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Willi Steul

Willi Steul, Intendant des Deutschlandradios

Hirn will Arbeit
Oder: Wissen ist grün

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Willi Steul
Willi Steul



Werbeplakat für »DRadio Wissen«
Werbeplakat für »DRadio Wissen«


Werbeplakat für »DRadio Wissen« mit Till Brönner
Werbeplakat für »DRadio Wissen« mit Till Brönner
 

In zweifacher Hinsicht konnte Deutschlandradio im Jahr 2010 einen erheblichen Zuwachs verzeichnen: Mit dem jungen, digitalen Programm »DRadio Wissen« und mit einer neuen, äußerst starken UKW-Frequenz in Nordrhein-Westfalen, die den Verbreitungsradius von »Deutschlandradio Kultur« im dichtesten Ballungsgebiet Deutschlands verzehnfacht.

Das Jahr 2010 begann für Deutschlandradio unter einem »grünen« guten Stern: Es begann mit dem Start des neuen digitalen Programms »DRadio Wissen«, dem in der Programmfamilie des Deutschlandradios die Farbe Grün zugeordnet wurde. Seit dem 18. Januar 2010 werden der »Deutschlandfunk« mit seinem Schwerpunkt auf Information und »Deutschlandradio Kultur«, dessen Markenkern schon der Name unterstreicht, durch ein drittes Programm ergänzt, das sich dem Wissen verpflichtet hat.

Im Juni 2009 erhielt der Nationale Hörfunk durch das Inkrafttreten des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags den Auftrag, ein neues Programm zu entwickeln, das ausschließlich digital – also über Kabel, Satellit, DAB (Digital Audio Broadcasting) und das Internet – verbreitet wird. Hoch motiviert machte sich ein junges Team daran, ein Radioprogramm zu entwickeln, das nicht nur dem hohen Qualitätsanspruch des Deutschlandradios, sondern auch den besonderen Möglichkeiten der digitalen Verbreitung gerecht wird. Zum ersten Mal überhaupt wurde auch ein Hörfunkprogramm entwickelt, das konzeptionell neben der linearen Verbreitung eines »klassischen« Hörfunkprogramms die komplementäre Verzahnung mit dem Internet von Anfang an als Aufgabenstellung erhielt. Dabei sollte weder ein »Deutschlandfunk« noch ein »Deutschlandradio Kultur« »in Grün« entstehen, sondern ein Programm mit eigenen Charakteristika und dem Schwerpunkt auf Wissen. Für das Corporate Design wurde ein frischer Grünton gewählt. So bekam nicht nur das ZDF im vergangenen Jahr ein grün angestrichenes modernes Nachrichtenstudio. Auch die Ende 2009 eingerichteten Studioräume von »DRadio Wissen« im Kölner Funkhaus des »Deutschlandradios« sind grün geprägt.

Der Slogan »Hirn will Arbeit« skizziert die inhaltliche Ausrichtung. »DRadio Wissen« bietet dem Hirn eine ganze Menge Arbeit, will ihm durchaus auch etwas zumuten: Ein intelligentes Programm, das detaillierte Information mit hintergründigem Wissen und anspruchsvoller Unterhaltung verbindet. Adressaten sind alle Hörer, die sich nicht mit Oberflächlichem zufriedengeben. Durch die ausschließlich digitale Verbreitung nimmt ein großer Teil der Hörer »DRadio Wissen« über das Internet wahr und zählt damit eher zu einer jüngeren, web-affinen Generation. Dem entspricht die Anmutung: Das Moderatorenteam ist jung, der Ton leicht, die Herangehensweise an Themen gelegentlich wunderbar unkonventionell-überraschend und die Musik exklusiv komponiert oder zusammengestellt von bekannten DJs.

Das Programmschema berücksichtigt ein großes Spektrum an Wissenswertem aus Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft: Während des Tages wechseln sich im Zweistundentakt so genannte Quadranten ab – viertelstündige Einheiten zu Themen wie Agenda, Globus, Medien oder Meine Zukunft. Aktuelle Neuigkeiten werden außerdem in den jeweils zur Viertelstunde ausgestrahlten Welt- und Wissensnachrichten dargeboten. Der Abend gehört längeren Formaten: Neu entwickelt wurde etwa die Sendung »Redaktionskonferenz«, in der Themen des Tages mit Hörern, Gästen und Kollegen diskutiert werden – nicht immer mit berechenbarem Ausgang. Im Anschluss lädt »DRadio Wissen« in den »Hörsaal« zu aktuellen wie auch historischen Vorträgen ein.

