Norbert Himmler, Programmdirektor des ZDF
PDF

Zunächst einmal das Eigenlob vorneweg: 2012 konnte das ZDF als ein überaus erfolgreiches Jahr abschließen. Das freut mich sehr und ist zugleich Lohn und Ansporn für die engagierte Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Nicht nur bei den Marktanteilen war das ZDF ganz vorne, sondern auch in Sachen Qualität.

Das Zweite war Erster bei einer ganzen Reihe von Auszeichnungen: Beim Deutschen Fernsehpreis konnte das ZDF vier Kategorien für sich entscheiden, unter anderem Bester Fernsehfilm mit »Das Ende einer Nacht«, Harald Lesch wurde mit dem Bayerischen Fernsehpreis für seine Moderationsleistung in »Abenteuer Forschung« ausgezeichnet, und zum Jahresende erhielt die gemeinsame ZDF/ARTE-Produktion »Musik als Waffe« einen der begehrten International Emmy Awards. Dies sind nur herausgehobene Beispiele für die zahlreichen Preise, die auch 2012 die Qualität des ZDF-Programms bestätigten.

Auf diesem Erfolg dürfen wir uns natürlich nicht ausruhen. Deshalb haben wir das Jahr 2012 vor allem dafür genutzt, eine ganze Reihe an Überlegungen anzustellen, wie wir auch zukünftig und langfristig mit zeitgemäßen, relevanten und bereichernden Fernsehangeboten erfolgreich sein können. Wir haben dafür in der Programmdirektion des ZDF im April den Strategieprozess »PD (Programmdirektion) 2015« eingerichtet, an dessen Beginn eine großangelegte, qualitative Studie zum ZDF-Image und dem Programmangebot stand. Die Studie bescheinigte dem ZDF eine Vielzahl starker Marken und ein hohes Maß an Verlässlichkeit, Seriosität und Glaubwürdigkeit. Das Comedyangebot des ZDF, allem voran die »heute-show«, wird als besonders innovativ und jung wahrgenommen, Der Fernsehfilm der Woche und das Montagskino im ZDF stehen exemplarisch für die hohe Qualität, die die Zuschauer mit unserem fiktionalen Angebot verbinden, und unsere Reportage- und Dokumentationsmarken »37°« und »Terra X« werden für ihre Glaubwürdigkeit, zeitgemäße Umsetzung und junge Ansprache geschätzt.

Die befragten Zuschauerinnen und Zuschauer forderten uns allerdings auch auf, mehr Mut zu Veränderung und Modernisierung zu zeigen und das nicht nur an den Programmrändern und in den Sparten- und Digitalkanälen, sondern auch zur besten Sendezeit im Hauptprogramm.

Mit diesen aktuellen Erkenntnissen sind wir während des Sommers in die Strategie-Entwicklung für die zentralen Genres der Programmdirektion gegangen: Für die Fiktion, für die Dokumentationen und Reportagen sowie für die Shows. Kernfragen dabei waren:

  • Wie können wir unsere Sendeplätze in der Primetime eindeutiger profilieren?
  • Wie können wir starke Marken weiterentwickeln?
  • An welchen Stellen treiben wir die Modernisierung des Programms voran?
  • Wo schaffen wir Platz für Innovationen?
  • Wie können wir unsere Köpfe des Programms weiterentwickeln? Wie neue finden?
  • Wie können wir die Strukturen und Arbeitsabläufe angesichts einschneidender Sparmaßnahmen umbauen und noch effizienter gestalten?

Bei der schrittweisen Modernisierung des Programms wird es darum gehen, die Balance zwischen starken, etablierten Marken auf der einen Seite und Neuentwicklungen auf der anderen Seite zu erhalten.

Auch beim Tagesprogramm arbeiteten wir intensiv an einer Weiterentwicklung und Modernisierung. Hierfür hat ein Team, bestehend aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verschiedener Hauptredaktionen, von August bis Dezember einen Pitch für neue Ideen für den Nachmittag organisiert, dessen stärkste zehn Konzepte bis Dezember pilotiert wurden. Ziel ist es, 2013 mit dem erfolgversprechendsten Format täglich an den Start zu gehen.

