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2008  
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Kurt Beck, Vorsitzender des Verwaltungsrats des ZDF

Journalismus – bloß nicht ohne Journalisten!
Warum die Ausbildung in den Medien so wichtig ist

 
Kurt Beck
Kurt Beck
 

Spätestens in diesem Jahr dürfte auch der unbedarfteste Fernsehzuschauer vom »Klimawandel« gehört haben. Denn 2007 ist wohl das erste Jahr, in dem Medienberichte über den Klimawandel die Schlagzeilen beherrschen. Noch zu Beginn des Jahres hielt nach einer Emnid-Umfrage die Hälfte der Befragten eine »Klimakatastrophe« für ausgeschlossen.

Seit dem Orkan Kyrill im Januar dieses Jahres und den warnenden Veröffentlichungen der Berichte über den Klimawandel durch das Internationale Wissenschaftsgremium IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change), in dem über 1 000 Wissenschaftler mitarbeiten, glauben laut Umfragen zwei Drittel der Deutschen, der Klimawandel würde zu einem bösen Ende führen, so berichtet unter anderem der Spiegel. Zu diesem Sachstand haben die Medien einen großen Teil beigetragen. Die Präsenz eines Themas in den Medien fördert zumindest den Bekanntheitsgrad des Begriffs, von Verstehen kann noch nicht die Rede sein. Die Tragweite ist nur schwer zu erfassen, weil wir die Wirkung unseres Handelns im Falle der Klimaänderung nicht unmittelbar spüren.

Kurzum, das Thema ist komplex und weltumspannend, deswegen kann erst die objektive und kritische Auseinandersetzung damit zum besseren Verstehen beitragen. In Wirklichkeit beginnt die Menschheit ja auch erst jetzt, sich mit dem Begriff »Klimawandel« und seinen Dimensionen ausei­nanderzusetzen. Die Wissenschaftler, die im IPCC zusammenarbeiten, sind bereits sehr viel weiter mit ihren Erkenntnissen. In diesem Jahr haben sie aufgrund umfangreicher Untersuchungen verkündet, dass es als »gesichert« angesehen werden kann, dass die weltweite Erwärmung durch menschliche Aktivitäten verursacht wurde. Dadurch zeigen sich aktuell bereits erkennbare Auswirkungen auf viele physikalische und biologische Systeme.

Die Ursache liegt in der Nutzung fossiler Energieträger wie Öl, Erdgas und Kohle zur Erzeugung von Energie, unsere derzeitigen »Fundamente« der Energieerzeugung. Durch deren intensive Nutzung werden Treibhausgase freigesetzt, die die Atmosphäre aufheizen, und zwar in dem Maße, dass das hauptsächliche Treibhausgas, das CO2, derzeit so eine hohe Konzentration in der Atmosphäre aufweist wie schon mindestens seit 400 000 Jahren nicht mehr. Dieser Anstieg bewirkt parallel einen Anstieg der Lufttemperatur, im weltweiten Durchschnitt um 0,7 Grad Celsius seit 1900, in den vergangenen zehn Jahren sogar beschleunigt. Bei einem weiteren Anstieg der Treibhausgase (beispielsweise einer Verdopplung) ist bis zum Ende des 21. Jahrhunderts mit einer Temperaturerhöhung von zwei bis 4,5 Grad zu rechnen. Die möglichen Folgen werden weitreichend sein, und zwar global. Sie werden sich durch weiteres Abschmelzen der Gletscher, also Schwinden von Trinkwasserreservoiren für mehr als ein Sechstel der Weltbevölkerung, bemerkbar machen, des Weiteren durch die Zunahme von Hitzewellen und dadurch erhöhte Todesfälle, durch häufigere Überschwemmungen, ebenso wie extreme Dürreperioden, steigende Meeresspiegel, die Millionen von Menschen in küstennahen Gebieten oder auf Inseln bedrohen.

Dies ist nur eine relativ grobe Zusammenfassung der möglichen Folgen einer weiteren Erwärmung. Mit anderen Worten: Es ist fünf vor zwölf! Die Zeitspanne, mit der sich das Klima gegenwärtig ändert und in diesem Jahrhundert noch ändern wird, ist rasant im Vergleich zu Klimaänderungen der Vergangenheit, die sich in Zeiträumen von 10 000 bis 90 000 Jahren vollzogen haben.

Auch für das ganz normale, alltägliche Wetter werden die Konsequenzen erheblich sein. Wetter ist nichts anderes als das Ergebnis eines globalen Energietransportssystems, also gewissermaßen ein »aktuelles Fenster« von Änderungen im Klimageschehen. Wir erwarten extremeres Wetter, und zwar überall auf der Welt. Niederschlagsereignisse werden heftiger, Überschwemmungen häufiger, Temperaturen extremer – damit dürften Hitzewellen wie im Jahr 2003, bei der in Mittel- und Westeuropa rund 30 000 Menschen starben, um die Mitte des Jahrhunderts zur Normalität gehören.

Die globalen Auswirkungen werden den technischen Fortschritt und die Verwundbarkeit hoch industrialisierter Nationen verstärken und gleichzeitig das Elend und die Armut in vielen unterentwickelten Ländern noch verschlimmern, also eine höchst »explosive« Mischung aller gesellschaftlichen und sozialen Komponenten. Viele Prozesse sind bereits in Gang gesetzt und können nicht einfach gestoppt werden, da gilt es, geeignete Anpassungsmaßnahmen zu finden, um die Folgen zu mindern.

Dieses Thema ist Stoff genug für Gegenwart und Zukunft zugleich und durch seine Vielschichtigkeit auch für eine ganze »Sendeplattform«, wie sie speziell dem ZDF mit seinem Vollprogramm und diversen ebenso wichtigen und zukunftsweisenden Nebenschauplätzen zur Verfügung steht. Nur öffentlich-rechtliche Sender gewährleisten Unabhängigkeit und Sachlichkeit, um dieses Thema zu verarbeiten. Allerdings ist Wissen und Kompetenz für diese komplexe Aufgabe gefordert. Die Aufarbeitung und Verarbeitung muss sich mit der Klimageschichte in der Vergangenheit beschäftigen, mit den möglichen Szenarien für die Zukunft, sowie mit Handlungsoptionen und dabei alle Bereiche wie Wirtschafts- und Sozialpolitik mit einbeziehen. Es gilt, unterschiedliche Formate zu finden, die das Thema für alle Altersgruppen aufbereiten, um so das Verständnis innerhalb der Bevölkerung und auch in übergeordneten Gremien von Wirtschaft und Politik zu verbessern. In diesem Falle gehört dieses öffentlich-rechtliche Angebot mit in die Weichenstellung für die Zukunft, nicht nur für den Weg unseres Mediums »Fernsehen«, sondern, Zitat Markus Schächter, »auch für den weiteren Weg unserer Gesellschaft«.
 
 
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