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2010  
ZDF Jahrbuch
Produktion und Technik
Andreas Bereczky/
Rainer Kirchknopf
Peter Hardt
Thomas Urban/
Manfred Höffken

Peter Hardt, Geschäftsbereich Produktions- und Sendebetrieb, Projektleiter der ZDF-Projekte »Filetransfer« und »MINT«

Filetransfer im ZDF
Neue Wege des Materialaustauschs im Fernsehen

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Peter Hardt
Peter Hardt



Filetransfer vor Ort: mit Laptop und BGAN-Satellitenterminal auf dem Autodach
Filetransfer vor Ort: mit Laptop und BGAN-Satellitenterminal auf dem Autodach


Übersicht der »Externen Filetransfer-Verfahren« im ZDF
Übersicht der »Externen Filetransfer-Verfahren« im ZDF


Beispiel für einen Quicklink-Einsatz: Stephan Hallmann führt ein Schaltgespräch aus Chile
Beispiel für einen Quicklink-Einsatz: Stephan Hallmann führt ein Schaltgespräch aus Chile


Technologischer Wandel in der Fernsehproduktion
Technologischer Wandel in der Fernsehproduktion
 

Fernsehen ist ein technisches Medium und unterliegt dem technologischen Wandel, der sich fortwährend und immer schneller vollzieht. Als Folge dieser Entwicklung wird Video-material zunehmend als Datei (File) in den Produktionssystemen gespeichert. Zum Austausch des Materials haben sich, neben den klassischen Betriebsabläufen, unterschiedliche »Filetransfer-Verfahren« im ZDF etabliert.

Im Umfeld der Fernsehproduktion hat sich in den letzten Jahren ein technologischer Wandel vollzogen. Kennzeichen dieser Entwicklung sind Computer und IT-Systeme (Informations-Technologie), die fernsehtechnische Aufgaben erledigen. Konventionelle Aufzeichnungs-, Bearbeitungs- und Wiedergabegeräte werden zunehmend verdrängt. Video-, Bild- und Tonmaterialien liegen nicht mehr auf Videokassetten vor, sondern werden als digitale Dateien (Files) gespeichert und sind zum Bestandteil des Produktionssystems geworden, in dem sie verarbeitet und zur Sendung bereitgestellt werden.

Computer können über digitale Netze kommunizieren und Daten austauschen. Auch digitale Produktionssysteme in unterschiedlichen Bereichen und Standorten können über Datennetzwerke kommunizieren und ihre Video-, Bild- und Tondateien unmittelbar austauschen. Der Materialaustausch, der heute noch vielfach durch die Überspielung von Videobandmaterial erfolgt, wird daher zunehmend von Filetransfer-Verfahren (Übertragung von Videodateien über Datennetze) ersetzt.

Mit der Einführung digitaler Produktionssysteme wurde im ZDF eine Netzwerkinfrastruktur aufgebaut, die – neben dem Bürokommunika­tionsnetzwerk (BKN) für E-Mails, Internet und so weiter – auch ein Produktionsnetzwerk (PN) mit hohen Sicherheitsanforderungen für die sendewichtigen Bearbeitungs- und Produktionssysteme zur Verfügung stellt.

Auf der Grundlage des ZDF-Produktionsnetzwerks, in das auch alle Inlandstudios eingebunden sind, haben sich die »Internen Filetransfer-Verfahren« des ZDF entwickelt. Die Produktionssysteme in den unterschiedlichen Bereichen und Standorten des ZDF sind kompatibel zueinander (gleiche Technik, gleiche Daten- und Dateiformate) und daher in der Lage, unmittelbar miteinander zu kommunizieren und Daten auszutauschen. Die Transportfunktionen sind Bestandteil der Systeme, daher sind spezielle Transfersysteme für den Materialaustausch nicht nötig.

Neben den »Internen Filetransfer-Verfahren« haben sich auch »Externe Filetransfer-Verfahren« zum Austausch von Material mit externen Produktionsstandorten oder Produzenten, die nicht in das Produktionsnetzwerk des ZDF eingebunden sind, etabliert. Die Übertragung dieses Materials erfolgt über das ZDF-Bürokommunikationsnetzwerk oder über das Internet für weltweite Produktionsstandorte.

Für den Zugang zum Internet können im Falle mobiler Produktionsstandorte Datenverbindungen über Satelliten (zum Beispiel BGAN, Broadband Global Area Network) genutzt werden. Im Gegensatz zu den internen Filetransfer-Verfahren bedarf es für die externen Verfahren in der Regel einer Anpassung (Reduzierung) der Video-Datenmengen an die Übertragungswege. Die »Externen Filetransfer-Verfahren« des ZDF werden nachfolgend näher erläutert.

