2012 war ein schwieriges Jahr für ZDF-Online.
Aber erfolgreich war es auch. Es war das
Jahr des Neubaus der gesamte Website-Auftritt des ZDF wurde von Grund auf erneuert.
Es war ebenso das Jahr des Umbaus
die Hauptredaktion Neue Medien erarbeitete
sich neue Workflows und eine völlig neue
Organisationsstruktur als Antwort auf veränderte
Herausforderungen. Und es war das
Jahr des Abbaus auch die Hauptredaktion
Neue Medien wurde vom Sparprozess und
vom Personalabbau des ZDF erfasst mitten
in einer ständig wachsenden Dynamik wurde
gekürzt, gestrichen, musste man sich von
Kolleginnen und Kollegen trennen.
Es ist diese Gleichzeitigkeit dreier Umbrüche.
Jeder von ihnen hätte allein ein Jahr füllen können.
Und dabei ist noch nicht von den innovativen und
erfolgreichen Inhalten die Rede, mit denen das
ZDF 2012 seine Kraft im Onlinebereich dokumentiert
hat. Zu den Olympischen Spielen in London
bot es die Olympia-Mediathek an. Sechs parallele
(meist kommentierte) Livestreams begleitend zum
TV-Programm ein Modell für die Zukunft. »Wetten,
dass ..?« hat nicht nur einen neuen Moderator
und ein reformiertes Konzept. Die wichtigste Show
des ZDF kommt jetzt interaktiv daher: mitspielen,
mitdiskutieren, mitgewinnen in einer Second-Screen-Anwendung. Da schaut schon die ZDF-App
um die Ecke, die 2013 kommen soll. Andere
Primetime-Programme wie »Der Dicke« wurden
mit einem deutlichen crossmedialen Effet zum
Erfolgsprojekt. Und während wir in der US-Wahlnacht
vor vier Jahren noch eine parallel zum TV
ausgestrahlte »Onlinesendung« im Netz anboten,
sendete das ZDF anlässlich der US-Wahlen 2012
aus einem crossmedialen Guss. Aus Berlin und
dem Rest der Welt twittern die TV-Korrespondenten
mittlerweile, wann immer es ein Ereignis
hergibt. Und für »ZDF log in« (ZDFinfo) soll es im
Wahljahr 2013 endlich einen Platz im Hauptprogramm
geben.
Alle diese Entwicklungen spiegeln den Trend der
Zeit: TV und Online verschmelzen immer offensichtlicher
zu einem selbstverständlichen Miteinander.
Mal spielt Online die Rolle des Türöffners
zur sendungssynchronen Begleitung, mal dient es
vor allem der Mobilisierung der TV-Inhalte. Erfolge
sind immer öfter gemeinsam mit den TV-Kollegen
erarbeitet. Die Crossmedialität bewegt sich ins
Hauptprogramm und seine Primetime. Das ist ein
guter Weg. Es ist der einzig richtige. Und natürlich
müssen auch die Strukturen einer Website beziehungsweise
die Zukunftsentwicklung der Mediathek
solchen Entwicklungen Rechnung tragen.
2012 war insoweit der Beginn eines zukunftsorientierten
Wendemanövers. Er begann mit dem
Launch der Seiten und wird im Wurf für eine neue
ZDFmediathek bis in das Jahr 2014 reichen.
Aufgeräumter, übersichtlicher und moderner
kommt der neue Auftritt daher. Tauglicher für die
ästhetischen Trends der kommenden Jahre ist
er und vor allem: näher am Medium Fernsehen.
Das gesamte Programmangebot des ZDF samt
seiner Digitalkanäle in einem Wurf zusammenzuführen,
die eigenen Profile der TV-Kanäle zu berücksichtigen,
aber keine doppelten Aufwände für
den vielfach gleichen Inhalt zu produzieren, ließ
nur einen Weg: Je komplexer die Materie, desto
einfacher musste der Lösungsansatz sein. Die
Idee einer übersichtlichen Ordnung in der wachsenden
Vielfalt des Angebots war der entscheidende
Richtungsgeber für die »Macher« rund um
Tina Kutscher und Karin Müller. Im Rückblick wirkt
die alte Startseite wie ein unaufgeräumtes Kinderzimmer,
nach der Invasion einer Gruppe Achtjähriger
(siehe Bildvergleich). Und die Diskussion
über den richtigen Geschmack, die uns seither
innerhalb wie außerhalb des ZDF begleitet, ist
etwa so vielversprechend wie ein Streit um die
Frage, ob ich meine Wohnung mit Philippe Starck
oder im »Gelsenkirchener Barock« einrichten soll.
Sprich: Allen kann man es nicht recht machen.
Dabei ist die Frage des Designs für Online mehr
als nur eine der äußeren Erscheinung. Sie muss
vor allem im Zusammenspiel mit Funktionaliät und
Navigationstauglichkeit betrachtet werden. Die
Preisjury für den Eyes-and-Ears-Award, die die
ZDF.de in einem europaweiten Wettbewerb unter
Medienunternehmen einstimmig auf Platz eins
gesetzt hat, stellte diesen Zusammenhang in ihrer
Begründung heraus: »Mit dem Relaunch hat sich
ZDF.de zu einem Programmportal des Senders
und seiner Digitalkanäle weiterentwickelt. Der
neue Auftritt besticht durch seine Klarheit, Struktur
und einfache Benutzerführung der User surft
dadurch intuitiv durch das Portal. Schnell ist er bei
Bewegtbild-Inhalten und weiterführenden Informationen
und doch wieder nur einen Klick von der
Hauptseite entfernt.« Mehr gibt es zu diesem Wurf
kaum zu sagen. Eine erste Nutzerbefragung bestätigte
im Kern diesen Kurs und wies dennoch
auf eine Fülle von Optimierungsbaustellen hin.
