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2008  
ZDF Jahrbuch
Produktion und Technik
Andreas Bereczky
Eckhard Matzel/
Ralf Martin
Meike Painter
Peter Hardt

Eckhard Matzel, Geschäftsbereich Informations- und Systemtechnologie, Technical Innovation Office
Ralf Martin, Geschäftsbereich Informations- und Systemtechnologie, Technical Innovation Office

Digitale Dividende
Der Wettlauf um die UHF-Frequenzen ist eröffnet

 
Eckhard Matzel
Eckhard Matzel


Ralf Martin
Ralf Martin
  Der Begriff der Digitalen Dividende
Zwischen den Mobilfunkunternehmen und dem Rundfunk ist eine kontroverse Diskussion um die künftige Nutzung des UHF-Frequenzspektrums entbrannt. Der bisher ausschließlich für den Rundfunk reservierte Bereich soll auch für den Mobilfunk geöffnet werden.

Ein Begriff, der die Diskussion zentral bestimmt, ist die so genannte »Digitale Dividende«. Da digitale Rundfunkangebote weniger Bandbreite benötigen als analoge, wird bei einem Abbild des bestehenden analog-terrestrischen Angebots ein Teil des Frequenzbandes »frei«. Der daraus resultierende relative Spektrumsgewinn wird als »Digitale Dividende« bezeichnet.

Nutzung des UHF-Spektrums in Deutschland
Seit Ende des Jahres 2002 wird die analoge Terrestrik in Deutschland auf das digitale Antennenfernsehen (DVB-T) umgestellt. Je nach Region sind bis zu 24 Programme via DVB-T empfangbar. Mit schätzungsweise mehr als elf Millionen (Stand: Mitte 2008) verkauften DVB-T-Empfängern in Deutschland hat sich das digitale Antennenfernsehen als Empfangsweg für digitales Fernsehen etabliert. Neben der Nutzung des UHF-Spektrums für DVB-T ist darüber hi-naus auch eine DVB-H-Versorgung (Handy-TV) für die Übertragung von Fernsehen auf mobile Endgeräte vorgesehen. Durch die Erhöhung der Programmvielfalt über DVB-T einerseits und die Bereitstellung von Frequenzen für DVB-H andererseits wird in Deutschland bereits heute ein großer Teil der digitalen Dividende genutzt.

Des Weiteren müssen auch so genannte »Sekundäre Dienste«, wie drahtlose Mikrofone für den Fernsehproduktionsbereich, weiterhin ihren Platz im UHF-Band behalten.

Mobilfunkdienste im UHF-Bereich möglich
Im Rahmen der Weltfunkkonferenz 2007 (WRC-07) wurde ein Teil des UHF-Bandes Mobilfunkdiensten gleichberechtigt zum Rundfunk zugewiesen. In vielen Ländern Europas, darunter auch in Deutschland, besteht damit potenziell die Möglichkeit, die oberen UHF-Kanäle 61 bis 69 IMT-Diensten (International Mobile Telecommunications) zuzuweisen. Als IMT-Technologie stehen von Seiten der Mobilfunkunternehmen WiMAX (Worldwide Interoperability for Microwave Access) und LTE (Long-Term Evolution) als möglicher UMTS-Nachfolgestandard im Fokus.

Breitband-Internetzugang über Rundfunkfrequenzen
Mittels UHF-Frequenzen möchten Mobilfunkunternehmen ländliche Gebiete mit mobilen Breitbanddiensten versorgen, womit die Benachteiligung beim Anschluss an die »schnelle Datenautobahn« überwunden werden soll. Die Nutzung des UHF-Bereichs für diesen Zweck sei deshalb von Vorteil, da die Reichweite gegenüber Frequenzen in höheren Bändern deutlich höher ist. Sie eignen sich außerdem sehr gut für den portablen und mobilen Empfang und ermöglichen gleichzeitig einen vergleichsweise guten Empfang auch innerhalb von Gebäuden.

Mobilfunkdienste basieren jedoch auf Technologien, bei denen sich alle Teilnehmer einer Funkzelle die Übertragungskapazität teilen müssen. Das bedeutet, dass die Datenrate jedes einzelnen Nutzers einer Funkzelle abnimmt, sobald weitere Nutzer in einer Funkzelle Übertragungskapazität für das Senden beziehungsweise den Empfang beanspruchen. Vor diesem Hintergrund relativiert sich die auf den ersten Blick hohe Bandbreite der mobilen Breitbanddienste erheblich. Die mittelfristig erreichbaren Bandbreiten liegen weit unter jenen heutiger leitungsgebundener DSL-Anschlüsse. Erschwerend kommt hinzu, dass die zu übertragenden Inhalte, gerade bei audiovisuellen Inhalten, immer kapazitätsintensiver werden. Es ist damit zu rechnen, dass sich drahtlose Breitbandversorgungen als unzureichend erweisen werden und damit die Bewohner »nur drahtlos versorgter Regionen« nach wie vor benachteiligt sind. Breitbanddienste via UHF bieten daher allenfalls eine Breitbandversorgung »zweiter Klasse« und werden die erhoffte Überwindung der »Digitalen Spaltung« nicht bewirken.

