Elmar Theveßen, Leiter der Hauptredaktion Aktuelles/Stellvertretender Chefredakteur
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Der Newsdesk fungiert als neues Informations-und Organisationsportal. Das bedeutet, er bewertet, kanalisiert und organisiert eingehende und ausgehende Informationsströme. Dabei werdem Ressortgrenzen überwunden, um das Bewusstsein für das Nachrichtenprodukt des ZDF zu stärken.

Acht Rechtecke und einen kleinen Halbkreis zeigt die krakelige Skizze. So sah er aus, einer der ersten Entwürfe für den Newsdesk. Die Rechtecke waren Schreibtische, der Halbkreis ein Besprechungstisch. Im Frühsommer 2008 entstand eine Idee, die sich wenige Wochen danach in einen konkreten Auftrag an das Gebäudemanagement des ZDF verwandelte. Bei einem Umbau des Großraumbüros der Nachrichten – dem so genannten Newshighway – sollte eine Koordinationsstelle für die Tageslogistik der aktuellen Berichterstattung des ZDF entstehen.

Am 9. Mai 2012 war es geschafft. Chefredakteur Peter Frey konnte den Newsdesk und den neu gestalteten Newshighway im Beisein von 150 Kollegen und Kolleginnen aus allen Bereichen und Gewerken eröffnen, die an diesem Großprojekt beteiligt waren.

Am Newsdesk laufen alle wichtigen Informationen für die tagesaktuelle Berichterstattung zusammen. Alle Studios und Autoren liefern ihre logistischen und inhaltlichen Informationen, die schnellstmöglich alle Redaktionen erreichen sollen, per Telefon oder E-Mail an den Newsdesk. Hinzu kommen auch alle Informationen über verfügbares Bildmaterial. Umgekehrt werden vom Newsdesk aus Wünsche und Informationen von den Senderedaktionen an die Studios und Autoren weitergegeben. Detaillierte Einzelabsprachen zwischen Schlussredakteur und Autor sind dennoch weiterhin möglich.

Insgesamt besteht der Newsdesk aus acht Mitarbeitern. Der »heute«-Libero kümmert sich um das unmittelbare Tagesgeschäft der Nachrichtensendungen der »heute«-Familie. Er koordiniert und beobachtet die tagesaktuelle Berichterstattung und Ressourcenplanung – in enger Absprache mit den Schlussredakteuren. Im Breaking-News-Fall schätzt er inhaltlich kompetent den Bedarf der Redaktionen ein und disponiert unverzüglich Personal und Produktionsmittel. Er führt alle Informationen über die unmittelbar geplanten Vorhaben der Hauptredaktion zusammen.

Der Hauptredaktions-Koordinator kümmert sich um Abläufe, die über das Tagesgeschäft hinausgehen. Er koordiniert, ermöglicht und beobachtet die Berichterstattung und Ressourcenplanung für absehbare Sonderereignisse sowie Breaking-News-Events in Absprache mit den anderen Sendungen der Hauptredaktion Aktuelles (»heutejournal«, »heute nacht«, »drehscheibe Deutschland«, »ZDF-Mittagsmagazin«, »hallo deutschland«, »Leute heute« und »ZDFwochen-journal«) sowie mit Schlussredakteuren tagesaktueller Sendungen aus anderen Bereichen (zum Beispiel »ZDF-Morgenmagazin«, »heute – in Deutschland«, »heute – in Europa«). Er erkennt und behebt frühzeitig Engpässe bei Personal und Produktionsmitteln und priorisiert in Abstimmung mit den Beteiligten die Hauptsendungen. Im Breaking-News-Fall stellt er sicher, dass die Kommunikation zwischen Studio/Reportern in Krisengebieten und den Redaktionen reibungslos abläuft.

Vom Newsdesk aus wird auch kommuniziert, wann welches Material überspielt, bereitgestellt und damit verfügbar wird. Darüber hinaus erfolgen alle logistischen Bestellungen über diese zentrale Stelle. »heute«-Libero und Hauptredaktions-Koordinator arbeiten am Newsdesk deshalb eng mit zwei Produktionsmitarbeitern zusammen. Diese kümmern sich um Übertragungsleitungen, Kamerateams, Satellitenwagen und Schnittkapazitäten.

Fest eingebunden sind außerdem ein Online-Koordinator für die heute.de, die Nachrichtenwebsite des ZDF, und ein Euroredakteur, der das Bildmaterial der Partnersender im europäischen EBUVerbund auswertet. Desweiteren arbeitet ein Kollege aus dem Archiv am Newsdesk mit. Im Zusammenspiel der sieben Fachleute, unterstützt von einem Redaktionsassistenten, wird das »One-Stop-Shopping« möglich – für die Autoren im Feld und die Senderedaktionen (inklusive online) in der Zentrale.

Crossmedialität spielt dabei schon jetzt eine zentrale Rolle. Themen werden übergreifend geplant und bearbeitet, was natürlich nicht bedeutet, dass journalistische Inhalte überall gleich aussehen. Eine Geschichte bietet aber oft Stoff für Mehrfachverwertungen, die zusammen mit dem Digitalkanal ZDFinfo und mit der Online-Redaktion geplant werden sollten. Dafür gibt es sowohl strukturelle als auch inhaltliche beziehungsweise formatbezogene Gründe. Strukturell ist wichtig, dass Online nicht zeitgebunden, sondern kontinuierlich über den ganzen Tag hinweg »sendet« – mit einer redaktionellen Besetzung von 5.30 Uhr bis Mitternacht im Regelbetrieb. Das eröffnet die Chance, auf jedes aktuelle Ereignis unmittelbar und nicht in Abhängigkeit vom Programmschema zu agieren.

