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2008  
ZDF Jahrbuch
Grundlagen der Programmarbeit
Jeffrey Haverkamp/
Frank Zervos
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Jeffrey Haverkamp, Hauptabteilung Programmplanung, Leiter der Planungsredaktion
Frank Zervos, Planungsredaktion, Zentrale Aufgaben Programm

Der Abend bleibt heiß umkämpft

 
Jeffrey Haverkamp
Jeffrey Haverkamp


Frank Zervos
Frank Zervos


Pater Simon Castell (Francis Fulton-Smith) zelebriert eine Messe
Pater Simon Castell (Francis Fulton-Smith) zelebriert eine Messe


Anna (Christiane Hörbiger) ist überzeugt, dass Dr. Wolf (Elmar Wepper) krank ist. Im Hintergrund  Nina Rothemund als Anika
Anna (Christiane Hörbiger) ist überzeugt, dass Dr. Wolf (Elmar Wepper) krank ist. Im Hintergrund Nina Rothemund als Anika


Martin (Hans Sigl) und Susanne (Natalie O´Hara) kommen sich näher
Martin (Hans Sigl) und Susanne (Natalie O´Hara) kommen sich näher


Irene Waldeck (Dennenesh Zoudé) und Manuel Arand (Heino Ferch) bei erfolgreicher Suche
Irene Waldeck (Dennenesh Zoudé) und Manuel Arand (Heino Ferch) bei erfolgreicher Suche


Rudi Cerne mit den beiden FBI-Agenten Richard E. Teahan aus Boston, USA, und Kristen McLaran aus Frankfurt
Rudi Cerne mit den beiden FBI-Agenten Richard E. Teahan aus Boston, USA, und Kristen McLaran aus Frankfurt
  »Change« – die Chancen und Machbarkeit des Wandels werden in vielen Bereichen des Lebens ja oft beschworen. Für einen Fernsehsender wie das ZDF heißt das: Im Ringen um die Gunst der Zuschauer muss man Änderungen im Programm vornehmen, um auf Entwicklungen zu reagieren und als aktiver Anbieter wahrgenommen zu werden. Und wie in der Politik gehen auch in einem Fernsehsender den Veränderungen viele Diskussionen voraus, es werden Vor- und Nachteile, Chancen und Risiken abgewogen, Entscheidungen treffen auf positive oder negative Resonanz. Das seit dem 1. Januar 2008 gültige neue Programmschema wurde lange diskutiert, denn die Änderungen betrafen vor allem die abendliche Hauptsehzeit, die so genannte Primetime: Am Mittwoch um 20.15 Uhr gibt es einen neuen Sendeplatz für Fernsehfilme, Shows und den Dauerbrenner »Aktenzeichen XY ... ungelöst«. Am Donnerstag um 20.15 Uhr wurde ein neuer Serientermin geschaffen, gefolgt von »ZDF.reporter« auf dem neuen Sendeplatz um 21 Uhr. Dafür wanderte das »auslandsjournal« von Donnerstag um 21.15 Uhr auf den Mittwoch um 22.45 Uhr. Sehr komplex, aber notwendig, um auf Entwicklungen in der Konkurrenzsituation und im Nutzungsverhalten der Zuschauer zu reagieren.

Kurzer Ausflug in die Primetime
Die Primetime ist die wichtigste Fernsehzeit – hier senden alle Wettbewerber ihre erfolgversprechenden und teuersten Programme. In der Zeit zwischen 19 und 23 Uhr können die Sender die größtmögliche Anzahl von Zuschauern für ihre Sendungen erreichen. Die Zuschauergunst in der Primetime ist dementsprechend heiß umkämpft. Die Entwicklungen der letzten Jahre zeigen, wie schwierig es geworden ist, sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen.

Mit ARD, ZDF und RTL gibt es drei Sender mit Marktanteilen von dauerhaft über zehn Prozent. 1992 kamen diese drei Sender zusammen noch auf einen Marktanteil von fast 60 Prozent, heute nicht einmal mehr auf 40. Gleichzeitig hat sich die Zahl der kleinen Sender (0,5 bis 5,0 Prozent) von acht auf 24 verdreifacht, die gemeinsam schon ein Drittel des Marktes ausmachen.

Alle Sender stehen vor der Aufgabe, die Anteile in der Primetime dauerhaft zu halten. Die großen Programmanbieter sehen sich somit einem Wettbewerb von zwei Seiten ausgesetzt: zum einen der marktführenden Sender untereinander, zum anderen aus dem Erstarken der kleinen Sender. Das ZDF, das in diesen vier Stunden fast die Hälfte seines gesamten Zuschauererfolgs generiert, muss also in der Primetime seine Position als führendes nationales Hauptprogramm dauerhaft halten. Nur so kann es im qualitätsorientierten Informations- und Unterhaltungsfernsehen bei den Zuschauern seine bedeutende Rolle behaupten.

Zuschauerverhalten ändert sich
Im Verhalten des Publikums sind ebenfalls Veränderungen zu beobachten: Es zeigt sich, dass viele Zuschauer gerade in der öffentlich-rechtlichen Stammseherschaft um 20.15 Uhr längere, also 90-minütige Programmstrecken, den kürzeren vorziehen. Außerdem sind in der Primetime stärker als früher die fest etablierten, wöchentlich wiederkehrenden Programme erfolgreich. Gleichzeitig hat der verschärfte Wettbewerb dazu geführt, dass in der sehintensivsten Zeit zwischen 20 und 22 Uhr Informationsangebote immer schwerer ihr Publikum finden, insbesondere das jüngere. Die Wettbewerbsverschärfung und das geänderte Nutzungsverhalten waren die Faktoren, die schließlich die Schemareform in der Primetime des ZDF befördert haben.

