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2005  
ZDF Jahrbuch
Produktion und Technik
Wolfgang Wagner/
Eckhard Matzel
Thomas Kissel

Thomas Kissel

Die Anbindung der Auslandstudios

 
Thomas Kissel
Thomas Kissel
 

Wir alle sind inzwischen gewohnt, per E-Mail oder Internet weltweit zu kommunizieren, Informationen, Waren oder Leistungen zu beziehen. Nirgendwo trifft das Wort Globalisierung besser zu als im Bereich der elektronischen Kommunikation. Diese Entwicklungen erweiterten in den vergangenen Jahren die Möglichkeiten des weltweiten Programmaustauschs maßgeblich. Der Effekt der Digitalisierung hat bei der Beitragsüberspielung (Kontribution) neue Entwicklungspotenziale freigesetzt. Sei es die Nutzung interkontinentaler Glasfaserverbindungen oder die Nutzung vorhandener Satellitenkapazitäten.

Diese Entwicklungen haben ein ganzes Portfolio von Möglichkeiten der Beitragsüberspielung eröffnet. Beide Medien, Kabel oder Satellit, haben ihre Anwendungen in Koexistenz gefunden. Die digitale Übertragung ermöglicht den Einsatz effizienter Algorithmen der Datenkompression. In Verbindung mit neuen Modulationsverfahren sind die Übertragungsbandbreiten der vorhandenen Satelliten- beziehungsweise Glasfaserkapazitäten deutlich effizienter nutzbar geworden. Damit sind weltweit Übertragungskapazitäten billiger und das Equipment kleiner, preisgünstiger und leistungsfähiger geworden. Somit ließen sich im vergangenen Jahr die fernsehtechnischen Anbindungen der ZDF-Auslandstudios weiter verbessern. Die beiden folgenden Beispiele beschreiben die Spannweite der Anforderungen und die inzwischen praktizierten Umsetzungen.

Permanente Anbindung des Studios Washington
Das Studio Washington ist einer der wichtigsten Auslandsstandorte des ZDF. Entwicklungen in den USA haben direkte Bedeutung für Politik und Leben in Deutschland. Berichte aus dem Studio Washington sind somit häufig wesentlicher Bestandteil der Nachrichtenberichterstattung. Darüber hinaus haben viele Beiträge aus den Bereichen Softnews, Kultur etc. inhaltliche Bezüge in die USA. Es existiert also ein großer Bedarf an Beiträgen, an Zuspielmaterial, aber auch der Bedarf der Redaktionen, US-amerikanisches Programm zu verfolgen. Speziell rund um die US-Präsidentschaftswahl im November 2004 war dieser Bedarf an Kontributionsübertragungen aus den USA sehr groß. Genutzt wurden bis dato Verbindungen via Satellit, finanzielle Gründe und die verfügbare Satellitenkapazität limitierten die Übertragungszeit. Eine wünschenswerte permanente Verbindung via Satellit war somit im Vorfeld der US-Wahl nicht zu erreichen.

Die European Broadcasting Union (EBU) betreibt seit dem Spätsommer 2004 ein transatlantisches Netzwerk zum Programmaustausch auf Basis der Technologie »Dynamic synchronous Transfer Mode« (DTM) mit dem Namen Fibre Network of Eurovision (FiNE). Dabei werden bei Datenraten von einem GBit/s diverse Dienste, wie Video-übertragung, Sprachdienste oder Datenverbindungen, permanent zur Verfügung gestellt. Die Signalführung basiert auf Glasfaserverbindungen zwischen den Knoten der EBU in Ringstrukturen. Diese Netzwerk-Topologie und die Konzeption der dazugehörigen Endgeräte sichern eine sehr hohe Verfügbarkeit.

Trotz der langen Kabelwege von mehreren tausend Kilometern sind die Signallaufzeiten mit zirka 70 Millisekunden deutlich unter den Laufzeiten von Satellitenverbindungen mit mehr als 250 Millisekunden, damit wirken Liveschaltgespräche aufgrund der geringeren Verzögerung (Laufzeit) natürlicher.

