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Thomas J. Kramer, Hauptredaktion Wirtschaft, Recht, Soziales und Umwelt, Moderator der »WISO«-Tipps

»WISO« – 25 Jahre Berichte aus der Mitte der Gesellschaft

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Thomas J. Kramer
Thomas J. Kramer
 Gerade nach diesem Jahr der weltweiten Finanzkrise ist die Rolle insbesondere von Ratgeber- und Wirtschaftsformaten im Fernsehen offenkundig. Wann, wenn nicht in diesen Monaten, war der Kontroll- und Erklärauftrag besser begründet? Zudem hat sich gezeigt: Es gibt in einer solchen Zeit großes Interesse und das Bedürfnis der Zuschauer nach Aufklärung und Erklärung, nach Sicherheit und Anleitung. Aber auch den Wunsch nach einer Berichterstattung mit Kompetenz und Glaubwürdigkeit, Augenmaß und Tiefgang.

Nach dem Jahr der Pleite von Lehman Brothers und den verschwundenen Milliarden der Banken, nach einer Finanzkrise mit weltweitem Ausmaß und staatlichen Schutzschirmen von unvorstellbarer Größe kann man ganz deutlich konstatieren: Es bedarf mehr denn je einer Wächter- und Erklärerfunktion für die Märkte und Mächte der Wirtschaft. Denn: Wer kann diese komplizierten Mechanismen, die weltweit verschlungenen Strukturen und die gewählten Wege aus der Krise nachhaltig erklären? Wer recherchiert die Details der Ungeheuerlichkeiten, etwa die endgültige Summe von 538 Millionen Euro Verlust bei der KfW? Wer erklärt die Funktionsweise der gro-ßen staatlichen Schutzschirme oder das konkrete Vorgehen bei der Abwrackprämie? Wer legt den Finger in die offenen Wunden der Bilanzen der deutschen Landesbanken? Wer, wenn nicht das Fernsehen, und hier speziell Wirtschafts- und Verbrauchersendungen wie »WISO«?

Das Jahr der Krise
Die weltweite Finanzkrise hat sehr gut gezeigt, wie wichtig Differenzierung und Vertiefung dieser komplexen Themen im ZDF ist. Zentrale Frage: Wie berichten wir angemessen, ohne Panik zu verbreiten? Im Raum stand die konkrete Gefahr, dass die Menschen in einer Art Herdeneffekt ihr Geld von den Banken holen und die gesamte Geldwirtschaft zum Erliegen kommt. Dabei bahnte sich die Krise schleichend an. Schon vor dem Zusammenbruch der Lehman Brothers am 15. September 2008 hat »WISO« begonnen, sich intensiv und vielschichtig mit den Ursachen, Folgen und Lösungsmöglichkeiten der Krise zu beschäftigen. Erste Berichte über mögliche Auswirkungen der Finanzakrobatik der USA datieren schon vom Januar 2008, Tenor: Viele deutsche Banken waren schon damals durch riskante Spekulationen in den Strudel der Finanzkrise der USA geraten, allen voran die Landesbanken. Auch über den Einbruch bei der Autoindustrie berichtete »WISO« schon im Februar 2008, als hierzulande Verbandschefs etwaige Auswirkungen der US-Autokrise auf die deutschen Autobauer noch dementierten.

Die Häuser von Lakeisha Williams
An Fallbeispielen hat »WISO« schon am 21. April 2008 aus Cleveland in den USA verdeutlicht, durch welche Praktiken es zur Immobilienkrise und damit zur Finanzkrise in Amerika kam. Skrupellosigkeit von Immobilienhändlern und mangelndes Verantwortungsbewusstsein der kreditgebenden Banken waren ausschlaggebende Faktoren dabei. Es handelte sich keineswegs um undurchschaubare weltwirtschaftliche Vorgänge. »WISO« porträtierte die 23-jährige arbeitslose Krankenschwester Lakeisha Williams, die acht praktisch baufällige Häuser auf Kredit kaufte, die sich durch die Mieteinnahmen selbst finanzieren sollten. Alle Kreditansprüche landeten letztlich bei der Deutschen Bank in Frankfurt. Der Gang der »WISO«-Kamera durch unbewohnte und ausgeplünderte Ruinen in Cleveland zeigte deutlich: Keine Bank konnte hier auf Rückzahlung der Darlehenssumme hoffen. Insgesamt spricht die Zahl von knapp 100 Beiträgen und Erklärstücken allein bei »WISO« zu den unterschiedlichsten Aspekten der Krise eine deutliche Sprache.

Reaktion mit Augenmaß
Vier grundlegende Reaktionsmuster der Redaktion haben sich dabei bewährt. Nämlich zuallererst Erklärungen liefern und dabei Probleme in weltweite Zusammenhänge stellen. Zweitens, durchgehend differenziert berichten ohne plakative Schuldzuweisungen – Morddrohungen gegen Bankmanager und ein »bank run« wie bei Northern Rock in England blieben in Deutschland aus. Drittens, eine Nähe bringende Personalisierung durch Zeigen von Einzelschicksalen: Wie gehen betroffene Bürger, etwa Island-Bankgeschädigte, beispielhaft mit den Problemen um? Und viertens, konkrete individuelle Handlungsmöglichkeiten aufzeigen: Was kann der Einzelne tun, um in seiner Lebenssituation zu reagieren, welche Möglichkeiten gibt es für private Wege aus der Krise?

