Seit dem 30. April 2012 gehört das analoge
Fernsehen über Satellit der Vergangenheit
an, nachdem die terrestrische Verbreitung als
erster Übertragungsweg bereits 2008 komplett
digitalisiert wurde. Analoges TV existiert
somit nur noch im Breitbandkabel. Parallel
wurde das HD-Programmangebot von ZDF
und ARD von insgesamt drei auf nunmehr 13
HD-Ableger erhöht. Im Multiplex- und Compression-Center (MCC) werden alle TV-Programme
des ZDF und seiner Partner zentral
aufbereitet und für sämtliche Fernsehverteilwege
sowie parallel als Livestreams für das
Internet bereitgestellt. Dieses kompakte Playout-Center codiert Programmsignale simultan
in SD- und HD-Qualität in die für aktuelle
DVB- und Internet-Endgeräte erforderlichen
technischen Formate.
In den Morgenstunden des 30. April war es endlich
so weit: Mit der Abschaltung der analogen
Programmverbreitung über ASTRA auf 19,2° Ost
endete endgültig das »analoge Zeitalter« aller
Sender in Deutschland. Möglich war dies nur, weil
sich alle Programmveranstalter öffentlich-rechtliche
sowie private Ende 2009 auf diese Abschaltung
verständigt hatten. Im April 2010, also
genau zwei Jahre vor dem Abschalttermin, wurde
in Berlin ein gemeinsames Projektbüro eingerichtet.
Unter dem Label »klardigital 2012« wurde eine
gemeinsame Kampagne gestartet, um alle Betroffenen
sukzessiv und umfassend zu informieren.
Von hier aus wurde zentral die gesamte Kommunikationsarbeit
koordiniert und durchgeführt,
mussten doch im Vorfeld nicht nur die Zuschauer
über die bevorstehende Analogabschaltung informiert
werden, sondern auch Handwerk, Handel,
Verbände der Wohnungswirtschaft, Hotel- und
Gaststättengewerbe, Krankenhäuser, Alten- und
Pflegeheime sowie die Kabelwirtschaft.
Zwei Jahre vor der Abschaltung waren in Deutschland
noch etwa 6,8 Millionen Sat-Haushalte (Quelle:
AGF/GFK) analog, ein relativ hoher Anteil, den
es galt, bis zum 30. April 2012 auf ein Minimum zu
reduzieren. Dies ist dem Projektbüro mit Unterstützung
der Sender auch gelungen. Zum Ende
der Informationskampagnen blieben knapp
500 000 betroffene Zuschauer, die über die zu
treffenden Maßnahmen größtenteils informiert
waren und ihre Satellitenanlage noch schnell auf
Digitalempfang umstellten. Die Kommunikation
des Projektbüros wurde in drei Phasen durchgeführt.
In Phase eins wurde der Schwerpunkt auf Information
gesetzt. Hier waren insbesondere Business-to-Business (B2B), Presse und weitere Multiplikatoren
das Ziel. Phase zwei richtete sich dann
direkt an die Zuschauer: Es wurden in zeitlichen
Abständen vier so genannte Aktionswochen
durchgeführt, in denen die Zuschauer on air direkt
auf die analoge Satellitenabschaltung hingewiesen
wurden. In den letzten 100 Tagen vor der Abschaltung
wurden die Zuschauer dann kontinuierlich,
unter anderem auch durch Laufbänder, auf
die Abschaltung hingewiesen. In den letzten
Tagen der Phase drei waren die Laufbänder zum
Hinweis auf die Analogabschaltung so groß und
störend, dass die Information wohl auch den letzten
Zuschauer erreicht hat.
Durch die vorbildliche Zusammenarbeit aller Beteiligten
gelang es letztendlich, die Anzahl der von
der Analogabschaltung tatsächlich überraschten
Zuschauer auf ein Minimum zu reduzieren. Mit der
Kampagne zur »Analogabschaltung« wurde ein
Bekanntheitsgrad von über 90 Prozent erzielt, sodass
die Anzahl der unvorbereiteten Anrufer an
den Hotlines der Programmveranstalter am Tag
der Umstellung und danach sehr überschaubar
blieb. Nach wenigen Tagen konnte der Betrieb der
Hotlines bereits wieder eingestellt werden. Die
Satellitenverbreitung ist nach der Terrestrik somit
der zweite Verbreitungsweg in Deutschland, der
nur noch digital bedient wird.
HD-Aufschaltung
ZDF und ARD nutzten den Zeitpunkt der analogen
Satellitenabschaltung gleichzeitig, um weitere
Programme in HDTV aufzuschalten. Damit war ein
Sendersuchlauf beim Endteilnehmer nur einmal
erforderlich, es wurden sozusagen zwei Fliegen
mit einer Klappe geschlagen. Zu den bereits seit
2008 (ARTE HD) und 2010 (ZDF HD, Das Erste
HD) ausgestrahlten Programmen kamen am 30.