Die Berichterstattung des ZDF aus Washington wurde mit Einsatz von FiNE bei ähnlichem finanziellem Aufwand von einer temporären auf eine permanente Verbindung umgestellt, damit wurden ohne Mehraufwand die gewachsenen redaktionellen Anforderungen erfüllt. Neben Washington partizipieren inzwischen auch die Studios New York, London und Rom von den beschriebenen Vorteilen des FiNE-Projekts.

D-SNG-Anbindung des Studios Nairobi
Das Berichtsgebiet des Studios Nairobi erstreckt sich von der Südgrenze der Maghreb-Staaten bis etwa zum Sambesi-Fluss. Es ist eine der am wenigsten entwickelten Gegenden der Welt, damit sind die Möglichkeiten, Fernsehsignale abzusetzen, sehr eingeschränkt. Wenn überhaupt, ist dies in der Regel nur in den Hauptstädten möglich, mit oftmals unzuverlässiger Technik und häufig unter der Aufsicht lokaler Behörden.

Die Möglichkeit der Beitragsüberspielung und der Live-Einspielung (Schaltgespräch) in die aktuellen Sendungen des Programms aus dem Berichtsgebiet besteht seitens der Chefredaktion schon seit geraumer Zeit und wächst in der Konkurrenz der aktuellen Berichterstattung im deutschen Fernsehmarkt zusehends. Unter Berücksichtigung adäquater Investitionen und der personellen Rahmenbedingungen des Studios konnten in der Vergangenheit nur suboptimale Lösungen auf Basis satellitengestützter Telefonie zur Verfügung gestellt werden. Die Einschränkungen aufgrund sehr langer Überspielzeiten – im so genannten »Store&Forward-Verfahren« müssen für eine Sendeminute trotz limitierter Qualität zirca 30 Übertragungsminuten kalkuliert werden – wirkten zunehmend inakzeptabel und damit als Wettbewerbsnachteil. Auch Schaltgespräche im Echtzeitbetrieb (»Videophone«) sind aufgrund ihrer großen Qualitätseinbußen mit dieser Technologie nicht mehr akzeptabel.

Es galt also, eine Übertragungsmöglichkeit zu finden, die den Ansprüchen Finanzierbarkeit, Bedienbarkeit, Mobilität im Berichtsgebiet, Übertragungsqualität und letztendlich auch Unauffälligkeit genügt. Kurzum, die Quadratur des Kreises, die nur in einem Kompromiss zu lösen ist.

Mit den eingangs beschriebenen Innovationen war es nun möglich, eine »Digital Satellite News Gathering«-Anlage (D-SNG) auf dem Markt zu finden, mit den verfügbaren Haushaltsmitteln zu beschaffen und wirtschaftlich zu betreiben. Die Anlage ist aufgrund ihrer Software- und GPS-unterstützten Satelliten-Finder-Prozedur leicht bedienbar. Die robusten Einzelmodule sowie die klapp- und faltbare Antenne aus Karbonfiber machen die Anlage mobil und unauffällig. Es steht die normale Übertragungsqualität mit einer Bitrate von acht MBit/s zur Verfügung.

Trotzdem war auch diese Lösung ein Kompromiss: Die Crew muss trotz Auswahl der leichtesten und modularsten Anlage am Markt zusätzliche 50 Kilogramm transportieren. Neben dem Erstellen von Beiträgen in Form von Recherche, Dreh, Schnitt, Texten etc. muss das Team vor Ort einen geeigneten Platz zum Senden (Uplink) finden, die Antenne positionieren und die Uplink-Prozedur absolvieren. Zusammengefasst hat die hier beschriebene DSNG-Ausrüstung im Studio Nairobi große Vorteile in der autarken und unabhängigen Berichterstattung aus Afrika für das ZDF-Programm gebracht.

Die Entwicklungen der elektronischen Kommunikation sind weiterhin rasant, die Kontribution per Internet, vorerst eingeschränkt auf zeitunkritische Beitragsüberspielungen, zeichnet sich deutlich ab. Allerdings wird der Wettlauf zwischen angebotener und notwendiger Übertragungskapazität mit Blick auf verbesserte Signalqualität bis hin zu HDTV weitergehen.
 
 
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