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2003  
ZDF Jahrbuch
Programmbouquet und Beteiligungen
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Engelbert Sauter

3sat: Kultur und Wissen als Brücke zwischen den Generationen

 
Engelbert Sauter
Engelbert Sauter


Luftbildaufnahme des Pergamonmuseums Mitte der 80er Jahre
Luftbildaufnahme des Pergamonmuseums Mitte der 80er Jahre


Esther Schweins präsentiert das Theatermagazin »FOYER«
Esther Schweins präsentiert das Theatermagazin »FOYER«


Die »nano«-Autoren Axel und Susanne Wagner
Die »nano«-Autoren Axel und Susanne Wagner
              
 

Eine humane Gesellschaft lebt von ihren integrativen Bestandteilen. Heute muss man feststellen, dass diese Integrationselemente seltener geworden sind. Die Gesellschaft ist zunehmend geprägt durch die Verfolgung von Gruppen- und Einzelinteressen. Es fehlt die Kraft zu einem integrativen Akt, der diese individuellen Interessen und Ansprüche solidarisch und zielorientiert zusammenführen könnte.

Das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem ist einerseits zur Integration verpflichtet – es bezieht daraus seine »Daseinsberechtigung mit Gebührenanspruch«. Als Massenmedium erreicht es andererseits im Prinzip auch alle Fernsehzuschauer – ohne Segmentierung nach soziologischer oder ideologischer Herkunft. Diese Situation verpflichtet zu einer Programmphilosophie, die – orientiert am öffentlich-rechtlichen Auftrag – inhaltlich die Erfüllung der Integrationsverpflichtung als oberstes Unternehmensziel definiert und diese de facto mit dem spezifischen Angebot einlöst.

In einer Zeit gesellschaftlicher Umbrüche und Neustrukturierungen suchen junge und alte Menschen gleichermaßen nach Orientierung. Die demographische Entwicklung ist daher auch für die Medien eine Herausforderung. Das Szenario einer wachsenden Überalterung und alle daraus resultierenden Belastungen für unsere Sozialsysteme und den gesellschaftlichen Zusammenhalt erschweren zunehmend den Dialog zwischen den Generationen. Dialogfähigkeit zwischen den Generationen und zwischen den unterschiedlichen soziologischen und gesellschaftlichen Gruppierungen ist aber gerade in einer schwierigen finanziellen und sozialen Situation Voraussetzung für eine humane Gestaltung der gesellschaftlichen Prozesse. Wenn das Fernsehen die Älteren über Zukunftsthemen informiert und Orientierungshilfen gibt, rüstet es diese Generation für den gesellschaftlichen Dialog mit den Jüngeren aus. Umgekehrt erringt man mit Zukunftsfragen und Lebensperspektiven zunehmend auch das Interesse von jungen Leuten.

Durch gesellschaftlich relevante Programminhalte und nicht zuletzt durch die Form der Programmierung kann 3sat – als ein Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems – den Informationsfluss zwischen den Generationen unterstützen und damit einen wichtigen Beitrag zur Integration leisten, zumal 3sat schon heute die verschiedenen Generationen nahezu gleichermaßen erreicht.

Als Plattform für Kultur und Wissen, Bildung und Wissenschaft – so sieht sich 3sat selbst – bedient der Sender das wachsende, gesamtgesellschaftliche Bedürfnis nach Information, Aufklärung und Orientierung. Im Wandel von der Arbeits- zur Dienstleistungsgesellschaft gewinnen gerade Werte wie Bildung und Wissen ganz neu an Bedeutung. Auf der anderen Seite haben die Ergebnisse der PISA-Studie aufgezeigt, welches Defizit an echter Bildung in der Gesellschaft besteht. Dabei ist Bildung zu unterscheiden von reinem Faktenwissen. Bildung heißt verstehen, bewahren, Traditionen vermitteln, analysieren, Lösungswege aufzeigen und damit auch Identität stiften.

