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2005  
ZDF Jahrbuch
Aus der Programmarbeit
Michaela Pilters/ Robert Bachem
Reinold Hartmann
Werner von Bergen
Wolfgang Herles
Gert Scobel
Bettina Eistel
Claus Beling
Nina Ruge
Joachim Holtz
Guido Knopp
Matthias Fornoff
Detlev Jung
Thomas Fuhrmann/ Jürgen Volk

Reinold Hartmann

»Ich bin dabei gewesen!«

 
Reinold Hartmann
Reinold Hartmann


Die Frauenkirche bekommt ihre Turmhaube
Die Frauenkirche bekommt ihre Turmhaube


Die Weihe der Frauenkirche – Blick ins Innere
Die Weihe der Frauenkirche – Blick ins Innere
 

Mit Worten ist der Eindruck kaum zu fassen, wenn man die Frauenkirche zum ersten Mal betritt. Kein Ausdruck genügt, um den ersten Schritt, den tastenden Blick nach oben und die Suche nach einem letzten Anhaltspunkt in der Höhe zu beschreiben.

Wir vom Fernsehen sind gewohnt, alles abzubilden, alles wiederzugeben und übertragen zu können. Dieses Mal wird es schwierig, das wissen wir. Hinter uns liegt ein gut einjähriger Abstimmungsmarathon mit dem Baudirektor Burger, Pfarrer Fritz, Herrn Walter von der Stiftung Frauenkirche und dem MDR als Kooperationspartner. Langsam ist Vertrauen gewachsen, Verträge sind geschlossen und Kamerapositionen abgerungen und zentimetergenau festgelegt.

Wir sind uns bewusst, dass wir den Moment der Weihe und die Aura dieses Bauwerks nicht einfach mit den Kameras einfangen können. Dennoch versuchen wir es. Mit einem Aufwand, den dieses Ereignis verdient: 80 Kollegen, 16 Kameras, darunter ein 100 Meter hoher Steiger, zwei Kräne, eine Steadycam, 85 Mikrofone und das Gläserne Studio. Eine Außenübertragung, die auch für die Produktion (Cora Szielasko und Friedhelm Schierle) eine echte Herausforderung darstellt.

Dem Regisseur Manfred Wittelsberger ist es gelungen, Bilder von atemberaubender Schönheit zu schaffen. Der scheinbar beiläufige Blick in das Gesicht eines Engels, der großartige Ausblick in die Kuppel hinein, die den staunenden Betrachter überwölbt, und kopfüber wieder hinunter in den Raum, wo 1 800 Menschen den Gottesdienst verfolgen. Die Musik von Ludwig Güttler, die Klänge der drei Chöre und der Orgel erfüllen das Bauwerk. Die Dramaturgie des Gottesdienstes entfaltet sich, jeder Satz ist vorbereitet, jeder Schritt geprobt, gewissermaßen nach einem göttlichen Protokoll. Die Erfahrung von 25 Jahren Fernsehgottesdienst im ZDF und die gute Zusammenarbeit mit der Fernseharbeit der EKD machen sich bemerkbar.

Zwischen der Frauenkirche und dem Gläsernen Studio stehen einige zehntausend Menschen, die dabei sein wollen, auch wenn sie den Gottesdienst nur auf den beiden Vidi-Walls anschauen können. Vom Studio aus ordnet Gert Scobel mit seinen Gästen das ein, was in seiner Bedeutungsfülle kaum einzuordnen ist. Ein Ereignis, das sich so deutlich von den vielen Events unterscheidet, denen Unangemessenheit ins Gesicht geschrieben steht. Und es ist ein Glücksfall, dass »sonntags – TV fürs Leben« (Redaktion: Ingo Witt) das Jahrhundertprojekt »Frauenkirche« an diesem Tag journalistisch begleiten kann.

Um in die Kuppel zu schauen, den Blick nach oben zu richten, war aber zunächst der Blick nach vorne erforderlich. Das ZDF hat immer an die Zukunft der Frauenkirche geglaubt. Bereits 1995 beginnt eine kontinuierliche Medienpartnerschaft, und es werden die wichtigen Stationen des Aufbaus begleitet: 1996 wird die jährliche Echo-Benefizgala live aus der Semperoper präsentiert. Im Jahr 2000 überträgt das ZDF beispielsweise den Festakt zur Übergabe des Kuppelkreuzes. In der »Wetten, dass ..?«-Sendung 2001 bauen die Dresdener in der Stadtwette die Silhouette »ihrer« Frauenkirche auf dem Theaterplatz aus Lichtern nach. Und noch einmal lädt Thomas Gottschalk im Oktober 2005 in die Stadt der Frauenkirche ein. In den Jahren 2002 bis 2004 erklingt das festliche Adventskonzert in der »Baustelle Frauenkirche«. In seiner Langzeitdokumentation »Die Seele Dresdens« stellt Stefan Kelch Menschen vor, die diese Kirche wieder aufgebaut haben. Porträts von Persönlichkeiten voller Enthusiasmus, ein Archiv der Zuversicht.

All diese Sendungen sind zu Bausteinen des Wiederaufbaus geworden. Durch seine regelmäßige Berichterstattung hat das ZDF diese außergewöhnliche Baustelle immer wieder ins Bewusstsein gerufen und damit auch die Spendenbereitschaft wach gehalten. Bis heute sind allein durch die programmlichen Aktivitäten 5,5 Millionen Euro an Spenden zusammengekommen. Diese Spenden sind kein Ausdruck einer schnellen Gewissensberuhigung, sondern Zeichen der tiefgehenden Verbundenheit mit dem Geist dieses mutigen Bauwerks. Das ZDF und seine Zuschauer sind Teil einer Bürgerbewegung geworden. Für eine Bürgerkirche, die selbstbewusst und ein wenig trotzig sagt: Es geht auch anders!

Und schließlich die Weihe der Frauenkirche. »Was kann danach noch kommen?!«, fragt der Licht setzende Kameramann Mike Priebe nach der Übertragung in die Runde. Nach 35 Jahren beim ZDF feiert er seinen Abschied. Priebe hat die Welt bereist, war in vielen Krisengebieten und Erdteilen, immer mit der Kamera. Er hat vieles gesehen, manchmal zu viel. Mit der Frauenkirche hat er noch mal seine große Herausforderung gesucht. Er hat ein Meisterstück abgegeben.

Die Frauenkirche ist wieder zurückgekehrt! Das ZDF hat diesen – und hier ist es einmal nicht übertrieben zu sagen – geschichtlichen Moment dokumentiert. Exklusiv, denn auch darin zeigt sich das nachhaltige Engagement des ZDF für die Frauenkirche seit 1996. Übrigens mit einem erstaunlichen Zuschauerinteresse von 2,85 Millionen Zuschauern (23 Prozent Marktanteil), das sonst eher dem Papst oder dem Fußball vorbehalten zu sein scheint.

Es liegt wohl auch an der Botschaft, die dieses Bauwerk ausstrahlt: geeinter Bürgersinn, Glauben und große Zuversicht. Es erinnert an Zerstörung und spricht von Versöhnung. Dazwischen steht die einzigartige Leistung des Aufbaus. Friedensarbeit soll von diesem Ort ausgehen. Der wichtigste Schritt hierfür war die Weihe der Dresdener Frauenkirche.

Das ZDF ist froh, dieses Ereignis übertragen zu haben. Denn seine Zuschauer können sagen: »Ich bin dabei gewesen!«
 
 
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