Fiktion: Preisgekrönte Serien, Filme und Mehrteiler in neuer Struktur
Das ZDF ist Fiktion-Sender Nummer eins, und wir sind uns sicher, dass das auch so bleiben wird. Unsere Fiktion soll fesseln, bewegen, unterhalten und dabei gesellschaftlich relevante Themen aufgreifen, Hintergründe erklären und Werte vermitteln. So stieß zum Beispiel der Fernsehfilm »Der Fall Jakob von Metzler« im Herbst 2012 nicht nur auf breite Anerkennung, sondern erreichte mehr als fünf Millionen Zuschauer. In »Mutter muss weg« mit Bastian Pastewka zeigte das ZDF im Bereich der Komödie, dass auch ungewöhnliche Stoffe mit starken Darstellern und gutem Drehbuch in der Zuschauergunst weit oben liegen können. Auch 2013 setzen wir auf fiktionale Highlights. Gleich zu Beginn des Jahres zeigt das ZDF den aufwändig produzierten Dreiteiler »Das Adlon. Eine Familiensaga«, ein packendes emotionales Drama, in dem die schicksalhafte Verbindung zweier Familien über vier Generationen forterzählt und so die deutsche Geschichte des letzten Jahrhunderts von der Kaiserzeit bis zur Jahrtausendwende gespiegelt wird. Im Frühjahr erzählt die außergewöhnliche Produktion »Unsere Mütter, unsere Väter« in drei Teilen die epische Geschichte über Freundschaft und Erwachsenwerden in der dunkelsten Epoche Deutschlands.

Auf der 19.25-Uhr-Serienleiste am Vorabend war bereits in den letzten Monaten Veränderung zu spüren. Wir werden uns von langlaufenden Marken wie »Der Landarzt« und »Forsthaus Falkenau« verabschieden, um Platz für neue Formate zu schaffen. Das Programm soll schrittweise für neue Zuschauergruppen attraktiv gemacht und das Angebot am Vorabend sowie am Wochenende insbesondere in Richtung eines modernen Familienangebots weiterentwickelt werden.

Auch in anderer Hinsicht gab es im fiktionalen Bereich Bewegung. Wir haben während des Sommers eine neue Organisationsstruktur erarbeitet, mit dem Ziel, die Verantwortlichkeiten für Sendeplätze und -leisten neu zu sortieren. Die ehemals vier Hauptredaktionen wurden in drei Bereiche zusammengelegt.

»Wetten, dass ..?« kehrt zurück
Am 6. Oktober kehrte »Wetten, dass ..?« nach zehnmonatiger Pause mit Markus Lanz als neuem Moderator sowie einem neuen Konzept zurück und erreichte gleich zu Beginn mehr als 13,6 Millionen Zuschauer quer durch alle Altersgruppen. Das Ergebnis und die Zuschauerresonanz belegen, wie die gelungene Modernisierung eines traditionsreichen Formates aussehen kann. Neben dem »Flaggschiff« des deutschen Showprogramms werden wir im kommenden Jahr neue Entwicklungen präsentieren. Mit Jörg Pilawa arbeitet die Redaktion bereits intensiv an neuen Konzepten auch jenseits der Quizfarbe.

In den letzten Jahren hat das ZDF im Genre Kabarett und Comedy ein hohes Renommee beim Zuschauer, in der Politik und in der Branche aufgebaut. Die erneuten Auszeichnungen beim Deutschen Comedypreis für die »heute-show« und für Oliver Welke belegen die besondere Stellung, die nicht nur die »heute-show«, sondern auch weitere ZDF-Marken wie »Neues aus der Anstalt« und »Pelzig hält sich« im Genre innehaben. Dies gilt es, weiter auszubauen, und hier wird es neue Entwicklungen geben, die wir im Sommerprogramm 2013 testen werden. Eine der Hauptaufgaben im Showbereich wird es sein, neue Talente zu entdecken und diese im Programm zu etablieren. Schon 2012 führten einige neue Moderatorenduos durch unsere Shows. Oliver Welke und Olaf Schubert verpassten erstmals in dieser Konstellation dem Deutschen Fernsehpreis eine gehörige Portion Humor und Selbstironie, Micky Beisenherz und Joachim Lamby präsentierten den Daytimetest »Die Pyramide«, und durch die Verleihung des ECHO Klassik-Preises führte das neue Moderatorenduo Nina Eichinger und Rolando Villazón.

Im Showbereich gab es ebenfalls strukturelle Veränderungen: Unter der Leitung des neuen Showchefs Oliver Fuchs wurde der Programmbereich Quiz in die Hauptredaktion Show integriert.