Was heißt dies für das konkrete Programm? Einige Beispiele sollen das erläutern:

  • Das werktägliche Zukunftsmagazin »nano« spricht zunächst einmal alle Zuschauer an, die neugierig auf Zukunft und Wissenschaft sind, und erreicht damit die Jüngeren und die Älteren. Letztere wollen sich trotz der rasanten Entwicklungen des 21. Jahrhunderts ihre Alltagskompetenz bewahren. Die Jüngeren dagegen erleben mehr und mehr, dass ein Überblick über alle Wissensgebiete in der Schul- und Arbeitswelt zunehmend gefordert wird. »nano« macht die Welt wissenschaftlich verstehbar und gibt Orientierung bei Naturereignissen ebenso wie im technologischen Wandel. Um die Schwelle zu wissenschaftlichem Forschen und Denken abzubauen, geht »nano« in seiner Rubrik »aha: nano erklärt die Welt« einmal pro Woche zu Wissenschaftlern, in Labors oder in die Natur, um individuelle Fragen der Zuschauer zu beantworten. Zahlreiche Jugendliche bewarben sich für eine Teilnahme am zweiten »nanoCAMP« zum diesjährigen »Jahr der Chemie«. Hochrangige Wissenschaftler standen den ausgewählten 16 Jugendlichen für Gespräche und Experimente zur Verfügung. Ein »nano«-Team begleitete die Jugendlichen bei ihren Abenteuern. Das alles zeigt 3sat in seinem Zukunftsmagazin »nano« zu einer Sendezeit (18.30 Uhr), zu der sowohl Kinder und Jugendliche als auch deren Eltern und Großeltern zuschauen können.
  • Den Dialog zwischen den Generationen fördert zunehmend auch »neues«, das 3sat-Magazin für Computer und Kommunikation. Richtete sich bisher die Umsetzung der Themen eher an ein jüngeres und fachlich versiertes Publikum, bietet das Magazin seit diesem Jahr das Kurzformat »neues. erklärt« an. Hier werden Begriffe aus der IT- und Kommunikationsbranche für Laien verständlich aufbereitet. Die verschiedenen Zuschauergruppen und -generationen werden so auf einen gemeinsamen Wissensstand gebracht und können wieder in einen Dialog treten. Die hohe Zuschauerakzeptanz gerade auch für die Reihe »neues. erklärt« beweist die Gültigkeit dieses Konzepts.
  • Unter dem Titel »Generation 60 plus« bot 3sat im August einen Programmschwerpunkt an, der sich mit mittlerweile fast 25 Prozent der deutschen Bevölkerung beschäftigte: den Menschen über 60. In Filmen, Dokumentationen und Reportagen zeigte 3sat die vielfältigen Lebensentwürfe von Menschen, die aus dem so genannten »aktiven« Arbeitsleben ausgeschieden sind. 3sat nahm sich mit »Generation 60 plus« eines Themas an, das von den Medien in seiner Komplexität meist vernachlässigt wird und mit dem sich die Gesellschaft selten oder nur zögerlich auseinander setzt. Die Reihe vermittelte etwas von neu gewonnener Freiheit und Lebenslust im Alter, verschwieg aber auch nicht die negativen Aspekte des Älterwerdens: Einsamkeit und Krankheit. Teils humorvoll, teils melancholisch nahmen sich die Spielfilme der Reihe des Verhältnisses älterer Menschen untereinander oder zur jüngeren Generation an.
  • 3sat greift immer wieder gesamtgesellschaftliche Diskussionen auf und begleitet im Magazin »Kulturzeit« kritisch die notwendigen Veränderungen und Umstrukturierungen im Kultursektor. Vor dem Hintergrund der angespannten Finanzsituation der Städte und Gemeinden wurden in einem »Kultur-TÜV« zehn Städte des deutschsprachigen Raums auf ihren kulturellen »Verkehrswert« hin getestet. Auch hier versuchte 3sat, die Grenzen der üblichen Kulturberichterstattung zu erweitern und trat den Beweis an, dass Kultur ein breiteres Publikum erreicht, wenn man deren Gebrauchswert für den Zuschauer nicht vernachlässigt. Ähnliches gilt für die »Kinderbuchtipps«, die »Kulturzeit« in Kooperation mit der Süddeutschen Zeitung anbietet. In einer phantasievollen und lebendigen Umsetzung wird hier Eltern und ihren Kindern empfehlenswerte Literatur vorgestellt und die Leselust geweckt.
  • Dank seiner Partnerstruktur und dem Best-of-Prinzip, nach dem 3sat auf das Beste aus den Archiven der deutschsprachigen öffentlich-rechtlichen Sender zurückgreifen kann, konnten auch im Jahr 2003 wieder erfolgreiche 24-Stunden-Programme gestaltet werden. Ein Höhepunkt war der Thementag »Russland erleben« am 1. November, den der Kulturkanal im Rahmen der Russisch-Deutschen Kulturbegegnungen 2003/2004 veranstaltete. Mit anspruchsvollen Eigenproduktionen wie »nano extra«, »FOYER« und »Kennwort Kino« einerseits und ausgewählten Dokumentationen und Reportagen andererseits entführte 3sat die Zuschauer in Russlands Weiten. Dabei wurden Erinnerungen der älteren Generation angesprochen, aber auch die Neugier der Jüngeren auf dieses Land im Wandel geweckt. Ein Tagesmarktanteil von 2,0 Prozent und die große Zuschauer- und Presseresonanz waren der beste Beleg für das Potenzial solcher Sonderprogrammierungen. Das beweisen auch die seit Jahren erfolgreichen Silvesterprogramme. Auch 2003 zeigte 3sat 24 Stunden lang 24 Livekonzerte aus 50 Jahren Popmusik. Von sieben bis sieben Uhr war 3sat »on stage« und holte nicht nur heutige Popstars wie Jennifer Lopez oder Robbie Williams in die heimischen Fernsehzimmer, sondern auch legendär gewordene Auftritte von Heroen der Rockmusik wie Queen, Supertramp oder Jethro Tull und erreichte damit wiederum einen Rekord-Tagesmarktanteil. Nicht zuletzt deshalb, weil dieses 3sat-Musikevent die ganze Familie vor dem Fernseher versammelte.

