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2006  
ZDF Jahrbuch
Produktion und Technik
Andreas Bereczky/
Meike Gablenz/
Rainer Kirchknopf
Klaus-Dieter Gutsche
Rolf Decker/
Frank Werner

Rolf Decker/Frank Werner

Ein Weltbild – der Papstbesuch in Altötting und Marktl

 
Rolf Decker
Rolf Decker


Frank Werner
Frank Werner


Kabelverlegung unter schwierigen Bedingungen
Kabelverlegung unter schwierigen Bedingungen


Hubschrauberlandeplatz in Altötting
Hubschrauberlandeplatz in Altötting


On-Position im Studio
On-Position im Studio


Gespannte Erwartung in Altötting
Gespannte Erwartung in Altötting


Aufbau der kompletten Studiokonstruktion
Aufbau der kompletten Studiokonstruktion
 

»Wer glaubt, ist nie allein«, unter diesem Motto stand der Papstbesuch Benedikts XVI. in seiner bayerischen Heimat, und wir glaubten an die Konzeptfestigkeit unserer Vorplanung. Gestützt auf die Erfahrungen mit der Übertragung des Papstbesuchs beim Weltjugendtag in Köln, haben wir uns im Vorfeld auf die Rahmenbedingungen dieses Vorhabens vorsichtig eingestellt. Den Heiligen Vater auf den Stationen seiner Reise zu begleiten, Millionen von Zuschauern in aller Welt dieses historische Ereignis in ihre Herzen zu übertragen, ohne die Interessen der Technik in den Vordergrund zu stellen, war die große Herausforderung dieser Produktionsrealisierung.

Um die gestalterische Absicht möglichst technisch anzugleichen, war es notwendig, den Ablauf des Besuchs des Heiligen Vaters zu begreifen, um die Technik distanziert zum Ereignis aufzubauen. Es war eine Herausforderung an unser Übertragungskonzept als Poolführer, die Nähe des Heiligen Vaters spürbar zu machen und in ein Weltbild umzusetzen.

Neben den drei als Veranstalter fungierenden Diö­zesen, den Sicherheitskräften des Vatikans, des Bundes und der örtlichen Polizei, brachten sich die Vertreter der Kommunen ein, um den Ansturm der Gläubigen, die Steuerung der Mitwirkenden sowie die Medien in den Ablauf des Papstbesuchs einzugliedern. Abschließend hatte die Feuerwehr die Verantwortung und das letzte Wort, alle Vereinbarungen nach sicherheitspolitischen Gesichtspunkten zu genehmigen, um endgültig grünes Licht für den Beginn der Aufbaumaßnahmen zu geben.

Um ein derart tiefgreifendes und fremdgesteuertes Ereignis zu koordinieren, setzte sich ein Abstimmungsmarathon in Gang, den wir in diesen Ausmaßen noch nie erlebt hatten. In diesem Zusammenhang war unser Handeln immer dadurch bestimmt, nach annehmbaren Lösungen zu suchen.

Bei Liveübertragungen von Großveranstaltungen dieser Produktionsform ist es üblich, nach Absprache mit anderen Medien, die Übertragungsorte in Poolführerschaften aufzuteilen, das heißt, eine Fernsehanstalt übernimmt als Poolführer die Aufgabe für einen bestimmten Abschnitt oder Ablauf. Diese Fernsehanstalt erstellt das sogenannte Weltbild. Für den Besuch des Papstes übernahm das ZDF die Poolführerschaft in München auf dem Marienplatz.

In Altötting war dem ZDF als Poolführer die Aufgabe zugeteilt, einen ganzen Besuchstag, von morgens bis abends unter Berücksichtigung der besonderen Würde des liturgischen Ablaufs und der Besuchsstationen, den Heiligen Vater live zu begleiten. Neben den Liveübertragungen des Weltbilds berichteten zusätzlich Michaela Pilters und Peter Frey mit ihren Gästen aus einem Mobilen Studio für das eigentliche ZDF-Programm und den ZDFdokukanal.