Wie sollte es nach einem Relaunch auch anders
sein. Hinter den schicken Seiten entsteht ein
hochkomplexes Software-Konstrukt, das nicht nur
die Websites untereinander verbinden soll, sondern
auch mit insgesamt 30 so genannten Drittsystemen
zu verknüpfen war von Teletext bis zu
Programmdaten. Das unterscheidet den Launch
eines Multimediaunternehmens signifikant von
dem eines reinen Printprodukts. Noch immer entwirren
hinter der schicken und aufgeräumten Kulisse
mancher Sendungsseiten viele gute Geister
(Andreas Grün und sein Team) eine verknotete
Stelle nach der anderen. Die schonungslose Statistik
der »Bugs«, die jeweils anzeigt, dass hier
Software nicht das tut, was sie soll, lag anfangs
bei über 200. Mittlerweile ist sie auf etwa 60 geschrumpft.
Vor allem das Zusammenspiel der
vielen unterschiedlichen Elemente wie Text mit
Video, heute.de mit ZDF.de, Mediathek mit Portalen,
Programmdaten mit Sendungsseiten schreiben
die Agenda. An die Optimierung des Angebots
für Suchmaschinen, die ZDF-Inhalte leichter
auffindbar machen soll, lohnte es unter den veralteten
technischen Bedingungen nicht mehr heranzugehen.
Jetzt gelang mit dem Launch zumindest
der Einstieg in eine bessere Auffindbarkeit.
Insofern markierte das Launch-Datum 30. April
2012 nicht den Tag, an dem alles geschafft war,
sondern lediglich den Übergang in einen Livemodus,
in dem das Zusammenspiel aller Komponenten
wirklich getestet wurde und nun Schritt für
Schritt finalisiert werden muss. Onliner überrascht
das nicht. Nicht-Onlinern Kollegen wie Nutzern
– kann man das kaum glaubhaft erklären. Und
weil nicht jedem auf Anhieb gefallen wollte, dass
Inhalte jetzt von links nach rechts gewischt, statt
von oben nach unten gescrollt werden und nicht
alle Informationen von jetzt auf gleich an der gewohnten
Stelle auftauchen, runzelten manche
Veränderungsskeptiker schnell die Stirn, oder
wandten sich erst einmal ab. Das Launch-Jahr
war erwartungsgemäß keines der großen Besucher-Sprünge, eher der Berg- und Talfahrt, an
deren Ende freilich die Kurve nach oben zeigt.
Eine besondere Herausforderung war und bleibt
der Neuanfang bei heute.de. Auch er war unvermeidlich.
Die Besucherzahlen stagnierten seit
Jahren. Die alte Seite bot keine tragfähige Basis
für einen mobilen Auftritt auf Tablets und Smartphones,
und was viel wichtiger ist die verhältnismäßig
kleine Onlineredaktion wechselte vom
agentur-, vielfach textorientierten Nachrichtenjournalismus
in ein multimediales, journalistischeres
Verarbeiten. Statt Nachrichtenmasse (wie sie viele
anbieten), werden jetzt zu den zentralen Themen
mehr Hintergründe, Analysen und Einordnungen
in Bewegtbild, Grafik und (auch) Text angeboten.
Der Launch bedeutete also nicht nur einen Sprung
in der Äußerlichkeit, sondern auch im Umgang mit
den Stoffen durch heute.de-Chef Michael Bartsch
und seine unermüdliche Truppe. Zugleich öffnen
sich attraktivere Möglichkeiten, den Bewegtbildfundus
aus den TV-Sendungen zu nutzen. Auch
hier ist der Neuanfang noch nicht vollendet: Im
Januar 2013 wird heute.de als native App auf den
Markt kommen. Im Lauf des Jahres 2013 soll
heute.de, wo sinnvoll und synergetisch hilfreich,
mit den aktuellen TV-Nachrichtenredaktionen verschmelzen.
Der Relaunch war für heute.de einer
von vielen notwendigen Schritten, um die Site und
ihre Köpfe dahinter auf eine zukunftsfähige Bahn
zu führen. Dafür wurde in Kauf genommen, dass
der Launch im Sommer 2012 zunächst viele Nutzer
verschreckte. Notwendig und richtig bleibt er
dennoch.
Auch ZDFsport.de entwickelt sich weiter. Nach
dem großen Erfolg im Olympiasommer stellt sich
die Redaktion als Teil der Hauptredaktion Sport
neu auf. Künftig werden die Kräfte auf die starken
Sendungsmarken, die sportlichen und vielversprechenden
Großereignisse, den erfolgreichen
Sport im Videotext sowie gute Storys für heute.de
konzentriert. Das tägliche Aufarbeiten der sportlichen
Agenda soll über die nachrichtliche Begleitung
nicht mehr hinausgehen. Das fokussiert die
begrenzten Kräfte auf das Vielversprechende.
So fällt die Bilanz 2012 so gemischt aus, wie das
Jahr nun einmal war. Solche Phasen sind unvermeidlich.
Sie sind jenseits vieler Detailprobleme
aber auch Phasen kreativen Schaffens und des
zukunftsorientierten Veränderns. Das macht viel
Freude, vor allem mit der wunderbaren Mannschaft
der Hauptredaktion Neue Medien, die unverdrossen
und stets für eine neue Wendung
offen, voranmarschiert.
2013/2014 steht der Relaunch der ZDFmediathek
an. Das vielfältige ZDF-Onlineangebot aus Websites,
Apps und Einzelmodulen wird von dem
Flaggschiff her neu und als Einheit gedacht. Die
kreativen Köpfe von Tina Kutscher, Holger Meier
und vielen anderen rauchen schon. Die Lust auf
das Neue ist längst entbrannt.