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Sibylle Bassler, Redaktionsleiterin des Magazins »ML Mona Lisa«

20 Jahre »ML Mona Lisa«
Format mit Kokus auf Frauen

 
Sibylle Bassler
Sibylle Bassler


Moderatorin Susanne Kronzucker
Moderatorin Susanne Kronzucker


Moderatorin Marina Ruperti
Moderatorin Marina Ruperti


Das »ML Mona Lisa«-Redaktionsteam mit Sibylle Bassler, Susanne Kronzucker und Barbara Dickmann
Das »ML Mona Lisa«-Redaktionsteam mit Sibylle Bassler, Susanne Kronzucker und Barbara Dickmann
  Am 17. April 1988, Punkt 18 Uhr, ging mit Maria von Welser »ML Mona Lisa«, das erste Frauenjournal im deutschen Fernsehen, an den Start. Anlass für uns, zurückzuschauen: Es ist kein Blick zurück im Zorn. Auch wenn es in den vergangenen Jahren immer wieder mal auf und ab ging, hat die Mona Lisa eines nicht verloren: das Lächeln. Und dafür gibt es viele Gründe. Denn einiges hat sich für die Frauen bewegt in den letzten 20 Jahren, nicht nur in Deutschland. Nicht zuletzt dank des »ML Mona Lisa«-Magazins, dem kein Eisen zu heiß war und ist, wenn es darum geht, Ungerechtigkeiten aufzuzeigen.

Engagiert, seriös und kompetent berichten wir über Hintergründe, suchen nach unerwarteten Aspekten, zeigen Schicksale, die oft in der Eile der aktuellen Nachrichten verloren gehen. Kaum ein Thema aus Gesellschaft und Politik, über das »ML Mona Lisa« nicht berichtet und, wenn nötig, Missstände angeprangert hat. Auch deshalb haben wir in der Politik immer wieder Aufmerksamkeit erlangt, Anstöße zu Gesetzesänderungen gegeben und Tabuthemen an die Öffentlichkeit gebracht.

Die Diskussionen um den § 218 zur Abtreibung, um die Ahndung der Gewalt in der Ehe, um die Bestrafung von Kinderpornografie – all diese Forderungen der ersten Sendungen sind heute längst gesetzlich verankert.

Auch international haben wir mit unserer Berichterstattung einiges bewirkt. Kein Krisengebiet, aus dem »ML Mona Lisa« nicht über die Frauen und Kinder berichtet hat. So hat »ML Mona Lisa« 1992 als erste TV-Sendung weltweit die Massenvergewaltigungen im Bosnienkrieg aufgedeckt. Bei den Politikern und in der Öffentlichkeit haben unsere Berichte damals Entsetzen und Bestürzung ausgelöst. Aber nicht nur das. Der Wille, etwas dagegen zu tun, wurde in die Tat umgesetzt: Frauen in ganz Europa gingen dagegen auf die Straße, Spendengelder wurden in Millionenhöhe gesammelt und an Organisationen vor Ort weitergeleitet. Dadurch konnte Tausenden traumatisierten Frauen und Kindern geholfen werden. Immer wieder haben wir über die Menschen von damals berichtet, so zuletzt auch anlässlich der Verhaftung eines der Hauptverantwortlichen, des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Radovan Karadzić im Juli 2008.

1997 rüttelte ein Beitrag über die Beschneidung von Frauen in Afrika die Menschen hierzulande auf, machte das Thema öffentlich. Ebenso deckte »ML Mona Lisa« auf, unter welchen Umständen Roma-Flüchtlinge in bleiverseuchten Lagern im Kosovo untergebracht sind, wie sie schleichend vergiftet werden und dahinsiechen und wie die Verantwortlichen in Europa dabei tatenlos zuschauen. Europaweit Schlagzeilen machte 2003 auch der Film über das Verschwinden von Neugeborenen aus Kreißsälen in der Ukraine. Europarat und das Europäische Parlament wurden daraufhin aktiv und setzten eine Untersuchungskommission zur Aufklärung der mysteriösen Geschehnisse vor Ort ein.

Unsere Berichterstattung über Kinder, die in den Ferienparadiesen Afrikas an Sextouristen verkauft werden, hat 2007 viele Zuschauer entsetzt. Die Prostitution ist für die Minderjährigen dort schon zum Alltag geworden. Die Armut treibt sie in die Hände skrupelloser Freier, unter denen sich auch erschreckend viele Deutsche befinden. Es war und ist »ML Mona Lisa« ein dringendes Anliegen, diese brutale Form der Ausbeutung ins Bewusstsein zu rufen.

Nach dem Zyklon Nargis in Birma im Mai 2008 war es einer »ML Mona Lisa«-Redakteurin als Erster gelungen, mit einem Hilfstransport in das für die Öffentlichkeit und für Journalisten gesperrte Irrawaddy-Delta zu gelangen. Ihr Bericht über die katastrophalen Zustände war so erschütternd, dass viele Zuschauerinnen und Zuschauer für die Opfer der Katastrophe spendeten.