Auch mit seinem neuen Erscheinungsbild will 3sat alle Generationen einladen. Charaktervolle Gesichter von Menschen aus allen Altersgruppen sollen das Interesse für das 3sat-Programm wecken. Der neue Auftritt in frischem Rot, unterstützt von Menschen, die sympathisch und offen auf dem Fernsehschirm das Image von 3sat prägen, verbindet Tiefe und Ernsthaftigkeit mit Lebenslust und jugendlicher Frische.

Auf diesem erfolgreichen Weg will 3sat auch künftig fortschreiten und in seinen originären Programmangeboten weiterhin vital und grenzüberschreitend bleiben. Die vorhandenen, bisher eher tagespolitisch beziehungsweise geschichtlich ausgerichteten Gesprächsformate »neunzehnZehn« und »Fernsehen als Zeitgeschichte« werden 2004 in ein neues Format überführt, das gesellschaftlich relevanten Fragestellungen über disziplinäre und soziologische Grenzen hinweg nachgehen wird. In Gesprächsrunden und Filmen soll Aufklärung und eine nachhaltige Diskussion zu gegenwärtigen Entwicklungen und Perspektiven in unserer Gesellschaft stattfinden.

Die Sendungen werden sich dabei in tabuloser Auseinandersetzung mit schwierigsten Fragestellungen einerseits und Orientierungshilfe andererseits exemplarisch über Generationsgrenzen hinwegsetzen und einen konstruktiven Dialog aller Verantwortlichen in unserer Gesellschaft anstreben. Bei diesem Programm wird das Prinzip »Nachhaltigkeit« eine wichtige Rolle spielen und auch dadurch dem Trend zu Beliebigkeit und Flüchtigkeit von Fernsehbildern entgegen wirken.

In einer Medienlandschaft, die sich – gerade im Hinblick auf die digitalen Programmangebote – immer stärker spezialisiert und facettiert, ist unter dem Vermarktungsdruck zu befürchten, dass die Zuschaueransprache immer oberflächlicher und Marketing-orientierter wird. Hier hat 3sat als werbefreies öffentlich-rechtliches Qualitätsfernsehen die Chance und die Aufgabe, noch stärker integrierend und vermittelnd zu wirken. Dazu gehört, nachhaltige Information und Orientierung zu bieten und mit allen Mitteln des Mediums Fernsehen Neugier und Interesse für Kultur und Wissen zu wecken. So kann 3sat in seinem Programm Seriosität und Verlässlichkeit mit Frische und Lebendigkeit verbinden und zu dem werden, was es sein möchte: eine offene Plattform für Kultur und Wissen, Wissenschaft und Bildung im deutschsprachigen Raum und eine Brücke zwischen den Generationen: »anders fernsehen« eben.

 
 
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