
Programmbouquet und Beteiligungen
Daniel Fiedler
Hans Robert Eisenhauer
Barbara Biermann
Wolfgang Bergmann
Alexander Coridaß
Reinhold Elschot
Christoph Minhoff
Marco Bertolaso

Alexander Coridaß, Geschäftsführer ZDF Enterprises

15 Jahre ZDF Enterprises ...

 
Alexander Coridaß
Alexander Coridaß
 

..., gewiss kein außergewöhnliches Jubiläum und kein Grund für extensive Feierlichkeiten, aber doch Anlass für eine Bestandsaufnahme, gerade in Zeiten von EU-Vorgaben, Staatsvertragsverhandlungen, markanten Neupositionierungen im Wettbewerbsumfeld und digitalen Optionen.

Der Unternehmenszweck der ZDF Enterprises-Gruppe ist in ihrem Mission-Statement denkbar einfach und prägnant formuliert: »Unterstützung des ZDF bei Erfüllung seines Funktionsauftrags«, und zwar durch exzellente Dienstleistungen, durch wirtschaftlichen Erfolg am Markt und durch Steuerung der Beteiligungsunternehmen.

In wirtschaftlicher Hinsicht ist dem ZDF, verteilt auf die Finanzströme »Abführung von Verwertungserlösen«, »Investitionen in Programme« und »Abführung der Jahresergebnisse«, seit Gründung der Gesellschaft ein Betrag zugeflossen, der eine interessante Größenordnung in dreistelliger Millionenhöhe erreicht.

Mindestens gleichrangig neben diesem wirtschaftlichen Erfolg (und seine Voraussetzung bildend) steht freilich die Ausweitung der strategischen Optionen, an deren Konzeption und Umsetzung ZDF Enterprises mitwirken konnte. Die Bilanz einer tiefgreifenden und nachhaltigen Verbesserung der Marktposition mag für folgende Geschäftsfelder exemplifiziert werden:

Koproduktionen waren noch bis Mitte der 90er Jahre im ZDF – vorsichtig ausgedrückt – von eher eingeschränktem Interesse. Was eigene Projekte betraf, so gelang es nur selten, attraktive Partnerschaften zu akquirieren, und die Beteiligungen an den Vorhaben Dritter, initiiert und gesteuert meist über deutsche In-Betweens, liefen jedenfalls nach heutiger Beurteilung allzu oft nach der Formel »viel Geld, wenig Einfluss, wenig Rechte«. Auch inhaltlich hielt sich die Zufriedenheit in Grenzen – der Begriff »Europudding« ließ dieses Unbehagen durchscheinen.

Die Situation hat sich sehr gründlich geändert. Gleich, welcher Programmbereich involviert ist, ob Zeitgeschichte oder andere Chefredak­tionseinheiten, ob Kinder und Jugend, ob Kultur und Wissenschaft oder fiktionale Hauptredaktionen: Beteiligen sie sich an Koproduktionsprojekten internationaler Partner, so ist eine umfassende inhaltliche Einflussnahme (bis hin zu echten Ko-Developments, Casting-, Besetzungs- und Abnahmerechten) ebenso gesichert wie die bedarfsgerechte Rechteeinräumung an das ZDF.

Hinzu kommen meist nachweislich günstigere Beschaffungskosten und nicht zuletzt zusätzliche Rechte, die national und international von ZDF Enterprises verwertet werden können. Und sofern den Ko-Partnerschaften eigene Programmvorhaben der Redaktionen zugrunde liegen, werden durch Beiträge der Partner und/oder durch Vertriebsgarantien von ZDF Enterprises den Budgets spürbare Summen zugeführt, die gleichermaßen für die inhaltlich-produktionelle Aufwertung der Programme wie für finanzielle Entlastung sorgen können.

Gewiss: Nicht jedes mit dem Präfix »Ko« geschmückte Projekt kann idealtypisch strukturiert werden, aber Bewusstsein, Wille, Reputation und nicht zuletzt Verhandlungs- und Durchsetzungsmacht sind so weit entwickelt worden, dass wir in der Regel nahe an das für das Programm erreichbare Optimum kommen.

Das Angebot von sendungsbegleitenden und Merchandising-Produkten hat neben der Vermarktung mindestens gleichrangig Aspekte des Zuschauerservices, des Marketings und der PR des Senders zu berücksichtigen. Bei Gründung von ZDF Enterprises gab es insoweit weder eine schlüssige Strategie noch eine konsistente, effiziente Struktur. Markenbildende Properties wie zum Beispiel die Mainzelmännchen (!) unterlagen nicht durchgängig der Verwertungs- und Nutzungskontrolle des ZDF. Im Blick auf Begleitprodukte interessante Sendungen – etwa Zeichentrickprogramme – durfte das ZDF zwar vollständig oder ganz überwiegend finanzieren und durch Pressearbeit sowie durch Ausstrahlung popularisieren, die Nebenrechte-Erträge flossen aber oft genug am Sender vorbei.

