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Susanne Müller

ZDFonline und die Wahlen

 
Susanne Müller
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ZDFonline begleitet die Wahlberichterstattung im TV
ZDFonline begleitet die Wahlberichterstattung im TV


ZDFonline begleitet die Wahlberichterstattung im TV
 

Uns ging es wie vielen anderen bei dieser Wahl auch: Wir hatten alles so gut geplant – die Bundestagswahl sollte das Projekt für das zweite Halbjahr 2006 werden. 2005 wollten wir unsere Systeme für die Herausforderungen des nächsten Jahres fit machen. Und dann das: Ankündigung der Bundestagswahl nach der Landtagswahl in NRW – und nur knapp vier Monate Zeit ... Dabei sind Wahlen Chance und Herausforderung für uns Onliner, denn unser Medium ist besonders dazu geeignet, Wahlen und die Fernsehberichterstattung zu begleiten. Wir können vertiefen, was in knapper Fernsehsendezeit nur angerissen werden kann und ins Detail gehen. Service ist das Zauberwort. Wir wollen die Wähler mit allen notwendigen Informationen ausstatten, damit sie am Wahltag sicher sind, wie sie sich entscheiden sollen.

Und so sah unser Wahlangebot auf heute.de und zdf.de dann aus: In der neuen zdf.de-Mediathek wurden die wichtigsten Fernsehberichte zur Wahl und sogar ganze Sendungen vorgehalten, das TV-Duell zwischen Gerhard Schröder und Angela Merkel konnte als Ganzes und nach einzelnen Themenfeldern sortiert abgerufen werden. In enger Zusammenarbeit mit dem »ZDF-Morgenmagazin« bot zdf.de die Gutachten, in denen zwei führende Wirtschaftsinstitute die Programme der Parteien durchleuchteten, zum Download an. Das aktuelle Geschehen im Wahlkampf wurde von der Redaktion heute.de begleitet, zu wichtigen Themen wie beispielsweise der Vertrauensfrage, wurden Experteninterviews und Erklärtexte veröffentlicht. Ein eigener Internetbereich war für die Porträts der Spitzenpolitiker in Wort und Bild reserviert. Fragen der Zuschauer wurden gesammelt und gingen beispielsweise in die Sendung »Wahlforum« ein; im Anschluss an diese und andere Sendungen wurden Chats mit Moderatoren, Experten und Politikern angeboten, die intensiv für Fragen und zur Meinungsäußerung genutzt wurden.

Die Reportageserie »Blickwinkel« im »heute-journal« war ein gutes Beispiel dafür, wie sich Fernsehinhalte internetspezifisch umsetzen und sogar noch vertiefen lassen. In der interaktiven Animation konnten sich die Zuschauer und User nicht nur sämtliche Reportagen im Web erneut und gebündelt ansehen, sondern sie erhielten durch Audio-Bildergalerien und 360-Grad-Bilder zusätzliche Informationen zu den Menschen und dem Schauplatz im »Blickwinkel«.

Ein wichtiger Bestandteil der Online-Wahlberichterstattung war erneut der Wahl-O-Mat, der den Usern die Möglichkeit bot, sich über die eigene Nähe zu Parteiaussagen zu informieren – Überraschungen eingeschlossen. Der Wahl-O-Mat wurde von der Bundeszentrale für politische Bildung entwickelt. Als Medienpartner stellte das ZDF das Internetprogramm in aktuellen Sendungen vor und schickte es mit dem Wahlbus auf eine Reise durch 17 deutsche Städte. Gespielt werden konnte der Wahl-O-Mat auf den Seiten von ZDFonline. In den Monaten August und September 2005 registrierte die Medienforschung rund 20 Millionen Klicks darauf. Im Stil eines Frage-Antwort-Spiels konnte der Nutzer feststellen, welche Partei ihm in bestimmten Fragen nahe steht. Insgesamt standen 30 zentrale Aussagen der Parteien zur Abstimmung. Spielerisch erfuhr der Nutzer auf diese Weise, was die Parteien etwa von Mindestlöhnen, Studiengebühren, Wehrpflicht oder der Legalisierung von Haschisch halten.

Mit dem Wahl-O-Mat will die Bundeszentrale für politische Bildung vor allem junge Menschen ansprechen: Die Thesen wurden von einem Redaktionsteam aus Erst- und Zweitwählern aus allen Teilen der Bundesrepublik Deutschland formuliert. Unterstützt wurden sie dabei von Experten der Bundeszentrale für politische Bildung, einem Wissenschaftler der Universität Düsseldorf und einem ZDF-Redakteur.

Der Großteil der Nutzer-Reaktionen auf das Angebot fiel positiv aus. Nur vereinzelt wurde in einigen Zuschriften der Verdacht der Manipulation geäußert – vor allem dann, wenn die Selbsteinschätzung anders ausfiel als das Ergebnis im Wahl-O-Mat. Aus meiner eigenen Familie weiß ich, wie gern dieses Tool von Jugendlichen angenommen wurde. Meine Tochter war Erstwählerin und sehr dankbar für diese Möglichkeit, mehr darüber zu erfahren, wo man mit Parteien übereinstimmt und wo nicht. Schließlich hatten diesmal alle Schwierigkeiten, sich zu entscheiden – wähle ich nun mit Herz und Bauch oder mit Kopf und Verstand, oder wie verbinde ich beides?