ZDF-Liveübertragungen
Besuch des Heiligen Vaters in Bayern
Samstag, den 9. September
München Marienplatz,
Poolführung Marienplatz – ZDF MP1
ZDF-Sondersendung – Mobiles Studio
Sonntag, den 10. September
München-Riem, Festgottesdienst
Übertragung Mobiles Studio – ZDF R1
Regie Übertragung Gottesdienst – ZDF MP1
Montag, den 11. September
Poolführung – ZDF MP3 6:00–19:30 Uhr
Besuch des Wallfahrtorts Altötting und Marktl
- Sportplatz, Ankunft des Hubschraubers
- Fahrt im Papamobil zum Kapellplatz
- Eucharistiefeier auf dem Kapellplatz
- Vespergottesdienst in der Basilika
- Anfahrt nach Marktl
- Besuch der Taufkirche in Marktl
- Abflug mit dem Hubschrauber aus Marktl

- Regie-Aufteilung – ZDF-Poolführung
Regie 1 – Weltbild, Regie 2 – Liturgie
Regie 3 – Vorschnitt
Regie 1+ 3 – MP3/Fremd-Ü-Wagen
- Ankunft und Anfahrt
Regie 2 – MP3/Fremd-Ü-Wagen
- Musikbühne, Vorprogramm
Regie 2 – MP3/Fremd-Ü-Wagen
- Besuchsprogramm
Regie 2 – MP3/Fremd-Ü-Wagen
- Eucharistiefeier auf dem Kapellplatz
Regie 1+ 3 – MP3/Fremd-Ü-Wagen
- Summe Weltbild Kapellplatz
Regie 2 – MP3/Fremd-Ü-Wagen
- Vespergottesdienst in der Basilika
Regie 1 – MP3/Ü7
- Anfahrt nach Marktl
Regie 1 – MP3/Ü7
- Besuch der Taufkirche in Marktl
Regie 1 – MP3/Ü7
- Abflug Sportplatz Marktl

ZDF-Sondersendungen Altötting
Regie 1, Regie 2 , Regie 3,
Sondersendung Papst in Altötting
- Mobiles Studio
Sondersendung ZDFdokukanal
- Vespergottesdienst Basilika
Sondersendung Zusammenfassung
- Mobiles Studio

Nach dem Erfahrungsgewinn mit dem System Wahl hat es sich gezeigt, dass es notwendig für dieses komplexe Vorhaben ist, die Übertragungstechnik schon in der Vorplanungsphase in voneinander unabhängig arbeitende Produktions-Prozess-Module aufzuteilen. Allein diese Flexibilität ermöglicht somit weitreichende Korrekturen bis in den Sendeablauf hinein, denn ein Nachbessern ist unter solchen Bedingungen sonst nur sehr schwer möglich.

Das technische Konzept war entsprechend stark an dem redaktionellen Vorhaben, besonders an dem Ablauf des Besuchsprogramms des Heiligen Vaters ausgerichtet. Im Vergleich zu den letzten großen Liveübertragungen, kam bei dieser Produktionsform, »Papstbesuch in Bayern«, zusätzlich noch ein wesentliches Element hinzu, nämlich die Liturgische Regie zur Erstellung des Weltbilds bei der Übertragung der Eucharistiefeier mit seiner Altar- und Musikbühne und des Vespergottesdienstes. Dieses komplexe Zusammenspiel hatte zur Folge, dass ein Großteil der Kameras auf zwei Regien aufgeteilt werden musste, da sich die Anzahl der ursprünglich geplanten 26 Kameras auf 40 Kameras erhöht hat. Technisches Material und Kameraausstattung mussten nachts von München nach Altötting transportiert werden und einige Produktionsmittel mit einer Polizeieskorte von Altötting nach Marktl.

Für eine uneingeschränkte Probe- und Livefähigkeit wurden Module aufgestellt, um den redaktionellen Anforderungen – auch kurzfristig – gerecht zu werden. Als Vorlage wurde das Regievorhaben in einzelne Elemente gegliedert, in technische Funktionsgruppen zusammengefasst und zu übergreifenden Produktions-Prozess-Modulen zusammengefügt. Diese Module sollen, möglichst voneinander unabhängig, mit fest definierten Schnittstellen eigenständig aufgebaut, veränderbar und verschiebbar sein.

Ein gutes Beispiel für das modulare Konzept bietet der Besuch und das Gebet des Heiligen Vaters in der Gnadenkapelle und in der Anbetungskapelle. Speziell ausgefeilt war das Einbringen der Technik. Sehr sensibel wurden die Kamerapositionen ausgewählt, für jede Kameraposition galt es, einen Kompromiss mit anderen betroffenen Bereichen zu finden. Auf keinen Fall durfte die Andacht und das persönliche Gebet durch störende Technik beeinflusst werden. In würdevollem Abstand wurden die Kameras samt der benötigten Technik, teilweise mit fernbedienbaren Teleskopstativen ausgerüstet, um sie unaufdringlich einzurichten.

