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Die ZDF-Leitlinien sind jung gerade einmal fünf Jahre alt. Die Erwartung, dass sie innerhalb eines so kurzen Zeitraums die Unternehmenskultur gravierend verändern würden, ist unrealistisch. Aber es gibt vielfältige Bemühungen, sie bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Führungskräften zu verankern.
Wenn in Unternehmen vom Leitbild oder von Leitlinien die Rede ist, dann ruft das bei vielen Beschäftigten ein müdes Lächeln hervor. All die schönen Worte, die sich in diesen Unternehmensvorgaben finden, haben mit der Realität oft nicht viel zu tun. Das ist jedoch nicht verwunderlich, denn Leitlinien beschreiben keinen Ist-Zustand, sondern einen Soll-Zustand, auch wenn natürlich einzelne Aspekte der Leitlinien meist schon Eingang in die Unternehmenskultur gefunden haben.
Das ZDF hat seit dem Jahr 2005 zehn Leitlinien, die Orientierung und Vorgabe für die Qualität der Arbeit sowie für das Miteinander innerhalb und außerhalb des ZDF sind. Angesichts des Veränderungsprozesses, der das ZDF für die digitale Zukunft fit machen soll, spielen die Leitlinien eine besondere Rolle. Ihre Anwendung ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass dieser Veränderungsprozess gelingt. Deshalb bat der Intendant Markus Schächter darum, nach Möglichkeiten zu suchen, das Bewusstsein der ZDF-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für diesen Zusammenhang zu schärfen und erneut die Aufmerksamkeit auf die Leitlinien zu lenken. Daraufhin führte die Hauptabteilung Kommunikation, Abteilung Interne Kommunikation, im Februar 2010 über einen Zeitraum von drei Wochen eine »Leitlinienkampagne« durch.
Woher kommen die Leitlinien?
Grundsätzlich gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, Leitlinien in einem Unternehmen zu implementieren. Sie können beispielsweise von der Unternehmensleitung vorgegeben werden. Eine andere Möglichkeit: Sie werden von einer PR-Agentur erarbeitet, attraktiv aufbereitet und von der Geschäftsleitung an alle Beschäftigten verteilt, mit der Bitte, diese Leitlinien künftig zu beachten.
Eine größere Chance auf Akzeptanz und tatsächliche Umsetzung hat der im ZDF praktizierte Weg: Eckpunkte für ZDF-Leitlinien gab der Intendant thesenartig vor. Eine Führungskräftetagung wurde genutzt, diese Vorlage zu diskutieren, zu modifizieren, zu ergänzen und zu konkretisieren. Dem folgte ein Diskussionsprozess mit den ZDF-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern: Der von etwa 200 ZDF-Führungskräften in offener und kritischer Diskussion innerhalb von zwei Tagen erarbeitete Entwurf für die vorläufig formulierten ZDF-Leitlinien wurde mit etwa 120 ZDF-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern diskutiert und mit Umsetzungsvorschlägen versehen. Diese Gruppe war nach dem Delegiertenprinzip aus allen Bereichen des ZDF zusammengesetzt. Die Einbeziehung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war somit der erste Schritt zur Umsetzung der Leitlinien: Mit »Offenheit und Transparenz« in der Sache, mit »Respekt« vor der Meinung anderer sowie im »Vertrauen« auf die Kompetenz der Diskutierenden fanden die Leitlinien so praktische Anwendung. Die Bereitschaft, das eigene Handeln an den Leitlinien auszurichten, ist selbstverständlich deutlich höher, wenn diese Vorgaben selbst miterarbeitet werden. Trotzdem führt diese akzeptanzstiftende Mitwirkung nicht automatisch dazu, dass alle im ZDF Beschäftigten die Leitlinien in ihren Arbeitsalltag integrieren und sie mit Leben füllen.
Warum Leitlinien?