»Schwabenschmiede« und »Soll ich jetzt ...?«
Beispielhaft sind dabei zwei »WISO«-Serien mit den Titeln: »Soll ich jetzt …?« und »Schwabenschmiede«. »Soll ich jetzt … etwa Gold kaufen, in Immobilien investieren, aus Aktien aussteigen, Uhren als Geldanlage kaufen? Oder gar eine Kreuzfahrt buchen?« Im Mittelpunkt stehen konkrete Antworten und Handlungsanweisungen auf die zentralen Fragen der Zuschauer in der Krise.

Oder die Berichte aus der »Schwabenschmiede«. Eine Serie, produziert vom Landesstudio Stutt- gart mit Filmbeiträgen aus den unterschiedlichen Perspektiven eines mittelständischen Unternehmens: Wie lebt der Arbeiter mit Kurzarbeit? Wie organisiert der Vorarbeiter die wenigen Aufträge? Wie kommt der Geschäftsführer durch die Krise? Spannende Geschichten, wie sie sich tausendfach in unserer Gesellschaft in diesen Monaten abgespielt haben, bei »WISO« zu sehen, um die Krise begreifbar und lösbar zu machen.

Mehr Komplexität für alle
In der Krise manifestieren sich globale Entwicklungen, die den Alltag der Zuschauer schon länger bestimmen. Zur Gründungszeit von »WISO« kam das Telefon noch von der Post, in Grau oder Grün. Bei »WISO« saß dann der Wirtschaftsminister mit Zigarre in der Hand und parlierte über seine volkswirtschaftlichen Politikziele. Bei der Bahn waren alle noch beamtet – mit entsprechendem Tonfall. Und die Verbände, Kirchen und Vereine hatten noch wirklich großen Einfluss auf das, was die Gesellschaft bewegte. Im Gegensatz dazu gibt es heute viel mehr als diese Dualität zwischen »WI« und »SO«, zwischen Wirtschaft und Sozialem, dem Gründungstitel vor nun 25 Jahren.

Es gibt als Themen etwa die vielfältigen Finanzdienstleistungen, komplexe Immobilienfinanzierungen, den Bereich der etwa 20 persönlichen Versicherungen, von der Hausrat- bis zur Elementarschädenversicherung. Dazugekommen ist aus der früher vermeintlich »sicheren Rente« der große Bereich Vorruhestand, Altersteilzeit und Riesterrente. Es sind aber auch so unterschiedliche Bereiche wie Reiserecht, der ganze Fächer an Autothemen, Ernährung, Technik und Internet, Steuern und Gebühren, Mieten und Wohnen. Dazu gehört auch der Gesundheitsbereich und dieKrankenversicherung, das neu eingeführte Elterngeld und die Pflegeversicherung. Aber auch Ausbildung, Arbeitsmarkt und Arbeitsrechtbis zu Hartz IV, also alle Lebensbereiche von der Wiege bis zur Bahre. Eines haben all diese Wissensbereiche gemeinsam: Sie sind furchtbar kompliziert für den Bürger und gefährlich kostenträchtig, denn: Unwissenheit schützt nicht vor Schaden. Da hilft nur vorher Aufklärung oder hinterher der »WISO«-Effekt.

Bürokratie schafft Unsicherheit
Auch dank der Regelungswut der EU-Bürokratie in Brüssel, aber auch des deutschen Gesetzgebers und der Gerichte, gibt es eine große Verunsicherung in vielen Lebensbereichen. In einem Zeitraum von sechs Jahren hat die EU 18 167 Verordnungen und 750 Richtlinien erlassen. Und der Deutsche Bundestag und sämtliche Ministerien verkündeten im selben Zeitraum 1 195 Gesetze sowie 3 055 Rechtsverordnungen. Die müssen nicht alle und jeden im Detail betreffen, aber: Vieles ist als Folge auch für jeden Bürger grundsätzlich komplett neu geregelt worden. Zum Beispiel in der Krankenversicherung oder beim Mietrecht, ganz besonders intensiv bei der Rente und der Pflegeversicherung, oder auch bei der Sozialhilfe und Hartz IV.

Der Staat erfüllt seine Aufgabe nicht!
Dazu kommt: Der Staat hat sich zurückgezogen. Nicht aus der pausenlosen Erstellung von neuen Gesetzen, er hat sich zurückgezogen aus der dringend notwendigen Erklärung dieser neuen gesellschaftlichen Welt. Viele Gesetze – wie etwa gut zu besichtigen bei Hartz IV oder beim Mietrecht – sind so geschrieben, dass höchste Gerichte dauernd mit gesprochenem Recht nachbessern müssen. Doch wer hat dann eigentlich die Aufgabe und Pflicht, über diese – dann geänderte und für alle gültige – Rechtslage aufzuklären? De facto niemand.

Gerade das öffentlich-rechtliche Fernsehen spielt hier bei der Aufklärung, bei der Erklärung der Sachverhalte eine ungemein wichtige Rolle. Sendungen und Berichte können Vertrauen zerstören, sie sollten aber Vertrauen bilden. Die kompetenten Wirtschaftskollegen der Aktualität und der Studios bieten die Grundinformation. Die Sendung »WISO« vertieft mit konstruktiver direkter Unterstützung. Denn, es gibt ihn mehr denn je: Den gesellschaftlich dringend notwendigen Kontroll- und Erklärauftrag für die Medien, damit großen Banken und Unternehmen, der Politik oder auch Betrügern auf die Finger geschaut wird und wichtige Regeln weiterhin allen Schichten erklärt werden. »WISO« macht’s!
 
 
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