Eva Radlicki, Hauptredaktion Kinder und Jugend/Redaktionsleiterin »Terra MaX«
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History für Kinder gab es auf dem deutschen TV-Markt bisher nicht. »Terra MaX« füllt diese Lücke. Auf einen Schnack mit dem römischen Legionär Flavius? Ein Meeting mit einem echten Burgfräulein? Oder zusammen mit Pharao Tutanchamun im Internet surfen? Verrückt, aber möglich. Zumindest im ZDF tivi-Geschichts-Format »Terra MaX«.

Jahrelang schon bastelt Opa Max an seiner ultimativen Erfindung – einer Zeitmaschine, mit der er Menschen aus der Zukunft in die Gegenwart holen will. Nun ist sie endlich fertig, doch der erste Gast von Opa Max und seinem elfjährigen Enkel Paul sieht so gar nicht futuristisch aus. Er trägt einen Rock, einen komischen Hut und hat stark geschminkte Augen. Tatsächlich stammt der Besucher aus dem Jahr 1324 v. Chr. und ist der ägyptische Kindkönig Tutanchamun.

Paul ist fasziniert und hört gar nicht mehr auf, dem Zeitreisenden Fragen zu stellen. Große Enttäuschung hingegen bei Opa Max. Irgendetwas scheint mit den temporalen Spulen seiner Zeitmaschine nicht zu stimmen. Schnell wird klar, dass es wohl bei den Besuchern aus lang vergangener Zeit bleiben wird. Sehr zur Freude von Paul, der gar nicht genug Informationen von den ungewöhnlichen Gästen bekommen kann.

Opa Max wird gespielt von Jürgen Mai. Er erinnert an Dr. Brown aus »Zurück in die Zukunft«, ist allerdings ein gutes Stück älter und hat ein herzliches Verhältnis zu seinem Enkel Paul. Paul ist elf Jahre alt und wird von Elias Kassner gespielt. Der findet seinen Tüftler-Opa zwar manchmal ein bisschen sonderbar, aber gleichzeitig ist er auch sehr stolz, so einen besonderen Opa zu haben. Elias ist ein sympathischer Nachwuchsschauspieler, der sich in der zweiwöchigen Drehzeit für die erste Staffel enorm entwickelt hat und sich neben dem etablierten Jürgen Mai behauptet. Jürgen Mai beweist mit seiner Darstellung von Opa Max ein großes komödiantisches Talent. Für die Zeitreisenden konnten neben jungen Talenten auch bekannte Köpfe gewonnen werden: So spielt der Sohn von Didi Hallervorden – Johannes Hallervorden – mit 15 Jahren einen Seekadetten. Die Rolle eines chinesischen Kämpfers aus der Zeit der Boxerkriege hat Johannes Ahn, der im Hollywoodstreifen »Ninja Assassin« mitgewirkt hat.

In einer Pilotstaffel mit acht Folgen, ausgestrahlt von Januar bis März 2012, und in einer zweiten Staffel, die im Frühjahr 2013 gesendet wird, besuchen Zeitreisende aus verschiedenen Epochen der Weltgeschichte Opa Max, den Erfinder einer Zeitmaschine, und seinen Enkel Paul. Sie erzählen den beiden von ihren Epochen und von wichtigen historischen Ereignissen ihrer Zeit. So erfahren Opa Max und Paul zum Beispiel von dem germanischen Jungen Hermann, wie er als Kind zu den Römern kam und dort aufwuchs, später jedoch gegen sie kämpfte, oder von John Hallet, wie er die Meuterei auf der Bounty hautnah miterlebte. Nur selten erscheinen »prominente« Gäste, wie Tutanchamun oder Karl Marx, meistens kommen ganz normale Leute zu Besuch, zum Beispiel ein Pestarzt oder ein Burgfräulein. Nach 25 Minuten »entmaterialisieren« sich die Gäste wieder.