Informativ und investigativ, kompetent und kritisch – das sind die Markenzeichen unseres gesellschaftspoltischen Magazins. So berichteten wir im Jahr 2006 über die Kinderleukämie in der Elbmarsch. »ML Mona Lisa« konnte nachweisen, dass dort im Boden Kernbrennstoffe lagern, die da nicht hingehören und die möglicherweise für die weltweit höchste Leukämierate bei Kindern verantwortlich sind. Die Folge war, dass die längst geschlossene »Akte Elbmarsch« wieder geöffnet und neue Untersuchungen in Auftrag gegeben wurden.

Im Herbst 2007 widmete sich »ML Mona Lisa« einem dunklen Kapitel deutscher Nachkriegsgeschichte und dokumentierte die katastrophalen Zustände in staatlichen und christlichen Fürsorgeheimen in den 60er Jahren sowie die Auswirkungen der unmenschlichen Erziehungsmethoden auf die ehemaligen Heimkinder. Dieser Beitrag löste eine Flut von Zuschriften unserer Zuschauer aus. Viele Frauen, aber auch zahlreiche Männer, schilderten uns ihre Erlebnisse und waren dankbar, dass dieses Tabuthema endlich aufgegriffen wurde. Nicht nur die Reaktionen auf diesen Beitrag zeigen, dass Männer längst nicht mehr nur »Mitgucker« bei »ML Mona Lisa« sind. Bei einem Männeranteil von 44 Prozent schalten viele bewusst ein, weil sie die Themen, die Mischung und die Handschrift des Formats interessieren und sie die Sendung als anspruchsvolles Magazin schätzen.

Die von manchen Kritikern immer wieder gern gestellte Frage, »Braucht es denn heutzutage noch ein Frauenmagazin?«, beantworten wir mit einem klaren: »Ja!«. Denn die Themen gehen uns noch lange nicht aus. Es sind alte Themen wie zum Beispiel die Rechte von Frauen weltweit, Chancengleichheit, gleicher Lohn für gleiche Arbeit und so weiter, die – leider – nichts an ihrer Aktualität eingebüßt haben. Und es gibt viele neue Themenbereiche und damit neue Herausforderungen, denen sich »ML Mona Lisa« Woche für Woche stellt. So, wie sich über Jahrzehnte eine Gesellschaft verändert, verändert sich auch das Magazin. Vor 20 Jahren hatten Probleme wie Zwangsehen, Ehrenmorde oder Rechtsradikalismus hierzulande noch keine so große Bedeutung wie jetzt. Und in Zeiten von Arbeitslosigkeit und zunehmender Kinderarmut ist die soziale Ungerechtigkeit zu einem zentralen Thema für viele Menschen geworden – so auch für uns.

»ML Mona Lisa« setzt deshalb verstärkt auf gesellschaftspolitische Inhalte und Fragen, die beide Geschlechter angehen. Führte man in den Anfängen der Emanzipation eher einen Kampf der Geschlechter, ist heute das Gemeinsame in den Vordergrund gerückt. »Wir wollen nicht die Männer bekämpfen, sondern mit den Männern gemeinsam das bekämpfen, was uns allen schadet und für das kämpfen, was allen nützt«, dies trifft wohl am ehesten den Nerv unserer »ML Mona Lisa«-Redaktion. Die Zukunft unserer Kinder, das Zusammenleben der Generationen, alternative Lebensformen – auch das sind Bereiche, die wir im Blick haben –, genauso wie Menschen, die Besonderes für die Gesellschaft leisten.

So küren wir seit 1995 die »ML Mona Lisa«-Frau des Jahres, seit 2004 zusammen mit Clarins Deutschland. Zu den herausragenden Frauen, die von uns prämiert wurden, zählen unter anderen Gina Graichen, die als Hauptkommissarin des Berliner Landeskriminalamtes für ihren Kampf gegen Kindesmisshandlung ausgezeichnet wurde, Ursula Noelle, die seit Jahrzehnten Schulen in Afghanistan einrichtet, und Tina Wittkowski, die in Halle sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen in ihrem Verein »KAHUZA« Schutz und Geborgenheit gibt. Beispiele für ehrenamtliches Engagement von Menschen, die Mut machen, stellen wir auch in unseren Aktionen vor, die wir regelmäßig durchführen und für die wir schon vielfach ausgezeichnet wurden.

Wir, das sind 18 Frauen – der Großteil davon arbeitet Teilzeit – und ein Mann, unser Produktionsleiter. Seit März 2008 hat »ML Mona Lisa« ein neues Gesicht bekommen: die Journalistin und Moderatorin Susanne Kronzucker. Im Wechsel mit Marina Ruperti, die seit dem Jahr 2000 das gesellschaftspolitische Magazin engagiert moderiert, präsentiert sie das wöchentliche Magazin immer sonntags um 18 Uhr. Die langjährige Leiterin der Redaktion und Moderatorin Barbara Dickmann gab am 1. Juli 2008 das »ML Mona Lisa«-Staffelholz an mich weiter.

20 Jahre »ML Mona Lisa« – die Zeit verging im Sauseschritt. Und noch immer lächelt sie, die Mona Lisa. Kein Wunder, denn sie steht mitten im Leben, und mit 20 ist sie im allerbesten Alter.
 
 
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