Irene Waldeck (Dennenesh Zoudé) und Manuel Arand (Heino Ferch) bei erfolgreicher Suche
Zuschauer gesamt; Marktanteile in Prozent; 1992

Sendetag, 3.00 bis 3.00 Uhr; bis 2004: Fernsehpanel (D),
ab 2005: Fernsehpanel (D+EU)


Irene Waldeck (Dennenesh Zoudé) und Manuel Arand (Heino Ferch) bei erfolgreicher Suche
Zuschauer gesamt; Marktanteile in Prozent; 2007

Sendetag, 3.00 bis 3.00 Uhr; bis 2004: Fernsehpanel (D),
ab 2005: Fernsehpanel (D+EU)

Die neue Wochenmitte
Am Mittwochabend um 20.15 Uhr setzt das ZDF nun mit dramatischen oder komödiantischen Fernsehfilmen sowie Shows auf ein Programmangebot für ein eher weibliches Publikum, um damit im Gegensatz zu den männerorientierten Fußballangeboten (vor allem die Champions League, Länderspiele und der DFB-Pokal) sowie den Infotainment-Formaten von RTL (beispielsweise »Die Super Nanny«, »Raus aus den Schulden«) zu punkten. Erste Erfolge mit den Fernsehfilmen waren bereits zu verzeichnen, wie beispielsweise »Zwei Ärzte sind einer zuviel« mit Christiane Hörbiger und Fritz Wepper oder die Simmel-Neuverfilmung »Und Jimmy ging zum Regenbogen« mit Heino Ferch. Auch die Sendeplatzverlegung und gleichzeitige Verlängerung von »Aktenzeichen XY ... ungelöst« von 60 auf 90 Minuten, die durchaus nicht ohne Risiko war, hat sich als erfolgreich erwiesen. Hatte die »Mutter des Factual Entertainment« am Donnerstag um 20.15 Uhr mit 60 Minuten im Jahr 2007 durchschnittlich 4,2 Millionen Zuschauer, sind es in der längeren Version auf dem neuen Sendeplatz mit bisher rund 4,8 Millionen deutlich mehr. Die nochmals gesteigerte Qualität des Formats wird erfreulicherweise auch vom jüngeren Publikum honoriert.

Am Donnerstagabend hatte und hat das ZDF durch erfolgreiche Unterhaltungsformate in der ARD wie dem »Star Quiz« und andere Pilawa-Shows oder die 90-minütigen Fernsehfilme à la Donna Leon sowie durch RTL-Krimiserien wie »Alarm für Cobra 11« harte Konkurrenz. Der 2008 neu eingeführte Serientermin um 20.15 Uhr bietet als passendes Gegenprogramm deshalb eine Mischung aus Abenteuer- und Familiengeschichten, die mit prominenter Besetzung und hoher Produk­tionsqualität vor allem neue Variationen ­klassischer Landschafts- und Unterhaltungsserien sind. »Der Bergdoktor« erreichte im Schnitt über fünf Millionen Zuschauer – ein Riesenerfolg gerade für die oft gescholtenen deutschen Serien. Auch »Ihr Auftrag, Pater Castell« mit Francis Fulton-Smith in der Hauptrolle ist spielstark genug für eine Fortsetzung. Dass es in diesem Jahr des Ausprobierens auch Misserfolge gab, war angesichts des Konkurrenzdrucks durchaus einkalkuliert.

Die Veränderungen im Schema dienen einerseits zur Stabilisierung der Marktanteile in der Primetime und eröffnen andererseits neue Möglichkeiten für die Informationsangebote. Denn das ZDF änderte die Sendeabläufe auch mit dem Ziel, die Akzeptanzchancen wichtiger Sendungen zu festigen. Insbesondere das »auslandsjournal« als eine der Kernleistungen des Informationsprogramms sollte durch die Verlagerung auf den neuen Sendeplatz eine größere Sendekontinuität erhalten, da es dort nicht so häufig wie vorher Ausfällen aufgrund von Sportübertragungen oder langen Showprogrammen ausgesetzt ist. Auf dem neuen Sendetermin, Mittwoch 22.45 Uhr, kann zudem die vertiefende, analysierende außenpolitische Berichterstattung mit geringerem Konkurrenz- und Ereignisdruck angeboten werden. Ganz ohne natürlich nicht: Die Platzierung des auffälligen Polit-Talks »Hart aber fair« in der ARD, die ein sehr ähnliches Publikum wie das »auslandsjournal« anspricht, sorgt auch am späten Abend für eine Situation, in der die Zuschauer mühsam von der Qualität einer Sendung überzeugt werden müssen.

Quo vadis, Programmschema?
Ist nach der Änderung vor der Änderung? Einerseits haben die Zuschauer feste Sehgewohnheiten und Erwartungen, die gepflegt werden wollen. Daher muss man Geduld mitbringen, wenn man die Effekte von Schemaänderungen bewerten will. Andererseits ist der Fernsehmarkt insgesamt so volatil, dass man im Programm in Bewegung bleiben muss, um aufzufallen – inhaltlich und strukturell. Diese Balance immer wieder zu halten und dabei alle ZDF-internen Belange zu berücksichtigen, bleibt eine der Hauptaufgaben der Programmplanung.
 
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