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2005  
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Rolf Decker

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Herausforderung Bundestagswahl
Auf die Technik kommt es an

 
Rolf Decker
Rolf Decker


Technischer Aufbau für das Wahlstudio im Reichstag
Technischer Aufbau für das Wahlstudio im Reichstag




Der Draht zur Politik: das Wahlstudio im Aufbau
Der Draht zur Politik: das Wahlstudio im Aufbau
 

Im Jahr 2005 wurden neben zirka 300 Eigenproduktionen mit der Liveübertragung der vorgezogenen Bundestagswahl und dem Papstbesuch zwei Großproduktionen, mit gleichwertigen technischen Produktionsabläufen und entsprechender Außendarstellung, für das ZDF realisiert. Die dabei eingebrachte Koordinationsleistung und Fachkompetenz des Sende- und Produktionsbetriebs trug wesentlich zum Produktionserfolg bei.

Derartige, tief greifende, fremd gesteuerte Events in eine funktionierende Außenübertragung zu überführen, stellt hohe Anforderungen an die Strukturierung und Logistik der technischen Abwicklung. Es zeichnet sich aber ab, dass zunehmend – systembedingt – die dem ZDF zugelieferten und vorhandenen Planungsvorgaben unzuverlässig sind und in einem hohen Maße Korrekturen zur Realisierung notwendig werden. Die Veranstalter sind nicht auf dieses Medieninteresse eingestellt, sie scheinen damit überfordert zu sein, die benötigten Daten und Fakten zur Planung der Grundversorgung einer Fernsehübertragung termingerecht zu liefern.

Aktuelle Anpassungen, unterschiedliche Vorstellungen und Einschätzungen seitens der Veranstalter sowie Änderungen der Gegebenheiten vor Ort unter dem Einfluss der Genehmigungsbehörden zogen jeweils weit reichende Korrekturen der gesamten Ressourcenkette nach sich. Beispielsweise kam es zur Neuaufteilung der Standplätze von Produktionsmitteln und infolgedessen zur Korrektur der Energieversorgung. Teilweise wurde eine Neuausrichtung der Übertragungsformate notwendig.

Hohe Anforderungen und Geduld wurden auch an die Personal- und Produktionsmitteldisposition gestellt, die in einem ständigen Anpassungsprozess den Einsatz der knappen Ressourcen mit den aktuellen Fakten abzustimmen hatte. Bereichsübergreifend ist ein realisierbarer Weg gefunden, diese Unwägbarkeiten, Sachverhalte und unvorhersehbaren Verzögerungen maßvoll, aber unverzichtbar, in einem Havarie- und Puffer-Management zusammenzufassen. Die praktischen Erfahrungen haben gezeigt, dass die Qualität und Realitätsnähe einer seriösen Planung des Puffer-Managements für den erfolgreichen Abschluss des Projekts entscheidend ist.

Eine sehr aufwändige drahtlose Bild- und Tonausstattung und -betreuung ist die erste Voraussetzung für eine flexible Wahlberichterstattung. Die komplette Kommunikation und Mikrofonierung der Moderatoren im Wahlstudio und der Reporter an den Außenstellen waren mit ZDF-Material ausgestattet und von ZDF-Personal betreut. Die Frequenzgenehmigung zur Betriebserlaubnis der drahtlosen Anlagen wird für jede Sendung, entsprechend den jeweiligen Anforderungen, von dem Ressourcenteam neu und sehr aufwändig zusammengestellt.

Das ZDF verfügt nicht über ausreichende Produktionsmittel, um alle Außenstellen selbst abdecken zu können, weshalb eine Anmietung von zahlreichen Übertragungswagen zwingend notwendig ist. Allerdings müssen Vorkehrungen getroffen werden, damit die im ZDF-Auftrag arbeitenden Firmen, die sich sonst als »Einzelkämpfer« durch den Alltag schlagen, sich nach Vorgabe des Sendekonzepts in einem solchen Verbund systemkonform eingliedern. Um die entsprechende Kommunikationssicherheit zu gewährleisten und ein Havariekonzept vorzuhalten, ist eine zusätzliche ZDF-Personal-Beistellung erforderlich.

Neben der eigentlichen Wahlberichterstattung nutzten ZDF-Redaktionen für nachfolgende Sondersendungen das technische Know-how am Reichstag und an den Außenstellen.

Diese zusätzlich erforderlichen Anforderungen wurden in Zusammenarbeit mit dem Studio Berlin – materiell und personell – in das Projekt Bundestagswahl 2005 mit eingebunden.