Die »AZR-Inbox« ist ein Briefkasten für Mediendateien im Aufzeichnungsraum (AZR) des Produktions- und Sendebetriebs. Material kann über jeden ZDF-PC, der an das Bürokommunikationsnetzwerk angeschlossen ist, dort abgelegt und dann in die Produktionssysteme eingespielt werden. Damit besteht beispielsweise die Möglichkeit, Material von Internetquellen in das Produktionssystem zu übernehmen. Solche Dateibriefkästen (Video-Inbox) sind ebenfalls in den In- und Auslandstudios vorhanden.

Mit dem »COMA-Server« (Common Media Access) ist der Austausch von Dateien zwischen Arbeitsplatzrechnern möglich, die an das Produktionsnetzwerk des ZDF angeschlossen sind, und beliebigen PCs, die außerhalb des ZDF in das Internet eingebunden sind. Über einmalige, zeitlich begrenzte Zugangsberechtigungen wird der Datenaustausch mit externen Sendern oder Empfängern abgewickelt.

Das Übertragungssystem »Quicklink« (Produktname) unterstützt, neben dem Transfer von Dateien, auch die Übertragung von Kamerasignalen für Live-Zuspielungen. Die Quicklink-Systeme kommen dann zum Einsatz, wenn ZDF-Teams – von einem Auslandstudio mit schlechter Netzwerk­anbindung oder von einem mobilen Produktionsstandort – Sendebeiträge beziehungsweise Livesignale zur Sendezentrale absetzen. Das Material wird über den Aufzeichnungsraum in die Produktionssysteme eingespielt, Live-Signale werden über den Schaltraum zum Produktionsstudio geschaltet. Die Anzahl der Quicklink-Übertragungen ist insgesamt verhältnismäßig gering, weil über die relativ schwachen Netzverbindungen Videomaterial nur sehr langsam oder in schlechter Qualität übertragen wird. Dennoch spielen gerade diese Übertragungen aus programmlicher Sicht eine große Rolle, da mit dem System Übertragungen realisiert werden, die konventionell gar nicht (Breaking News) oder nur mit hohem Kostenaufwand möglich wären.

Das »Zentrale Material-Gateway« dient als Austauschplattform für Produktionsmaterial zwischen den ZDF-Netzwerken BKN/PN und dem Internet. Auf der Grundlage abgestimmter Produktionsabläufe werden »Datei-Briefkästen« (Dateiordner) angelegt, über die interne und externe Nutzer Dateien austauschen können. Das Gateway wird in vielfältiger Weise genutzt, steht aber ausschließlich für verabredete Produktionsszenarien und Daten zur Verfügung und ist nicht allgemein zugänglich. Es wird beispielsweise für die Zulieferung von Material zur Produktion der »heute-show« in Köln verwendet oder ist bei der Belieferung von Kunden durch ZDF Enterprises und dem Austausch von Produktionsmaterial mit externen Produktionsfirmen im Einsatz. Alle diese Verfahren zum Transport von Videodaten haben sich in den letzten Jahren entwickelt, vor dem Hintergrund jeweils unterschiedlicher Anforderungen und Aufgabenstellungen. Sie werden mit deutlich zunehmender Tendenz genutzt, und es ergeben sich immer neue und spannende Anforderungen aus unterschiedlichen Produktionsaufgaben.

Längst geht es nicht mehr nur um die Zulieferung von Nachrichtenbeiträgen aus aller Welt, sondern ebenso um fiktionales Programm, Reportagen, Dokumentationen und vieles mehr.

Der Datenaustausch mit anderen Rundfunkanstalten, Agenturen oder Produktionsbetrieben ist an das Internet gebunden. Die Qualität einer Internetverbindung ist jedoch nicht zu garantieren und reicht oft nicht aus, um hochwertiges Produktionsmaterial schnell zu übertragen. Daher wird die Nutzung leistungsfähiger Netze privater Betreiber in die Überlegungen zur Weiterentwicklung ebenso mit einzubeziehen sein wie die Frage nach Transfersystemen, die solche Formen des Filetransfers organisieren und die ZDF-Produktionslandschaft für den globalen Datenaustausch öffnen.

Mit der evolutionären Entwicklung der vernetzten Produktionslandschaft und deren Öffnung für den globalen Transfer von Videodaten wird der zukunftsweisende Weg des Zweiten Deutschen Fernsehens zu einer dateibasierten Medienproduktion weiterverfolgt.
 
 
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