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2003  
ZDF Jahrbuch
Programmbouquet und Beteiligungen
Gottfried Langenstein
Engelbert Sauter
Heiko Holefleisch
Simone Emmelius
Barbara Biermann
Bodo H. Hauser
Reinhold Elschot
Ernst Elitz

Ernst Elitz

Zehn Jahre DeutschlandRadio
Nationaler Hörfunk für alle Länder

 
Ernst Elitz
Ernst Elitz
              
 

»Aha, Sie sind also die deutsche BBC«, begrüßte mich ein paar Jahre nach der Gründung des DeutschlandRadios ein Diplomat aus den Vereinigten Staaten. Stimmt! Das DeutschlandRadio ist mit der Qualität seiner Programmangebote wie mit seiner nationalen Ausstrahlung tatsächlich mit der englischen BBC oder Radio France zu vergleichen. Nationale Programme sind in fast allen Staaten der Welt die Regel. Die Bundesrepublik Deutschland hatte mit der Wiedervereinigung die Chance zur Gründung und Ausstrahlung nationaler Radioprogramme bekommen und hat sie auch genutzt.

Ökonomische Argumente, der Integrationsgedanke und der politische Wille, ein Modell für ein rein gebührenfinanziertes werbefreies öffentlich-rechtliches Angebot zu schaffen, das sich auf den Kern der Grundversorgung, nämlich auf Information und Kultur konzentriert, bildeten nach der Wiedervereinigung die Grundlage für ein nationales Radio – DeutschlandRadio. Im Gründungsstaatsvertrag, der nach der Verabschiedung in allen Länderparlamenten zum 1. Januar 1994 in Kraft trat, waren diese Vorgaben eindeutig. Die Programme des DeutschlandRadios sollten ein »umfassendes Bild der deutschen Wirklichkeit« vermitteln, die Programme ihre »Schwerpunkte in den Bereichen Information und Kultur« haben und sie dürften keine Werbung enthalten. Sponsoring ist ebenso untersagt. Unter ökonomischen Gesichtspunkten wurde dem DeutschlandRadio vorgegeben, eng mit ARD und ZDF zusammenzuarbeiten, »soweit dies programmlich vertretbar und wirtschaftlich ist« (Gründungsstaatsvertrag DeutschlandRadio §§ 2–6). Damit war der Prototyp eines neuen öffentlich-rechtlichen Senders geschaffen, der seine beiden Programme Deutschlandfunk (Information) und DeutschlandRadio Berlin (Kultur) seit dem In-Kraft-Treten des Staatsvertrages am 1. Januar 1994 ausstrahlt.

Der Integrationsauftrag ist Kern der Programme. In allen Bundesländern gibt es unterschiedliche und zum Teil unzureichende Kenntnisse der gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Situation in anderen und entfernteren deutschen Regionen. Insoweit geht es nicht nur um Vermittlung von Kenntnissen zwischen Ost und West, sondern zwischen allen Ländern und Regionen, unabhängig von ihrer geographischen Lage. Da DeutschlandRadio sich auf zwei nationale Programme zu konzentrieren hat und deshalb nicht eine Vielzahl unterschiedlicher Angebote für verschiedene Altersgruppen anbieten kann, hat es zugleich auch den Auftrag, Integrationsangebote für unterschiedliche Generationen zu machen. Da DeutschlandRadio sich an ein informations- und kulturinteressiertes Publikum wendet, das unabhängig vom Alter über ein breit gefächertes Interessenspektrum und über höhere Bildungsabschlüsse verfügt, ist die Vermittlung generationsübergreifender Kenntnisse einfacher zu realisieren als in alters- und geschmacksspezifischen Programmangeboten, wie die Landesrundfunkanstalten sie produzieren. Dieser generationsübergreifende Integrationsauftrag ist ebenfalls eine langfristige Aufgabe für den nationalen Hörfunk. Programmlich bedeutet dies, gerade in der Präsentation und Musikauswahl ein jüngeres Publikum anzusprechen, ohne ältere Hörer zum Abschalten zu veranlassen. Da ein höherer Bildungsstandard und eine entsprechende Sozialisation mit höherer Toleranz, Neugier auf die Lebens- und Kommunikationsformen anderer Generationen und der Akzeptanz unterschiedlicher Verhaltensformen und Stile einhergeht, hat DeutschlandRadio aufgrund seiner Hörerschaft gute Voraussetzungen, um seinen Integrationsauftrag weiterzuentwickeln.

In seinen Programmen hat DeutschlandRadio auch Konsequenzen aus dem Zusammenwachsen der europäischen Staaten in der Europäischen Union zu ziehen. Ein nationaler Hörfunk, der sich auf die Widerspiegelung rein nationaler Entwicklungen beschränken würde, müsste im europäischen Verbund provinziell wirken und könnte seiner Aufgabe, die Deutschen bei ihrem Hineinwachsen in einen gesamteuropäischen Verbund zu begleiten, nicht gerecht werden. Im Zuge dieser Entwicklung wird der Inlandsbegriff zweifellos neu zu definieren sein. Auf der Internationalen Funkausstellung 2003 hat der Europaabgeordnete Michael Gahler eine Initiative für eine Verbreitung der DeutschlandRadio-Programme in europäischen Hauptstädten gestartet.

