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2007  
ZDF Jahrbuch
Produktion und Technik
Jochen Schmidt/
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Tobias Schwahn
Thomas Rübenich

Eckhard Matzel, Geschäftsbereich Informations- und Systemtechnologie, Technical Innovation Office
Tobias Schwahn, Geschäftsbereich Informations- und Systemtechnologie, Technical Innovation Office

Standortbestimmung HDTV

 
Eckhard Matzel
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Tobias Schwahn
Tobias Schwahn


Szene aus der ZDF-HDTV-Produktion »Armageddon – der Einschlag«
Szene aus der ZDF-HDTV-Produktion »Armageddon – der Einschlag«
 

Das Thema HDTV stand zwischen 1987 und Mitte der 90er Jahre schon einmal auf der Agenda. Damals wurde durch die EU ein Projekt namens Eureka 95 gestartet, das zum Ziel hatte, eine Alternative zum damals bereits weit fortgeschrittenen japanischen HDTV-Ansatz zu entwickeln. Das ganze scheiterte seinerzeit, da HDTV sowohl im Studio als auch bei der Übertragung auf analoger Technologie basierte, was wirtschaftlich einfach nicht realisierbar war. Erschwerend kam hinzu, dass auf der Endgeräteseite nur die Röhrentechnologie zur Verfügung stand, was zu sehr großen und schweren Endgeräten führte, die darüber hinaus für den Endverbraucher nicht bezahlbar waren.

Vor etwa drei Jahren ist die Diskussion um HDTV mit der Ankündigung der FIFA, die Fußball-WM 2006 in Deutschland komplett in HD produzieren zu lassen, erneut in Gang geraten. Heute stehen die Vorzeichen allerdings deutlich besser, da die komplette Produktions- und Übertragungskette bis hin zu den Endgeräten auf digitaler – und vor allem bezahlbarer – Technik beruht. Inzwischen sind bereits fünf hochauflösende Programme in Deutschland im Regelbetrieb: ProSieben HD, Sat.1 HD (allerdings beide fast ausschließlich von Standard-TV hochkonvertiert), Premiere HD (zwei Kanäle) und Anixe HD.

Auf der Seite der Endgeräte haben die flachen HD-tauglichen Bildschirme mit LCD- und Plasmatechnologie inzwischen einen unaufhaltsamen Siegeszug angetreten. In deutschen Wohnzimmern standen bereits Mitte 2007 weit über vier Millionen solcher Geräte. Prognosen erwarten bis Ende 2007 knapp sechs Millionen verkaufter Geräte. Dies sollte jedoch nicht über die Zahl der wirklich HDTV-fähigen Haushalte – das heißt, die auch ein entsprechendes Empfangsgerät, meist in Form einer Set-Top-Box besitzen – hinwegtäuschen. Diese hat sich im Jahr 2007 nur marginal auf rund 100 000 Haushalte erhöht. Das heißt, es sind derzeit nur rund 0,3 Prozent aller TV-Haushalte wirklich HDTV-fähig.

Trotzdem wird HDTV mit Sicherheit die Zukunft gehören. Die Industrie hat hier in vielen Bereichen bereits Fakten geschaffen – Fernsehgeräte ab einer Bildschirmdiagonale von etwa 50 Zentimetern werden inzwischen ausschließlich HDTV-tauglich hergestellt, und auch auf Seiten des Fernsehproduktionsequipments werden neue Produktlinien fast ausschließlich in HDTV-Technik angeboten.

All diese Entwicklungen haben letztendlich dazu geführt, dass sich ARD und ZDF Anfang 2007 gemeinsam dazu entschieden haben, mit der Übertragung der Olympischen Winterspiele aus Vancouver im Februar 2010 in den HDTV-Regelbetrieb einzusteigen.

Auf technischer Seite hat sich die Produktions- und Technikkommission von ARD und ZDF (PTKO) da­raufhin verstärkt des Themas HDTV angenommen und im Jahr 2007 mehrere Grundsatzentscheidungen gefällt. So wurde unter anderem der für zukünftige HD-Ausstrahlungen von ARD und ZDF zu verwendende HD-Standard festgelegt. Hierbei entschieden sich die Kommissionsmitglieder für den sogenannten 720p/50-Standard, der im Gegensatz zum konkurrierenden 1080i/25-Standard mit Vollbildern und nicht – wie auch unser heutiges Standardfernsehen – mit Halbbildern arbeitet. Damit folgte die PTKO der entsprechenden Empfehlung der European Broadcasting Union (EBU). In einer späteren Sitzung wurde 720p/50 weiterhin auch als Produktions- und Austauschstandard von ARD und ZDF bestätigt.

Für das ZDF bedeutet dies, dass sich die einzelnen Bereiche nun gezielt auf den Starttermin im Jahr 2010 vorbereiten müssen. Dies betrifft zum einen die Programmbereiche, die zunehmend langlebige Repertoireprogramme in HDTV produzieren und zum anderen die technischen Bereiche der Produktionsdirektion, die dafür Sorge tragen, dass innerhalb der verbleibenden Zeit die technischen Vorraussetzungen für die HDTV-Ausstrahlung geschaffen werden. Für Letzteres wurden unter anderem mehrere Großprojekte, die die Sendestraßen und die Signalinfrastruktur des Sendezentrums betreffen, neu konzipiert und auf den Starttermin hin ausgerichtet.