April 2012 noch zehn weitere HD-Programme von
ZDF und ARD hinzu. Das ZDF ist seit diesem Zeitpunkt
mit seiner gesamten Programmfamilie, den
Digitalkanälen ZDFneo HD, ZDFinfo HD und ZDFkultur
HD, sowie den beiden Partnerprogrammen
3sat HD und KiKA HD über Satellit (ASTRA 19,2°
Ost) empfangbar. Das Gesamtangebot von ZDF
und ARD beläuft sich somit nun über Satellit auf
insgesamt 13 Programme in HD-Qualität. Dies
war eine aufwändige Aktion, da zum gleichen
Zeitpunkt auch die neu errichteten Satelliten-Uplinkstationen beim ZDF in Mainz (zwei Uplinks)
und die dazugehörigen Havariestationen im
Hauptstadtstudio Berlin (ebenfalls zwei Stationen)
ihren Betrieb aufnahmen. Die gesamte Aufschaltung
ging trotz des enormen Zeitdrucks in Bezug
auf die Fertigstellung der Technik und nicht zu
vergessen die erforderlichen umfangreichen
Schulungsmaßnahmen der Mitarbeiter weitestgehend
problemlos vonstatten.
Kleinere Probleme traten allerdings bei einigen
wenigen HD-Endgeräten auf, die in Zusammenarbeit
mit den betroffenen Herstellern schnell gelöst
werden konnten. Aufgrund des Kostendrucks
werden heute die digitalen Empfangsgeräte, ob
im Flatscreen integriert oder als Set-Top-Box ausgeführt,
oftmals nur für einen Betrieb bereits bestehender
Ausstrahlungskonfigurationen ausgelegt.
Die digitalen Standards bieten jedoch weitaus
mehr Möglichkeiten und Freiheitsgrade als
die im Markt existierenden Geräte es zulassen.
Dies führt in der digitalen Welt dazu, dass Geräte
gegebenenfalls beim Empfang teilweise Fehler
zeigen (Blocking; Freezing) oder gar komplett
ausfallen. Einige wenige Endgeräte hatten genau
dieses Problem mit den neuen HD-Ablegern von
ZDF und ARD. Zum Glück kann hier im Nachhinein
durch so genannte Softwareupdates einiges
wieder korrigiert werden. Dies geschah auch bei
fast allen Herstellern, allerdings mit großen zeitlichen
Unterschieden. Das erste Update eines
namhaften deutschen Herstellers war bereits nach
drei Tagen verfügbar, einem letzten Hersteller ist
es bis heute (Mitte Oktober 2012) noch nicht gelungen,
ein Update für seine Boxen bereitzustellen.
Hier gibt es bei den Herstellern noch erhebliches
Verbesserungspotenzial, was derzeit auch
in den interdisziplinären Arbeitsgruppen diskutiert
wird.
Da wir auch in Zukunft immer wieder mit Änderungen
bei den Ausstrahlungsparametern rechnen
müssen, um Verbesserungen bis zum Zuschauer
zu bringen, haben sich ZDF und ARD
gemeinsam entschlossen, der Industrie in Zukunft
im Vorfeld einer Parameterumstellung über eine
zentrale Stelle so genannte »Teststreams« des
neuen Ausstrahlungssignals zur Verfügung zu
stellen. Damit können die Hersteller dann ihre im
Markt befindlichen Empfänger vor einer Umstellung
testen und falls notwendig entsprechend
per Update neue Software über die »Luftschnittstelle« (Antenne) oder den Kabelanschluss in die
Geräte einspielen, sodass nach einer Umstellung
der Ausstrahlungsparameter hoffentlich keine
Fehler mehr auftreten.
Was passiert im MCC?
Im Multiplex- und Compression-Center werden
die Signale aller linearen Programme für alle Sendewege
zentral aufbereitet und überwacht, bevor
sie an die Außenwelt abgegeben werden.
Ursprünglich als Teil des Großprojektes »Reinvestition
der Sendestraßen« gestartet, wurde das
MCC als zentrale technische Aufbereitung aller
TV-Programme des ZDF und seiner Partner sowohl
in Standard-Auflösung (SD) als auch in
HDTV ausgelegt. Das MCC bildet somit die letzte
technische Instanz im ZDF vor der Ausstrahlung.
Hierhin werden die Bild- und Tonsignale der Sendeabwicklungen
(ZDF, ZDFneo, ZDFinfo, 3sat,
ZDFkultur) übergeben. Dazu kommen extern zugelieferte
Programme (KiKA, DLF, DRadio Wissen,
DRadio Kultur), Videotexte, Untertitel, VPS, Programminfos
sowie Daten zur Verknüpfung der
Fernsehwelt mit dem Internet (HbbTV). Die HD-Signale
werden mit einer Datenrate von zirka 1,5
Gigabit pro Sekunde angeliefert und dann nach
neuesten technischen Verfahren um etwa den
Faktor 100 für die HD-Ausstrahlung komprimiert.
Trotz dieser enormen Reduktion ist für die Zuschauer
praktisch kein Qualitätsverlust wahrnehmbar.
Danach werden sie zu DVB-Transportströmen,
den so genannten »Multiplexen«, zusammengefügt.