Das Onlineteam der »ZDF.reporter« begleitete die Wahlbus-Tour. Ziel der Onlineberichterstattung war es, die Fernsehberichterstattung so zeitnah wie möglich abzubilden und darüber hinaus Informationen über Stadt und Menschen der jeweiligen Station zu liefern. Beispielsweise durften an jedem Ort Menschen 30 Sekunden lang ihre persönliche Meinung zu Politik, Politikern oder dem Wahlkampf frei in die Kamera sprechen. Diese Sequenzen wurden daraufhin als Videostream im Internet angeboten – authentisch und auf den Punkt.

Als besonders ertragreich entpuppte sich die Rubrik »Deutschland am Tresen – Was denkt der Stammtisch?«. Jeden Abend zog der Reporter von Restaurant zu Bar und hatte ein Ohr für das ungeschminkte Wort des Volkes. So manche dieser zahlreichen Kontakte führten dann auch zu TV-Interviews und bereicherten die TV-Berichterstattung. So gelang eine spontane Verknüpfung von TV und Internet, wie man sie sich nur wünschen kann.

In der heißen Phase des Bundestagswahlkampfs waren die Spitzenleute der Parteien in den Medien dauerpräsent. Der Wettbewerb um die Wählergunst fand aber auch täglich an ganz unspektakulären Orten statt: in Fußgängerzonen, in Kneipenhinterzimmern und an Haustüren. heute.de berichtete darüber in einem Blog – jeden Tag von einem anderen Ort in Deutschland. Die »Blogger« Mario Sixtus (Texte) und Christof Wolff (Fotos) skizzierten dabei die Parteisoldaten bei ihrem wortwörtlichen Kampf um jede Stimme und zeichneten gleichzeitig ein Bild von Deutschland im Wahlsommer 2005. Das relativ junge Internetformat Blog (Kunstwort, zusammengesetzt aus Web und Logbuch) wurde gewählt, um den Charakter eines Reisetagebuchs darzustellen und weil es eine subjektive, freche Schreibe erlaubt. Ein typisches Merkmal von Blogs ist die intensive Verlinkung dieser Tagebücher untereinander. In dutzenden Blogs fanden sich Verweise auf das ZDF-Blog, so wurde ein neues Publikum auf die Internetangebote des ZDF aufmerksam gemacht.

Ein weiterer Höhepunkt der Onlineberichterstattung zur Wahl war das Web-Audio-Projekt »German Dream«, bei dem Interviews mit bemerkenswerten Menschen angehört (und als »Podcast« heruntergeladen) werden können – ein Projekt, das Akzente bewusst fernab der parteipolitischen Auseinandersetzung setzte. Wangari Maathai, Friedensnobelpreisträgerin aus Kenia, Bestsellerautor Paolo Coelho (Brasilien), Krimiautor Henning Mankell (Schweden) oder Google-Forschungschefin Monika Henzinger (heute USA, geboren in Deutschland) erläuterten, welchen Traum sie für Deutschland haben.

Am Wahlabend präsentierte ZDFonline dann die Zahlen und Analysen der Forschungsgruppe Wahlen, alle Hochrechnungen waren nachzulesen, die Ergebnisse in den einzelnen Wahlkreisen wurden grafisch dargestellt. Sämtliche Zahlen der Forschungsgruppe Wahlen der letzten sieben Jahre konnten zusätzlich vergleichend in einer interaktiven Politbarometer-Grafik betrachtet werden. Allerdings: Die erste Prognose um 18 Uhr hat die Menschen zu Hause offensichtlich so verblüfft, dass sie es genau wissen wollten. Einem solchen Ansturm waren die Systeme nicht gewachsen, und die Leitungen »glühten« – nicht nur bei uns, sondern auch bei der Konkurrenz. Die Zahl der gleichzeitigen Abrufe war eine besondere Herausforderung. Aber es wurden schnell Lösungen gefunden, und so konnten wir diesen spannenden und überraschenden Wahlabend doch noch gut zu Ende bringen.

Die Hauptredaktion Neue Medien, die die ZDFonline-Angebote verantwortet, ist auch zuständig für den ZDFtext und für die Untertitelung von Sendungen für Hörgeschädigte. Auch im Text waren alle Wahlergebnisse nachzulesen, und die Fernsehberichterstattung vom Wahlabend wurde live untertitelt, um möglichst viele Wähler teilhaben zu lassen.

P.S.: Danke an Andreas Heck (heute.de), Hubert Krech (Wahlbeauftragter zdf.de), Andreas Rother (Wahl-O-Mat-Redakteur) und Dara Hassanzadeh (ZDF.reporter Online), die mich bei diesem Text unterstützt haben.
 
 
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