Christoph Hillenbrand, Stoffführender Redakteur in der Hauptredaktion Show
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Im Jahr 1986 hat sich das ZDF mit dem »ZDF-Fernsehgarten« ein ganz außergewöhnliches Sendungspflänzchen in den Garten gestellt. Damals ahnte noch niemand, dass es über einen derart langen Zeitraum erfolgreich wachsen und sich ausbreiten würde.

Vor 25 Jahren, am 29. Juni 1986, betrat man im ZDF mit dem »ZDF-Fernsehgarten« echtes Fernsehneuland. In Gesprächen, die man mit den Pionieren und Gründungsvätern der Sendung führt, spürt man die große Energie, die trotz aller Schwierigkeiten vom Start des Formats ausging und die dieses auch heute noch antreibt.

Im Jahr 1985 hatte der damalige Intendant, Professor Dieter Stolte, die Idee, auf einer großen Freifläche auf dem Gelände des ZDF einen »Sommergarten« zu installieren. Eine Arbeitsgruppe unter der Federführung des damaligen Programmdirektors Alois Schardt entwickelte das Konzept einer Art »Sonntagszeitung« im Fernsehen. Inhaltlich sollte es eine Mischung aus Unterhaltung und journalistischer Information sein. Die Umsetzung wurde im Januar 1986 in die Hände der Redaktion Show III unter der Leitung von Harald Müller gelegt.

Dann musste alles sehr schnell gehen, man wollte schließlich bereits wenige Monate später auf Sendung gehen. Nicht nur die Inhalte zur Sendung wurden von der damals dreiköpfigen Redaktion geplant, auch das Gelände musste in Zusammenarbeit mit allen Fachbereichen auf die bevorstehenden Programmpunkte und die Besucherinnen und Besucher vorbereitet werden. In einem riesigen Kraftakt wurde das Gelände umgestaltet und funktionell ausgebaut.

In den ersten Sendungswochen des »ZDF-Fernsehgartens« mussten Redaktion, Produktion und alle beteiligten Gewerke einem Zuschaueransturm gerecht werden, der so nicht absehbar gewesen war. Der kostenlose Eintritt, die Zusammenarbeit mit einer großen deutschen Sonntagszeitung und das Staraufgebot ließen die Sendung innerhalb weniger Wochen bundesweite Popularität erreichen. Kamen zur ersten Sendung statt der erwarteten 350 Zuschauerinnen und Zuschauer bereits etwa 1 000, so steigerte sich dies in den folgenden Wochen bis hin zu 5 000 Besucherinnen und Besucher. Dem war die Infrastruktur nicht gewachsen, und so musste beispielsweise schon nach wenigen Wochen ein neuer Rollrasen gelegt werden.

Inhaltlich hatte man sich auf die Fahne geschrieben, am Sonntagvormittag Attraktionen in die deutschen Wohnzimmer zu bringen, die man noch nie im Fernsehen gesehen hatte oder bestenfalls aus großen Abendshows kannte, dazu Service und Information. Man versprach in Trailern und Zeitungsanzeigen »Fernsehen zum Anfassen«. Spiegelbild dessen wurde die erste »Fernsehgärtnerin« Ilona Christen und fortan alle Moderatorinnen und Moderatoren, aber auch prominente Gäste, die stellvertretend für die Zuschauer alles mitmachten und ausprobierten.

Nach den ersten acht erfolgreichen Wochen wurde das ganze Team des »ZDF-Fernsehgartens« auf eine harte Probe gestellt: Die Sendung vom 24. August 1986 war völlig verregnet. Aufgrund des riesigen Zuschauerzuspruchs von 1 500 Besucherinnen und Besuchern entschied man sich entgegen vieler Warnungen, die Sendung im strömenden Regen live zu senden und nicht in das parallel angemietete Studio 3 auszuweichen, welches höchstens 200 Menschen Platz geboten hätte. Die Entscheidung war goldrichtig. Ilona Christen moderierte gewohnt fröhlich mit Regenschirm, die Künstler traten barfuß oder mit Schwimmflossen auf, und die Formationstänzer zeigten ihr Können in Regenmänteln und Gummistiefeln. Am nächsten Tag meldete sich Professor Dieter Stolte bei Ulrich Erdt, dem verantwortlichen Redakteur, und bemerkte, dies sei eine der besten Sendungen gewesen, die er je gesehen habe. Das im Jahr 1997 auf der zentralen Spielfläche angebrachte Dach wurde für die Sendung jedoch eine dringend notwendige Entlastung und wichtig für einen neuen Sicherheitsstandard. Artisten und Künstler konnten so auch bei schlechten Wetterverhältnissen auftreten.