Als Vorteil gerade für die Kulturprogramme der Landesrundfunkanstalten der ARD hat sich der Ausbau der Kooperationen in den Sparten Musik, Hörspiel und Feature erwiesen. DeutschlandRadio kooperiert mit den Landesrundfunkanstalten auch bei regionalen Festivals wie dem Schleswig-Holstein Musik Festival, dem Festival Mecklenburg-Vorpommern, den Ludwigsburger Schlossfestspielen, bei Rossini in Wildbad, dem Kissinger Sommer, dem Rheingau Musikfestival, dem Bremer Musikfest, dem Traunsteiner Musiksommer, den Wartburgkonzerten, den Galeriekonzerten in Dresden sowie den Händel-Festspielen. So ist DeutschlandRadio nicht nur zum Dokumentaristen, sondern auch zum finanziellen Förderer des vielfältigen deutschen Musiklebens geworden. In Berlin hat es mit der 40-prozentigen Finanzierung der Rundfunk-Orchester und -Chöre GmbH Aufgaben der Landesrundfunkanstalt übernommen. Gemeinsam mit dem Rundfunk Berlin–Brandenburg (RBB) veranstaltet DeutschlandRadio das internationale Festival für zeitgenössische Musik UltraSchall. Der nationale Hörfunk beteiligt sich nicht nur an vielen Festivals, er vergibt auch Nachwuchspreise für junge Künstler in den Regionen. Mit der Sendereihe »Grundton D« hat sich ein Konzertangebot in Zusammenarbeit mit der Stiftung Denkmalschutz für bedrohte Bauwerke etabliert.

Darüber hinaus ist der nationale Hörfunk in die aktuelle Berichterstattung von Parteitagen, Wahlen, Kirchentagen etc. eingebunden und hat durch eine enge Kooperation mit PHOENIX eigene Sendereihen entwickelt, die sich sowohl für die Fernseh- wie die Hörfunkübertragungen eignen. So veranstaltet DeutschlandRadio mit PHOENIX »LänderForen« in Zusammenarbeit mit den Landesvertretungen in Berlin, die viel beachtete politische Veranstaltungsreihe »Pariser Platz« im Hause der Dresdner Bank am Brandenburger Tor und die »Humboldt-Foren«. Zwar übernimmt DeutschlandRadio auch ZDF-Sendungen in sein Spezialangebot »Dokumente und Debatten« auf Mittel- und Langwelle (»Berlin Mitte«, »nachtstudio«, »Lyriknacht«), setzt das Schwergewicht aber auf eine enge Verwaltungskooperation mit dem ZDF.

Mit Sendereihen für ein studentisches Publikum wie »Campus & Karriere«, »Kakadu« für Kinder und Schulklassengespräche mit Politikern und Künstlern aus allen Teilen des Landes will DeutschlandRadio auch außerhalb seiner Standortländer Berlin und Nordrhein-Westfalen publizistisch integrierend wirken. Die Konzentration auf zwei Standorte – Köln und Berlin – hat sich bewährt. Ein auf der föderalen Vielfalt gründendes Medienangebot darf keine zentralistischen Züge tragen. Die Aufteilung der technischen Kapazitäten und des Personals auf die traditionsreichen Funkhäuser ist dem Gründungsstaatsvertrag folgend »programm- und produktionsgerecht gleichgewichtig«. Beide Städte sind Sitz der Körperschaft, wobei sich der für den Gerichtsstand maßgebliche Sitz in Köln befindet. Der Intendant, die Verwaltungsdirektorin und der Technische Direktor arbeiten in beiden Funkhäusern und präsentieren die Einheit des nationalen Hörfunks. Das – beim ZDF – im Zollernhof Unter den Linden arbeitende Hauptstadtstudio des nationalen Hörfunks produziert Beiträge über die Arbeit der Regierung, des Parlaments, der Parteien und der Verbände für beide Programme. Seine zehn Korrespondenten geben monatlich 350 Beiträge an Deutschlandfunk und DeutschlandRadio Berlin ab. Im Vergleich zu den Produktionen aus Bonner Hauptstadtzeiten hat sich der Output des Hauptstadtstudios in Berlin in der monatlichen Beitragszahl um über 25 Prozent erhöht. Diese gesteigerte Produktionsleistung resultiert zum einen aus der im Vergleich zu Bonn stärkeren Präsenz von Institutionen und Interessenvertretungen in Berlin und der daraus folgenden verstärkten Berichterstattung insbesondere im Bereich von Wirtschafts- und Sozialpolitik.

Diese zentralen Leistungen aber dürfen nicht den Blick darauf verstellen, dass der nationale Hörfunk das Radio aller deutschen Länder ist und sich vorrangig auf die Widerspiegelung der Vielfalt in den Ländern konzentriert, um seine Aufgaben als Integrationsradio wahrzunehmen. Gerade darin liegt sein besonderer Wert für eine aufgeschlossene Hörerschaft, die neben den regionalen Angeboten Interesse an länderübergreifender Berichterstattung und an vielfältigen Kulturangeboten hat. Mit diesem Profil ist DeutschlandRadio erfolgreich. Es konnte als erst 1994 gegründetes Rundfunkunternehmen nicht auf eine jahrzehntelange kontinuierliche Entwicklung zurückblicken. Es musste innerhalb kürzester Zeit seine Programmprofile erarbeiten, neue Unternehmensstrukturen aufbauen und sich rundfunk- und verwaltungstechnisch modernisieren. Diese Parallelprozesse bargen hohe Risiken. Aber die Chancen waren größer. Die Mitarbeiter haben sie genutzt. Die Hörerzahlen sind rapide gestiegen. 8,5 Millionen Bundesbürger schalten DeutschlandRadio Berlin (Kultur) und Deutschlandfunk (Information) regelmäßig ein.

 
 
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