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Horst Schick, ZDF-Marketing, Corporate Design

Herausforderungen an die Virtualität

 
Horst Schick
Horst Schick
 
 

Die wachsende Konkurrenzsituation im TV-News-Bereich erforderte dringend ein Relaunch der ZDF-Nachrichtensendungen. Dabei ein Nachrichtenstudio mit virtueller Technik zu planen, resultiert letztlich auch aus der Erkenntnis, dass mittlerweile fast alle Mitbewerber auf dem deutschen Fernsehmarkt mit virtuellen Studiopräsentationen einen Standard vorgeben.

Was ist ein virtuelles Studio?
Das virtuelle Studio ist eine Weiterentwicklung der Bluebox. In der virtuellen Studiotechnologie wird kein Unterschied mehr zwischen virtuellen und realen Kulissen erkennbar. Sie bietet die Möglichkeit, gestalterische Veränderungen vorzunehmen, ohne dafür mit Aufwand die Realkulisse umzubauen und die technische Infrastruktur anpassen zu müssen.

Reale Studiokulissen werden durch technisch erzeugte Bilder ersetzt. Personen und gegebenenfalls vorhandene reale Gegenstände werden dazu vor einem grünen Horizont aufgenommen und anschließend mit dem computergenerierten Szenenbild konturenfrei zusammengefügt.

Für den Zuschauer entsteht der Eindruck einer einheitlichen, im Studio tatsächlich vorhandenen Kulisse. Mit dem Design virtueller Kulissen ergeben sich damit neue Möglichkeiten für die kreative Programmgestaltung.

Das bisherige Bluebox-Verfahren erlaubt keine Kamerabewegungen oder sich verändernde Blickwinkel. Im virtuellen Studio hingegen ist eine dynamische Bildgestaltung möglich. Die Bewegung der Kamera muss im Studiobereich erfasst und danach an den zuständigen Rechner übermittelt werden.

Vorteile eines virtuellen Studios
Ein wichtiges Kriterium für ein virtuelles Studio ist die höhere Flexibilität und damit verbundene kürzere Innovationszyklen im Erscheinungsbild. Nicht unerheblich ist auch die Kostenersparnis. Der Einsatz virtueller Kulissen verringert auf Dauer erheblich die Produktions- und Lagerkosten für vorhandene reale Kulissen.

Für den Zuschauer liegt der Mehrwert in der Präsentation völlig neuer Gestaltungsformen. Visualisierungen haben einen höheren Standard mit optimaler technischer Qualität bezüglich Farbigkeit und Brillanz. Erklärgrafiken können mit virtueller Technik in das Studioszenenbild integriert werden. Gegenüber derzeitiger Lösungen – Vollbild oder statische Bluebox – bietet dies den Moderatoren eine stärkere Präsenz und die zusätzliche Möglichkeit, komplizierte Sachverhalte mit dynamischen Grafiken zu erläutern.

Herausforderungen an ein virtuelles Studio
Statik und Realmaterialien spielen im virtuellen Studio keine Rolle, dennoch muss der Raum glaubwürdig und vertrauensbildend wirken. Wichtig ist, dass die Information, die vermittelt wird, beim Zuschauer ankommt. Das Studiodesign muss wiedererkennbar sein, aber auch die Möglichkeit bieten, die Visualisierung von Grafikelementen zu demonstrieren. Die neuen technischen Möglichkeiten kommen jedoch nur zur Geltung, wenn die zuständigen Redaktionen ihre tradierte Produktions- und Präsentationsweise hinterfragen und vom Inhalt her denkend an die neue mediale Ausdrucksweise herangehen.

Das Betreiben eines virtuellen Studios erfordert fachlich geschultes Personal, das die Anforderungen an die kreative und redaktionelle Gestaltung und Produktion dieser neuartigen Technologien sicher beherrschen muss.

