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Ruprecht Polenz, Vorsitzender des Fernsehrats des ZDF

12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag und Drei-Stufen-Test:
Testfall für den Fernsehrat

 
Ruprecht Polenz
Ruprecht Polenz
  Der 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist wie keine andere Novellierung des Rundfunkrechts im Vorfeld geprägt gewesen von kontrovers und engagiert geführten Debatten der beteiligten Akteure. Auch das Erweiterte Präsidium des Fernsehrats1 hat sich an der Diskussion zum Arbeitsentwurf beteiligt und die Ministerpräsidenten im Juli 2008 darauf hingewiesen, dass die darin vorgesehenen Bestimmungen insbesondere die Möglichkeiten des ZDF im Internet in unverhältnismäßiger Weise zu beschneiden drohen. Insgesamt gestaltet sich der Meinungsbildungsprozess also sehr komplex, bis die Ministerpräsidentenkonferenz der Länder den Gesetzesentwurf in ihrer Dezembersitzung verabschieden wird.

Für die Konfliktbereitschaft der Medienanbieter von Rundfunk und Presse gibt es indessen gute Gründe, wenn man sich vor Augen hält, dass sich durch die Digitalisierung der Inhalte die Grenzen der klassischen Medien auflösen und sich dadurch die Wettbewerbsverhältnisse in der Medienlandschaft entscheidend verändern. Vor diesem Hintergrund gibt es einen breiten Konsens darüber, dass der 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ein medienpolitischer Quantensprung mit richtungsweisender Relevanz für den digitalen Rundfunk in Deutschland ist. Auch hat Deutschland im Beihilfeverfahren der EU-Kommission gegen ARD und ZDF zugesagt, die beim Kompromiss vereinbarten Rahmenbedingungen in nationales Recht umzusetzen, was mit dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag erfolgt ist. Durch eine Konkretisierung des Auftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkangebote – vor allem im Hinblick auf die so genannten Telemedien (vornehmlich Internetangebote) – sollte die Gebührenfinanzierung den Anforderungen des europäischen Wettbewerbsrechts künftig genügen.

Zwar haben Berlin und Brüssel ihre grundsätzlichen Gegensätze bei der Rechtsauffassung, ob es sich bei den Rundfunkgebühren um eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag handelt, nicht aus der Welt schaffen können. Dennoch akzeptiert es die EU-Kommission als europarechtlich zulässig, wenn die Mitgliedsstaaten die Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Sender konkretisieren.

Wegen der besonderen Bedeutung des Rundfunks im deutschen Verfassungsrecht, das hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Rundfunkgebührenurteil vom 11. September 2007 nochmals bestätigt, darf der Gesetzgeber den Funktionsauftrag nur abstrakt und nicht zu detailliert vorgeben. Andernfalls könnte die Programmautonomie der Sender betroffen sein. Deshalb konnte von deutscher Seite der von der EU-Kommission ursprünglich angestrebten Beauftragung öffentlich-rechtlicher Angebote im Wege einer staatlichen Genehmigung wegen dem Grundsatz der Staatsfreiheit nach Artikel 5 Grundgesetz nicht entsprochen werden.

Daher gab die Kommission grünes Licht dafür, dass die genauere Bestimmung des Auftrags durch die für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zuständigen anstaltsinternen Gremien (Rundfunk- beziehungsweise Fernseh- oder Hörfunkrat) erfolgt. Der im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag nunmehr vorgeschriebene Drei-Stufen-Test bei neuen oder wesentlich veränderten Telemedienangeboten von ARD und ZDF wird gleichsam zum Herzstück der Vereinbarungen mit der Kommission. Die damit verbundene Stärkung der Gremienkompetenzen ist ausdrücklich gewollt. Der Fernsehrat hat sich sehr frühzeitig mit dem neuen Testverfahren beschäftigt und in seiner Sitzung am 7. Dezember 2007 als erstes Kontrollorgan die vorgezogene Einführung eines Drei-Stufen-Tests und dessen verfahrensmäßige Ausgestaltung beschlossen. Dabei hat der Fernsehrat deutlich gemacht, dass er die zentrale Instanz und Herr des Verfahrens bei der Durchführung der Tests ist. Das ist im Sinne der EU-Kommission, die das vom Fernsehrat beschlossene Verfahren zum Drei-Stufen-Test grundsätzlich als angemessene Umsetzung des Beihilfekompromisses bewertet und der ARD nahegelegt hatte, ihre Ausgestaltung des Drei-Stufen-Tests bei einer Reihe von Punkten diesem Vorbild anzugleichen. Wiewohl beim ZDF ein Drei-Stufen-Test bislang noch nicht durchgeführt worden ist, sieht sich der Fernsehrat darauf gut vorbereitet und der Durchführung der ersten Tests mit Spannung entgegen.