Im Februar 2010 wird dann der offizielle Startschuss fallen – das ARD-Gemeinschaftsprogramm Das Erste und das ZDF-Hauptprogramm werden über Satellit – parallel zur herkömmlichen Verbreitung in Standardauflösung – im sogenannten »Simulcast« in HDTV ausgestrahlt. Um jedoch eventuelle Probleme im Zusammenspiel zwischen Sendetechnik und Empfangsgeräten frühzeitig erkennen und (gemeinsam mit den Endgeräteherstellern) lösen zu können, plant das ZDF voraussichtlich schon vor dem oben genannten Zeitpunkt, mit ersten HDTV-Testausstrahlungen »on air« zu gehen.

Wie aber geht es nach diesem Startschuss weiter? Zunächst einmal wird das ZDF den Anteil an »echtem« HDTV – also Programmen, die mit HDTV-Produktionsequipment produziert und nicht durch Hochkonvertierung eines Standard-TV-Signals gewonnen wurden – sukzessive weiter erhöhen. Parallel dazu wird auch die technische Umstellung der ZDF-Produktionsinfrastruktur auf HDTV konsequent fortgeführt werden. An dieser Stelle muss allerdings noch einmal erwähnt werden, dass diese Umstellung einen enormen logistischen und finanziellen Aufwand für das ZDF bedeutet, der nicht innerhalb von zwei bis drei Jahren erfolgen kann. Bis also die komplette technische Infrastruktur und somit auch das produzierte Programm in HDTV zur Verfügung steht, werden auch nach dem Start im Jahr 2010 noch viele Jahre vergehen.

Ein weiterer Punkt ist die Ausweitung der HD-Übertragung auf weitere Übertragungswege neben dem digitalen Satelliten. Mittelfristig kommen hier sowohl IPTV als auch das digitale Kabel in Frage. Ersteres ist prinzipiell heute schon möglich, jedoch macht eine HD-Übertragung über IPTV aufgrund der hohen benötigten Datenraten derzeit nur über schnelle VDSL-Netze Sinn. Ob 2010 eine Übertragung auch über das weitaus verbreitetere ADSL2+ möglich beziehungsweise sinnvoll sein wird, kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden. Weiterhin stellt sich natürlich die Frage, inwieweit IPTV dann aus seinem derzeitigen Nischendasein herausgefunden hat und eine signifikante Nutzerzahl erreicht. Weiterhin müssen Vertragsverhandlungen mit den betreibenden Telekommunikationsunternehmen geführt werden, um sicherzustellen, dass das ZDF gemäß seiner Vorstellungen – das heißt unter anderem, unverschlüsselt und mit Hilfe offener Technikstandards – übertragen wird.

Einen weiteren möglichen Verbreitungsweg für HDTV bietet natürlich auch die ZDFmediathek, sodass hochauflösende ZDF-Inhalte auch auf diesem Weg zum Zuschauer gebracht werden könnten.

Im Kabel hingegen stehen voraussichtlich erst dann genügend Kapazitäten für HDTV zur Verfügung, wenn signifikant entsprechende analoge Kapazitäten abgeschmolzen und der digitalen Kapazität zugeschlagen wurden. Ursprünglich wurde hier das Jahr 2010 für den sogenannten »analogen Switch-Off« vorgesehen – ein Termin, der aufgrund des nach wie vor geringen Digitalisierungsgrades von weniger als 30 Prozent auf Seiten der Kabelendkonsumenten wahrscheinlich nicht mehr zu halten sein wird. Daher wird eine HDTV-Übertragung über dieses Medium wahrscheinlich erst ab 2011 oder 2012 möglich sein.

Bleibt noch der Übertragungsweg über die digitale Terrestrik. Leider ist dies naturgemäß der Übertragungsweg mit der mit Abstand geringsten Kapazität. Dem ZDF steht hier bundesweit eine Bedeckung (das heißt, ein Kanal) zur Verfügung, über die derzeit vier Programme übertragen werden. Bei HDTV reicht diese Kapazität jedoch lediglich für ein einziges Programm aus, sodass der technische Fortschritt hier mit einer starken Einschränkung der Programmvielfalt erkauft werden müsste. Hinzu kommt, dass auch die heutigen DVB-T-Empfangsgeräte nicht dazu in der Lage sind, HDTV-Programme zu empfangen, sodass die gesamte Set-Top-Boxen-Population im deutschen Markt bei Umstellung auf HDTV nutzlos würde (ein Simulcast, wie er über die anderen Übertragungswege angestrebt wird, ist hier aufgrund der erwähnten Kapazitätsengpässe nicht möglich). Aus diesen Gründen sieht das ZDF, wenn überhaupt, die Terrestrik erst langfristig (nach 2015) im Zusammenhang mit verbesserten Übertragungstechnologien als möglichen HDTV-Verbreitungsweg.

Weitere Meilensteine in der Einführung des hochauflösenden Fernsehens werden die Ausweitung des HDTV-Simulcasts auf weitere Programme des ZDF-Bouquets ZDFvision und letztendlich die Einstellung der digitalen SDTV-Verbreitung darstellen. Wann dies jedoch genau geschehen wird, hängt in starkem Maße von der Marktdurchdringung von HDTV-Empfangsgeräten in deutschen TV-Haushalten ab, deren zukünftige Entwicklung heute noch nicht abgeschätzt werden kann.
 
 
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