Viele kurzfristige Schaltungen an den Außenstellen setzten eine hohe Flexibilität aller Beteiligten und besondere technische Vorkehrungen in der Kommunikationsstruktur und der Leitungsführung voraus. In ein ausgefeiltes technisches Konzept zusammengefasst, ist es entsprechend stark an dem redaktionellen Vorhaben ausgerichtet. Insgesamt wurden folgende redaktionelle Vorhaben technisch realisiert:

Das Wahlstudio als Basis der Wahlberichterstattung war funktional in seiner Ausstattung von der Bundestagswahl 2002 nur unwesentlich anders ausgestattet. Konzeptmittelpunkt bleibt die Moderationsposition, zusätzliche Redaktionsarbeitsplätze unterstützen den Informationsfluss zur Ablaufsteuerung.
An 16 ausgewählten Außenstellen im In- und Ausland setzten 22 Korrespondenten und Reporter ihre Interviews und Beiträge teilweise gleichzeitig ab.
Von allen Redaktionsarbeitsplätzen ausgehend, waren alle On-Positionen individuell ansprechbar. Zwei zusätzlich eingebaute Kommandoanlagen realisierten diese Vorgaben.
Für zeitgleich eintreffende Ereignisse standen 16 Aufzeichnungskanäle auf Serverbasis zum »Zwischenparken« in einem eigenen EVS-Container zur Verfügung.
Der zuständige Bereich für die Buchung der Leitungswege, das ZDF-Leitungswesen, agierte sehr weitsichtig. Vom Sendestatus und der Sendeabwicklung unabhängig, konnten alle über die Telekom zugeführten Signale direkt der Live-Einspielung oder zur Zwischenaufzeichnung zugeteilt werden. Alle Sendeformate berücksichtigend, wurden 24 direkt ankommende Leitungen über einen eigenen Telekom-Container dem Schaltcontainer zur Verteilung zugeführt. Über eine speziell eingerichtete Leitung konnten kurzfristig Zuspielleitungen über die Ressourcen im ZDF Mainz zusätzlich genutzt werden. Mit fünf abgehenden Sendeleitungen, verteilt auf Glasfaser, Digital-Richtfunk und SNG-Leitungsführung, wurden alle Anforderungen sicher abgedeckt.
24 Kamera-Bilder und 18 Zuspielquellen lagen im direkten Zugriff der Regie.
Sieben drahtlose Kameras, die den einzelnen Reportern fest zugeteilt waren, unterstützten die Berichterstattung aus dem Wahlstudio am Berliner Reichstag.
Als Havarielösung wurden zwei Kameras am Rande des Wahlstudios, unabhängig vom Ü-Wagen, aufgebaut.

Für eine ausgewogene Berichterstattung ist es wichtig, mit einem schnellen Zugriff die einzelnen On-Positionen, MAZ-Zuspielungen sowie die extern zugeführten Beiträge in den Sendeablauf live einzubinden. Die Berichterstattung zeitgleicher Ereignisse wie Interviews, das Auffangen von Reaktionen sowie das Aufzeichnen von Pressekonferenzen und Schaltgesprächen, werden durch eine kurzfristige Zwischenaufzeichnung abgesichert und »nachgeschoben«. Die erforderliche erweiterte Signalverteilung ist im Schaltcontainer ausgelagert.

Die heutigen Aufzeichnungstechniken auf Festplatten ermöglichen, dass Live-Ereignisse parallel aufzuzeichnen und beliebig wieder abzurufen sind. Diese Arbeitsplätze zur Koordination sind von zentraler Bedeutung für den redaktionellen Sendeablauf; ihr Anforderungsprofil ist entsprechend anspruchsvoll. Alle Erfahrungswerte der letzten Wahlsendungen sind gebündelt in einem neu eingerichteten »Zwischenaufzeichnungscontainer« zusammenfassend umgesetzt worden. Mit diesem Konzept war es möglich, den Redaktionserwartungen folgend, alle Beiträge der aktuellen Lage anzupassen und auch zeitversetzt zu senden.

