Thomas Fuhrmann, Leiter ZDF-Morgenmagazin
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Was ist heute wichtig?
20 Jahre »ZDF-Morgenmagazin«

Am 20. Juli 1992 war es noch ein kleiner Kulturbruch. Informationen aus Politik, Wirtschaft, Sport und Kultur – und das am frühen Morgen. Wer will denn das? Wer braucht denn das? 20 Jahre später ist das Gemeinschaftsprogramm von ZDF und ARD eine Erfolgsgeschichte im deutschen Fernsehen: das »ZDF-Morgenmagazin«.

Zwischen Marmelade und Müsli, zwischen Brote schmieren für die Kinder und Gedanken an die Bürobesprechungen läuft auch noch die Kiste. Nachrichten, Informationen aus Deutschland, aus der Welt: Was ist heute wichtig? Was wird interessant am Tag? Unsere Zuschauer duschen, frühstücken, bügeln oder machen sonst etwas. Kaum eine andere Sendung erfährt aus der Medienforschung seit 20 Jahren, dass sie nebenbei konsumiert wird, quasi bebildertes Radio. Und dabei soll die Sendung auch noch Orientierung geben und die Zuschauer mit einem guten Gefühl in den Tag starten lassen? Keine leichte Aufgabe, und doch gelingt sie, zumindest aus Sicht der Zuschauer. Über die dreieinhalb Stunden verteilt, schauen bis zu 3,5 Millionen Menschen zu, durchschnittlich für eine halbe Stunde. Damit ist das »Morgenmagazin« von ZDF und ARD Marktführer am frühen Morgen. Im wöchentlichen Wechsel präsentieren die Kollegen der ARD aus Köln ihr Programm, das ZDF sendet aus dem Zollernhof in Berlin. Die Zuschauerzahlen gleichen sich auch in diesem Jahr bis auf die zweite Stelle hinter dem Komma.

Die Aufgabenstellung hat sich im Lauf der Jahre nicht verändert: Was bringt der Tag? Was ist wichtig? Das »ZDF-Morgenmagazin« versteht sich als Taktgeber, will die Nachrichtenthemen des Tages mitbestimmen. Zielsetzung ist ein Thema, das das Team schon am Morgen platziert hat und das am Abend noch im »heute-journal« aufscheint. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil war und ist der Gesprächsplatz in der Sendung. Zur vollen beziehungsweise zur halben Stunde ist die Gelegenheit für ein vier- bis fünfminütiges Gespräch. Im Berliner Betrieb ist das längst bekannt und führt zu Angeboten nach dem Motto: »Der Minister würde zum Thema XY zu Ihnen kommen« oder »Unser Fraktionsvorsitzender würde sich gerne zum Thema Z äußern«. Ein Interessenskonflikt? Nach unserer Einschätzung nicht. Erstens kann man solche Angebote annehmen oder ablehnen. Zweitens, und noch entscheidender: Das Thema wird abgesprochen, nicht die Fragen, und das führt manchmal zu Überraschungen auf Seiten der Gesprächspartner.

Das Leben besteht aber bekanntlich nicht nur aus Politik. Auch die Themen aus den Bereichen Wirtschaft, Kultur, Vermischtes und Sport prägen die Sendung. Entscheidend für ein attraktives Programm ist der Themenmix. Diese Grundidee stand vor 20 Jahren im Mittelpunkt, abgeleitet von der Tageszeitung, die man morgens liest, um sich zu informieren. Was damals gut war, hat im »ZDFMorgenmagazin« auch heute noch Bestand. Vielfalt, Mischung, Mix – egal, wie immer man es bezeichnen möchte, für eine Magazinsendung ist es unerlässlich.

Zugegeben, einige Rubriken aus der Anfangszeit hatten eine kurze Halbwertszeit. Das »Horoskop« oder der »Impuls – Gedanken zum Tag« beispielsweise. Andere sind echte Evergreens. Die »Szene« ist seit 19 Jahren fester Bestandteil der Sendung. Nachrichten von und über Prominente, über Ausgefallenes und Skurriles. Und ganz nebenbei ist die »Szene« auch noch die »Mutter aller Synergien«. Lange, bevor es im ZDF ein Thema wurde, gingen die Macher der »Szene« in die Fließbandproduktion. Denn auch in der »Vollen Kanne«, im »Mittagsmagazin« und im »ZDFwochen-journal« gibt es diese Rubrik. Erdacht und gefertigt im »ZDF-Morgenmagazin«.

Der Rote Teppich – nicht selten wird er (natürlich nur im übertragenen Sinne) im »Moma«-Café ausgerollt. Nationale und internationale Stars lassen sich nicht von der Uhrzeit abschrecken, sind pünktlich um fünf Uhr zum Soundcheck am Start. Doch Anwesenheit allein reicht nicht, die Stars müssen im »ZDF-Morgenmagazin« auch singen. Selbst diese nicht zu unterschätzende Hürde haben Rolando Villazón, Erwin Schrott und Paul Potts locker genommen. Boss Hoss, Skunk Anansie, Roger Cicero kommen aus einer ganz anderen musikalischen Richtung, sind aber ebenso »ZDF-Morgenmagazin«-tauglich. Die »Schatzinsel« ist seit 2006 im Programm und Teil der Medienpartnerschaft des ZDF mit der Berliner Museumsinsel. Gezeigt werden die Geschichten hinter den Schätzen in den Museen.