Heute sind diese Rechte und Nutzungsmöglichkeiten konzeptionell und strukturell erfasst und gebündelt. Ob Eigen-, Auftrags-, Koproduktion oder Kauf: Immer dann, wenn Begleitprodukte sinnvoll angeboten werden können, werden die jeweiligen Verwertungsmöglichkeiten so früh wie möglich systematisch geprüft und die Rechte (mit-)erworben. Dabei gilt die Grundüberlegung: Jedes gelungene Produkt bindet den Erwerber emotional und rational an das ZDF und stärkt somit die Beziehung des Senders zu seinen Zuschauern. Ein kleines Team bei ZDF Enterprises organisiert dann den auch auf diesem Gebiet hochspezialisierten Prozess, der von der Auswahl der passenden Lizenzpartner über die Kreation eigener Labels und Produkte bis zu unseren stationären und Onlineshops reicht.

Bis weit in die 90er Jahre war das ZDF der einzige Sender im maßgeblichen Wettbewerbsumfeld, der über keine Beteiligungen an Produktionsunternehmen verfügte. Dieser Umstand führte nicht nur dazu, dass es keinen Zugang zu dem entsprechenden Markt-Know-how gab und dass neben Auftragsbudgets in dreistelliger Millionenhöhe auch notgedrungen mit der Programmentwicklung verbundene Details an externe Firmen gegeben werden mussten, die bekanntlich zum überwiegenden Teil konkurrierenden Medienverbünden angehören. Er bewirkte zudem, dass man (jawohl, diese Zeiten sind noch nicht so lange her) dem Abwerben von ZDF-Protagonisten durch Dritte und kaum versteckten Hinweisen, unter gegebenen Umständen das ZDF nicht mehr mit erstklassigen Stoffen und Mitwirkenden zu versorgen, praktisch nichts entgegensetzen konnte.

Der heute bestehende kleine, aber effektive und profitable Verbund von Produktionsunternehmen hat die strategische Ausgangslage des ZDF entscheidend verbessert. Dabei geht es nicht darum, das gesamte Produktionsbudget bei eigenen Firmen zu allokieren – noch immer vergibt das ZDF einen Anteil, der größer als der aller anderen Sender ist, an externe Produzenten, und immer noch fließt ein beträchtlicher Anteil davon an Produktionsunternehmen aus den Konzernen ARD, Bertelsmann/CLT oder neuerdings auch internationaler Finanzinvestoren. Der ZDF-Verbund hat sich jedoch einen Nukleus von Unabhängigkeit geschaffen, der das ZDF (und darüber hinaus auch andere deutsche und internationale Sender) mit hervorragenden Programmen versorgt und der vor allem – sollten entsprechende Versuchungen wieder einmal an Produzenten herantreten – das ZDF unanfällig für Pressionen macht.

Und ein letztes Beispiel: Beim Einkauf von Spielfilmen und von Serien, aber auch von Dokumentar- und Kinderprogrammen, spielen seit Langem deutsche Zwischenhändler eine wichtige Rolle. In den letzten Jahren konnten unmittelbare Kontakte zu den Rechteinhabern wieder aufgebaut werden – selbst zu amerikanischen Majors, sodass es erstmals seit Langem zu direkten Verhandlungen mit entsprechenden Abschlüssen kam. Neben einer besseren Positionierung und Vernetzung im Markt ist sicherlich die signifikante Senkung der Preise, die pro Run gezahlt werden müssen, das wichtigste Ergebnis dieser Entwicklung.
Der mit diesen Beispielen skizzierte jeweilige Status quo ist dabei nicht durchweg das Ergebnis einer gradlinigen Entwicklung, und sehr wohl gab es Rückschläge und Zielverfehlungen. Und es ist ein ganz wichtiger Aspekt, dass sich das Aufbrechen früherer Strukturen quasi nicht als Selbstzweck gegen andere Marktteilnehmer richtet – ZDF Enterprises ist vielmehr außerordentlich interessiert an Partnerschaften und Kooperationen aller Art und hat vielfach bewiesen, dabei sehr flexibel und undogmatisch vorzugehen. Sehr wohl gibt es aber das Generalthema der besseren strategischen Positionierung des ZDF-Verbunds im medienwirtschaftlichen Umfeld, des fairen Anteils an Wertschöpfungen, der Präsenz in den wichtigen Geschäftsfeldern, kurz: der Schaffung von Handlungsspielräumen in programmlicher und wirtschaftlicher Hinsicht, der Schaffung von Public Value. Dies ist ein originäres Anliegen des »commercial arms« eines öffentlich-rechtlichen Senders, und auf diesem Weg sind wir ein gutes Stück vorangekommen.
 
 
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