Das MCC bedient sämtliche
Verbreitungswege der digitalen Fernsehwelt und
stellt insgesamt sieben verschiedene Multiplexe
bereit:
- Ein SD- und zwei HD-Multiplexe für die Satellitenverbreitung
über Astra;
- Ein SD- und zwei HD-Multiplexe für die Einspeisung
in die Kabelnetze;
- Ein SD-Multiplex für die terrestrische Programmverbreitung
(DVB-T);
- Zuführung in die IPTV-Netze, wie zum Beispiel
»T-Entertain«.
Ein zweites Teilsystem stellt gleichzeitig maximal
zehn inhaltlich unterschiedliche Livestreams für
die Ausspielung in das Internet bereit. Alle Programme
werden digital aus den ZDF-Sendeabwicklungen
und weiteren Quellen zugeführt. Die
Streams werden in ZDFmediathek, Mediathek-App und weitere Internetportale (zdf.de, 3sat.de,
phoenix.de etc.) integriert. Dies erfolgt in aktuellen
technischen Formaten: Adaptives HTTP-Streaming
für PCs, Tablets und Smartphones und dazu
weitere Streams mit festen, manuell wählbaren
Bandbreiten für ältere Endgeräte. »Adaptiv« bedeutet,
dass ein Endgerät je nach Bildschirmgröße
und Qualität der Internetverbindung die
Stream-Bandbreite automatisch auswählt und
fortlaufend dynamisch anpasst. Damit wird subjektiv
die bestmögliche Bildqualität erreicht und
zukünftig auch ein Angebot von HD im Internet
ermöglicht, sofern verbesserte Anschlussgeschwindigkeiten
dies zulassen.
Ein integriertes Management-System überwacht
und steuert alle Geräte. Die wichtigen Systemkomponenten
wie Kreuzschienen, Encoder, Multiplexer
oder Server sind redundant ausgeführt,
sodass der Ausfall eines Gerätes vom Zuschauer
nicht bemerkt wird.
Das MCC eine Punktlandung
Das Projekt lief gut an, der Terminplan wurde als
»sportlich, aber mit zügigem Schritt umsetzbar«
klassifiziert. Ein wichtiger Meilenstein: Am Firmensitz
des Auftragnehmers entstand ein Testaufbau,
an dem die Grundfunktionen geprüft wurden. Es
folgte die Integration der Systeme in Mainz. Die
Software für das Workflowmanagement musste
sich dem komplexen Verbund aller Systemkomponenten
in der Praxis stellen. Wie erwartet, war
noch umfangreiche Detailarbeit vor Ort notwendig,
um die realen Arbeitsabläufe abbilden zu
können. Die Inbetriebnahme erfolgte nach dem
bewährten Multiplikatoren-Konzept. Das bedeutet,
einige Kollegen steigen unterstützt durch die
beteiligten Firmen tief in die neue Technik ein
und schulen anschließend das Team.
Das Ganze sollte nun »mit zügigem Schritt« in
dem geplanten Zeitfenster über die Bühne gehen.
Einige Software-Fehler, die bei der Inbetriebnahme
gefunden wurden, verzögerten die Übergabe
an den Betrieb, und zwei Termine standen plötzlich
gefährlich nah vor der Tür: zum einen die
»Abschaltung der analogen Satellitenverbreitung«
mit der »HD-Aufschaltung«.
Zum zweiten sollten exklusiv für den Ausspielweg
Internet sechs Livestreams von den Olympischen
Sommerspielen mit dem Entzünden des Olympischen
Feuers mit der neuen Technik on air
gehen. In täglichen Abstimmungsgesprächen mit
den Multiplikatoren, den ZDF-Service- und Planungsingenieuren,
der Projektleitung und den
Firmen wurde jeder weitere Schritt der Inbetriebnahme
detailliert beschrieben und minutiös festgelegt.
Der »Jungfernflug« gelang ohne nennenswerte
Probleme. Einige Kompromisse waren notwendig:
Die Einweisung der ZDF-Serviceingenieure
wurde auf die Zeit nach der Inbetriebnahme verschoben
und die Betreuung vorübergehend durch
Firmenunterstützung gewährleistet. Das Ziel, alle
Operatoren des Sendebetriebs off air zu schulen,
wurde mit Zustimmung der Kollegen aufgegeben,
und einige Mitarbeiter mussten ihre Einarbeitung
an den neuen Systemen im heißen Betrieb machen.
Um im Bild zu bleiben: »Starten, auf Strecke
gehen und das Landen per Funk lernen«. Alle
Mitwirkenden haben die Grenzen des Machbaren
ausgelotet, viel gewagt und für das ZDF gewonnen.
Alle Kanäle waren zeitgerecht und in HD-Qualität
»on air«. Direkt im Anschluss wurde der
Streaming-Teil des MCC für die Olympischen
Sommerspiele, die am 27. Juli 2012 begannen,
»vorläufig ertüchtigt«. Sechs zusätzliche Olympiakanäle
live und exklusiv im Internet waren ein voller
Erfolg.