Um uneingeschränkt probe- und sendefähig zu bleiben, wurde die Leitungsabwicklung nach dem bewährten Wahlkonzept aus dem Übertragungswagen in den Schaltcontainer ausgelagert. Alle Sende- und Kommunikationsleitungen der Außenstellen wurden über einen vorgelagerten Telekom-Container dem Schaltcontainer zugeführt. Die ankommenden Signale standen unabhängig vom Übertragungswagen über eine externe Verteilung auch dem Hauptstadtstudio zur Verfügung. Für die mehrstündige Livesondersendung aus dem Hauptstadtstudio übernahm der Schaltcontainer, aus Gründen der Leitungsführung, am nachfolgenden Tag die Funktion einer Vorschaltregie. Die benötigten Koordinationsarbeitsplätze zur Sendeabwicklung wurden zusätzlich im Schaltcontainer als Multifunktionsplätze eingerichtet. Alle angeschlossenen und neu eingerichteten Außenstellen führten ihre Beiträge über den Schaltcontainer dem Hauptstadtstudio zu. Abweichend von der Wahlberichterstattung 2002 war der Übertragungswagen mit dem Wahlstudio wie eine Außenstelle in diese Sondersendung eingebunden. Auch bei dieser Wahl wurde in Zusammenarbeit mit der ARD, RTL, N24 und n-tv durch eine gemeinsame Nutzung und Bereitstellung von Ressourcen an den Außenstellen in Form einer Poolführer-Lösung vereinbart. Das ZDF übernahm bei der Außenstelle »SPD-Parteizentrale« die Poolführerschaft. Die Aufgabe der Poolführer beinhaltet unter anderem die Bereitstellung der erforderlichen Energieversorgung, das Reservieren der benötigten Stellflächen der Produktionsmittel sowie das Erstellen des Statements-Poolsignals für alle angemeldeten Fernsehanstalten.

Das Medieninteresse bei Großveranstaltungen hat sich wesentlich erhöht. Neben den vom ZDF beanspruchten Produktions- und Stellflächen haben zahlreiche Mitbewerber gleiche Bedürfnisse abzudecken. Anknüpfend an die Erfahrungen dieser Produktion ist es wichtig, zur Planung frühzeitig ein Konzept und die erforderlichen technischen Dokumentationen bereitzustellen.

In Anbetracht dessen bemühen sich die Fachbereiche, diese komplexen Abläufe modular zu betrachten und die Abhängigkeiten klarer aufzuzeigen. Ziel sollte es sein, die Kernkompetenz zu sichern und so zu verankern, dass erfolgreiche Konzepte schneller reproduzierbar sind, um, in Funktionsblöcken zusammengefasst, mit definierten Schnittstellen eine schnellere Kostentransparenz zu erzielen.

Eine sichere Energieversorgung ist das wesentliche Element und die Voraussetzung für einen reibungslosen Produktionsablauf. Durch den gestiegenen Energiebedarf der Produktionsmittel ist die Verfügbarkeit der Energie vor Ort oft eingeschränkt. Es wird dadurch immer aufwändiger, die notwendigen Energieressourcen sicherzustellen. Ein bewährtes Energiekonzept und eine langjährige gute Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen der Energieversorgungsunternehmen vor Ort sicherte in der Vergangenheit dem ZDF den Platz in der ersten Reihe.

Alle diese Vorgaben und Anforderungen in eine wohl durchdachte, von der Redaktion und Produktion angenommene Projektplanung einzubinden, war eine große Herausforderung für den Produktions- und Sendebetrieb.

Daten und Fakten:
Sechs LKWs mit 68 Metern Länge Ladefläche sind erforderlich, um das benötigte Material für die Energieversorgung, Licht sowie die technische Ausstattung des Wahlstudios und der Technikcontainer zum Produktionsort zu transportieren.
Für die Sendeabwicklung wird der Übertragungswagen mit dem Geräte-Multifunktionswagen benötigt. Die Leitungsabwicklung und Aufzeichnungen sind in vier Containern untergebracht. Je nach Bedarfsfall kommt ein Schnittmobil dazu. Ein Verkehrsweg von zirka 80 Metern Länge und fünf Metern Breite ist für den Betrieb freizuhalten.
Der Energiebedarf der Produktionsmittel wird mit 400 A veranschlagt, für das Wahlstudio sind weiter 400 A erforderlich.
Zur Energieversorgung sind 5300 Meter Starkstromkabel verlegt.
Der Zeitrahmen des technischen Aufbaus des Wahlstudios und der Produktionsmittel: Mittwoch: Energieversorgung und Beleuchtungsaufbau; Donnerstag: Einbringen des Technikmaterials; Freitag: Verkabelung, technische Probe und sendebereit; Samstag, Sonntag, Montag: Livesendung; Dienstag: Abbau aller Bereiche.
Sendezeiten: Livesendungen an drei Tagen; zirka 22 Stunden Livesendung.
Durch eine frühzeitige Abstimmung zwischen Redaktion, Regie, Produktion und Technik wurde die Möglichkeit genutzt, auf ein bewährtes und erprobtes Konzept zurückzugreifen. Dieses Konzept gab der Redaktion und Regie die Sicherheit und Flexibilität, auf unvorhersehbare Ereignisse schnell und angemessen reagieren zu können. Das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Wahlteams führte zu einem erfolgreichen Umsetzen der redaktionellen Anforderungen der vorgezogenen Bundestagswahl 2005.
 
 
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