Leitlinien beinhalten grundlegende Werte und Erfolgskriterien für ein Unternehmen, sie formulieren die Erwartung an Führungskräfte und Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, werteorientiert zu agieren und miteinander umzugehen. Sie stellen die Grundlage für gemeinsames Handeln dar, geben Orientierung und sind Richtschnur. Den Leitlinien liegt ein übergeordnetes, gemeinsames Selbstverständnis zugrunde, insbesondere dann, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Erarbeitung dieser Grundsätze beteiligt werden.
Das ZDF ist angesichts der großen Herausforderungen, die die digitale Welt mit sich bringt, mehr denn je darauf angewiesen, dass die Mitarbeiter die notwendigen Veränderungen mittragen. Ohne die Einhaltung der Kernleitlinien zu »Vertrauen«, »Motivation«, »Kreativität«, und vor allem ohne die Übernahme von »Verantwortung«, wird der Veränderungsprozess nicht gelingen. Auf den Werten, die den Leitlinien zugrunde liegen, basiert die programmliche Selbstverpflichtung des ZDF ebenso wie der respektvolle Umgang mit dem Fernsehpublikum.
Eine »Kampagne« für Leitlinien
Leitlinien müssen »gelebt« werden, das ist keine Frage. Sie sollen von den Führungskräften vorgelebt werden, im kollegialen Verhältnis der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Handeln bestimmen, im Kontakt mit Autoren, Produzenten und Zuschauern deutlich werden und die Grundlage der Programmarbeit bilden. Sie müssen stets neu thematisiert werden, damit ihre Bedeutung für das Erreichen der gesetzten Ziele erkannt wird. Eine aufsehenerregende Möglichkeit, die Leitlinien ins Bewusstsein zu rücken, ist die Form einer Kampagne: Eine zeitlich befristete Aktion wird im geplanten und koordinierten Zusammenwirken mehrerer Bereiche und Personen durchgeführt mit dem Ziel, dass die Gespräche über die ZDF-Leit-linien nach und nach zu der Erkenntnis führen, wie notwendig, ja unabdingbar, in der heutigen Zeit eine Unternehmenskultur ist, die sich an den vorgegebenen Werten orientiert.
Im Februar 2010 stand das ZDF drei Wochen lang ganz im Zeichen einer solchen Leitlinienkampagne, die von der Abteilung Interne Kommunikation getragen und von vielen Bereichen unterstützt wurde. Täglich wurden Aktionen zu den Leitlinien angeboten, von optischen Präsentationen der Leitlinien über Mitmachaktionen, zahlreiche Gesprächsangebote zum Thema bis hin zu einer Veranstaltung mit dem Intendanten. Jede der zehn Leitlinien hatte eine Patin oder einen Paten: Führungskräfte verschiedener Führungsebenen machten sich für jeweils eine Leitlinie besonders stark.
Intensiv begleitet wurde die Kampagne von den internen Medien ZDF.inside (Intranet) und Kontakt (Mitarbeiterzeitschrift). Der Intendant und die Paten appellierten an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sich den Herausforderungen der Zukunft zu stellen: Offenheit für Neues, Kreativität als Motor für Veränderungen, Vertrauen in die Notwendigkeit, das ZDF zu einem Multimedia-Unternehmen zu entwickeln und Verantwortung für das eigene Tun zu übernehmen. Die Wirkung und die Nachhaltigkeit einer solchen Kampagne sind schwer einzuschätzen. Veränderungen in der Unternehmenskultur sind nicht von heute auf morgen zu erwarten, die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit zu verringern, braucht einen langen Atem. Aber die Zeit drängt angesichts der schon begonnenen und der noch anstehenden Veränderungen im ZDF. Deshalb müssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, immer wieder den Zusammenhang zwischen Unternehmenskultur und Unternehmenserfolg des ZDF herzustellen. Aktionsideen, wie das Thema aktuell gehalten werden kann, gibt es noch viele.
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