Die für das Besuchsprogramm benötigten Kameras wurden von der Vorproduktion Samstagnacht auf dem Marienplatz abgebaut und nach Altötting weitertransportiert, um am Sonntagmorgen auf den vorverkabelten Kamerapositionen unter Aufsicht der Sicherheitskräfte eingebaut zu werden. Zeitgleich probte der Veranstalter, im Abgleich mit den drei beteiligten Regien, auf den Bühnen und in der Basilika den Ablauf. Durch zusätzliche sicherheitspolitische Vorgaben wurden über 30 Kilometer Kabel über Dächer und Straßen, unter Brücken und durch Bachläufe verlegt, denn den Weg des Heiligen Vaters durften auf keinen Fall Kabel queren. Durch diese Vorgaben wurde ein sehr aufwändiger Kabelvorbau notwendig.

Betraten wir bei der Verkabelung und den sensiblen Kameraeinbauten in Teilen Neuland, so konnten wir andere Elemente vom System Wahl weitgehend übernehmen. Insbesondere das Konzept des EVS-Containers, eine Aufzeichnungstechnik auf Festplatten, die es ermöglicht, Live-Ereignisse parallel aufzuzeichnen und beliebig wieder abzurufen, stellte ein wichtiges modulares Element dar.

Alle Erfahrungswerte der letzten Wahlen sind gebündelt in einem Schaltcontainer zusammengeführt und den Regien in München und in Altötting vorgeschaltet worden. Vom Sendestatus und der Sendeabwicklung unabhängig, konnten alle über die Telekom zugeführten Signale der Außenstellen den Regien zugeführt werden.

Von großer Bedeutung bei einer modularen Aufteilung gerade bei einer auf mehreren Ebenen fremdgesteuerten Produktion, ist die Verfügbarkeit von Technik, Material und Personal. Das ZDF verfügt nicht über ausreichende Produktionsmittel, um alle redaktionellen Vorhaben technisch auszustatten, weshalb eine frühzeitige Anmietung von zusätzlichen Dienstleistungen notwendig wurde.

Aufgrund des bei der Wahl eingeschlagenen Kurses, längerfristig Anbieter in die Produktionsstruktur einzubinden, konnten wir auf Partner zurückgreifen, die bereits bei einigen Wahlen ZDF-Erfahrungen gesammelt hatten. Die Voraussetzung, im Verbund mit unseren ZDF-Übertragungswagen zu arbeiten, war somit gegeben. Eine auf das ZDF-Regiekonzept – einer zentralen Steuerung – ausgerichtete Kommunikationsstruktur wurde erst durch unsere Anpassung der Fremd-Produktionsmittel auf diese spezielle Produktionsform möglich.

Ein weiterer unschätzbarer Vorteil unserer Partner war die ZDF-kompatible Kamera- und Objektiv­ausstattung. Somit war es möglich, den Kameraumbau für die zweite Hälfe des ereignisreichen Tages, zwischen der Eucharistiefeier auf dem Kapellplatz und dem Vespergottesdienst in der Basilika, problemlos zu realisieren.

Anknüpfend an die Erfahrungen dieser Produktion, ist es für die Zukunft wichtig, bereits in der Planungsphase auf bewährte und erprobte modulare Strukturen zurückzugreifen, die schnell verfügbar sein müssen.

Eine sichere Energieversorgung ist die Voraussetzung für einen reibungslosen Produktionsablauf. In Zusammenarbeit mit den verantwortlichen Energie­versorgungsunternehmen und ihren Konzessionsträgern, wird es immer aufwändiger, diese Energieressource sicherzustellen. Ein Vorhaben, das einer eigenen Betrachtung bedarf.

All diese Vorgaben und Anforderungen in ein wohl durchdachtes, transparentes Konzept einzubinden, dazu die frühzeitige Abstimmung mit allen Beteiligten und die außergewöhnlich gute Zusammenarbeit zwischen Redaktion, Produktion, Regie, Kamera und Technik, machten es möglich, den Erwartungen des Veranstalters folgend, den Besuch des Heiligen Vaters in Altötting für Millionen von Zuschauen weltweit zu einem unvergesslichen Erlebnis werden zu lassen.

 
 
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