Verträglichkeit der Systeme und Gefahr von Interferenzen
Der Betrieb von Mobilfunkdiensten im UHF-Band kann zu erheblichen Störungen (Interferenzen) des Rundfunks führen. Erste Untersuchungsergebnisse zeigen, dass bei einer Nutzung der oberen UHF-Kanäle durch mobile Endgeräte (zum Beispiel UMTS-Handy als Sender) mit erheblichen Störungen im gesamten UHF-Band, bis hin zum Totalausfall von Bild und Ton, zu rechnen ist. Bestrebungen der Europäischen Union, das Frequenzspektrum für Dienste hoher, mittlerer und geringer Sendeleistung aufzuteilen, sind aufgrund der noch ungeklärten Verträglichkeitsfragen zwischen Rundfunk- und Mobilfunknetzen sehr kritisch zu hinterfragen.

Alternativen für den Breitband-Internetzugang in ländlichen Gebieten
Bereits heute gibt es alternative Technologien, die kurzfristig zur Breitbandversorgung der ländlichen Gebiete beitragen können. An erster Stelle sind hierbei die Zwei-Wege-Satelliten-Lösungen zu nennen, die in Deutschland bereits flächendeckend angeboten werden. Die Daten werden hierbei nicht nur über den Satelliten empfangen, sondern auch gesendet. Aber auch der Ausbau der leitungsgebundenen Netze schreitet voran. So verlegt die Deutsche Telekom AG mittlerweile auch Kabel in Regionen, in denen zuvor ein Ausbau der Breitbandinfrastruktur als nicht wirtschaftlich eingestuft wurde. Weiterhin sind drahtlose Technologien wie WiMAX im 3,5 GHz Bereich und HSDPA (eine UMTS-Erweiterung) weitaus besser für eine Breitbandversorgung geeignet als Dienste im UHF-Bereich. Das für WiMAX und HSDPA vorgesehene beziehungsweise bereits zugeteilte Spektrum steht teilweise ungenutzt zur Verfügung.

Sicherung der Entwicklungsmöglichkeiten des terrestrischen Rundfunks
Die Terrestrik mit ihrem Alleinstellungsmerkmal des portablen und mobilen Fernsehempfangs ist als Übertragungsweg für den Rundfunk in einer zunehmend mobilen Gesellschaft unabdingbar. Gleichzeitig muss die Terrestrik im Hinblick auf Programmvielfalt und Bildqualität (Stichwort HDTV) auch in Zukunft mit den technischen Entwicklungen bei Satellit, Kabel und IPTV Schritt halten können. So muss sichergestellt werden, dass auch ausreichend Übertragungskapazitäten für eine mögliche Umstellung auf eine Folgetechnologie zur Verfügung stehen, die dann natürlich auch mehr Spektrum im UHF-Bereich beanspruchen wird.

Fazit
Das ZDF unterstützt die Bestrebungen, hochwertige Breitbandanschlüsse möglichst flächendeckend verfügbar zu machen, nicht zuletzt um auch die eigenen Internetangebote, wie beispielsweise die ZDFmediathek, allen Zuschauern zur Verfügung zu stellen. Die Breitband-Diskussion sollte jedoch nicht nur auf das Spektrum der so genannten »Digitalen Dividende« begrenzt werden, sondern es müssen alle dafür infrage kommenden Technologien einbezogen werden.

Die erforderlichen Netze zur Breitbandversorgung ländlicher Regionen benötigen keine Reichweite, sondern Bandbreite. Die Nutzung von UHF-Frequenzen zur großflächigen Breitbandversorgung auf dem Land stellt zur Schließung der bestehenden lokalen Versorgungslücken im Grunde eine Verschwendung dieser knappen Ressource dar. Die Schließung lokaler Versorgungslücken eines kleinen Teils der Bevölkerung durch die Nutzung von UHF-Frequenzen für mobiles Breitband darf nicht dazu führen, dass das Entwicklungspotenzal des gesamten terrestrischen Rundfunks für die Gesamtbevölkerung gefährdet wird.
 
 
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