Der Raum um moderierende Personen muss verschiedene Anforderungen erfüllen, beispielsweise Figur und Gesicht unterstützen, ein Gefühl der Sicherheit geben und durch die Raumgestaltung glaubwürdig wirken. Farbklang und Haptik von Flächen und Elementen müssen den Eindruck von Authentizität hervorrufen. Bestimmte Punkte im Raum sollten Orientierung geben und im Kopf des Zuschauers erfahren und nachvollzogen werden. Mit einem spezifischen »Erklärraum« besteht die Chance, die Identität des ZDF gegenüber der Konkurrenz auszubauen. Ergänzend zur tagesaktuellen Berichterstattung tritt die Prägnanz inhaltlich komplexer und gestalterisch ausgearbeiteter Erklärszenarien.

Restriktionen bei grafischen Präsentationsflächen gibt es nur wenige, da sie virtuell in die Setgestaltung eingefügt werden. Die optimale Darstellung großzügig wirkender Grafiken erfordert allerdings kostenintensive Rechnerkapazitäten.

Die Grenzen des virtuellen Studios liegen vor allem in der Interaktion. Die Darsteller oder Moderatoren können keine virtuellen Gegenstände aufheben oder verändern. Es ist auch nicht möglich, eine echte Beleuchtung zu simulieren, weil das die Rendering-Hardware zu stark belasten würde. Aus dem gleichen Grund ist die Komplexität des Hintergrunds noch deutlich begrenzt und auch viele Effekte sind (noch) nicht in Echtzeit realisierbar.

Die Zukunft
Es ist nicht genau vorhersehbar, wie sich der Konsum von Nachrichten in den nächsten Jahren verändern wird. Durch die technologische Entwicklung der Medien (Medienvielfalt, Digitalisierung, Konvergenzen, Medienmobilität, Medienverfügbarkeit ...) werden sich – vermutlich parallel zum bisherigen Konsumverhalten – neue Verhaltensweisen entwickeln. Das neue Studio muss ein gutes Werkzeug für die Zukunft werden.

Inhalt, Präsentationsform, Branding und Design des geplanten virtuellen Nachrichtenstudios hängen von den Annahmen künftiger Informationsvermittlung ab. Sie ist nicht mehr nur passives Konsumieren, sondern auch gezieltes Suchen, Selektieren, Evaluieren und zu Mehrwert Verarbeiten. Der Zuschauer will bedient werden, der Nutzer will Vertiefung, der Teilnehmer will (mit)gestalten. Junge Menschen stehen allen neuen Medien grundsätzlich offen gegenüber und wollen die Bandbreite der zur Verfügung stehenden Medien nutzen. Das klassische Fernsehen im Wohnzimmer wird an Bedeutung verlieren und eine Verlagerung auf den Multimedia-PC stattfinden. Die Zuschauer werden nicht nur zwischen Fernsehprogrammen, sondern beliebig zwischen Computer(spielen), Internet und Fernsehen hin- und herschalten. Es wird mehr zeitunabhängiges (time shifted und on demand) Fernsehen geben, mit dem sich der Konsument sein persönliches Programm zusammenstellt. Will das Fernsehen dabei bestehen, muss es in seinen Darstellungsmöglichkeiten mit den Standards im Internet und Computer mithalten können. Informationsprogramme haben es in der oben genannten Zielgruppe schwer.

Bei der Entwicklung des virtuellen Nachrichtenstudios steht das Ziel im Vordergrund, Informationsgrafiken und erklärende Elemente permanent weiterzuentwickeln. Einer Orientierungshilfe in der immer komplexer werdenden Welt muss künftig noch besser nachgekommen werden. Eine Studioumgebung, die den Moderatoren mehr Bewegungsfreiraum und mehr Möglichkeiten der Erläuterung von Sachverhalten und Zusammenhängen bietet, kann den Erfolg der Nachrichtensendungen und das Image des ZDF insgesamt verbessern. Dazu bietet die virtuelle Studiotechnik optimale Voraussetzungen.
 
 
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