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2006  
ZDF Jahrbuch
Programmbouquet und Beteiligungen
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Elke Frühling/Uschi Behr-Haagen

Zum Zwanzigsten ...

 
Elke Frühling
Elke Frühling


Uschi Behr-Haagen
Uschi Behr-Haagen


Das 3satfestival-Zelt
Das 3satfestival-Zelt


Matthias Deutschmann
Matthias Deutschmann


Urban Priol
Urban Priol


Tim Fischer und Band
Tim Fischer und Band


17 Hippies
17 Hippies


Klaus Hoffmann
Klaus Hoffmann


Dieter Nuhr
Dieter Nuhr


Django Asül
Django Asül


Volker Pispers
Volker Pispers


Siw Malmkvist, Wencke Myhre und Gitte Henning
Siw Malmkvist, Wencke Myhre und Gitte Henning


Georg Schramm
Georg Schramm
 

1987: Das neue Satellitenprogramm 3sat gab es bereits 1 000 Tage, als die Internationale Funkausstellung in Berlin im August ihre Tore öffnete. Eine kleine 3sat-Crew mit einem Zirkuszelt, zehn Wohnwagen und internationalen Kabarettisten setzte ein Ausrufezeichen hinter die Idee, mit komplementären, außergewöhnlichen und frechen Kleinkunstprogrammen das Tingeltangel zu durchbrechen, das den Medienmarkt damals zu beherrschen drohte. Denn die allgemein fortschreitende Spezialisierung der Unterhaltungsformate setzte sich auch langsam im Bereich der Humorsendungen durch.

1987 war auch das Jahr, in dem die Ministerpräsidenten der Länder den Medienstaatsvertrag unterzeichneten. Im Rahmen des dualen Systems wurde dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Bestand und weitere Entwicklung zugesichert. Und was war noch? Helmut Kohl war weiterhin Kanzler, es gab zwei deutsche Staaten, Prinz Charles und Prinzessin Diana besuchten Berlin und Modern Talking trennten sich zum ersten Mal. Stoff für Kabarett gab es also in Hülle und Fülle. Matthias Beltz, Hanns Dieter Hüsch und Wolfgang Neuss lebten noch, Dieter Hildebrandt war Gastgeber des »Scheibenwischer« und formulierte Kabarett als die künstlerische Form des Widerstands. Gerade er hatte immer wieder ein Grundbedürfnis verspürt, sich mit seiner Form des Kabaretts einzumischen. Ihm taten es die Kabarettisten gleich, die ins blaurotgestreifte 3sat-Zelt gekommen waren. Für die Messebesucher war dieser ungewöhnliche Veranstaltungsort eine willkommene Abwechslung, sich auszuruhen, dabei intelligent unterhalten zu werden und gleichzeitig das damals noch junge Fernsehprogramm 3sat kennenzulernen.

Das Dreiländerprogramm machte als erster Sender den Versuch, ein Kleinkunstfestival als Ereignis vor Ort zu präsentieren und gleichzeitig im Fernsehen zu übertragen. Es kamen arrivierte Künstler wie Otto Grünmandl, aber auch Künstler, die gerade ihre ersten Bühnenerfolge feierten wie Richard Rogler, mit dem 3sat Jahre später die Kabarettreihe »Roglers Freiheit« produzierte und der jetzt zur »Scheibenwischer«-Crew gehört. Auch der österreichische Kabarettstar Josef Hader machte seine ersten TV-Versuche im Berliner 3sat-Zelt, er, der dem deutschen Kabarett heute eine Absage erteilt: Das konventionelle politische Kabarett habe sich nicht weiter entwickelt, habe bis auf wenige Ausnahmen, zum Beispiel die Bühnenstücke des Ex-»Scheibenwischer«-Mitglieds Georg Schramm, keinen Spaß an Analysen und beschränke sich nur auf das Wiederkäuen von Klischees. Es gäbe kaum mehr intellektuelle Beiträge, sondern nur die Bierzeltunterhaltung. Damals wie heute geht Hader andere Wege, seine neueste Produktion »Hader muss weg« beweist es.

