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Kurt Beck, Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz/Vorsitzender des Verwaltungsrats des ZDF

Rundfunkbeitrag statt Rundfunkgebühr
Wie die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gesichert wird

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Kurt Beck
Kurt Beck
 
 

Der Weg von einer geräteabhängigen Rundfunkgebühr zu einem geräteunabhängigen Rundfunkbeitrag war lang und nicht frei von Hindernissen. Aber er musste gegangen werden, weil die Zukunft des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks dauerhaft gesichert werden muss.

Früher war alles ganz einfach, zumindest in der Medienpolitik: Es gab die Zeitung, die man las, es gab das Radio, das man hörte, und es gab das Fernsehen, das man – bis 1967 sogar nur schwarz-weiß – schaute. Das Sender-Empfänger-Modell war die feste Grundlage der Rundfunkpolitik.

Heute ist nicht mehr alles ganz so einfach, zumindest in der Medienpolitik. Denn durch den völligen Strukturwandel in den Medien – bedingt durch die Digitalisierung und das Internet – konvergiert alles: Technik und Inhalte, Formate und Institutionen. Grenzen werden verwischt, Funktionen vermischt.

Auch im Hinblick auf die Rundfunkgebühr war früher alles ziemlich unproblematisch: Wer ein Radiogerät hatte, zahlte die so genannte Grundgebühr, wer ein Fernsehgerät hatte, zahlte die Fernsehgebühr; beides zusammen ergab die Rundfunkgebühr. Aber das, was jahrzehntelang unproblematisch war, wurde durch die schleichende technische Konvergenz problematisch, denn es gab immer mehr Endgeräte wie Computer oder Handys, über die Radio und Fernsehen, also Rundfunk, empfangen werden konnte. Der klare Anknüpfungspunkt für die gute alte Rundfunkgebühr, nämlich das Radio- und Fernsehgerät, wurde unscharf. Der Rundfunkgesetzgeber, die Länder, mussten nun der technischen Konvergenz im wahrsten Sinne des Wortes Rechnung tragen.

Im Jahr 1999 reagierte der Gesetzgeber erstmals mit einer Moratoriumslösung: Für Rechner, die Rundfunkprogramme ausschließlich über das Internet wiedergeben können, mussten keine Gebühren bezahlt werden. Diese Regelung wurde im Jahr 2007 abgelöst von einer Regelung, die zwischen »herkömmlichen« und »neuartigen« Rundfunkempfangsgeräten unterschied. Klar war aber, dass das nur eine Zwischenlösung sein konnte, zumal die Unterscheidung zwischen herkömmlichen und neuartigen Rundfunkempfangsgeräten immer schwieriger wurde. Hinzu kam, dass der zwischenzeitlich gefundene Kompromiss, für neuartige Rundfunkempfangsgeräte nur die Grundgebühr zu erheben, absehbar nicht mehr zu halten war und die Gebührenpflicht für den PC rechtlich angegriffen wurde. Dutzende von Verwaltungsgerichten beschäftigten sich mit höchst unterschiedlichen Ergebnissen mit der Frage, ob geräteabhängige Anknüpfungspunkte für die Rundfunkgebühr noch tragen. Und auch, wenn diese Frage vor dem Bundesverwaltungsgericht höchstrichterlich entschieden wurde, hat das Gericht doch an den Gesetzgeber appelliert, sorgsam zu prüfen, wie lange ein geräteabhängiger Anknüpfungspunkt noch trägt. Parallel dazu geriet die – notwendige – Arbeit der Gebühreneinzugszentrale des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (GEZ) und die Arbeit der so genannten Gebührenbeauftragten der Rundfunkanstalten zur Durchsetzung der Gebührenpflicht immer mehr in die Kritik, obwohl immer mehr Menschen das Rundfunkangebot annehmen, ohne dafür die Rundfunkgebühr zu entrichten.

Im Juli 2010 haben sich die Ministerpräsidenten der Länder für einen Wechsel von der geräteabhängigen Rundfunkgebühr hin zu einem geräteunabhängigen Rundfunkbeitrag entschieden und Eckpunkte zur Neuordnung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks formuliert. Diese Eckpunkte waren klar: Erstens: Das sehr komplizierte Rundfunkgebührenrecht sollte vereinfacht und für den Bürger verständlicher werden. Zweitens: Die mit dem Gerätebezug verbundenen Kontrollnotwendigkeiten sollten deutlich reduziert und die Arbeit der Gebührenbeauftragten mit Nachfragen an der Wohnungstür nach Möglichkeit überflüssig gemacht werden. Drittens: Kaum noch plausibel zu erklärende Gebührentatbestände sollten abgeschafft und durch klare, einfache Regeln ersetzt werden. Viertens: Alle Änderungen sollten aufkommensneutral erfolgen.

Die verfassungsrechtlich fundierte Grundlage für den Modellwechsel lieferte Professor Paul Kirchhof. Er sieht in der Annahme des Gesetzgebers, dass jeder Privathaushalt in einer Wohnung grundsätzlich eine Empfangsgemeinschaft bildet und jede Betriebsstätte typischerweise von dem Sendeangebot der Rundfunkanstalten erreicht wird, eine sachgerechte und verfassungsrechtlich vertretbare Entscheidung. Mit dem neuen Modell eines Rundfunkbeitrags wurden die von den Ministerpräsidenten der Länder formulierten Ziele weitestgehend erfüllt.

Der Weg von der jahrzehntelang gültigen, geräteunabhängigen Rundfunkgebühr hin zu einem geräteunabhängigen Rundfunkbeitrag, der ab dem Jahr 2013 die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sichern wird, war lang und nicht frei von Hindernissen. Aber ich halte ihn für richtig und notwendig, denn er führt zu einer zukunftsfähigen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, zu dem es im so genannten Dualen Rundfunksystem, dem geordneten Nebeneinander von Öffentlich-Rechtlichen und Privaten, keine Alternative gibt.
 
 
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