Zum umfassenden Blick in den Tag gehört von Beginn an die Sportberichterstattung. Ab 5.30 Uhr alle 30 Minuten im Programm gibt es »Alle Spiele, alle Tore« – so das Motto im »ZDF-Morgenmagazin«. Dabei steht der Fußball ganz klar im Mittelpunkt. Der Zuschauer erhält Informationen und Analysen über Spiele vom Vorabend beziehungsweise den Ausblick auf Tagesansetzungen. Dabei zeigt das »ZDF-Morgenmagazin« immer wieder ein gutes »Näschen«, wie zum Beispiel 2009 beim U21-Finale in Malmö. Das »ZDF-Morgenmagazin« hatte sich entschieden, live von dort zu berichten. Deutschland holte den Titel mit jungen Spielern wie Mesut Özil, Manuel Neuer und Sami Khedira. Die Zuschauer des »ZDF-Morgenmagazin« waren dabei, als die Fußballer wurden, was sie heute sind.

Entscheidungen fallen aber auch im Handball, Eishockey, Basketball und Volleyball. Ergebnisse gibt es in der Sendung und dazu den Blick auf die olympischen Sportarten wie Leichtathletik, Schwimmen und Turnen. Gern mit Livegästen: Vize-Weltmeister Philip Boy springt aus dem Stand einen Salto auf dem »Moma«-Sofa. Timo Boll spielt Tischtennis im Café, ebenso Jochen Wollmert, paralympischer Tischtennisspieler.

Sportgroßereignisse wie in 2012 sind auch im »ZDF-Morgenmagazin« Höhepunkte. Olympia in London: Thomas Skulski moderierte von einem Schiff auf der Themse mit Blick auf die Tower Bridge. Zur Fußball-EM ging die Sonne für Jessy Wellmer und Toni Schumacher am ZDF-Fußballstrand von Heringsdorf auf. Die Taktiktafel im weißen Sand und das Strandkorbschießen gab es gratis zu den ausführlichen sportlichen Analysen. Die EM in Polen und der Ukraine gab auch den Anstoß, ein neues Format auszuprobieren. Jana Günther und Christiane Hübscher waren unterwegs zum Endspielort nach Kiew. Sie bündelten ihre Eindrücke, Erlebnisse und Begegnungen in vierminütigen Reportagen.

Eine weitere unverzichtbare Säule im Programm ist die tägliche Service-Rubrik. Genau wie Nachrichten, Wetter und Sport ist der Service ein Markenkern der Sendung, der beim Zuschauer den Wiedererkennungseffekt auslöst. »Was tun gegen Zähneknirschen?«, »Richtig kompostieren«, »Vergiftungen bei Kindern« sind Themen mitten aus dem Leben. Mindestens genauso nachgefragt bei den Zuschauern sind Finanzthemen: »Wie wechselt man die Krankenversicherung?« oder »Welche Altersvorsorge ist die Richtige für mich?«. In den Redaktionskonferenzen sind es die Servicethemen, die häufig am längsten diskutiert werden. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass ein Thema auf Interesse trifft. Die Beteiligung der Zuschauer hat sich im Laufe der Jahre verändert, aus Briefen wurden Faxe, heute bekommen wir E-Mails – das Interesse ist jedoch geblieben.

Im Mai dieses Jahres war es soweit: die 2500. Ausgabe des »ZDF-Morgenmagazin«. Gesendet aus der fünften Generation der Studiodekorationen. Das zentrale Möbelstück war, ist und bleibt ein Sofa. Das erste Modell gab es in blau, dann in weiß. Die aktuelle Ausgabe gibt es seit August 2011, und sie ist grau. Blickfang im neuen Berliner Studio ist die acht Meter mal drei Meter große Vidiwall. Anfangs war sie Fluch und Segen zugleich.

Alle Sendungen aus dem Zollernhof standen 2011 vor der Herausforderung, diese opulente technische Möglichkeit ins Sendungskonzept zu integrieren und sich dabei dennoch voneinander zu unterscheiden. »Berlin direkt«, »maybrit illner«, »aspekte«, »Frontal 21« und »ZDF log in« nutzen dieselbe Wand. 14 Monate nach Einführung ist sie aus dem »ZDF-Morgenmagazin« nicht mehr wegzudenken. Berlin als Standort ist klar verankert, alle Rubriken der Sendung erhalten auf der Wand ihre Kennung, viele Anmoderationen werden unterstützt mit wunderbaren Bilder wie dem Kranichzug in Brandenburg, der Laubfärbung im Herbstwald oder den blauen Augen von James Bond auf der Vidiwall entfalten alle Bilder eine besondere Strahlkraft und machen das neue Studio sehr variabel. Dass hinter den Bildern ein großer technischer Aufwand steckt, sieht der Zuschauer nicht.

Technisch verändert hat sich bei der letzten Studiorenovierung auch die Präsentation des Wetters. Für den Zuschauer ist es nur ein kleiner Wisch mit der rechten Hand von Ben Wettervogel, für die Kollegen der Technik hat der neue Touchscreen-Monitor größere Auswirkungen. Die Anmutung ist modern und zeitgemäß. Die Sonne scheint deshalb nicht länger, aber da sich das »ZDFMorgenmagazin« auch immer als Innovationsmotor innerhalb des ZDF versteht, gehören solche Neuerungen zum Alltag.

Das »ZDF-Morgenmagazin« versucht auch im 21. Jahr, fröhlich und fachlich, kreativ und kompetent in den Tag zu starten. Das ist Auftrag und Verpflichtung zugleich.

Thomas Fuhrmann
Die Teams des »ZDF-Morgenmagazins« heute ...
... und vor 20 Jahren
Das »ZDF-Morgenmagazin« on tour in der Ukraine