Unbegründet sind die wiederholt vorgebrachten Unterstellungen, dass es den Gremienvertretern in den öffentlich-rechtlichen Sendern an der fachlichen Kompetenz fehle und ihre angebliche Anstaltsloyalität einer effektiven Kontrolle entgegenstehe. Externe Gremien seien zur Durchführung von Drei-Stufen-Tests besser geeignet, heißt es. Allerdings fehlt der Nachweis, dass externe Prüfungs- und Genehmigungsverfahren tatsächlich besser funktionieren. Der Direktor des Hans-Bredow-Instituts und profunder Kenner des Beihilfekompromisses, Wolfgang Schulz, bringt es so auf den Punkt: »Ungeachtet der Kritik, die an der Gremienaufsicht öfters geübt wird, ist bislang kein systematischer Vorschlag unterbreitet worden, der eine bessere Alternative bietet.« Folgerichtig bewertet er die gruppenplural zusammengesetzten Organe als das »zentrale Steuerungsinstrument« zur Sicherstellung einer Orientierung der öffentlich-rechtlichen Angebote an den Bedürfnissen der Gesellschaft. Und so sollten wir es halten.

Neben der Überprüfung des wohl entscheidenden Kriteriums, ob ein neues oder wesentlich verändertes Angebot zum öffentlichen Auftrag gehört und einen publizistischen Beitrag hinsichtlich der Bedürfnisse der Gesellschaft leistet, gehört es zum Prüfungsauftrag des Drei-Stufen-Tests, sich mit den potenziellen Auswirkungen neuer Angebote auf den Markt zu befassen. Bei Letzterem haben die Gremien auch Stellungnahmen Dritter in ihre Beurteilung einzubeziehen. Der Fernsehrat wird die Expertise in geeigneter Weise zurate ziehen.

Mit der siebten Novellierung des Rundfunkstaatsvertrags, die am 1. April 2004 in Kraft getreten ist, wurde von der Rundfunkpolitik und den Sendeanstalten bereits ein wichtiger Schritt vollzogen: den Auftrag der öffentlich-rechtlichen Angebote für den Zuschauer und Gebührenzahler präziser darzustellen und dessen Einlösung konkret zu überprüfen sowie der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Der Rundfunkstaatsvertrag § 11 Absatz 4 schreibt vor, dass die Öffentlich-Rechtlichen im zweijährlichen Turnus ihre wesentlichen Programmziele und -schwerpunkte im Rahmen einer Selbstverpflichtungserklärung der beiden kommenden Jahre beschreiben sowie die in diesem Zeitraum erbrachten Leistungen bilanzieren müssen. Im ständigen Meinungsaustausch und Diskussionsprozess hat sich beim ZDF zwischen Intendant und Fernsehrat ein zielführendes Zusammenwirken bei der Ausarbeitung der Programmperspektiven entwickelt, die über die Verwendung der eingesetzten Gebührenmittel und den gesellschaftlichen Beitrag der ZDF-Angebote umfassend Auskunft geben, im Internet nachzulesen unter der Adresse www.unternehmen.zdf.de. Dieses Verfahren ist zugleich ein richtiges Instrument für eine gegenüber der Öffentlichkeit transparentere Darstellung der Wirkungsfähigkeit von Gremienarbeit. Weitere geeignete Maßnahmen zu mehr Offenheit und Transparenz werden gegenwärtig sehr konkret überlegt.

1 Informationen zum ZDF-Fernsehrat, seiner Zusammensetzung und seinen Aufgaben finden sie unter www.fernsehrat.zdf.de.

 
 
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