In diese fiktionale Rahmenhandlung sind Einspieler aus dem Reenactment-Material des ZDF-Archivs eingepasst, die die Erzählungen der Zeitreisenden bebildern. Die Ähnlichkeit im Namen verweist bewusst auf das erfolgreiche Format »Terra X«. Im Gespräch mit dem Redaktionsleiter von »Terra X«, Alexander Hesse, wurde überlegt, wie man die Schätze des ZDF-Archivs für die jungen Zuschauer nutzen könnte. Aus Sendungen wie »Terra X« und »Die Deutschen« kommt das qualitativ hochwertige Archivmaterial in Form von Reenactments für »Terra MaX«. Mit der dem ZDF-Kinderprogramm eigenen Erklär- und Erzählkompetenz wurde dieses Material neu montiert und für die Zielgruppe der Sieben- bis Zwölfjährigen neu getextet.

»Terra MaX« ist eine Mischform in der Produktionsweise und wird zum Teil In-House produziert und zum Teil extern. Sichtung des ZDF-Archivmaterials, Prüfung der Rechtelage, Festlegung der Themen einer Staffel und die Produktion der Einspieler aus Archivmaterial – das alles findet in Mainz statt. Die Produktionsfirma Ever Emotion/Berlin ist für die Rahmenhandlung zuständig. Die Drehbuchentwicklung in Berlin erfolgt in enger Absprache mit der Redaktion, denn die Rahmenhandlung und die Beitragskonzepte müssen später nahtfrei zueinander passen. Die Endbearbeitung findet in Mainz statt, wo aus den Einzelteilen des Rahmens und der Beiträge ein »großes Ganzes« hergestellt wird.

Dass diese Verbindung zwischen Fiktion und Wissensvermittlung funktioniert, beweist die Sendung »Löwenzahn« nunmehr seit über 30 Jahren. »Terra MaX« wird von den Kindern als eine sehr gelungene Mischung aus Wissen und Entertainment wahrgenommen, so das Ergebnis einer qualitativen Analyse des Formats vom Mai 2012. Die jungen Zuschauer verstehen, was am Format Fiktion ist und was Wissenselemente und fühlen sich gleichermaßen gut unterhalten und informiert. Von Paul geht besonders für Jungen ein großes Identifikationspotenzial aus, aber auch die Mädchen können sich gut vorstellen, mit Paul befreundet zu sein. Auch Opa Max konnte bei den Zuschauern punkten. Das positive Feedback der Kinder spiegeln auch die Quoten. Durchschnittlich sehen 100 000 Kinder im Alter von drei bis 13 Jahren »Terra MaX«, das sind 11,9 Prozent Marktanteil. Aber auch Erwachsene haben gerne zugesehen. Insgesamt hat »Terra MaX« am Sonntagmorgen ein Publikum von 420 000 Zuschauern ab drei Jahren und einen Marktanteil von 7,9 Prozent.

Zu »Terra MaX« gibt es natürlich eine Onlinebegleitung, die das TV-Angebot spielerisch ergänzt und zusätzliche historische Fakten bietet. Die User können beispielsweise in einem Quiz ihr Wissen über die verschiedenen Epochen und Ereignisse testen. Oder sie können spielerisch herausfinden, in welcher Zeit sie am liebsten gelebt hätten. Immer wieder lustig: wenn Opa Max und Paul in der Sendung mit den Zeitreisenden auf tivi.de einen historischen Fakt recherchieren, einer Internet-Seite, die extra für die Sendung gebaut wurde.

Es ist schön, mit »Terra MaX« das Portfolio unserer Informationssendungen um ein Format zum Thema Geschichte erweitern zu können. Dadurch informieren wir die jungen Zuschauer noch umfänglicher auf altersgemäße Weise: über das aktuelle Weltgeschehen bei den Nachrichten von »logo!«, beim wöchentlichen Magazin »pur+« mit Experimenten und Alltagsphänomenen zum Anfassen, bei »Löwenzahn« über Themen zu Natur und Technik, bei »Stark!« über Kinder und ihr Leben und bei »Terra MaX« nun eben auch über historische Themen.

Eva Radlicki
Ein außergewöhnlicher Opa vor einer außergewöhnlichen Bleibe
Paul und Opa Max diskutieren mit der zeitreisenden Schildmaid
Opa Max (Jürgen Mai)
Paul (Elias Kassner)