»Bewährt sich das Kleinkunstangebot, könnte es zu einer Dauereinrichtung in 3sat werden«, so stand es im Vorwort des ersten Festival-Programmhefts. Der Start war gelungen, das Festival fand nun im Wechsel im 3sat-Zelt auf der IFA in Berlin und in der Ü-Wagen-Halle auf dem ZDF-Gelände statt, seit 1992 jährlich in einem nunmehr weißen Zelt auf dem Mainzer Lerchenberg. Selbst Harald Schmidt, damals schon bekannt durch seine ARD-Sendung »MAZ ab«, ließ sich hier blicken. Die Missfits waren da, Horst Schroth, Mathias Richling, Herman van Veen und Götz Alsmann. Dieter Nuhr war mehrmals zu Gast; er wurde sowohl mit dem Deutschen Kabarettpreis als auch mit dem Deutschen Comedypreis ausgezeichnet und hat damit bewiesen, dass Kabarett und Comedy einander nicht ausschließen müssen. Am häufigsten kamen Georg Schramm und Matthias Deutschmann, beides Kabarettisten, die in ihren Programmen nicht auf schnelle Pointen setzen, sondern nicht Hinterfragtes hinterfragen und damit bewusst provozieren wollen wie Georg Schramm mit seiner prominenten Bühnenfigur des bitterbösen Rentners. Matthias Deutschmann feierte seinen ersten Fernseherfolg 1989 im 3sat-Zelt auf der IFA, schrieb 2001 eigens für seinen Auftritt beim Festival ein viel beachtetes Programm zum 100-jährigen Jubiläum des Deutschen Kabaretts, und er war es auch, der nach der Bundestagswahl 2005 noch am Wahlabend selbst die Ergebnisse bei 3sat kommentierte. Die Kabarettisten und später auch die Comedians, die bei 3sat ihren ersten Auftritt hatten, sind mittlerweile aus der Medienlandschaft nicht mehr wegzudenken. In den zwei Jahrzehnten kamen über 200 Künstler aus 23 Ländern. Die weiteste Anreise hatten die »Shenanigan Brothers« aus Neuseeland, den kürzesten Weg Lars Reichow aus Mainz. Herausragend waren nicht nur die kabarettistischen Darbietungen, auch die visuellen Programme wie die der Berliner Gruppe »Gosh« oder »Auto Auto« von und mit Stefan Gwildis und Christian von Richthofen, »Bilder einer Ausstellung« oder »Stage TV« aus der Schweiz rissen das Publikum zu Beifallsstürmen hin. Auch die französischen Gruppen wurden frenetisch gefeiert: Die Künstler um Jérôme Thomas, einem der prominentesten Vertreter des neuen französischen Zirkus, oder die Musik-Comedians »Poubelles boys« und »Quatuor«. Die Zeiten, in denen es Schwierigkeiten bereitete, für diese Gruppen Karten zu verkaufen, gehören der Vergangenheit an. Heute kennt »unser« Publikum die Szene, lässt sich auch auf Unbekanntes ein, ist offen für Innovatives, sagt aber auch bei Nichtgefallen deutlich seine Meinung.

Manchmal waren wir unserer Zeit voraus, hatten einen Kurt Krömer im Zelt, als noch keiner den Künstler mit der Berliner Schnauze kannte, holten Hans-Hermann Thielke nach Mainz, als er noch nicht Deutschlands bekanntester TV-Postbeamter war. Musikalische Höhepunkte waren in den vergangenen Jahren unter anderem das Konzert von »Gitte, Wencke und Siw« oder der legendäre Abend mit dem Prague Syncopated Orchestra, das den langen Weg mit dem Bus nach Mainz gekommen war. Sogar die portugiesische Fado-Königin Mariza gab sich die Ehre.

Zum 20. Festival 2006 treffen sich in Mainz alle, die in den letzten zwei Jahrzehnten dem 3satfestival die Treue gehalten haben, unter anderen Volker Pispers, Matthias Deutschmann, Hans Liberg, Arnulf Rating, Michael Quast und Georg Schramm, der exklusiv von 3sat seine aktuelle Produktion »Thomas Bernhard hätte geschossen« aufzeichnen lässt. Clown-Frau Gardi Hutter aus der Schweiz war schon beim ersten Festival dabei, Roger Willemsen war noch nie dabei, nun präsentiert er im 3sat-Zelt sein erstes Bühnenprogramm. SWR3-Comedy-Star Andreas Müller – spätestens seit KlinsCamp auch Nicht-SWR3-Hörern ein Begriff – gastiert schon zum zweiten Mal im 3sat-Zelt, und Urban Priol hat sich für die Extra-Ausgabe seiner Livesendung »alles muss raus« Jürgen Becker, Michael Altinger und das Running Orchestra eingeladen. Der fränkische Kabarettist Urban Priol, mit eigener TV-Show regelmäßig im 3sat-Programm vertreten, glaubt, dass das politische Interesse der Zuschauer sehr groß ist: »Solange es politisches Kabarett gibt, so lange wurde es für tot erklärt. Und dafür sind wir, glaub’ ich, ganz schön lebendig.« Kabarett ist also lange wieder »in«, ist Humor mit Hirn. Längst sind die Zeiten vorbei, in denen sich Fernsehanstalten aus Kabarettsendungen wie Dieter Hildebrandts »Scheibenwischer« ausgeblendet haben, in denen sich die Gremien mit der Frage beschäftigt haben, was Satire darf. Heute darf Satire fast alles, nur nicht langweilen. Und: Die Quote sollte stimmen. Und so begeben wir uns auch für das Festival 2007 wieder auf die Suche nach dem einen oder anderen Bekannten mit neuem Programm, den jungen hoffnungsvollen Talenten, die es zu entdecken gilt und den erfolgreichen internationalen Künstlern, die sich in Deutschland einen Namen machen wollen. Und fragen uns wie in jedem Jahr: Was ist denn nun eigentlich wirklich witzig? Dann fällt uns immer der gute alte Werner-Finck-Spruch ein: »An dem Punkt, wo der Spaß aufhört, beginnt der Humor.«

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
 
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