Neben den selbst entwickelten Formaten wird auch anderen Rundfunkanstalten Sendeplatz eingeräumt. Im Rahmen von Kooperationen übernimmt »DRadio Wissen« als so genannte »Radiolinks« täglich Wissens- und Kultursendungen von insgesamt fünf ARD-Anstalten. Den Blick über den Tellerrand wagen die »Radiolinks International« mit ausgewählten Sendungen des Schweizer Radio DRS, der BBC und von Radio France.

Das Charakteristikum von »DRadio Wissen« ist jedoch nicht nur die Mischung von Aktuellem, Hintergrundinformationen und der Art der Präsenta-tion. Zugleich lebt das Programm durch seinen Internetauftritt. Er bietet neben dem Livestream ein breites Podcast- und Audio-on-Demand-Angebot. Außerdem findet der Hörer hier eine Plattform zur Interaktion mit den Programm-Machern: Er ist eingeladen, sich über die Kommentar- und Blogfunktionen zu Wort zu melden, über Twitter wird er zum Gedankenaustausch aufgefordert und über das aktuelle Programm auf dem Laufenden gehalten. Hier liegt noch ein ausdrücklich gewünschtes weites Experimentier- und Spielfeld der interaktiven Entwicklungen.

Die Möglichkeiten zur Partizipation werden rege genutzt. Die Redaktion erhält darüber nicht nur ein sehr positives Feedback zu »DRadio Wissen«, sondern auch Anregungen für das Programm – sowie eine Vorstellung, wer unsere Hörer sind und wie sie »ticken«. Dass dieses neue Programm ankommt, lässt sich nicht nur an den positiven Kommentaren ablesen. Im Durchschnitt wird der Livestream täglich rund 30 000 Mal abgerufen. Festzustellen ist außerdem ein sehr erfreulicher Nebeneffekt: Mit dem Beginn von »DRadio Wissen« und dem Start seiner Website ist auch die Nutzung des Onlineauftritts von »Deutschlandfunk« und »Deutschlandradio Kultur« signifikant gestiegen. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass Interessierte über das Angebot von »DRadio Wissen« auch zu den beiden anderen Programmen finden. Somit wäre ein weiteres Anliegen erreicht: eine Brücke vom Onlineangebot des Deutschlandradios zu seinen On-Air-Ausstrahlungen zu schlagen.

Bei aller Freude über den frischen Wind in der Programmfamilie bleibt jedoch ein Kernproblem von Deutschlandradio: Der Auftrag für »DRadio Wissen« wurde für ein attraktives Angebot zur digitalen Verbreitung erteilt. Die Ausstrahlung über DAB spielt nicht nur für »DRadio Wissen« eine wichtige Rolle. Der digitale Distributionsweg stellt auch für unsere beiden anderen Programme auf absehbare Zeit die einzige Möglichkeit dar, flächendeckend im gesamten Bundesgebiet empfangbar zu sein.

Durch das unbefriedigende Netz der zur Verfügung stehenden UKW-Frequenzen erreicht »Deutschlandradio Kultur« technisch bundesweit nur 55 Prozent der Bevölkerung, der »Deutschlandfunk« wenig mehr als 70 Prozent.

Aus diesem Grund verfolgt Deutschlandradio nachdrücklich bei den derzeitigen Gesprächen mit den kommerziellen Rundfunkanbietern und Media Broadcast die Einführung der digitalen terrestrischen Übertragungstechnik DABplus – mit immer noch offenem Ausgang. So unbefriedigend die Frequenz-Ausstattung weiterhin ist, so unsicher die digitale Zukunft, so kann sich der Nationale Hörfunk zumindest über einen Erfolg bei der UKW-Versorgung freuen: Im Jahr 2010 wurde dem Deutschlandradio in Nordrhein-Westfalen die starke UKW-Frequenz 96,5 MHz des britischen Militärsenders BFBS zur Verfügung gestellt. Seit August 2010 wird sie mit »Deutschlandradio Kultur« bespielt, das in dieser Region nun über zehn Millionen Menschen erreichen kann – statt wie zuvor 1,2 Millionen.

Im Gegenzug übernehmen die Briten die Hälfte der kleinen Frequenzen, über die »Deutschlandradio Kultur« in Nordrhein-Westfalen zuvor verfügte. BFBS kann damit seine noch hier stationierten Soldaten erreichen. Die weiteren freiwerdenden Frequenzen kann die Landesmedienanstalt an andere Bewerber vergeben. Ein solches Erfolgserlebnis ist leider selten. Vergleichbar starke Frequenzen, mit denen die dringend notwendige flächendeckende Empfangbarkeit der Programme von Deutschlandradio vorangebracht werden könnte, sind von den Landesrundfunkanstalten der ARD besetzt. Aber da halten wir es einfach mit der gewählten Farbe: Grün steht nicht nur für »DRadio Wissen«, sondern überhaupt ja für die Hoffnung.
 
 
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