In den folgenden Jahren konnte der »ZDF-Fernsehgarten« seine Stellung in der TV-Landschaft halten und sogar ausbauen. Nationale und internationale Künstler gaben sich die Klinke in die Hand. So fanden waghalsige Artistiken und spektakuläre Stunts statt, Raketenautos und alle möglichen Arten von fahrbaren Untersätzen trafen hier aufeinander, Hubschrauber und sogar ein Düsenjet landeten auf dem Gelände. Vor allem auch im technischen Bereich verstand sich der »ZDF-Fernsehgarten« von Anfang an als Vorreiter, ob es um neue Ton- und Kamerasysteme oder den Wechsel von analogen zu digitalen Welten ging. Für eine Openair-Sendung auf einem sehr großen Gelände waren stets besondere Lösungen mit einem hohen Maß an technischer Kompetenz gefragt. Als Eigenproduktion ist der »ZDF-Fernsehgarten« mitten im ZDF verwurzelt und ein besonderes Erfolgs- und Identifikationsmerkmal für alle beteiligten Kolleginnen und Kollegen. Die kontinuierlich gut abgestimmte Zusammenarbeit zwischen Produktion, Redaktion und allen beteiligten Fachbereichen ermöglicht seit vielen Jahren eine vorausschauende und verantwortliche Planung und Durchführung bei einem relativ kleinen Budget. Ein ganz eigener Wert war und ist dabei der Spaß, mit dem alle Kollegen zusammenarbeiten.

Das Jubiläumsjahr 2011 brachte spannende Herausforderungen für die Moderatorin Andrea Kiewel und das Team. Es galt, das Interesse der Zuschauerinnen und Zuschauer an Retro-Elementen mit der gewohnt aktuellen und modernen Unterhaltung zu verknüpfen. Im Laufe der Vorbereitungen wurde schnell klar, dass wir dieses Jubiläumsjahr nicht nur in Feierlaune verbringen und spektakuläre Programmpunkte auf die Beine stellen wollten, sondern unseren Erfolg nutzen, um uns für eine gute Sache einzusetzen. So konnten am Pfingstwochenende und in der »XXL-Fernsehgarten-Nacht« im Rahmen der »25-Stunden-Rutsch-Aktion« 22 222 Euro für den Ausbau des Außengeländes einer integrativen Kindertagesstätte gesammelt werden. Für die Redaktion bedeutete dies, über acht Stunden Programm zu stemmen. Darüber hinaus wurde natürlich auch gefeiert. Zum Auftakt überraschte uns unser Chefkoch Armin Roßmeier mit einer riesigen Torte in Form des »ZDF-Fernsehgarten-Geländes«, welches er mit einem Team von 25 Konditoren hergestellt hatte. Zum Staunen gab es eine große Artistik mit dem »Vertical Orchestra«, und die Moderatorin Andrea Kiewel wagte sich in einen Stunt, bei dem sie unter einem Helikopter festgeschnallt über das Gelände flog. Während der ganzen Saison erreichten uns viele prominente Geburtstagsgrüße aus der Medienwelt, die wir immer wieder in den Sendungen zeigten. Wir konnten auch in diesem Jahr sowohl mit den monothematischen Sendungen (Mann/Frau, Fernsehgarten Royal, Niederlande, Mallorca-Party, 125 Jahre Automobil, Oktoberfest und das 25-Jahre-Fernsehgarten-Quiz) als auch mit den Regelsendungen einen großen Zuspruch bei den Zuschauern erreichen.

Zu guter Letzt ist es mir persönlich sehr wichtig, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die seit der Gründung des »ZDF-Fernsehgartens« ihre Beiträge zum anhaltenden Erfolg geleistet haben, einen herzlichen Dank auszusprechen. In der Sommerzeit tragen am Wochenende etwa 150 Kolleginnen und Kollegen dafür Sorge, dass alles reibungslos abläuft. Besonders herzlich möchte ich mich noch bei Ulrich Erdt und Gaby Stingl bedanken, von denen ich in diesem Jahr viel über die Geschichte und die Geschichten des »ZDF-Fernsehgartens« erfahren habe.

Die Moderatorinnen und Moderatoren des »ZDF-Fernsehgartens«
Ilona Christen moderierte den »ZDF-Fernsehgarten« von 1986 bis 1992
Ramona Leiß moderierte den »ZDF-Fernsehgarten« von 1993 bis 1999
Andrea Kiewel moderiert den »ZDF-Fernsehgarten« seit 2000 (Ausnahme: 2008)
Im Jahr 2008 moderierte Ernst-Marcus Thomas den »ZDF-Fernsehgarten«

Der »ZDF-Fernsehgarten« in Zahlen
1 402 323 Personen besuchten seit 1986 den »ZDF-Fernsehgarten« als Zuschauer
2 827 musikalische Gäste traten von 1986 bis 2011 auf
Der Openair-Studiobereich misst zirka 30 000 Quadratmeter
12 Kameras kommen pro Sendung zum Einsatz
Etwa 150 Personen arbeiten am Wochenende am Gelingen des »ZDF-Fernsehgartens«
15 Requisitencontainer und 600 Meter Absperrgitter werden benötigt
Seit 2000 erreichte der »ZDF-Fernsehgarten« durschnittlich 19,4 Prozent Marktanteil und bis zu 2,88 Millionen Zuschauer

Christoph Hillenbrand
Ilona Christen, die erste Moderatorin des »ZDF-Fernsehgartens«
Ramona Leiß mit Fernsehkoch Johann Lafer
Andrea Kiewel mit Armin Roßmeier