ZDF.de
                Kontakt    
Suche
Erweiterte Suche
 
2008  
ZDF Jahrbuch
Grundlagen der Programmarbeit
Jeffrey Haverkamp/
Frank Zervos
Eva Appel
Jan-Philipp Müller/
Janek Czechowski
Alexander Stock/
Rolf-Dieter Ganz/
Peter Meyer
Susanne Kayser/
Gerlinde Schumacher
Heinz Gerhard
Hans-Joachim Strauch
Joachim Krischer

Eva Appel, Hauptredaktion Fernsehspiel, Berlinalebeauftragte, Koordinatorin Mainzer Tage der Fersnehkritik

Ware oder Wert? Fernsehen zwischen Cash Cow und Public Value
Die 41. Mainzer Tage der Fernsehkritik

 
Eva Appel
Eva Appel


Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck am Rednerpult
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck am Rednerpult


Uli Hoeneß
Uli Hoeneß


Volker Lilienthal, Markus Schächter, Christiane zu Salm, Peter Voß
Volker Lilienthal, Markus Schächter, Christiane zu Salm, Peter Voß


Gesprächsrunde mit Bettina Schausten, Marc Jan Eumann, Bodo Hombach, Annette Kümmel und Markus Schächter
Gesprächsrunde mit Bettina Schausten, Marc Jan Eumann, Bodo Hombach, Annette Kümmel und Markus Schächter


Markus Schächter am Rednerpult
Markus Schächter am Rednerpult
  Die Globalisierung ist im Fernsehen angekommen: Programme und Formate werden weltweit vermarktet, grenzüberschreitende Konzerne mit hohen Renditeerwartungen sind entstanden, Sender gruppieren sich zu internationalen Familien.

Gleichzeitig wachsen die Anforderungen an die Wertigkeit von Inhalten. Ermöglicht durch die Digitalisierung, kann ein anspruchsvolles Publikum flexibel zugängliche, passgenaue Angebote an Information, Unterhaltung und Bildung erwarten.

Wie aber verhalten sich Public Value und wirtschaftlicher Wert der Medien zueinander in einer fragmentierten Senderlandschaft? Wie wandelt sich die deutsche Medienszene unter dem Einfluss von Finanzinvestoren, Internetkonzernen und Telekommunikationsunternehmen als neuen Rundfunkanbietern – oder jedenfalls -verbreitern? Welche Auswirkungen hat die wachsende Zahl von Rundfunkverbreitungswegen, von denen das Internet schon nicht mehr der jüngste ist, auf Organisation, Produktion und Präsentation von Sendungen? Welche Folgen haben diese Veränderungen für das Gesamtsystem, seine Glaubwürdigkeit und seinen Wert – als Kulturgut und als Ware?

Dieses aktuelle Thema, »Ware oder Wert? Fernsehen zwischen Cash Cow und Public Value«, stand im Mittelpunkt der 41. Mainzer Tage der Fernsehkritik. Erklärtes Ziel war es, ein Thema aufzugreifen, das möglichst bei allen weiteren relevanten Medientagen »weiter dekliniert» wird. So huldigt auch der Titel den in der Branche üblichen Anglizismen und wählt im Untertitel die englischen Bezeichnungen von Ware und/oder Wert. Die »41. Mainzer Tage der Fernsehkritik« widmeten sich drei Schwerpunkten: dem Markt, dem Programm und der Zukunft.

Ob es um die Rolle von Finanzinvestoren, um Sportrechte oder um Programmperspektiven ging, in allen Diskussionsrunden wurde diese Gretchenfrage von »Ware oder Wert?» aufgegriffen. Im Tagungsschwerpunkt Markt zeigte sich, dass die öffentlich noch vorherrschende Rhetorik den tatsächlichen Verhältnissen nicht angemessen ist. Ja, Investoren wollen einen attraktiven Return on Investment – aber das ist bei Familienunternehmen nicht unbedingt anders. Dagegen steht die gar nicht so schlichte Erkenntnis: Ohne den nötigen Cash gibt es keinen Value. Wer sich um Werte und Wertigkeit sowie um das Durchsetzen professioneller Standards kümmern will, braucht eine solide finanzielle Basis. Medienrechtlich macht es keinen Unterschied, welche Art von Eigentümer ein hochwertiges Programm produziert. Wer am Ende allerdings den längeren Atem aufbringt, Qualität zu erreichen und zu halten, ist eine andere Frage, die erst die Zukunft beantworten kann.

Eher auf die kurze Distanz wurde um die »Reiche Beute Sport« gerungen. Die Diskussion in Mainz fiel mitten in die Verhandlungen um die Fernsehrechte der Fußballbundesliga für die Spielzeiten ab 2009, und so blieb damals die Lage unübersichtlich.