Neue »Terra X«-Formate
In Bezug auf die Dokumentations- und Reportageprogramme bescheinigten uns Imagestudien auch im Jahr 2012: Kein anderer Sender produziert nach Meinung der Zuschauer so gute Dokumentationen und Reportagen wie das ZDF. Marken wie »Terra X« oder »37°« gelten als Benchmarks im deutschen Fernsehmarkt und stechen als besonders junge und attraktive, imageprägende Formate aus dem Gesamtprogramm hervor. Die Marke »Terra X« wurde erfolgreich über ein Magazinformat, »Terra Xpress« sowie über die Kindersendung »Terra MaX« verlängert. »Terra X« schafft es Jahr für Jahr – unter anderem durch außergewöhnliche Reihen mit prominenten Gesichtern wie »Unterwegs in der Weltgeschichte mit Hape Kerkeling« –, für den Zuschauer attraktiv zu bleiben. »37°« ist bei großer Varianz ebenso emotional wie tiefgründig, respektvoll und auf Augenhöhe mit Zuschauern und Protagonisten. Das Repertoire spannt den Bogen von schrägen Autorenstücken wie der Geschichte eines Aussiedlers in »Mensch Gottfried« bis hin zu klassischen Reportagestücken wie der bewegenden Geschichte eines todkranken jungen Mädchens in »Wäre cool, wenn sie ein Engel wird!«. Im Genre Wissenschaft schafft es Harald Lesch wie kein Zweiter, wissenschaftliche Phänomene und Rätsel der Welt anschaulich und lebendig zu vermitteln. Moderator und Redaktion werden dafür regelmäßig mit Preisen belohnt, wie jüngst mit dem Bayerischen Fernsehpreis für seine Moderation von »Abenteuer Forschung«.

Veränderungen gab es auch in den Kulturformaten. »Das Philosophische Quartett« wurde eingestellt, dafür eine neuentwickelte Gesprächssendung mit Richard David Precht umgesetzt, der philosophischen Themen auf ganz eigene, junge und frische Art in einem intensiven Eins-zu-Eins-Gespräch begegnet. »aspekte« vollzog einen großen Schritt in Richtung Verjüngung und richtete seine Sendung mit den neuen Moderatoren Katty Salié und Tobias Schlegl sowie modernisierter Formatierung neu aus. Diese Entwicklung wird 2013 fortgeführt.

Auch in struktureller Hinsicht steht in der Hauptredaktion Kultur eine bemerkenswerte Veränderung an. Ab Januar 2013 bündeln wir die Kräfte in einer übergreifenden Redaktion Kultur Berlin mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von »aspekte«, »Das blaue Sofa« sowie der »Kulturzeit«. Durch plattformübergreifendes Arbeiten und synergetisches Produzieren für alle Sendungen im Haus möchten wir Kulturberichterstattung zukünftig noch schneller und effizienter, aber genauso hochwertig und tiefgründig wie gewohnt gestalten.

ZDF-Familie wächst als einzige Programmfamilie
2012 war auch das Jahr der ZDF-Digitalkanäle. Die ZDF-Programmfamilie konnte sich im letzten Jahr als einzige Senderfamilie steigern und legte von 14,6 Prozent auf 15,9 Prozent bis Oktober zu. Dieser Erfolg ist insbesondere dem Zugewinn der Digitalkanäle zuzurechnen, die ihren Marktanteil im Vergleich zum Vorjahr um 0,6 Prozentpunkte auf 1,3 Prozent im Oktober 2012 steigern konnten. Die Rolle von ZDFneo als Verjüngungsmotor, das seinen Marktanteil im Gesamtmarkt von anfänglich 0,1 Prozent im Jahr 2009 auf heute 0,7 Prozent ausbauen konnte, wächst mit steigendem Erfolg. Auch im nächsten Jahr wird es eine der Hauptaufgaben sein, die Entwicklungsarbeit von ZDFneo gemeinsam mit dem Hauptprogramm voranzutreiben und den kontinuierlichen Erfolgsausbau zu sichern.

Innovationen, Strategiebildung und struktureller Umbau, dies sind drei zentrale Schlagworte aus 2012, die auch 2013 und in den nächsten Jahren das Handeln bestimmen werden. Alle drei charakterisieren Prozesse, die Voraussetzung sind für eine herausragende Programmqualität, die zu Recht vom ZDF erwartet wird. Wir sind darauf vorbereitet.

Norbert Himmler
»Das Ende einer Nacht«: Strafverteidigerin Eva Hartmann (Ina Weisse) und ihr Mandant Werner Lamberg (Jörg Hartmann)
»Abenteuer Forschung«: Hurrikan Sandy wütete im Oktober 2012
»Das Adlon. Eine Familiensaga«: Burkhart Klaußner als Lorenz Adlon (rechts im Hintergrund) zeigt Kaiser Wilhelm II. (Michael Schenk) sein Personal
»Der Landarzt« (Wayne Carpendale) und seine Frau Maren (Caroline Scholze)
Die »heute-show« mit Oliver Welke