Inhaltlich und mit Blick auf Berichts- und Erzählformate, hat Online unter anderem die Möglichkeit, Hintergrundinformationen und Zusatzaspekte aufzubereiten, die in der Linearität einer Sendung nicht oder nicht vollumfänglich aufgearbeitet werden können. Beispielhaft für diesen »Mehrwert« sind Erklärelemente oder Experteninterviews zu nennen, mit denen das ZDF seine aktuelle Fernsehberichterstattung im Internet weiterführen und vertiefen kann. Die komplementäre Nutzung beider Medien dient nicht nur einem insgesamt umfassenderen Produkt – sie eröffnet auch allen Beteiligten mehr Freiräume in der Gestaltung. Der Newsdesk sollte deshalb auch eine Schnittstelle zu einem künftigen, crossmedialen Planungscenter – dem so genannten Newshub – beinhalten.

Der Newsdesk wird für seine Kommunikation ein Info-Tool-System nutzen. Jede wichtige inhaltliche, logistische und bildliche Information zu einem Thema kann in Form einer ZDF-Agenturmeldung verbreitet werden. Zusätzlich wird es zu den unterschiedlichen Themen auch »lebendige«, also ständig aktualisierte Textdateien (sheets) geben, die sich in die Rubriken »inhaltlich« und »logistisch« (fact sheet und process sheet) unterteilen. Dadurch addieren sich die Informationen auf, bleiben erhalten und sind für alle Bereiche (Senderedaktionen und Studios) einseh- und nachvollziehbar. Zur Erstellung dieser so genannten sheets ist es erforderlich, dass die Planungsredaktionen frühzeitig in den Prozess eingebunden werden. Ein entsprechendes System ist noch in der Entwicklungsphase.

Die Zahl der so genannten Groß- oder Sonderereignisse hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. Auch hier spielt der Newsdesk künftig eine zentrale Rolle. Erreichen Sonderanstrengungen im Programm zu Ereignissen eine Größenordnung, die weit über das normale Tagesgeschäft hinausgeht, können diese vom Newsdesk in einer Anschubphase bearbeitet werden. Im Einzelfall wird dann entschieden, ob für die weitere Berichterstattung das Krisenzentrum der Chefredaktion aktiviert wird, um den organisatorischen Mehraufwand bewältigen zu können. In der Arbeitsteilung zwischen Krisenzentrum und Newsdesk soll ersteres das Großereignis betreuen, während sich letzterer um die weiteren aktuellen Themen kümmert.

Im Wettbewerb um die inhaltliche Qualität der Berichterstattung sind vor allem die Kollegen draußen vor Ort entscheidend. Deshalb werden künftig bei Groß- oder Sonderereignissen verstärkt die Koordination und Recherche an den Ort des Geschehens verlegt. Das hat sich bei zahlreichen geplanten wie ungeplanten Ereignissen bewährt.

Der Newsdesk ist eingebettet in den Großraum der »heute«-Redaktion, in dem die Schlussredaktionen und Mitarbeiter der Nachrichtensendungen eng vernetzt sind mit Kollegen aus anderen Bereichen. Ergänzend zum schon früher vorhandenen Grafikbereich gibt es jetzt eine Kabine mit Computersystemen für die 3D-Grafik, an denen Grafikredakteure und Grafiker im ständigen Kontakt mit den Moderatoren an erklärenden Animationen arbeiten. In weiteren Räumen innerhalb des Newshighways werden die »heute 100 sec« und Videoelemente für Online produziert.

Um diese zukunftsorientierte, crossmediale Zusammenarbeit zu ermöglichen, musste in enger Absprache mit allen Beteiligten ein neues Raumkonzept entwickelt und umgesetzt werden. Bei einer Auslastung des Newshighways mit mehr als 50 Personen in Spitzenzeiten kam es auf kreative Ideen für Klima, Licht und Akustik an – und das alles »arbeitsstättenrichtlinienkonform«. Diese doch sehr bürokratische, wenn auch äußerst wichtige Vorgabe in Einklang zu bringen mit den Bedürfnissen der Menschen, die im hektischen, tagesaktuellen Betrieb zusammenarbeiten sollen, das war eine große Herausforderung.

Es war nicht immer einfach, zumal auch Brandschutzvorschriften berücksichtigt werden mussten. Aber genau hier erwies sich die Kongenialität der Projektbeteiligten. Der neue Newshighway erfüllt nicht nur höchste Anforderungen an den Brandschutz, er ist trotz der notwendigen Dreiteilung perfekt an die Workflows angepasst und vermittelt doch weiter eine Großraumatmosphäre. Die Kühldecke sorgt für ein angenehmes Klima. Die Raumakustik hat sich deutlich verbessert.

Und das Lichtkonzept ist eine Mischung aus direkter und indirekter Beleuchtung, die sich automatisch auch an die jeweilige Sonneneinstrahlung anpasst. In diesen und vielen weiteren Punkten wurden neue Standards gesetzt, die bereits auf andere Bauprojekte im ZDF übertragen werden.

Newsdesk und Newshighway ermöglichen der Hauptredaktion Aktuelles einen weiteren, wichtigen Schritt in die crossmediale Zukunft unseres Medienunternehmens. Großartig, was aus einer krakeligen Skizze mit acht Rechtecken und einem Halbkreis jetzt geworden ist.

Elmar Theveßen
Der Newsdesk im ZDF