Ohne Geld keine Topspieler, ohne Topspiele keine teuren Rechte und womöglich nur eingeschränkte Wettbewerbsfähigkeit in Europa, ohne den richtigen Sendeplatz keine Zuschauer, ohne Zuschauer weniger Sponsoreneinnahmen. Oder andersrum? Auch wenn die Podiumsteilnehmer im März 2008 ihre Karten nicht auf den Tisch legen konnten, wurden sie von der derzeitigen Entwicklung eingeholt. Das Kartellamt hat seine Bedenken angemeldet, Dieter Hahn hat sich inzwischen von Dejan Jocic getrennt, und nach wie vor bleibt es spannend, welchen Wert die Ware Fußball haben wird.

Im Mittelpunkt des Schwerpunkts Programm standen die Zuschauer. Trotz hoch differenzierter Marktforschung, Quotenanalysen und Flowberechnungen bleibt das Publikum ein nicht wirklich fassbares Gegenüber für die Verantwortlichen.

Schließlich sind Value, Wert oder Mehrwert keine festen Größen, sie liegen legitimerweise auch immer im Auge des Betrachters. Diesem Umstand trägt zum Beispiel die BBC dadurch Rechnung, dass sie die Zuschauermeinung über den Wert einzelner Programme unmittelbar in ihre Planungen einbezieht. Den Programmverantwortlichen bleibt auch weiterhin die schwierige Aufgabe, Neues einfach auszuprobieren – mit Mut zum inhaltlichen und finanziellen Risiko.

Denn die von allen Beteiligten angestrebte Wertigkeit lässt sich nicht am Reißbrett planen, sie ist das Ergebnis eines entschiedenen oder gar, wie einige meinten, leidenschaftlichen Wollens von Autoren, Produzenten und Redakteuren, die Zuschauerinnen und Zuschauer zu bewegen.

Daran gilt es auch dann noch festzuhalten, wenn man erkennen muss, dass selbst der leidenschaftlichste Wille zur Qualität den gewünschten Erfolg nicht garantiert. Das vielfach bekräftigte Bekenntnis zum unverdrossenen Weiterprobieren verbindet die Macher mehr, als die Unterschiede von Sendern und Sendeplätzen, von Formaten und Produktionsweisen sie trennen.

Trennendes wurde dagegen bei dem Diskussionsschwerpunkt Zukunft über den rechtlichen Rahmen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einmal mehr offenkundig.

Die Antworten auf die Frage, was die öffentlich-rechtlichen Sender im Netz dürfen und was nicht, fielen je nach Erwartungshorizont der Absender unterschiedlich aus und wurden trotz der bereits einige Zeit währenden Debatte mit ungebrochener Verve vorgebracht. Schon daran zeigt sich: Es geht um viel, nach Meinung der meisten um nichts weniger als um das Morgen der öffentlich-rechtlichen Sender.

Wird das Fernsehen an Bedeutung verlieren? Dieser nicht neuen, aber aktuell offenen Frage müssen sich die Verantwortlichen stellen. Das Internet verändert nicht nur Nutzung und Formate des Fernsehens, sondern die aller klassischen Medien. Damit gehen veränderte Bedürfnisse und Nutzungsgewohnheiten einher, zumal von jungen Leuten, die einen nicht unerheblichen Teil ihres sozialen Lebens online definieren. Für das Fernsehen bedeutet das, seinerseits die eigene Identität weiterzuentwickeln. Es muss für die Zuschauer ein bedeutsames Medium bleiben und sie dort erreichen, wo sie Fernsehangebote – in der doppelten Bedeutung des Wortes – wahrnehmen können.

Die »Mainzer Tage der Fernsehkritik« wollen diese Entwicklung weiterhin begleiten und auch in Zukunft ein streitbares und engagiertes Forum für die Verständigung von Medienmachern, Medien­nutzern und Medienmanagern bieten. Aus diesem Grund wurde bereits nach vier Wochen der Do­kumentationsband veröffentlicht, um die seitdem zum Teil sehr kontrovers geführten Diskussion zum 12. Rundfunkänderungstaatsvertrag mit den Beiträgen der hochrangigen Teilnehmer zu begleiten. Unter www.mainzertage.zdf.de ist der gesamte Text abrufbar.
 
zum Seitenanfang   
 
Das Unternehmen Impressum Kontakt   Erweiterte Suche © ZDF 2009
zdf.de ZDFinfokanal ZDFdokukanal ZDFtheaterkanal arte 3sat phoenix kika